Dossier
“
Flüchtlingsrat
Thüringen e.V. fordert die Aussetzung von Abschiebungen, verbesserten
Zugang zu mehrsprachigen Informationen und die dezentrale Unterbringung
insbesondere für vulnerable Personengruppen zu ermöglichen: Der
Flüchtlingsrat Thüringen e.V. fordert die Landesregierung auf, als
Konsequenz aus der Corona-Pandemie Maßnahmen auch im Flüchtlingsbereich
zu ergreifen. „Gerade unter Asylsuchenden ist die Verunsicherung
derzeit sehr groß, da die meisten Informationen nur auf Deutsch
zugänglich sind. Zudem haben wir weiterhin eine prekäre
Unterbringungssituation im Land. Vielerorts sind die Menschen in großen
Unterkünften in Mehrbettzimmern unter teilweise besorgniserregenden
Bedingungen und ohne Zugang zu Informationen untergebracht.“, erklärt
Philipp Millius und fügt hinzu: „In bestimmten Bereichen brauchen wir
zudem Rechtssicherheit, was die aufenthaltsrechtlichen Konsequenzen
durch Corona angeht. So müssen alle Abschiebungen offiziell bis auf
weiteres ausgesetzt werden.“…”
Pressemitteilung vom 17. März 2020 – dies gilt natürlich bundesweit, siehe dazu:
- Flüchtlingsheim Bonames in Frankfurt/M.: Mindestens 45
Flüchtlinge an Krätze erkrankt, Sicherheitsdienst schüchtert Bewohner
von Flüchtlingsunterkunft ein
- Frankfurt: Konflikt um Füchtlingsheim in Bonames spitzt sich zu
“Der Konflikt um selbst installierte Herdplatten in der
Flüchtlingsunterkunft am Alten Flugplatz im Frankfurter Stadtteil
Bonames hat sich dramatisch zugespitzt. Wegen der schon länger bekannten
Brandgefahr mussten die Bewohner Freitagnacht alle ihre Herde und
Kochplatten herausgeben. Zuvor war ihnen der Strom abgestellt worden.
(…) „Denn der Leiter der Stabsstelle Unterkunftsmanagement kam rein,
ohne den Bewohnern irgendetwas zu erklären, und weigerte sich, den Strom
wieder anzustellen, solange die Kochgeräte nicht herausgegeben werden.“
Die Situation drohte zu eskalieren. Bewohner hätten nach Strom
geschrien. „Einige erlitten sogar einen Schockzustand, weil das bei
ihnen traumatische Erlebnisse auslöste“, erzählt Ayyildiz. „Vor allem
verstehe ich nicht, warum gleich die Polizei gerufen wurde. Das wirkte
auf die Bewohner doch sehr bedrohlich.“ Nach langen Verhandlungen der
Politikerinnen mit Stadtvertretern sei der Strom wieder angestellt
worden. „Und es gibt jetzt drei Kochplatten, die die Bewohner benutzen
dürfen. Aber hier leben über 300 Bewohner“, berichtet Ayyildiz am
Sonntag über den Umgang der Behörden mit den Geflüchteten in
Frankfurt-Bonames. Einige Bewohner seien in Hotels untergebracht worden,
aber viele seien zurück. „Weil, ein Hotelzimmer für eine siebenköpfige
Familie ist nicht tragbar.“..” Artikel von Kathrin Rosendorff vom 13.07.2020 in der FR online
- Miserable Zustände. Geflüchtete werden gegen ihren Willen umquartiert: Diakonie rechtfertigt Vorgehen
“Zwei Familien ließ die Stadt Frankfurt mithilfe der Polizei aus
einer Unterkunft für Geflüchtete in Bonames umquartieren. Zuvor hatten
Flüchtlinge gegen die miserablen Zustände dort protestiert, die sich
durch die Corona-Pandemie weiter verschlechtert hatten. Entgegen
vorheriger Behauptungen hat die Diakonie nach Krätze-Fällen keine
„personelle Konsequenzen“ gezogen. (…) Warum die Diakonie so
spät reagiert hat, während sich die Lage in dem Flüchtlingsheim über
Monate immer weiter zuspitzte, konnte Frase nicht beantworten. „Wir sind
noch nicht an dem Punkt, um mit dem Team schauen zu können, was
schiefgelaufen ist.“ Auch die neue Leiterin der Einrichtung, Nazanin
Pohlschmidt, meinte, dass die Diakonie-Mitarbeitenden in den vergangenen
Wochen noch nicht die Zeit gefunden hätten, eigene Fehler
aufzuarbeiten. Michael Frase räumte zudem ein, dass die Diakonie den
ehemaligen Einrichtungsleiter nicht umgehend von der Leitungsposition
abgezogen hätte, nachdem dies die Frankfurter Sozialdezernentin Daniela
Birkenfeld (CDU) gefordert hatte. Als vor zwei Wochen das Gesundheitsamt
mindestens 45 Krätze-Fälle in der Unterkunft festgestellt hatte,
forderte Birkenfeld „personelle Konsequenzen“. (…) Update vom Freitag,
03.07.2020, 10.33 Uhr: Nur eine Familie in der Flüchtlingsunterkunft in
Frankfurt-Bonames ist vor dem Polizeieinsatz am Donnerstag (02.07.2020)
darüber informiert worden, dass sie die Unterkunft verlassen muss. Am
Freitag (28.06.2020) hatte die Diakonie die Familie mit zwei Kindern
darüber in Kenntnis gesetzt, sagt Manuela Skotnik, Sprecherin des
Frankfurter Sozialdezernats. Die andere Familie, eine alleinerziehende
Mutter und ihre Tochter, wurden gegen 6 Uhr morgens vollkommen
überrascht. Die 14-jährige Tochter berichtete, dass sie erst Männer in
der Wohnung gehört habe und wieder ins Bett gegangen sei. Plötzlich
seien Polizisten in ihr Zimmer gekommen und hätten sie aus der Wohnung
geschmissen. „Ich hatte nicht mal Zeit, mir etwas anzuziehen. Ich stehe
noch im Schlafanzug auf der Straße“, erzählte sie am Donnerstagmorgen im
Telefonat mit der FNP. Sie habe sich entscheiden müssen, ob sie von
ihrem Vater abgeholt werden wolle oder dem Jugendamt übergeben werde.
Während des Telefonats gegen 8 Uhr räumte bereits eine von der Stadt
beauftragte Umzugsfirma die Wohnung aus. Warum und was mit ihren Sachen
geschehen wird, war der 14-Jährigen nicht klar. Das heißt, Stadt
Frankfurt und Diakonie planten einen Polizeieinsatz mit Landes- und
Stadtpolizei und beauftragten eine Umzugsfirma, um die Habseligkeiten
der Familie in eine andere Unterkunft zu bringen, ohne die Familie
darüber zu informieren. Das harte Vorgehen rechtfertigt die Sprecherin
des Sozialdezernats damit, dass die alleinerziehende Mutter sonst
innerhalb der Unterkunft einen Protest organisiert hätte. „Dann hätte
die Polizei die halbe Bewohnerschaft davontragen müssen.“ Während der
Proteste der Bewohner hatte sich die Mutter zu einer Art Sprecherin für
die Anliegen der Geflüchteten entwickelt…” Artikel von Friedrich Reinhardt und Oliver Teutsch vom 07.07.2020 bei fnp.de samt Video und Chronologie der Geschehnisse
- Streit um Küchenherde eskaliert: Sicherheitsdienst schüchtert Bewohner von Flüchtlingsunterkunft ein
“In einer Flüchtlingsunterkunft in Frankfurt-Bonames ist
ein Streit um Küchenherde eskaliert. Ein privater Sicherheitsdienst hat
dabei Bewohner massiv eingeschüchtert und wurde inzwischen ausgetauscht.
Die Frankfurter Diakonie als Betreiberin der Unterkunft entschuldigt
sich. Die Flüchtlingsunterkunft am Alten Flugplatz in Frankfurt-Bonames
kommt nicht zur Ruhe. Die Spannungen zwischen den rund 330 Bewohnern auf
der einen Seite und dem Diakonischen Werk und der Stadt Frankfurt auf
der anderen Seite sind am Wochenende in Tumulten eskaliert. Am
Donnerstagmorgen kam es zu einem Polizeieinsatz in der Unterkunft. Hintergrund ist ein Streit um Küchenherde ,
die sich über 30 Familien entgegen der Hausordnung selbst installiert
hatten. Bereitgestellt waren pro Familie zwei Herdplatten. Dies reichte
den Familien nicht aus. Die Stadt Frankfurt und die Diakonie verlangen
von den Bewohnern, die Herde bis auf Weiteres nicht zu nutzen. Grund ist
die Brandgefahr, weil die Herde offenbar die Stromversorgung der
Unterkunft überlasten. Wie eine Sprecherin des städtischen
Sozialdezernats erklärte, haben sich bis zuletzt zwei Familien
geweigert, auf die Herdnutzung zu verzichten. Diese Familien seien am
Donnerstag in andere Unterkünfte gebracht worden, mit Unterstützung der
Polizei. Bewohner schildern dem hr den Polizei-Einsatz als unangemessen.
Beamte hätten eine schwangere Frau um fünf Uhr morgens im Nachthemd und
mit offenem Haar aus dem Bett geholt. Die Muslimin habe darum gebeten,
ihr Kopftuch umbinden zu können. Dazu habe sie aber keine Gelegenheit
bekommen. Als noch rabiater empfanden Bewohner das Eingreifen eines
privaten Sicherheitsdienstes am Wochenende. Mehrere schwarz gekleidete
Sicherheitskräfte haben demnach am Samstagabend von den Bewohnern
verlangt, die Herde vom Netz zu nehmen. Als sie auf Widerstand trafen,
haben einzelne Mitarbeiter versucht, die Bewohner einzuschüchtern. Ein
Handy-Video, das dem hr vorliegt, zeigt, wie ein Mitarbeiter Bewohner
mit der Aussage zurechtweist: “Ich mache hier, was ich will.” Zu
tumultartigen Szenen kam es, nachdem eine Sicherheitskraft den Bewohnern
etwas auf Arabisch zuruft. Schilderungen von Bewohnern zufolge soll es
sich um eine massive sexuelle Drohung gehandelt haben…” Artikel von Tobias Lübben am 02.07.20 bei hessenschau.de mit Fotos und Video. Siehe zur Kritik am Sicherheitsdienst auch unser Dossier: “Kennen wir nur aus Guantanamo”: Sicherheitsdienst misshandelt Asylbewerber
- Stadtteil Bonames: Die Stadt reagiert auf Protest von Flüchtlingen
“In der vergangenen Woche haben nach Polizeiangaben knapp
100 Menschen gegen die Bedingungen in der Flüchtlingsunterkunft am Alten
Flugplatz Bonames protestiert. Die demonstrierenden Bewohnerinnen und
Bewohner zogen durch die Stadtteile Bonames und Kalbach. Die Demo
dauerte etwa zweieinhalb Stunden, in denen die Teilnehmerinnen und
Teilnehmer auch Straßen blockierten und mit Sprechchören auf die
Zustände aufmerksam machten. 333 Menschen, darunter 189 Minderjährige,
leben in den Modulen der Unterkunft. Ein Großteil sind Familien, die aus
Syrien und Afghanistan stammen. Aktuell leben 4450 geflüchtete Menschen
in Einrichtungen der Stadt. Jede Woche gibt es sechs Neuzuweisungen an
Frankfurt. Die Unterkunft inBonames wurde 2016 errichtet und sollte
ursprünglich für drei Jahre genutzt werden. Mittlerweile hat das
Regierungspräsidium Darmstadt eine Verlängerung der Nutzung bis Ende
2021 genehmigt. Betrieben wird die Unterkunft von der Diakonie Frankfurt
im Auftrag der Stadt. Die geflüchteten Menschen beschwerten sich unter
anderem laut einem Bericht des Hessischen Rundfunks bei ihrerDemo
vorrangig über fehlende Kochmöglichkeiten, undichte Dächer und
Hygienemängel in der Anlage. Der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen
gebracht hatte, soll eine Forderung der Stadt gewesen sein, laut der die
Familien ihre Küchenherde entfernen sollten…” Artikel von Steven Micksch vom 17.06.20 in der FR online
- Corona-Gefahr in Sammelunterkünften – Kein Platz für Abstand und Hygiene?
“In ganz Deutschland ist es in letzter Zeit vermehrt zu
Corona-Ausbrüchen in Sammelunterkünften für Wanderarbeiter gekommen. So
etwa in einer Fleischfabrik in Nordrhein-Westfalen. Auch in Hessen leben
viele Saison- und Wanderarbeiter in solchen Unterkünften, nicht selten
zusammengepfercht über viele Monate in Mehrbettzimmern mit anderen
Kollegen. Gerade in Zeiten von Corona wird deutlich, wie schlecht die
Hygienebedingungen sind. Abstand oder Privatsphäre ist in ihren
Behausungen nicht möglich. Eigentlich ist der Arbeitgeber für den Schutz
seiner Mitarbeiter verantwortlich. Doch im System von
Sub-Subunternehmern ist das kaum zu kontrollieren und die Arbeiter sind
die letzten Glieder in der Kette. Sie sprechen weder ausreichend deutsch
noch kennen sie ihre Rechte. defacto hat sich selbst ein Bild gemacht
und Sammelunterkünfte besucht.” Video des Beitrags in der Sendung defacto am 15.06.2020 im hr-fernsehen
- Flüchtlingsunterkünfte: Plötzlich ein Corona-Hotspot / Raus aus den Lagern!
- Raus aus den Lagern!
“Dort, wo Menschen dicht an dicht arbeiten, verbreitet sich
das Corona-Virus besonders schnell. Ebenso ist es mit der Wohnung:
Personen, die auf engstem Raum zusammenleben, leiden mehr an Covid-19
als Menschen in komfortablen Häusern. Die Beispiele in Göttingen und
Berlin, wo mehrere Wohnkomplexe unter Quarantäne gestellt wurden, in
denen vor allem Migranten leben, machen das deutlich. Corona-Ausbrüche
gab es auch in mehreren Flüchtlingsheimen. So zum Beispiel in St.
Augustin bei Bonn, in Berlin-Buch und in Frankfurt am Main. Ein
Aufschrei wie nach den Vorfällen beim Schweinekönig Tönnies blieb
allerdings aus. Dass das Virus in Geflüchtetenlagern einen perfekten
Nährboden findet, dürfte indes niemanden überraschen, der die
Lebensverhältnisse dort kennt: Mehrbettzimmer, Gemeinschaftsküchen und
Sanitäranlagen, die von mehreren Menschen täglich benutzt werden, sind
keine Seltenheit. Seit Jahr und Tag fordern Flüchtlingsaktivisten die
Unterbringung von Schutzsuchenden in Wohnungen. Nicht nur, um aus der
Enge zu entfliehen und die zum Teil eklatanten Hygienezustände hinter
sich zu lassen, sondern auch, um die Integration in die Gesellschaft zu
erleichtern…” Kommentar von Christian Klemm vom 24.06.2020 im ND online
- Flüchtlingsunterkünfte: Plötzlich ein Corona-Hotspot
“Sammelunterkünfte und Asylbewerberheime können einer
aktuellen Studie zufolge wegen der hohen Personendichte zu Brennpunkten
für Infektionen mit SARS-CoV-2 in Deutschland werden. (…) Das ist das
Ergebnis der aktuellen Studie des Epidemiologen Prof. Dr. med. Kayvan
Bozorgmehr, Leiter der Arbeitsgruppe Bevölkerungsmedizin und
Versorgungsforschung der Fakultät für Gesundheitswissenschaften der
Universität Bielefeld. Gemeinsam mit Wissenschaftlern des
Kompetenznetzes Public Health COVID-19 analysierte er in den vergangenen
Wochen Infektionsdaten aus 42 Aufnahmeeinrichtungen und
Gemeinschaftsunterkünften für Geflüchtete in elf Bundesländern. Dabei
zeigte sich: In den betroffenen Sammelunterkünften wurden von 9 785
Geflüchteten insgesamt 1 769 Personen positiv auf SARS-CoV-2 getestet.
Statistisch ergibt sich daraus ein Ansteckungsrisiko von 17 Prozent für
alle anderen Bewohner dieser Unterkünfte. (…)In ihrer Studie
untersuchten die Wissenschaftler auch, welche Maßnahmen angeordnet
wurden, um die Ausbreitung in den Heimen einzudämmen. Das Ergebnis: In
den meisten betroffenen Einrichtungen (71 Prozent) wurde eine
Kollektivquarantäne eingeleitet. Es wurden also für alle Bewohner
Kontakt- und Ausgangssperren verhängt, auch wenn sie nicht selbst
positiv getestet oder in engem Kontakt zu Personen standen, die positiv
getestet wurden. Einen positiven Effekt hatte dies im Vergleich zu einer
Einzelquarantäne nicht. Der Politik und den Behörden raten die Autoren
deshalb, bundesweite Empfehlungen zu entwickeln, um die Prävention und
Eindämmung von SARS-CoV-2 in Aufnahmeeinrichtungen und
Gemeinschaftsunterkünften zu vereinheitlichen und zu verbessern.
Flüchtlingsinitiativen fordern seit einiger Zeit von der
Bundesregierung, Massenunterkünfte aufzulösen. Der Schutz vor Ansteckung
sei dort unmöglich, so die Vereinigung der Flüchtlingsräte, Pro Asyl
und der Städteverbund Seebrücke. „Große Flüchtlingsunterkünfte dürfen
nicht zu neuen Corona-Hotspots werden“, betont auch Diakonie-Präsident
Ulrich Lilie und fordert ebenfalls eine dezentrale Unterbringung der
Flüchtlinge. Dies sei der beste Schutz – für sie und die ganze
Gesellschaft. (…) Dr. phil. Andrea Schlenker, Leiterin des Referats
Migration und Integration beim Deutschen Caritasverband, hält es für die
beste Prävention, zumindest Risikogruppen und Familien mit Kindern
schnellstmöglich dezentral unterzubringen und damit Unterkünfte zu
entlasten…” Beitrag von Eva Richter-Kuhlmann beim Deutschen Ärzteblatt 24/2020 online
- Bröckelnde Solidarität: Lage von Geflüchteten spitzt sich in
der Corona-Krise zu / [Landesaufnahmestelle (LASt) für Geflüchtete
Bremen] «Sie zerbrechen deine Träume» – Geflüchtete protestieren gegen
ihre Sammelunterbringung
- Bröckelnde Solidarität: Lage von Geflüchteten spitzt sich in der Corona-Krise zu
“Die Corona-Pandemie trifft auch Flüchtlinge in Deutschland
hart: Asylverfahren ziehen sich in die Länge. 14 Tage Quarantäne können
direkt in die Arbeitslosigkeit führen – und Behörden kennen kein
Pardon. In der Krise bröckelt die Solidarität mit Geflüchteten,
befürchtet Pro Asyl…” Beitrag von Pat Christ vom 18.06.2020 beim Migazin (im Abo)
- [Landesaufnahmestelle (LASt) für Geflüchtete Bremen] «Sie
zerbrechen deine Träume» – Geflüchtete protestieren gegen ihre
Sammelunterbringung
“Die Landesaufnahmestelle (LASt) für Geflüchtete im Land
Bremen steht in der Nordbremer Lindenstraße. Es ist ein großes,
ehemaliges Bürogebäude mit drei riesigen strahlenförmig abgehenden
Trakten. (…) Ein Bewohner beschreibt die Lage im Herbst 2019 so: «In den
Zimmern ist die Belüftung sehr schlecht, weil es nicht möglich ist, die
Fenster zu öffnen. Es gibt keine frische Luft und besonders im Sommer
ist es schwierig zu atmen mit so vielen Personen, die in einem Zimmer
schlafen. Wenn wir frische Luft haben wollen, müssen wir nach unten oder
nach draußen gehen». Es gibt Übergriffe einzelner Sicherheitsleute. Die
Firma ist vom Senat eingesetzt und nicht tarifgebunden, ohne
Betriebsrat. Um die Kritik an den Zuständen in der LASt weiß der Bremer
Senat zum Zeitpunkt der Ausrufung der ersten Maßnahmen zur
Corona-Eindämmung im März 2020 bereits seit einem halben Jahr. Die
Einrichtung ist Anfang März mit fast 700 Personen voll belegt. (…) Ende
März findet die erste Kundgebung von 50 BewohnerInnen vor den Toren der
Einrichtung statt. (…) Anfang April folgt die zweite Kundgebung der
BewohnerInnen. Sie berichten von großer Angst vor Corona-Infektionen.
Sie beklagen mangelnde Informationen über den Corona-Ausbruch durch den
Betreiber der Unterkunft, die AWO. Sie fordern erneut die Schließung.
(…) Zwei Wochen später gibt es bereits 33 Corona-Infektionen.
BewohnerInnen, die noch nicht unter Quarantäne stehen und
UnterstützerInnen demonstrieren unter Abstandsvorkehrungen mit fast 300
Personen durch die Bremer Innenstadt, fordern die Schließung von
Sammelunterkünften und übergeben dem Bürgermeister Bovenschulte eine
Petition mit Tausenden Unterschriften. Dieser verspricht die Situation
im Senat zu prüfen und neu zu bewerten. Weitere zwei Wochen später sind
130 BewohnerInnen positiv getestet (Stand 22.5.: 200), zwei liegen
stationär im Krankenhaus, eine Familie, deren Tochter mit Asthma zur
Risikogruppe gehört, lebt immer noch in der Unterkunft und hat Angst.
Die Tochter wird nach einiger Zeit positiv getestet. (…) Der Bewohner
Mouctar D. erklärte zusammenfassend in einem Taz-Interview vom 11.Mai,
als bereits 170 Corona-Infektionen in der LASt gezählt wurden: «Bremen
ist eine gastliche Stadt. Es gibt viele Menschen hier, die offen sind
für ImmigrantInnen. Du kommst nach Bremen, weil das bekannt ist, und
weil du weißt, hier wäre das möglich, was du vorhast. Wir kommen ja
hierher mit unseren Hoffnungen, unseren Plänen und Zielen. Du möchtest
ja etwas aus dir machen. Aber sie zerbrechen deine Träume.»” Bericht von ver.di-Gewerkschaftssekretär Nonni Morisse in der Soz Nr. 06/2020
- Corona-Gefahr in Sammelunterkünften – Kein Platz für Abstand
und Hygiene? / Unterbringung in Flüchtlingslagern: Kritik eines
diskriminierenden Systems im Spiegel der Corona-Krise
- Unterbringung in Flüchtlingslagern: Kritik eines diskriminierenden Systems im Spiegel der Corona-Krise
“Die Kritik an den Verhältnissen in den deutschen
Flüchtlingslagern wächst. Das Unterbringungssystem ist durch
strukturelle Diskriminierung geprägt. Durch die Corona-Krise verstärken
sich Missstände. Es gibt durchaus sichtbare Bemühungen einiger
Bundesländer und Landkreise um eine angemessene Unterbringung. Das
zeigen Gewaltschutzkonzepte oder die Finanzierung von Sozialarbeit,
Asylverfahrensberatung und psychologischer Unterstützung. Ebenso gibt es
Bedienstete in Behörden und politisch Verantwortliche, die Spielräume
zugunsten der Geflüchteten auslegen. Diese Aspekte auch zu betrachten,
gehört zu einer realistischen Beurteilung. Doch dies darf nicht darüber
hinwegtäuschen, dass die Idee und Praxis der Unterbringung in
Sammelunterkünften schon im Ansatz problematisch ist und
Diskriminierungen begünstigt. In den 1980er Jahren wurde die
Unterbringung in Sammelunterkünften eingeführt, um Flüchtende
abzuschrecken. Asylbewerber:innen und abgelehnte Asylsuchende sollten
beabsichtigt aus der Gesellschaft ferngehalten und kontrolliert werden,
damit sie sich nicht integrieren und leichter abgeschoben werden können.
Die Einrichtung großer Flüchtlingslager wurde Teil einer Strategie der
Desintegration, legitimiert durch rassistische Diskurse. Rassistische
Vorstellungen nahmen Einfluss auf die Debatten um Flucht und Migration
und die deutsche Flüchtlingspolitik. Die Debatten beeinflussten wiederum
die Gesetze und ließen staatliche Diskriminierungen wie etwas ‘normales’
wirken. Darunter Leistungskürzungen, Residenzpflicht, Abschiebehaft,
zwanghafte Botschaftsvorführungen, eine Gesundheitsversorgung zweiter
Klasse und Arbeitsverbot…” Beitrag von Hendrik Lammers vom 17.06.2020 beim Migazin (im Abo)
- Corona-Gefahr in Sammelunterkünften – Kein Platz für Abstand und Hygiene?
“In ganz Deutschland ist es in letzter Zeit vermehrt zu
Corona-Ausbrüchen in Sammelunterkünften für Wanderarbeiter gekommen. So
etwa in einer Fleischfabrik in Nordrhein-Westfalen. Auch in Hessen leben
viele Saison- und Wanderarbeiter in solchen Unterkünften, nicht selten
zusammengepfercht über viele Monate in Mehrbettzimmern mit anderen
Kollegen. Gerade in Zeiten von Corona wird deutlich, wie schlecht die
Hygienebedingungen sind. Abstand oder Privatsphäre ist in ihren
Behausungen nicht möglich. Eigentlich ist der Arbeitgeber für den Schutz
seiner Mitarbeiter verantwortlich. Doch im System von
Sub-Subunternehmern ist das kaum zu kontrollieren und die Arbeiter sind
die letzten Glieder in der Kette. Sie sprechen weder ausreichend deutsch
noch kennen sie ihre Rechte. defacto hat sich selbst ein Bild gemacht
und Sammelunterkünfte besucht.” Video der Sendung defacto am 15.6.2020 beim HR
- Flüchtlingsunterkünfte: Gefährlich wie ein Kreuzfahrtschiff /
Geflüchtete aus Waldkraiburger Unterkunft werfen nicht nur den Behörden
Rassismus vor
- Flüchtlingsunterkünfte: Gefährlich wie ein Kreuzfahrtschiff
“Kommt es in einer Flüchtlingsunterkunft zu einer
Corona-Infektion, ist das Ansteckungsrisiko dort so hoch wie auf einem
Kreuzfahrtschiff. Die Bundesregierung hält aber an den
Gemeinschaftsunterkünften fest. (…) Während die Bundesregierung jedoch
von Reisen auf solchen Luxusdampfern abrät, hält Deutschland
grundsätzlich an Gemeinschaftsunterkünften für neuankommende
Schutzsuchende fest. “Bisher ist keine Situation eingetreten, die eine
grundsätzliche Abkehr von der bewährten Unterbringung in
Gemeinschaftsunterkünften erfordert”, antwortet Staatssekretär Helmut
Teichmann auf eine Kleine Anfrage der Linkspartei, die dem
ARD-Hauptstadtstudio exklusiv vorliegt. Das Robert Koch-Institut (RKI)
hat inzwischen “Hinweise zur Prävention und Management von Covid-19-Erkrankungen in Gemeinschaftsunterkünften”
erarbeitet. Sie zeigen, wie hoch die Anforderungen an solche
Einrichtungen eigentlich sind. Die RKI-Empfehlung liegt dem
ARD-Hauptstadtstudio vor. Bislang wurden sie noch nicht veröffentlicht.
Unklar ist, ob sich die Bundesländer in der Praxis daran halten…” Beitrag von Michael Stempfle vom 10.06.2020 bei tagesschau.de – siehe auch:
- Geflüchtete aus Waldkraiburger Unterkunft werfen nicht nur den Behörden Rassismus vor
“… Rassismus ist kein Thema, das sich auf die USA
beschränkt. Rassismus sei auch in der deutschen Gesellschaft tief
verankert, weiß Hamado Dipama aus eigener Erfahrung. (…) Laut Hamado
Dipama ereignete sich der strittige Vorfall bereits am 30. April. Eine
Frau aus Schwarzafrika war positiv auf Covid-19 getestet worden.
Daraufhin seien 43 Geflüchtete, allesamt aus der Region südlich der
Sahara, unter Quarantäne gestellt und ins Ankerzentrum Manching verlegt
worden. Dipama spricht von einer „diskriminierenden Auswahl“ und
begründet dies damit, dass einige der Betroffenen die positiv getestete
Person weder kannten noch Kontakt zu ihr hatten, beziehungsweise nicht
über das übliche Maß hinaus, in dem alle Bewohner der Einrichtung
Kantine, sanitäre Anlagen und andere Gemeinschaftsräume nutzen, mit der
Frau in Kontakt gekommen seien. Vor allem aber seien Freunde und
Partnerinnen, die nicht aus Afrika kommen, von der Quarantäne nicht
berührt worden. Das lässt aus Sicht Dipamas nur den Schluss zu, die
Auswahl sei allein anhand der Herkunft der Betroffenen erfolgt. (…)
Vermutlich stehe „diese rassistische Vorgehensweise“ mit einem anderen
Vorfall wenige Tage zuvor in Zusammenhang. Dipama: „Das macht es nicht
besser.“ Er bezieht sich auf einen Konflikt zwischen einem Geflüchteten
und einem Mitarbeiter der Security-Firma. Letzterer habe den
Schwarzafrikaner am 20. April auf übelste Weise rassistisch beschimpft
und beleidigt. Zusammen mit anderen habe sich der Mann beschwert und den
Security-Mitarbeiter aufgefordert, den rassistischen Ausdruck zurück zu
nehmen. „Das hat er nicht getan.“ Bericht von Hans Grundner vom 10. Juni 2020 bei OVB online
- [München] Staatsanwaltschaft ermittelt nach Corona-Tod eines
Asylbewerbers / Corona in Asylunterkünften: Leben mit dem
Ansteckungsrisiko / Studie: Hohe Ansteckungsgefahr in Flüchtlingsheimen
- [München] Staatsanwaltschaft ermittelt nach Corona-Tod eines Asylbewerbers
“Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Oberbayern als
Träger einer Asylunterkunft wegen fahrlässiger Tötung. Ein Asylbewerber
hatte sich mit dem Corona-Virus angesteckt und nach ersten Symptomen die
Leitung informiert. Der Arzt kam vier Tage später. Nach dem Coronatod
eines Asylbewerbers hat die Staatsanwaltschaft München ein
Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Tötung eingeleitet. Das teilte
eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft München I dem ZDF-Magazin
„Frontal 21“ mit. Der 35-jährige Mann aus Afghanistan lebte in der
staatlichen Gemeinschaftsunterkunft in der Aschauer Straße in München
und hatte sich dort offenbar mit dem Virus angesteckt. Vorerkrankungen
sind nach Auskünften der Angehörigen nicht bekannt. Die für die
Unterkunft verantwortliche Regierung von Oberbayern, das Münchner
Gesundheitsamt und das Bayerische Innenministerium wiesen die Vorwürfe
zurück…” Meldung vom 03.06.2020 im Migazin (im Abo), siehe dazu:
- Corona in Asylunterkünften: Leben mit dem Ansteckungsrisiko
“Viele Asylbewerber in Deutschland leben in kleinen Zimmern
– zu viert oder sechst. Den Corona-Abstand von 1,5 Metern einzuhalten,
ist da oft unmöglich. Toiletten, Duschen und Küche werden in der Regel
gemeinsam benutzt. In Bayern sind drei Asylbewerber, die in
Gemeinschaftsunterkünften gelebt haben, nach einer Coronavirus-Infektion
gestorben. In einem Fall hat nun die Staatsanwaltschaft München ein
Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Tötung eingeleitet. Das teilte
eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft München I Frontal21 mit. Der
35-jährige Mann aus Afghanistan lebte in der staatlichen
Gemeinschaftsunterkunft in der Aschauer Straße in München und hatte sich
dort offenbar mit dem Virus angesteckt. Vorerkrankungen sind nach
Auskünften der Angehörigen nicht bekannt. (…) Der Asylbewerber hatte am
3. April 2020 erstmals über Symptome wie Fieber und Kopfscherzen geklagt
und die Leitung der Unterkunft informiert. Es dauerte vier Tage, bis
zum 7. April 2020, bis er persönlich von einem Arzt untersucht wurde.
Das Angebot, ihn in ein Krankenhaus zu bringen, habe der Asylbewerber zu
dem Zeitpunkt abgelehnt, teilte das Innenministerium mit. Weitere drei
Tage später wurde er nach einem positiven Corona-Test auf die
Intensivstation des Münchner Klinikums rechts der Isar gebracht. Dort
starb der 35-Jährige am 25. April 2020. Die Anwältin des Verstorbenen,
Katharina Camerer, hat Strafanzeige gestellt und erklärte gegenüber
Frontal 21: „Es wurde nicht verhindert, dass mein Mandant sich ansteckt,
obwohl es in der Unterkunft bereits einen bekannten COVID-19-Fall gab.
Außerdem wurde er erst sehr spät in ein Krankenhaus gebracht.“ Die
Staatsanwaltschaft München führt die Ermittlungen gegen Unbekannt und
teilte mit: „Die Anzeige richtet sich gegen eine Mehrzahl namentlich
noch nicht bekannter Personen, darunter die Verantwortlichen der
Regierung von Oberbayern als Träger der betroffenen
Gemeinschaftsunterkunft, die Verantwortlichen des zuständigen
Gesundheitsamts sowie mit dem Verstorbenen befasste
Rettungsdienstmitarbeiter bzw. Ärzte.“...” Text und Video des Beitrags von Michael Haselrieder und Anne Herzlieb in Frontal 21 vom 02.06.2020 beim ZDF
- Studie: Hohe Ansteckungsgefahr in Flüchtlingsheimen
“Das Ergebnis kann nicht überraschen: Forscher finden
heraus, dass das Corona-Risiko in großen Flüchtlingsunterkünften ähnlich
groß ist wie auf Kreuzfahrtschiffen. Organisationen fordern eine
Unterbringung in kleinen Einrichtungen. Forscher warnen vor einem hohen
Corona-Risiko in Sammelunterkünften für Asylbewerber. Wegen der hohen
Personendichte könnten die Unterkünfte zu Hotspots für
Corona-Infektionen werden, warnen Gesundheitswissenschaftler der
Universität Bielefeld in einer am Freitag veröffentlichten Studie .
Nach der Feststellung eines Falles ergebe sich ein Ansteckungsrisiko
für alle übrigen Bewohner von 17 Prozent. Dies sei mit dem
Ausbreitungsrisiko auf Kreuzfahrtschiffen vergleichbar, erläuterte
Kayvan Bozorgmehr, Professor für Public Health. Caritas und Diakonie
forderten, zumindest Familien mit Kindern und Risikogruppen aus den
Großeinrichtungen herauszuholen…” Meldung vom 02.06.2020 beim Migazin (im Abo)
- Reportage: Menschen ohne Papiere in Zeiten von Corona
“Sie leben auf der Straße oder sind bei Freunden
untergekommen – Menschen ohne Papiere, unsichtbar, ohne Krankenschein.
Schon vor der Corona-Krise war das Leben in der Parallelgesellschaft
schwierig, sagt Asmara Habtezion. Doch in Zeiten von Corona mit
erforderlichen Schutzmaßnahmen sind viele Hilfsangebote weggebrochen.
Die Frau vom Verein “Asmaras World Refugee Support” hat jetzt
Schlafplätze für ca. 80 Personen organisiert, sucht diese Menschen auf
und versorgt sie mit Essen. Wohngemeinschaften stellen Zimmer zur
Verfügung, damit die Geflüchteten in Zeiten von Corona ein Dach über dem
Kopf haben. Wir begleiten Asmara auf dem Weg zu geheimen Adressen und
sprechen mit den Menschen, die unerkannt in Hamburg leben…” Reportage von Sabine Rossbach und Nastasja Müller vom 27. Mai 2020 beim NDR Hamburg Journal (Videolänge: ca. 15 Min.)
- LEA Ellwangen: Strafanzeige wegen gefährlicher Körperverletzung
“… Seit Beginn der Covid-19-Pandemie führen wir, in enger
Zusammenarbeit mit Flüchtlingen, einen konsequenten Kampf für die
sofortige Evakuierung der Flüchtlingslager, für dezentrale Unterbringung
und einen gründlichen Gesundheitsschutz. Dies gilt für Lager wie in
Moria/Lesbos in Griechenland, wie auch für die Lager in Deutschland
selbst. (…) Die baden-württembergische Grünen/CDU-Landesregierung spielt
auch in der gegenwärtigen Covid-19-Pandemie eine äußerst negative Rolle
in der Behandlung von Flüchtlingen. Konkret zeigte sich das, als Anfang
April 2020 der erste Covid-19-Fall in der LEA Ellwangen gemeldet wurde.
Da keine ausreichenden Maßnahmen ergriffen wurden – insbesondere keine
sofortige Evakuierung, wurden mindestens 400 der rund 600 Flüchtlinge,
sowie 32 dort Beschäftigte mit dem Coronavirus infiziert. Das offenbart
ein kaum vorstellbares Ausmaß von Verweigerung notwendiger Vorsorge und
Verantwortung für den Schutz der Flüchtlinge und der dort Beschäftigten.
Statt Gesundheitsschutz gab es repressive Maßnahmen, wie
Ausgangssperre, Umzingelung der LEA durch Polizei und schließlich sogar
Bundeswehreinsatz. Auch im Auftrag von Flüchtlingen haben wir deshalb
Strafanzeige wegen gefährlicher Körperverletzung gestellt – gegen den
Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) und Innenminister
Thomas Strobl (CDU) von Baden-Württemberg, sowie gegen die besonders
Verantwortlichen, Thomas Deines, Leiter des Referat 15.2
Flüchtlingsaufnahme beim Regierungspräsidium Stuttgart (RPS), und
Regierungsdirektor Berthold Weiß, Leiter der LEA Ellwangen. Die
Staatsanwaltschaft Ellwangen hat uns inzwischen eine Aufnahme der
Ermittlungen bestätigt. Im Auftrag von Flüchtlingen haben wir beim
Regierungspräsidium die sofortige Evakuierung und dezentrale
Unterbringung gefordert. Nur wenige Tage später teilte es uns mit, dass
unsere Mandanten – zusammen mit 100 weiteren Flüchtlingen – evakuiert
wurden. In Zusammenarbeit mit dem Freundeskreis ,Alassa & Friends’
konnte aktuell auch erreicht werden, dass das Verwaltungsgericht
Karlsruhe wegen der Covid-19-Pandemie Abschiebungen nach Italien
gestoppt hat. So in der Asylsache von Yolande F.. Dies und andere
wichtige juristische Erfolge vor Verwaltungsgerichten – wie in Leipzig,
Dresden, Chemnitz, Münster – sind konkreter Ausdruck und Erfolg einer
breiten Protestbewegung, die sich gegen die rassistische Diskriminierung
von Flüchtlingen als Menschen 2. Klasse durch die Bundes- und die
Landesregierungen richtet.” Statement von RA Roland Meister vom 25. Mai 2020 bei Rote Fahne News – siehe für Hintergründe auch unsere Rubrik Abschiebung und Proteste » Als Beispiel: EllwangenPetition
an bayerischen Landtag: Lagerpflicht für Geflüchtete abschaffen! /
[Video] Katastrophale Zustände: So verbreitet sich Corona in der
Geflüchtetenunterkunft in Sankt Augustin / …
- Petition an bayerischen Landtag: Lagerpflicht für Geflüchtete abschaffen!
“„Vor dem Virus sind alle gleich“ – das ist ein Satz, der
aktuell oft gesagt wird. Doch das stimmt leider nicht. Menschen, die
bereits vor der Krise von prekären Lebensverhältnissen betroffen waren,
trifft Corona um ein Vielfaches stärker. Weltweit sind alle Menschen
dazu verpflichtet, Abstand zu halten. Vonseiten der Regierung werden zum
Wohle Aller Groß- und Massenveranstaltungen abgesagt. ABER:
Massenunterkünfte werden weiter betrieben. Ein Widerspruch! Diese
Tatsache ist nicht nur lebensgefährlich für die Menschen, die in den
Sammelunterkünften leben müssen, sondern für alle! Die Lagerpflicht für
Geflüchtete muss endlich abgeschafft werden! Wir fordern den Bayerischen
Landtag auf, die Gesetze zur Unterbringung von Asylsuchenden
dahingehend zu ändern, dass Geflüchtete ohne Restriktionen jederzeit
berechtigt sind aus Massenunterkünften auszuziehen und private Wohnungen
zu beziehen. Wir fordern den Bayerischen Landtag auf, den Artikel 2
Absatz 2 des bayerischen Aufnahmegesetzes (AufnG) zu streichen sowie den
Artikel 4 Absatz 3, 4 und 5 AufnG so abzuändern, dass die private
Wohnsitznahme für Geflüchtete ermöglicht wird, wenn diese eine eigene
Wohnung haben. Wir fordern die Anpassung des §7 der Bayerischen
Asyldurchführungsverordnung (DVAsyl) , damit Asylsuchende selbstständig
über ihren Aufenthaltsort bestimmen können. Der Bayerischen
Staatsregierung muss spätestens jetzt klar werden, dass eine zwangsweise
Unterbringung in Massenlagern die Menschen auf Dauer nicht nur
entrechtet, sondern sie psychisch und gerade jetzt auch nachweisbar
physisch krank macht. Wir fordern deshalb, die Lagerpflicht für
Geflüchtete sowie die großen Sammelunterkünfte abzuschaffen und auf
kleine und dezentrale Unterbringung zu setzen!” Petition bei Campact von Bay. Flüchtlingsrat, Münchner Flüchtlingsrat, Refugee Struggle for Freedom, LeTRa
- [Video] Katastrophale Zustände: So verbreitet sich Corona in der Geflüchtetenunterkunft in Sankt Augustin
“Auch in bundesweiten Medien machte es Schlagzeilen: In der
Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) des Landes NRW gab es einen
rasanten Anstieg an Coronafällen, die gesamte Unterkunft wurde unter
Quarantäne gestellt. Perspektive Online hat nun exklusives Bildmaterial
und Berichte von BewohnerInnen der Unterkunft erhalten. Es sind
schockierende Szenen, die Perspektive Online aus dem Leben in
Corona-Quarantäne erhalten hat: Dutzende Bilder, Videos und
Schilderungen von Geflüchteten, die derzeit in der „Zentralen
Unterbringungseinrichtung“ in Sankt Augustin bei Bonn untergebracht
sind. Sie zeigen, warum sich in einer Massenunterkunft Covid-19 so
schnell ausbreiten kann: wegen mangelnder Hygiene und Leben auf engstem
Raum. Bisher sind schon 165 Menschen infiziert. Die Bilder und Videos
wurden uns von Meher Faani weitergeleitet. Bis vor kurzem war er in der
landesweiten Sammelunterkunft, wurde nach seiner negativen Prüfung auf
Covid-19 jedoch zusammen mit einigen anderen in eine
Geflüchtetenunterkunft in Schleiden in der Eifel verlegt. Meher ist
Wissenschaftler, aus dem Iran geflohen und wartet gerade auf das
Ergebnis seines Asylverfahrens in Deutschland…” Bericht (samt Video von Leon Hamacher vom 21. Mai 2020 bei Perspektive online (siehe weitere Infos weiter unten)
- Heftiger Polizeieinsatz im Anker-Zentrum Schweinfurt nach Tod eines Armeniers
“Im #ANKER-Zentrum in der ehemaligen Schweinfurt US-Kaserne
war es bereits Ende März zu einem Ausbruch des #Corona-Virus gekommen.
Die Bewohner*innen stehen seitdem unter Quarantäne. Lediglich bereits
Genesene dürfen das Lager verlassen. Erst wenn es 14 Tage lang keine
neuen Corona-Fälle im Lager gibt, will die Regierung von Unterfranken
die strenge Quarantäne aufheben. Bisher wurde bei 137 Menschen in der
Unterkunft eine Infektion mit dem Coronavirus nachgewiesen. Am 20. April
verstarb im ANKER-Zentrum ein 60-jähriger Armenier an den Folgen der
Viruserkrankung. Bei der Demonstration am Montagmorgen gegen 6.30 Uhr
versammelten sich die Bewohner*innen am Eingangstor der ehemaligen
Kaserne. Friedlich und lautstark protestierten sie gegen die harten
Ausgangssperren. Seit mittlerweile 8 Wochen dürfen sie das Lager nicht
verlassen. Mit Sitzblockaden versuchten sie den Lagerbetrieb zu stören.
Die Polizei reagierte mit einem enormen Aufgebot & räumte die
Blockade. Laut Polizeiberichten hatte sich die Lage zunächst entspannt,
ehe sie am Nachmittag wieder eskalierte. Die Bewohner*innen im
Schweinfurter ANKER-Zentrum versuchen seit längerem mit friedlichen
Demonstrationen Aufmerksamkeit für ihre Lage zu erhalten…” Thread von Schwarzlicht Würzburg (@schwarzlichtwue) am 20. Mai
- [MONITOR-Video] Eingesperrt und ausgeliefert: Corona in Flüchtlingsunterkünften
“Die Zahl der Corona-Infektionen in deutschen
Flüchtlingsunterkünften ist dramatisch hoch, zum Teil sind mehr als die
Hälfte der Bewohner infiziert. Die Menschen können sich vor Ansteckung
kaum schützen: Sie leben beengt, teilen sich Schlafräume, Küchen und
sanitäre Einrichtungen. Viele Heime wurden komplett unter Quarantäne
gestellt, die Menschen waren mit dem Virus praktisch eingesperrt. Unter
den Bewohnern wachsen Ohnmacht und Wut. Das Video gibt den
Recherchestand von April 2020 wieder.” Video des Monitor-Beitrags von Andreas Maus und Neila Doss vom 18.05.2020 bei youtube
- Sankt Augustin: Zahl der Corona-Infizierten in Flüchtlingsheim steigt auf 130
“Zum ersten Mal gibt es offenbar einen großen Corona-Ausbruch in
einem Flüchtlingsheim in Nordrhein-Westfalen: Bis zum Sonntagnachmittag
hatten die Tests nach Angaben von Sankt Augustins Sozialdezernten Ali
Dogan schon bei 116 Bewohnern der Zentralen Unterbringungseinrichtung
(ZUE) eine Corona-Infektion bestätigt. „Wir haben am Donnerstag, Freitag
und Sonntag alle getestet, die erreichbar waren“, erklärte der
Dezernent. Laut Dirk Schneemann, Sprecher der Bezirksregierung in Köln,
wurden bislang rund 300 Menschen getestet. Nach aktuellen Ergebnissen
sind nun 130 Menschen mit dem Coronavirus infiziert. Viele getestete
Bewohner der Flüchtlingsunterkunft des Bundes seien bereits über das
Resultat der Untersuchung im Bilde, so Schneemann; diese mussten in
einen gesonderten Trakt des Gebäudes umziehen. „Den positiv Getesteten
geht es gut“, betonte der Sprecher. (…) Viele der Infizierten zeigten
keine oder nur schwache Symptome. Laut Schneemann sind viele junge
Menschen und auch Familien unter den bestätigten Infektionsfällen. 60
Personen mit einem negativen Testergebnis wurden aus Sankt Augustin
ausquartiert, zum Teil in eine Bonner Jugendherberge, zum Teil in die
ZUE nach Schleiden. Dort, so die Bezirksregierung, müssten sie die
Quarantäne hinter sich bringen. (…)Am Donnerstag hatte es ein erstes
positives Testergebnis gegeben, daraufhin war die Unterkunft, die
ehemalige Medienzentrale der Bundeswehr im Stadtteil Niederpleis, unter
Quarantäne gestellt und Tests für alle fast 500 Bewohner, aber auch für
das Betreuungs- und Sicherheitspersonal sowie die Reinigungskräfte
angeordnet worden. „Wir haben mehrmals gefordert, diese Heime
durchzutesten“, sagte der Grüne Landtagsabgeordnete Horst Becker
(Lohmar) am Sonntag. „Es zeigt sich jetzt, dass das viel zu spät
passiert ist.“ Beitrag von Peter Lorber und Dieter Krantz vom 18. Mai 2020 beim Rhein-Sieg-Bonn-Anzeiger online
- Weshalb Asylunterkünfte besonders von Corona betroffen sind /
Nach Sachsen jetzt das VG Münster: Infektionsschutz gilt auch für
Geflüchtete!
- “Epidemiologisch gesehen eine Katastrophe”. Weshalb Asylunterkünfte besonders von Corona betroffen sind
“Geflüchtete in Massenunterkünften sind einem hohem Risiko
ausgesetzt, an Covid-19 zu erkranken. Gesunde und kranke Menschen werden
oftmals gemeinsam unter Quarantäne gestellt. Erleichterungen wären
möglich. Aber sind sie gewollt? In den Massenunterkünften für
Geflüchtete habe sich bundesweit die Situation massiv zugespitzt,
berichtet Lotta Schwedler vom Flüchtlingsrat Brandenburg. Gesunde
Menschen wurden mit ihren infizierten Nachbarn unter Quarantäne
gestellt, darunter auch Vorerkrankte aus der Risikogruppe. So seien
ganze Etagen und Häuser geschlossen worden. Informationen über die
Maßnahmen wurden gar nicht oder erst verspätet herausgegeben, sagt sie.
Das hinterließ Ratlosigkeit und Verunsicherung. Die Lage scheint sich
nicht zu ändern. Und das, obwohl in Sachsen bereits gerichtlich geklärt
wurde, dass Massenunterkünfte gesundheitsgefährdend sind [mdr.de]. Und
auch die Caritas sagt: “Sie sind epidemiologisch gesehen eine
Katastrophe.” Durch fehlende Hygieneartikel wie Desinfektionsmittel oder
Gesichtsmasken, werde zudem die Verbreitung gefördert und der Tod von
Risikopatienten in Kauf genommen. Das ärgert Lotta Schwedler, denn sie
mahnt nicht erst seit der Corona-Pandemie die Krisenanfälligkeit von
derartigen Gemeinschaftsunterkünften an. “Die Diskriminierung, die durch
diese Strukturen aufrechterhalten wird – Ausgrenzung, geringere
Versorgung, auch medizinische Versorgung – fällt jetzt in Corona-Zeiten
besonders auf.” (…) Wegen der Kontaktsperre brechen viele
Unterstützungsstrukturen und Initiativen weg, Betreuungs- und
Beratungsangebote sind eingeschränkt. Dabei wären sie gerade jetzt
dringend nötig. (…) Günter Burkhardt von Pro Asyl sieht im Umgang mit
Geflüchteten ein System. “Man will die Menschen nicht in Wohnungen
unterbringen”, sagt er. Der Grund dafür sei die Dublin-Regelung, nach
der Geflüchte in dem Land Asyl beantragen sollen, in dem sie die EU
zuerst betreten. Für viele ist das nicht Deutschland. “Man hat gesagt:
Die lassen wir schön alle schmoren in den Großunterkünften, eineinhalb
Jahre lang, bis wir sie wieder abschieben können – nach Italien, nach
Griechenland”, sagt Burkhardt. “Nur das ist jetzt während der Pandemie
völlig surreal.”...” Beitrag von Miron Tenenberg vom 17.05.20 bei rbb24
- Nach Sachsen jetzt das VG Münster: Infektionsschutz gilt auch für Geflüchtete!
“Nach drei sächsischen Verwaltungsgerichten stellt ebenso
das VG Münster fest: Infektionsschutz muss auch in Unterkünften für
Geflüchtete gelten. Wenn dies nicht sichergestellt ist, dürfen die
Personen ausziehen. In einer Pressekonferenz hatten PRO ASYL und die
Flüchtlingsräte auf die problematische Situation in Unterkünften
aufmerksam gemacht. (…) Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Leipzig
vom 22. April 2020 war die erste, in der dem Eilantrag des
Antragstellers stattgegeben wurde und der Auszug der Person aus der
entsprechenden Unterkunft angeordnet wurde. Der Grund: bei einer
Einrichtung der Größe von 700 Personen, in der sich Zimmer geteilt
werden und auf eine Gemeinschaftsküche und fünf Toiletten 50
Bewohner*innen kommen, da können Infektionsschutzregeln wie die
Abstandsregel von 1,50m gar nicht eingehalten werden. Diese seien aber
nach der sächsischen Corona-Schutz-Verordnung »wo immer möglich« und »in
allen Lebensbereichen« einzuhalten. Zudem sei der Betrieb von
Geschäften eingeschränkt, was aus Sicht des Gerichtes zeigt, dass die
Landesregierung eine Ausbreitung des Virus durch die Zusammenkunft von
Menschen in Unterkünften aller Art als besonders wahrscheinlich ansehe.
Deswegen »würde [es] nicht nur einen Wertungswiderspruch zu diesen
Regelungen darstellen, wollte man den Bereich der
Asylbewerberunterkünfte von dem Gebot […] herausnehmen [..], es würde
vor allem dem Sinn und Zweck der Verordnung selbst zuwiderlaufen, der
Verhinderung der Ausbreitung des Coronavirus Sars-CoV‑2«. Dieser
Argumentation folgten die zwei anderen sächsischen Verwaltungsgerichte
(VG Dresden im Beschluss vom 29.04.2020 und im Beschluss vom 24.04.2020;
VG Chemnitz) und nun auch das VG Münster am 7. Mai 2020. Alle Gerichte
stützen sich auch auf den § 49 Abs. 2 Asylgesetz. In dem heißt es: »Die
Verpflichtung [zur Wohnsitznahme in der Aufnahmeeinrichtung, Anm. d.
Redaktion] kann aus Gründen der öffentlichen Gesundheitsvorsorge sowie
aus sonstigen Gründen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung,
insbesondere zur Gewährleistung der Unterbringung und Verteilung, oder
aus anderen zwingenden Gründen beendet werden.« (…) Gründe der
öffentlichen Gesundheitsversorgung liegen insbesondere vor, wenn diese –
wie das Corona-Virus – nach dem Infektionsschutz relevant sind. Wie die
Gerichte feststellen, sind hier auch die Interessen der Asylsuchenden
zu berücksichtigen, die sich vor eine Ansteckung schützen wollen. Die
notwendigen wichtigen Gründe wurden von allen Gerichten als vorliegend
erachtet, was das behördliche Ermessen so reduziert, dass die
Betroffenen einen Anspruch haben, dezentral untergebracht zu werden. (…)
Seit der Fertigstellung dieses Textes sind folgende Entscheidungen
dazugekommen: VG Münster, Beschluss vom 12.05.2020…” Mitteilung von Pro Asyl vom 14. Mai 2020
- Flüchtlingslager in Henningsdorf in Dauer-Quarantäne
Solidarität mit Geflüchteten: Flüchtlingslager evakuieren,
Infektionsketten stoppen, Menschen schützen!
- Flüchtlingslager in Henningsdorf in Dauer-Quarantäne
“Besuchsverbot, große Präsenz der Bundespolizei, kein
Internet, Isolation durch Quarantäne: Geflüchteten-Initiativen berichten
über katastrophale Zustände im Asyllager in Hennigsdorf, wo ca. 300
Bewohner_innen unter Quarantäne stehen. Die in Hennigsdorf, in der
Gemeinschaftsunterkunft Stolpe-Süd untergebrachten Flüchtlinge stehen
seit 4 Wochen unter Quarantäne. Heute am 12.05.2020 sollte diese
offiziell für alle vorbei sein, jedoch wurde sie erneut bis zum 21.05.
verlängert. Diejenigen, die positiv getestet waren, konnten bereits am
05.05. die Quarantäne verlassen. Nachdem bei den ersten Testungen im
April bereits 68 Bewohner_innen positiv auf Covid ‑19
getestet wurden, sind jetzt erneut 17 weitere der ca. 300 aktuell
anwesenden Bewohner_innen positiv getestet worden. Für uns ist das keine
Überraschung, denn seit Ausruf der Pandemie, sagen wir, dass die
Gemeinschaftsunterkünfte für Flüchtlinge Brutkästen des Virus sind, da
dort die physischen Distanz-Regelungen aufgrund der engen geteilten
Zimmer, sowie den Gemeinschaftsräumen wie Bäder und Küchen, nicht
umsetzbar sind. Wir stehen in engem Kontakt mit den dort lebenden
Flüchtlingsfrauen und sie berichteten uns von den katastrophalen
Zuständen dort: Besuchsverbot, große Präsenz der Bundespolizei, kein
Internet, Isolation durch Quarantäne. Aufgrund des Ausgangsverbots haben
die Bewohner_innen eine Einkaufsliste bekommen, auf der sie ankreuzen
können, welche Lebensmittel sie benötigen. Neben einigen Lebensmitteln
und Waschpulver gibt es jedoch keinerlei Sanitär-/ Hygieneartikel, die
für Frauen und Kinder notwendig und ein normaler Bestandteil ihres
Einkaufes sind. Die Frauen berichteten, dass ihnen Damenbinden,
Babywindeln, Seife und Mundschutz fehlen. (…) Wir fordern die dort
lebenden Flüchtlinge in sichere Räume zu transferieren, wo sie die
physischen Distanz-Regelungen einhalten können. Geeignet dafür sehen wir
die zur Zeit leer stehenden Ferienwohnungen und Hotels. Dies ist ein
wichtiger Schritt, um eine Massenkatastrophe zu verhindern. Außerdem
zeigt uns diese Erfahrung wiedermal, dass unsere Forderungen nach „Keine
Lager für Frauen und Kinder! Alle Lager abschaffen!“ brandaktuell und
höchst relevant sind!” Bericht von Women in Exile vom 12. Mai 2020 bei inforiot.de
- Solidarität mit Geflüchteten: Flüchtlingslager evakuieren, Infektionsketten stoppen, Menschen schützen!
“… Wegen der Corona-Krise werden in allen
gesellschaftlichen Bereichen Anstrengungen unternommen, um das
Infektionsrisiko zu verringen. Dafür müssen z.B. große Ansammlungen von
Menschen vermieden werden. Im krassen Gegensatz zu den
Kontaktbeschränkungen stehen allerdings die Massenunterkünfte für
geflüchtete Menschen – sowohl an der EU-Außengrenze, als auch hier in
NRW. Derzeit steht die Zentrale Unterbringungseinrichtungen (ZUE)
Euskirchen und die Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) Bonn unter Quarantäne
in NRW. Es besteht die Sorge, dass langfristige
Ketten-Quarantäne-Maßnahmen durch Folgeinfektionen mit dem Corona-Virus
stattfinden. Die Bewohner*innen der NRW-Landeseinrichtungen und großer
kommunaler Unterkünfte müssen sich Schlafzimmer, Duschräume und
Toiletten mit vielen anderen Menschen teilen. In manchen Schlafräumen
wohnen vier Menschen auf 10 qm; in vielen Unterkünften teilen sich
hunderte einen Kantinenraum. Ein ausreichender Infektionsschutz kann so
definitiv nicht gewährleistet werden. (…) „Wir fordern deshalb die
sofortige Evakuierung und Schließung der Massenunterkünfte und eine
dezentrale Unterbringung von geflüchteten Menschen“, so Judith Welkmann
von der Antirassistischen Vernetzung NRW. Erfreulicherweise gibt es
erste Gerichtsurteile, die den Verstoß von Landesregierungen gegen ihre
eigenen Seuchenschutzverordnungen ahnden und die Behörden verpflichten,
die BewohnerInnen anders unterzubringen. An Räumlichkeiten dafür fehlt
es nicht: Es stehen landesweit zahlreiche Hostels, Jugendherbergen oder
Pensionen leer, in denen Geflüchtete ebenso wie Obdachlose unter
Beachtung der Schutzbestimmungen untergebracht werden könnten. Dies muss
unverzüglich geschehen; insbesondere und zuerst für Menschen mit
Vorerkrankungen und ältere Leute sowie deren Familien. Die
Antirassistischen Vernetzung in NRW hat zur Unterstreichung dieser
Forderungen eine Fotoaktion durchgeführt an Lagern in Münster, Köln,
Ibbenbüren, Möhnesee und vor dem MKFFI (Ministerium für Kinder, Familie,
Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen) in
Düsseldorf.” Pressemitteilung der Antirassistischen Vernetzung in NRW vom 11. Mai 2020 mit vielen Fotos
- Von Politik zweiter Klasse – Niemand darf zurückgelassen werden!
“Die Landesflüchtlingsräte, PRO ASYL und die
Seebrücken-Bewegung legten heute, um 10 Uhr in einer Pressekonferenz
dar, dass es gerade jetzt gilt, niemanden zurückzulassen und Lager zu
schließen -ob in Moria oder Halberstadt. Vertreter*innen der
Organisationen berichteten von Problemlagen, Maßnahmen und Perspektiven.
Während Menschen weltweit mit den Maßnahmen durch die Covid-19-Pandemie
zu kämpfen haben, sind besonders jene, die erzwungenermaßen in
Campstrukturen untergebracht sind, enormen Gefahren ausgesetzt.
Schutzsuchende leben teils zu tausenden in Lagern, in denen
Infektionsschutz und persönliche Bedarfsdeckung zwangsläufig nicht
möglich ist. Mit Blickauf die Elendslager in Moria auf Lesvos oder
weiteren Inseln, auf das Leid der Menschen in den Folterlagern Libyens,
dem Schicksal der Menschen auf der Balkanroute und auch in
Massenunterkünften in Deutschland lässt sich feststellen: Schutzsuchende
werdendem Virus schutzlos ausgesetzt oder mit freiheitsentziehenden
Maßnahmen belegt. “Wir beobachten derzeit eine bewusste Gefährdung der
Gesundheit, nämlich dass eine Durchseuchung in Kauf genommen wird,“ so
Helen Deffner vom Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt. Zu Hunderten werden
Geflüchtete auf engstem Raum untergebracht und dadurch zwangsläufig dem
gefährlichen Virus ausgesetzt. “Das Corona-Virus macht noch einmal
deutlich: Es ist längst an der Zeit, dass die Landesregierungen Konzepte
für die Unterbringung von Geflüchteten in Wohnungen erarbeiten und
ausbauen und nicht weiter auf Massenunterbringung setzen. Es bedarf
jetzt eines Richtungswechsels: Abkehr von Sammelunterkünften hin zu
Wohnungen!…” Pressemitteilung des Flüchtlingsrats NRW vom 11. Mai 2020 mit Link zum Video der Online-Pressekonferenz vom 11. Mai 2020, siehe auch unser Dossier: Humanitäre Krise in Griechenland droht zu eskalieren
- VG Münster: Schwangere Asylsuchende muss wegen
Corona-Ansteckungsgefahr nicht weiter in Aufnahmeeinrichtung für
Flüchtlinge wohnen
“Das Verwaltungsgericht Münster hat durch Beschluss vom 7.
Mai 2020 in einem Eilverfahren dem Land Nordrhein-Westfalen, vertreten
durch die Bezirksregierung Arnsberg, aufgegeben, die Verpflichtung einer
schwangeren Asylsuchenden und ihres Ehemanns, in der Zentralen
Unterbringungseinrichtung in Rheine zu wohnen, zum Schutz vor Ansteckung
mit dem Corona-Virus vorläufig zu beenden. (…) In den Gründen des
Beschlusses heißt es unter anderem: Die Beendigung der Wohnverpflichtung
der Antragsteller sei nicht nur zur Seuchenprävention, sondern
insbesondere zum Schutz der Antragsteller selbst vor Ansteckung mit dem
Corona-Virus Sars-CoV-2 geboten. Die Corona-Schutzverordnung des Landes
Nordrhein-Westfalen in der ab dem 7. Mai 2020 gültigen Fassung enthalte
für verschiedene Lebensbereiche Abstandsregeln von mindestens 1,50 m
zwischen Personen sowie weitere Regelungen etwa zu Kontaktbeschränkungen
und des Tragens von Mund-Nase-Bedeckungen. Dies zeige, dass der
Verordnungsgeber eine Ausbreitung des Virus durch das Zusammentreffen
von Menschen bei Zusammenkünften und in Einrichtungen aller Art als
besonders wahrscheinlich ansehe. Es würde einen Wertungswiderspruch zu
den Regelungen der Verordnung darstellen, wollte man den Bereich der
Asylbewerberunterkünfte anders behandeln…” Pressemitteilung der NRW-Justiz online vom 11. Mai 2020 zum rechtkräftigen Beschluss des VG Münster vom 7. Mai 2020 (Az.: 6a L 365/20)
- Flüchtlingsheim in Marl unter Quarantäne
“Ein Flüchtlingsheim im Marl steht wegen bestätigter
Corona-Infektionen unter Quarantäne. Von 105 Bewohnern und Mitarbeitern
in der Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) seien 12 Bewohner und 2
Sicherheitsleute positiv getestet worden, erklärte die Bezirksregierung
Münster am Freitag (08.05.2020). Ein 24-jähriger Flüchtling liegt im
Krankenhaus. Die anderen infizierten Bewohner, darunter 6 Kinder, sowie
weitere Verdachtsfälle würden in der Landeseinrichtung gesondert
untergebracht. Die beiden Sicherheitsleute stehen unter häuslicher
Quarantäne, heißt es weiter. Alle Flüchtlinge dürften das Gelände für
zwei Wochen nicht verlassen. In der nächsten würden sie erneut auf das
Coronavirus getestet…” Meldung vom 08.05.2020 beim WDR
- Corona chaos in Ellwangen 04.05.2020: Negativ getestet und
trotzdem eingesperrt? / Bericht aus dem ANKER-Zentrum in Geldersheim bei
Schweinfurt / Sächsische Gerichte bestätigen Corona-Risiko in
Sammelunterkünften
- Corona chaos in Ellwangen 04.05.2020: Negativ getestet und trotzdem eingesperrt? Kleinstgruppen statt Lager!
“Von den rund 600 Geflüchteten in der LEA Ellwangen wurden
seit Verhängung der Ausgangssperre Anfang April über 400 Bewohner*innen
mindestens einmal positiv getestet. Ende April / Anfang Mai wurden etwa
200 einst positiv Getestete aus der LEA entlassen. Von den knapp 200
negativ Getesteten wurde niemand entlassen. Warum? Wird sich nach den
neuen Tests in den nächsten Tagen etwas ändern? Das Regierungspräsidium
Stuttgart will nach diesen Tests angeblich prüfen, ob die
B2-3Ausgangssperre für die LEA Ellwangen aufgehoben werden kann. Damit
erzeugt das Regierungspräsidium falsche Hoffnungen. Viel werden hoffen,
nach einem negativen Test wieder in die Stadt gehen zu können. Doch
gerade diejenigen, die nie positiv getestet wurden, werden nicht raus
dürfen. Klingt verrückt. Manche wurden zwei, drei oder bald vier Mal
negativ getestet und fühlen sich auch super gesund. Trotzdem müssen sie
weiter in Quarantäne bleiben. Das versteht doch kein Mensch! Ist das
wieder einmal pure, rassistische Schikane gegen Geflüchtete? (…) Wenn
mehrere Leute als Gruppe in Quarantäne zusammen leben, beginnt die
Quarantänezeit immer wieder neu, sobald jemand positiv getestet wurde
oder auch nur eine Person Kontakt mit einer infizierten Person hatte. Je
größer die Gruppe, desto länger die mögliche Quarantäne. Sie ahnen das
Problem im Lager? (…) Alle Bewohner der LEA Ellwangen wurde am 5. April
unter Quarantäne gestellt. Damit wurden die Menschen außerhalb des
Lagers geschützt, aber nicht die Menschen im Lager. Im Lager wurde eine
riesige Gruppe von einigen Hundert Menschen gemeinsam unter Quarantäne
gestellt. In dieser Großgruppe hat sich, wie nicht anders zu erwarten
war der Virus rasend schnell verbreitet. Nach dem ersten Massentest
Anfang April waren 250 infiziert, beim nächsten Test waren es 313 und
zuletzt wurden 406 Menschen im Lager positiv getestet. (…) Menschen im
Lager haben die gleiche Chancen wie Menschen außerhalb, wenn die riesige
Quarantänegruppe von momentan 200 Leuten in viele sehr kleine
Quarantänegruppen zerlegt wird. Das oben erwähnte Ministerium fordert,
dass nur Familien oder maximal drei Personen in einer Gruppe
untergebracht werden. Das ist der Weg. Damit wäre die Quarantäne für die
meisten nach zwei Wochen beendet. Kleinstgruppen statt Lager! (…) Wir
fordern als Sofortmaßnahmen: Die dezentrale Unterbringung der
Risikogruppen, z.B. in Ferienwohnungen. Die Bildung von kleinen
Quarantänegruppen (Familien oder maximal drei Personen) außerhalb der
LEA und deren Unterbringung z.B. in leerstehenden Hotels.” Network Refugees4Refugees am 4.5.2020
- Bericht aus dem ANKER-Zentrum in Geldersheim bei Schweinfurt
“… Seit Ende März steht das ANKER-Zentrum in Geldersheim
bei Schweinfurt unter Quarantäne. Waren zunächst nur 7 Personen positiv
auf das Coronavirus getestet worden, steigen seitdem die
Infektionszahlen kontinuierlich an. Am 21.4.2020 waren es bereits 89
Infizierte, am 22.4.2020 bereits 109 Corona-Fälle an. Wir
veröffentlichen hier den eindrücklichen Bericht einer Bewohnerin des
ANKER-Zentrums über die Situation im Inneren dieses Flüchtlingslagers:
(…) Ich komme aus einem französischsprachigen Land in Westafrika, ich
bin Mutter von drei Kindern, zwei Mädchen und einem Jungen, die noch
dort leben. (…) Wir leben irgendwo im Süden Deutschlands, in einem
Zentrum, in dem wir als Asylsuchende, ich nenne uns Migranten,
untergebracht sind. Das Zentrum beherbergt heute eine Reihe von
Migranten mit unterschiedlichem Hintergrund. Ursprünglich waren wir
nicht weit von einem Einkaufszentrum entfernt, aber kürzlich waren wir
gezwungen, den Standort zu wechseln, ohne dass die verschiedenen
Verantwortlichen für unser Unterbringungszentrum eine wirkliche
Erklärung abgegeben haben. Diese brutale Verlegung unserer Unterkunft
erfolgte wie es scheint aufgrund der Forderungen der Anwohner. Gerüchte
lassen vermuten, dass dieser unerwartete Umzug unseres
Unterbringungszentrums auf mehrere Gründe zurückzuführen ist, von denen
ich versuchen werde, einige hier zu nennen: Die Anwohner hätten sich
darüber beschwert, dass die Nähe des ANKER-Zentrums zu ihren Wohnungen
für ihre Sicherheit gefährlich zu sein schien. Laut dieser deutschen
Staatsbürger, die sich über die Anwesenheit einer großen Zahl von
Ausländern, insbesondere Schwarzen, beschwert hätten, die sich zu
unangemessenen Zeiten auf ihren Straßen “herumtreiben” würden, würden
diese den Frieden und die Sicherheit ihrer Kinder schädigen und stören.
Offensichtlich wäre die Anwesenheit von Schwarzen nicht willkommen. (…)
Als ich mein Land wegen der großen Unsicherheit verlassen habe, weil
meine Kinder und ich in Gefahr waren, wusste ich nicht, wie das Leben
der Migranten in Europa wirklich ist, ich dachte, die Realität sähe
anders aus. Heute weiß ich, wie es ist, eine Einwanderin, eine
undokumentierte, illegalisierte Einwanderin in Europa zu sein. Ich
fordere die Bundesrepublik Deutschland heute auf, ihr Integrationssystem
für Asylbewerber zu überprüfen. Alle Migranten, ich selbst und meine
Kinder würden sich eine neue Chance wünschen, bei null anfangen zu
dürfen. Von Sozialhilfe zu leben gehört nicht zu meinen Plänen, ich
würde mir wünschen, dass Deutschland mir erlaubt, in die Schule zu
gehen, um die deutsche Sprache und Kultur zu lernen, eine
Berufsausbildung zu machen oder die bereits bestehende zu verbessern, um
einen stabilen Arbeitsplatz zu haben, um meine Kinder zu betreuen und
zur guten Entwicklung meines Gastlandes beizutragen. Im Moment träume
ich davon, dass das Ergebnis meiner Berufung POSITIV sein wird. POSITIV,
um die Möglichkeit zu haben, meine Kinder zurückzubekommen, denn
während sich die Situation verzögert, während die Deutschen sich Zeit
zum Nachdenken nehmen, ist auch das Leben meiner Kinder in Gefahr, meine
Kleinen sind mein ganzes Leben, mein ganzes Leben lang habe ich allein
gekämpft und stand allen Hindernissen gegenüber, um dann ohne meine
Kinder in Schmerz, Stress, unbeantwortete Fragen und Trauer fliehen zu
müssen. Und all dies ist der Fall, weil ich mich geweigert habe zu
akzeptieren, dass sich im Leben meiner Kinder die Ungerechtigkeit
wiederholt. Nachts wird mein Bett zu einem See aus Tränen, ich kann
nicht schlafen, mein Appetit und mein Sinn für Humor sind verschwunden.
Als alleinerziehende Mutter möchte ich das Beste für meine Kinder – ein
Leben ohne Angst, wie alle Deutschen und Europäer. Wartet nicht, bis das
schlimmste eintritt, um dann wieder „Ärzte ohne Grenzen“ zu sein. Eine
Asylbewerberin in Not. Einfach leben, leben und mit meinen Kindern bei
null anfangen.” Bericht einer Migrantin vom Mai 2020 beim Bayerischen Flüchtlingsrat
- Kein Mindestabstand im Asylheim: Sächsische Gerichte bestätigen Corona-Risiko in Sammelunterkünften für Flüchtlinge
“In Sachsen haben mittlerweile schon vier Flüchtlinge die
Entlassung aus Gemeinschaftsunterkünften für Asylbewerber im
Zusammenhang mit der Corona-Pandemie erstritten. Zuletzt gab das
Verwaltungsgericht Chemnitz dem Antrag eines 31-Jährigen statt, die
Erstaufnahmeeinrichtung im erzgebirgischen Schneeberg verlassen zu
dürfen. Verwiesen wurde insbesondere auf ein »besonderes
Infektionsrisiko« bei der Benutzung der sanitären Einrichtungen. Der
Kläger muss sich nach eigenen Angaben mit 100 Personen sechs Toiletten
und sechs Duschen teilen. Die für die Erstaufnahme zuständige
Landesdirektion Sachsen (LDS) rückt dennoch nicht von der Unterbringung
in Gemeinschaftsunterkünften ab. »Wir haben Ankommende in
Sammeleinrichtungen unterzubringen«, sagte deren Präsidentin Regina
Kraushaar unter Verweis auf die Gesetzeslage in Bund und Freistaat.
Zudem zeigte sie sich überzeugt, dass verschiedene Hygienemaßnahmen in
den Einrichtungen, etwa ein »deutlich erhöhtes Reinigungsregime«, für
einen ausreichenden Schutz vor Infektionen sorgen. Die Pandemielage,
sagte der für die Erstaufnahme zuständige Referatsleiter Jens Löscher,
rechtfertige »per se keine Entlassung aus den Einrichtungen«. Dem stehen
indes inzwischen Entscheidungen aller drei Verwaltungsgerichte im Land
entgegen. Zunächst hatte ein Asylbewerber in Leipzig erfolgreich
geklagt, der daraufhin in eine Unterkunft im Landkreis Zwickau verlegt
wurde – vorläufig, wie Kraushaar betonte: Die LDS ficht diese
Entscheidung an. Danach hatte das Verwaltungsgericht Dresden den Klagen
zweier schwangerer Frauen stattgegeben. In der Entscheidung hieß es, die
Klägerin gehöre »schon aufgrund ihrer Schwangerschaft zu einer
Personengruppe«, für die »ein erhöhtes Infektionsrisiko« anzunehmen sei.
(…) Vor Gericht hat das Argument, es habe bisher keine Infektionsfälle
gegeben, keinen Bestand. Die Corona-Verordnung für Sachsen solle »ja
gerade die Infizierung mit dem Virus verhindern«, heißt es in der
Chemnitzer Entscheidung. In dieser werden starke Zweifel geäußert, ob
eine der wesentlichsten dort festgelegten Maßnahmen – das Abstandsgebot
von 1,5 Metern zwischen Personen, die nicht dem gleichen Hausstand
angehören – in einer solchen Einrichtung einzuhalten sei. Die Grundsätze
der Verordnung, betont das Gericht, »finden auch in einer
Asylerstaufnahmeeinrichtung Anwendung« – in der sich der Kläger indes
mit drei bis vier Mitbewohnern ein nur gut 17 Quadratmeter großes Zimmer
teilen muss.” Beitrag von Hendrik Lasch bei neues Deutschland vom 4. Mai 2020
- Eingesperrt und ausgeliefert: Corona in deutschen Flüchtlingsunterkünften
“Georg Restle: „Kein ausreichender Schutz für besonders
Schutzbedürftige? Das gilt nicht nur für Gefängnisse. In den letzten
Wochen machten einige Flüchtlingsunterkünfte Schlagzeilen, weil sich
dort das Corona-Virus rasant ausbreitete. Vor allem deshalb, weil die
dort Lebenden kaum eine Chance hatten, sich ausreichend zu schützen oder
auf Distanz zu gehen. In vielen zentralen Unterkünften und
Aufnahmeeinrichtungen gibt es nämlich kaum eine Möglichkeit, sich aus
dem Weg zu gehen. Jetzt gibt es schwere Vorwürfe, man habe am
Corona-Virus Infizierte nicht wirksam von anderen Bewohnern getrennt und
viele Flüchtlinge quasi ihrem Schicksal überlassen.” (…) Für Ramona
Lenz von medico international ist klar, die Flüchtlinge müssen raus aus
den Massenunterkünften. Ramona Lenz, medico international: „Also die
Corona-Pandemie führt uns gerade vor Augen, wie gesundheitsgefährdend es
ist, Menschen für längere Zeiträume in Massenunterkünften
unterzubringen. Und deswegen kann die einzige Konsequenz, die wir jetzt
ziehen müssen, nur sein, die Menschen dezentral unterzubringen. Jetzt,
während der Pandemie – aber auch langfristig.“…” Bericht von Andreas Maus und Neila Doss in der Monitor-Sendung vom 30. April 2020
- Bremer Wach- und Sicherheitskräfte fordern die Schließung
der Zast / Solidarisch mit dem Protest der Bewohner im Camp LEA
Ellwangen!
- Projekt WaSi: Schließung der ZAST in Bremen Nord –
Gesundheitsschutz für die Bewohner*innen & alle Mitarbeitern*innen
der Wach- & Sicherheitsbranche
Bei ver.di organisierte Wach- und Sicherheitskräfte fordern die
Schließung der Zast Lindenstraße in Bremen und fordern die dezentrale
Unterbringung der BewohnerInnen. Siehe das Flugblatt für die Schließung der Sammelunterkunft “Corona-Info: Wach- & Sicherheit” 4/2020 vom Fachbereich 13 bei ver.di Bremen – #ShutDownLindenstraße
- Solidarisch mit dem Protest der Bewohner im Camp LEA Ellwangen!
“Sonntagnachmittag in Ellwangen: Inzwischen sind 75% aller
Bewohner in der LEA Ellwangen mit dem neuartigen Corona-Virus infiziert
und der Protest der Bewohner nimmt zu – sie fordern, in sichere
Unterkünfte zu kommen, denn die Quarantäne-Bedingungen werden immer
unmenschlicher. Wir zeigten ihnen mit einem Sonntagsspaziergang der
etwas anderen Art, dass sie mit ihrem berechtigen Protest nicht alleine
stehen! Dieses Video zeigt diese Aktion: https://youtu.be/wwf2Th7g89g
Einige der „Spaziergänger“ beschrieben ihre Erfahrungen: „Wir
hatten in den letzten Wochen die Ereignisse bzgl. Corona in der LEA bei
Ellwangen verfolgt und auch die Berichte und Bilder in der Lokalzeitung
‚Schwäbische Post‘ gesehen, wonach Polizei und Bundeswehr gemeinsam die
Bewachung der LEA-Bewohner übernommen haben. Also beschrieben wir
Kartons mit ‚Hotspot LEA – Sofort evakuieren!‘ und ‚Hotspot LEA: Shut it
down! No medical Prison!‘ Auf unserem Spazierweg von Schrezheim
(Nachbardorf) zur LEA waren wir fast angekommen, als uns eine zunehmende
Menge an Polizei-Beamten und –Beamtinnen den Weg versperrten und
bereits in heftigen Diskussionen mit anderen Spaziergängern waren. Auf
unsere Forderung, uns durch zu lassen, um unseren Spaziergang fortsetzen
zu können, behauptete die Polizei vom Revier Ellwangen, dies sei eine
verbotene Kundgebung, bzw. Demonstration und die LEA sei eine
Einrichtung des Landes Baden-Württemberg, wo das jetzt zu Corona-Zeiten
nicht erlaubt sei. Wir mussten unsere Personalausweise abgeben und
unsere Personalien wurden aufgenommen. Auf die Frage, was wäre
eigentlich passiert, wenn wir mit Schildern gekommen wären mit der
Aufschrift: ‚Vielen Dank an Polizei und Bundeswehr für die gute Arbeit
in der LEA‘? Kam die Antwort: ‚Das ist keine politische Forderung oder
Sache, sondern eine Dankes-Kundgebung – dagegen spricht nichts.‘ Das
zeigt deutlich: Es geht nicht um Gesundheitsschutz, sondern gegen
berechtigen Protest! Doch den lassen wir uns nicht verbieten –
solidarisch mit dem Protest der LEA-Bewohner fordern wir: Evakuiert die
Bewohner der LEA Ellwangen und aller anderen Sammelunterkünfte!” Bericht von Freundeskreis Alassa & friends vom 28.4.2020
- [Petition] Infektionsschutz muss für alle gelten –
Massenunterkunft LEA Ellwangen schließen! / [Bremen] Petition “Schließt
Massenunterkunft Lindenstraße – schafft sichere Wohnsituation für
Geflüchtete!” / 27 bestätigte Coronafälle in Bonner Ermekeilkaserne
- [Petition] Infektionsschutz muss für alle gelten – Massenunterkunft LEA Ellwangen schließen!
“In der Landeserstaufnahme für Geflüchtete in Ellwangen
sind mittlerweile mehr als die Hälfte der etwa 600 Bewohner*innen sowie
rund 30 Beschäftigte positiv auf das neuartige Coronavirus getestet
worden. Während Behörden und Medien die rapide Ausbreitung des Virus
anfangs als „Rätsel“ bezeichneten, ist für uns klar: In einer
Massenunterbringung, wo sich 50 Personen eine Toilette und einen
Waschraum teilen, und wo hunderte Menschen in einer Großkantine
verpflegt werden, ist eine schnelle Infektionsausbreitung
vorprogrammiert. Hinzu kommen zahlreiche Berichte, wonach den
Geflüchteten nicht einmal Desinfektionsmittel zur Verfügung steht. Wir
fordern die sofortige Räumung und Schließung der LEA Ellwangen und aller
anderen Massenunterkünfte und die dezentrale Unterbringung der
Geflüchteten in Räumen, die es ihnen ermöglichen, sich vor dem
Corona-Virus zu schützen und die gesetzlichen Vorgaben zur Eindämmung
der Pandemie“ einzuhalten…” Petition an das Regierungspräsidium Stuttgart gestartet von Refugees4Refugees bei campact
- [Bremen] Petition “Schließt Massenunterkunft Lindenstraße – schafft sichere Wohnsituation für Geflüchtete!”
- Offener Brief des Flüchtlingsrats Bremen an die Sozialsenatorin
“Guten Tag Frau Stahmann! Seit Beginn der Corona-Pandemie
haben Sie die berechtigten Anliegen und Interessen der Bewohner*innen
der Lindenstraße oder deren formulierte Kritik wahlweise verschwiegen,
kleingeredet, als unsachlich delegitimiert oder offen abgestritten. All
dies verwundert wenig, denn es sind die bekannten Mittel der Macht, sich
solcherart über die Bedürfnisse und die Kritik derjenigen
hinwegzusetzen, über die sie diese Macht ausübt. Ihre öffentlichen
Äußerungen vom 23.04.20 haben jedoch auch dieses Maß noch überschritten.
Nachdem Sie die unfassbar hohe Zahl von zunächst 120 Infektionen –
entstanden durch Ihr Nicht-Handeln – verkünden mussten, haben Sie der
Öffentlichkeit außerdem mitgeteilt, alle Bewohner*innen der Lindenstraße
seien „symptomfrei“, es seien durchweg „milde Verläufe“, manche seien
halt „büschen doller verschnupft“. Diese öffentlichen Äußerungen
erfüllten die Funktion der (Selbst-)Beruhigung und waren damit
verantwortungslos. Zudem waren sie sachlich schlicht falsch: Es befanden
sich seit dem Abend des 22.04. bereits zwei Personen, die positiv auf
Covid-19 getestet wurden, im Krankenhaus. Stand heute (26.04.) befinden
sich mittlerweile drei Personen aus der Lindenstraße in stationärer
Behandlung und kämpfen gegen das Virus. (…) Keine der vielen
Bewohner*innen, mit denen wir seit Wochen im Kontakt stehen, wusste, wer
Sie sind oder konnte Ihren „Besuch“ einschätzen. Eine uns bekannte
Person hat Sie als Journalistin wahrgenommen und Ihnen angeboten, Ihnen
von den unerträglichen Zuständen in der Lindenstraße zu erzählen. Sie
haben sie abgewimmelt und ihr geantwortet, Sie kämen später zu ihrem
Zimmer. Sie hat dort auf Sie gewartet – selbstverständlich sind Sie
nicht gekommen. So weit, so schlecht. Doch damit nicht genug. Absolut
nicht hinnehmbar und ungeheuerlich ist, Frau Stahmann, dass Sie der
Öffentlichkeit am 22.04. außerdem ungefragt mitgeteilt haben: „Über
die vielen Infizierten war ich erst mal erschrocken. Jetzt bin ich
erleichtert“. Allen Infizierten ginge es gut, dieser milde Verlauf
könne so ein neues Lagebild von der Coronaerkrankung zeichnen: „Für
Virologen ist das interessant.“ (…) Ihre hanebüchene Behauptung, das
„Lagebild“ in der Lindenstraße sei für Virologen interessant, ist eine
rassistische Aussage. (…) Wir fordern Sie daher auf: Entschuldigen Sie
sich öffentlich bei den Bewohner*innen der Lindenstraße für Ihre
rassistische Äußerung! Distanzieren Sie sich öffentlich von Ihren
Behauptungen, die sachlich falsch, fachlich unüberprüft und inhaltlich
rassistisch sind! Hören Sie auf, sich selbst als Opfer zu inszenieren,
sobald Ihnen Kritik an Ihrer Politik entgegengebracht wird! Hören Sie
auf, die physische und psychische Gesundheit von Menschen zu gefährden!
Schließen Sie die Massenunterkünfte!” Offener Brief des Flüchtlingsrats Bremen vom 26. April 2020
- GEW Bremen unterstützt die Petition “Schließt Massenunterkunft Lindenstraße – schafft sichere Wohnsituation für Geflüchtete!”
“Alle sprechen in der Corona-Krise davon, gemeinsam die
verletzbarsten Mitglieder der Gesellschaft zu schützen – wir fordern den
Bremer Senat auf: Schließt die Landesaufnahmestelle für Geflüchtete in
der Lindenstraße in Vegesack und schafft angemessene, sichere und
dezentrale Wohnmöglichkeiten – SOFORT! (…) Die Zahlen der an Corona
infizierten Bewohner*innen der Lindenstraße sprechen für sich, heute,
einen Monat nach unserem Aufruf die Petition
zu unterschreiben, sind es 120 positiv Getestete von noch 374 in der
Erstaufnahme Verbliebenen. Nun steht wie von Flüchtlingsrat und anderen
befürchtet, die ganze Einrichtung unter Quarantäne. Äußerst belastend
für die Bewohner*innen, die nun in überbelegten Räumen eingesperrt sind,
in denen sich die Fenster nicht von ihnen öffnen lassen. Einige
Bewohner*innen haben die Zustände unter denen Menschen in der
Lindenstraße zu leben gezwungen werden, publik gemacht. Es gab drei
Demonstrationen unter strengen Auflagen, begrenzter Teilnehmendenzahl
und Abstandsgebot etc. (…) Wenn der Kampf um Menschenrechte als
„ideologisch begründete Kontroverse“ denunziert wird, dann sollten wir
als Gewerkschafter*innen die Sozialsenatorin auffordern zurückzutreten,
dann kann sie ihre Position unmöglich ausfüllen.Denn Menschenrechte sind
Grundlage für unsere Bremer Landesverfassung. Sie sind Grundlage des
Grundgesetzes. Sie sind Grundlage für eine friedlichere Welt, wie wir
sie wollen. Auch die Bildungssenatorin muss sich fragen lassen: Wie wird
das Kinderrecht auf Bildung für Kinder und Jugendliche in der
Lindenstraße verwirklicht? Schon vor Corona eine Katastrophe und eine
Schande für alle Verantwortlichen. Nun wird über Homeschooling geredet
als wären diese Kinder nicht existent, there is no home, there is no
school für die Kinder und Jugendlichen. Einer von vielen sehr guten
Gründen Massenunterkünfte für immer zu schließen…” Erklärung der GEW Bremen vom 23.04.2020 zu #ShutDownLindenstraße
- Infizierte in Flüchtlingsunterkunft: 27 bestätigte Coronafälle in Bonner Ermekeilkaserne
“In der Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in der
ehemaligen Ermekeilkaserne in der Südstadt gibt es 27 positiv getestete
Personen. 24 von ihnen sind Bewohner, drei Mitarbeiter (Stand
Freitagmittag, 14 Uhr). Die Zahl nannte Vize-Stadtsprecher Marc Hoffmann
am Freitag auf GA-Nachfrage. Keiner der Erkrankten müsse stationär
behandelt werden. Die positiv getesteten Personen seien isoliert worden,
ihre direkten Kontaktpersonen befänden sich in Quarantäne. „Es gilt für
die Einrichtung eine Eingangs- und Ausgangssperre“, so Hoffmann…” Artikel von Lisa Inhoffen vom 24. April 2020 im General-Anzeiger online
- Umgehende dezentrale Unterbringung! djb fordert wirksamen Gesundheits- und Gewaltschutz von Geflüchteten
“Die jüngsten Berichte aus Städten wie z.B. Ellwangen,
Bielefeld oder Bremen zeigen, dass ein wirksamer Schutz vor dem
Coronavirus in Aufnahmeeinrichtungen und Sammelunterkünften derzeit kaum
realisierbar ist und sich Infektionen zunehmend ausbreiten. Die
Unterbringung in kleinen Mehrbettzimmern, zentrale Essensausgaben und
sanitäre Anlagen, die von vielen Bewohner*innen geteilt werden müssen,
machen es unmöglich Quarantänemaßnahmen und Abstandsregelungen
einzuhalten. Die Gesundheitsämter sind derzeit zu überlastet, um die
Umsetzung und Anpassung der Hygienekonzepte der Einrichtungen
entsprechend der Verpflichtung nach § 36 Abs. 1 Nr. 4 IfSG zu
kontrollieren. Geflüchtete in Sammelunterkünften verstoßen so
gezwungenermaßen gegen Kontaktsperren und Abstandsgebote, die die
Verbreitung des Virus eindämmen sollen. Auch Menschenansammlungen, wie
sie aktuell über die Infektionsschutzverordnungen der Länder verhindert
werden sollen, sind in den Unterkünften für Geflüchtete unumgänglicher
Alltag. Damit sind Infektionsketten vorprogrammiert. Diese Einschätzung
teilt auch das Verwaltungsgericht Leipzig in einem Beschluss vom
22.04.2020 (3 L 204/20), mit dem es die Verpflichtung eines
Antragstellers, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, beendete. „Der
Schutz vor Corona darf nicht vor den Türen von Einrichtungen für
geflüchtete Menschen aufhören.“ , fordert Prof. Dr. Maria Wersig, Präsidentin des Deutschen Juristinnenbund e.V. (djb)…” Pressemitteilung vom 23.04.2020
- Theorie: Verwaltungsgericht Leipzig: Corona-Abstandregel
gilt auch in Asylunterkunft – Praxis: Der erste Corona-Tote in einem
bayerischen Flüchtlingslager / 120 Corona-Fälle in Bremer
Flüchtlingsunterkunft / Ellwangen: »Ansteckungsrate klettert nach oben
- Verwaltungsgericht Leipzig: Corona-Abstandregel gilt auch in Asylunterkunft
“Die Corona-Abstandregeln gelten auch in
Flüchtlingsunterkünften. Das hat das Verwaltungsgericht Leipzig
entschieden. Es gab einem Eilantrag eines Asylbewerbers statt, der mit
einer weiteren Person in einem zwei mal zwei Meter großen Zimmer
untergebracht ist. (…) Die zuständige Landesdirektion will den Beschluss
prüfen, die Linkspartei forderte die sofortige dezentrale Unterbringung
aller rund 2.000 Betroffenen. Laut dem Gerichtsbeschluss kann die für
die Unterkünfte zuständige sächsische Landesdirektion den Antragsteller
nicht weiter dazu verpflichten, in der Aufnahmeeinrichtung in Dölzig
(Kreis Nordsachsen) zu wohnen…” Meldung vom 23.04.2020 beim Migazin zu AZ: 3 L 204/20 (im Abo)
- [ANKER-Zentrum Schweinfurt] Der erste Corona-Tote in einem bayerischen Flüchtlingslager
“Geflüchteter aus dem ANKER-Zentrum Schweinfurt am
20.4.2020 verstorben / Flüchtlingsrat fordert: Flüchtlinge schützen und
Sammelunterkünfte schließen! Am Abend des 20.4.2020 ist ein
Geflüchteter aus dem ANKER-Zentrum Schweinfurt (Geldersheim) an Covid-19
verstorben. Laut einer Pressemitteilung der Regierung von Unterfranken
sei der Mann 60 Jahre alt gewesen und hätte mehrere Vorerkrankungen
gehabt. Er gehörte damit zu den Risikogruppen, die es besonders zu
schützen gilt. Er wurde jedoch nicht aus dem Gefahrenbereich des
ANKER-Zentrums Schweinfurt geholt und in Sicherheit gebracht, sondern
lediglich in ein gesondertes Gebäude innerhalbes Lagers verlegt, wo er
auch weiterhin in einem Mehrbettzimmer untergebracht war. Genützt hat es
offenbar nichts: Der Mann hat sich mit dem Coronavirus infiziert, wurde
zunächst in das Krankenhaus in Schweinfurt eingeliefert und von dort
nach Münnerstadt verlegt, wo er verstarb. Der Bayerische Flüchtlingsrat
ist bestürzt über den ersten Toten in einem bayerischen
Flüchtlingslager. „Wir sind in Gedanken bei dem Verstorbenen und seinen
Angehörigen. Gleichzeitig fürchten wir, dass es nicht bei einem Toten
bleiben wird, viele weitere Flüchtlinge haben sich in den bayerischen
ANKER-Zentren und Gemeinschaftsunterkünften infiziert, einige Menschen
werden im Krankenhaus behandelt, wir wissen von mindestens einem Fall
auf der Intensivstation“, erklärt Alexander Thal, Sprecher des
Bayerischen Flüchtlingsrats…” Pressemitteilung vom 22.04.2020 beim Flüchtlingsrat Bayern
- [Lindenstraße in Bremen-Nord] 120 Corona-Fälle in Bremer Flüchtlingsunterkunft
“In der zentralen Erstaufnahme für Geflüchtete in
Bremen-Vegesack sind mittlerweile 120 Infektionen mit dem Coronavirus
bestätigt worden. Das teilte die Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne)
bei einer Pressekonferenz mit. Allerdings seien die Erkrankungen bisher
weitgehend ohne Symptome verlaufen. (…) Seit mehreren Wochen hatten
Bewohner der Unterkunft vor einem möglichen Ausbruch des Coronavirus in
der Unterkunft in Bremen-Nord gewarnt. Sie demonstrierten mehrfach vor
der Einrichtung in der Lindenstraße in Bremen-Nord und in der
Innenstadt. Sofia Leonidakis, Fraktionsvorsitzende der Linken in der
Bürgerschaft sieht die Befürchtungen der Bewohner bestätigt. “Diese
massive Steigerung überrascht mich überhaupt nicht”, sagte Leonidakis.
“Wir gehen in der Durchschnittsbevölkerung von einer Infektionsquote von
einem Prozent aus. in der Lindenstraße haben wir jetzt 32 Prozent”,
sagte sie. Die Linke fordere jetzt “ohne wenn und aber” gleichen
Infektionsschutz für alle Menschen, die in Sammelunterkünften für
Geflüchete und Obdachlose leben, beispielsweise mit Hilfe von leer
stehenden Hotels und Pensionen…” Beitrag vom 23. April 2020 bei buten un binnen , siehe dazu ebd.: Corona-Liveticker (22. April): Immer mehr Flüchtlinge positiv getestet – und frühere Meldungen weiter unten
- [Ellwangen] »Ansteckungsrate klettert nach oben«: “Fehlende
Distanz in Ellwanger Flüchtlingsunterkunft, zahlreiche Neuinfektionen
“Nach Presseberichten ist die Zahl der Infizierten
innerhalb weniger Tage von sieben auf 313 angestiegen – das entspricht
mehr als der Hälfte aller Bewohner. Während außerhalb alles getan wird,
um die Rate der Neuinfektionen zu verlangsamen, konnte sich unter den
Bedingungen des beengten Zusammenlebens dort – mehrere Leute zusammen
auf dem Zimmer, Gemeinschaftssanitäreinrichtungen, zentrale Kantine –
das Virus praktisch unkontrolliert verbreiten. Die Folgen sind Angst,
aber auch Zweifel daran, ob die Zahlen überhaupt stimmen, weil
»infiziert« nicht bei jedem auch »sichtbar krank« bedeutet. Andererseits
wissen wir nicht genau, ob es nicht auch bereits schwere Verläufe gibt.
Es herrscht großer Unmut über die Quarantänebedingungen, Panik wegen
ständiger Neuzugänge und fehlender Distanzierungsmöglichkeiten zwischen
Infizierten und Nichtinfizierten. Zum Beispiel essen immer noch alle in
der gleichen Kantine, während sonst alle Restaurants geschlossen wurden!
Es gibt nur unzureichenden Internetzugang, keine Masken, zu wenig
Desinfektionsmittel. Den medienwirksam gepriesenen Schutzmaßnahmen der
Leitung der Landeserstaufnahmeeinrichtung widersprechen die Berichte von
Bewohnern deutlich. (…) Ich kann niemandem dahingehend Absicht
unterstellen, aber gängige Praxis in Sammelunterkünften ist: Sobald
Covid-19-Fälle auftreten, wird das Camp in ein Gefängnis verwandelt – in
Ellwangen jetzt sogar mit Unterstützung der Bundeswehr – während
drinnen die Ansteckungsrate munter weiter nach oben klettert. Das ist
ein verabscheuungswürdiges Experiment mit besonders verletzlichen
Menschen…” Gespräch mit Adelheid Gruber von Kristian Stemmler in der jungen Welt vom 23.04.2020 , siehe dazu:
- LEA Ellwangen: Einsperrung statt Quarantäne
“Obwohl die Infektionen bekannt sind, breitet sich der
Virus in der Landeserstaufnahmestelle Ellwangen scheinbar ungehemmt aus.
Radio Dreyeckland sprach mit Bewohnern der LEA Ellwangen und mit Rex
Osa vom Verein Flüchtlinge für Flüchtlinge. Danach wundert uns das
Fortschreiten der Seuche nicht. Die LEA Ellwangen wird zwar nach Außen
isoliert, eine Abtrennung der positiv getesteten von dem Rest ist aber
nicht gegeben. Die Hygienebedingungen sind schlecht, an der Enge der
Unterbringung hat sich wenig geändert. Den Bewohner*innen der LEA wurden
die Probleme nicht genügend und schon garnicht in ihren Sprachen
kommuniziert. Sie sehen das tatsächlich unsinnige Quarantäne-System und
nehmen daher die Situation oft auch nicht ernst, bzw. verhalten sich
entsprechend. Das Grundproblem ist nicht der Virus, sondern das
Lagersystem und dass mit den Flüchtlingen nicht auf Augenhöhe
kommuniziert wird. Letztere Haltung kommt auch durch einen
Polizeiübergriff zum Ausdruck, von dem ein Flüchtling berichtet.” Beitrag vom 23. April 2020 bei Radion Dreyeckland
- Katastrophe mit Ansage
“Mehr als die Hälfte der Geflüchteten in Ellwangen ist
inzwischen positiv auf Corona getestet. Die Schutzmaßnahmen der Behörden
zeigen wenig Wirkung. Manche Beschäftigte der Massenunterkunft tragen
nicht einmal Mund-Nasen-Schutz. Und die Bewohner haben Angst. Ein Besuch
vor Ort…” Reportage von Minh Schredle (Fotos: Jens Volle) vom 22.04.2020 bei Kontext – und frühere Meldungen weiter unten
- Immer mehr Flüchtlingsunterkünfte komplett in Quarantäne / Corona-Chaos in Ellwangen 20.4.20: Ausgangssperre statt Schutz
- Immer mehr Flüchtlingsunterkünfte komplett in Quarantäne
“Immer mehr Aufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge werden
aufgrund Corona-Infektionen komplett unter Quarantäne gestellt. Das
Menschenrechtsinstitut fordert dezentrale Unterbringung. In Bremen
demonstrierten 70 Personen unter strengen Auflagen gegen
Gemeinschaftsunterkünfte. In einer Flüchtlingsunterkunft bei Kassel sind
30 von insgesamt 62 Bewohnern mit dem Coronavirus infiziert. Wie der
Sprecher des Landkreises Kassel, Harald Kühlborn, am Montag mitteilte,
steht die Gemeinschaftsunterkunft des Landkreises in
Baunatal-Hertingshausen seit mehr als einer Woche komplett unter
Quarantäne…” Meldung vom 21.04.2020 beim Migazin (im Abo)
- Corona-Chaos in Ellwangen 20.4.20: Ausgangssperre statt Schutz
“In der LEA Ellwangen sind mindestens 313 von 587
Geflüchteten mit Corona infiziert. Die Stadt Ellwangen reagierte mit
einer Verlängerung der Ausgangssperre um zwei Wochen. Die Leitung der
LEA löste den Quarantänebereich innerhalb des L agers auf. Für die noch
nicht infizierten Geflüchteten gibt es keinen Schutz mehr. Der
Lagerleiter Berthold Weiß versuchte die Menschen im Lager mit dem
Hinweis zu beruhigen, die Todesrate sei bei Menschen ihres Alters unter
ein Prozent. Mit anderen Worten, in der LEA sei höchstens mit 5 bis 6
Todesopfern zu rechnen. (…) Wie Geflüchtete aus der LEA berichten wurden
nun endlich beide Kantinen geschlossen. Das Essen wird aber weiterhin
in der alten Kantine ausgegeben. Alle Bewohner*innen müssen in einen
gemeinsamen Raum, um sich ihr Essen abzuholen. Die Kantine wurde
lediglich durch einen Bauzaun aus Draht in zwei Bereiche aufgeteilt. Die
Bewohner*innen essen einzeln oder in Gruppen im Freien oder auf ihren
Zimmern. Im ganzen Lager existiert keine Trennung von positiv und
negativ Getesteten. Sie begegnen sich im Freien, bei der Arbeit (zum
Beispiel in der Küche), in den Gebäuden und in den Zimmern. Toiletten
und Waschräume müssen sie gemeinsam benutzen. Die Geflüchteten, mit
denen wir gesprochen haben, können die Behauptung des
Regierungspräsidiums Stuttgart, Infizierte seien in eigenen Gebäuden
untergebracht, nicht bestätigen. Geflüchtete im Lager beklagen auch,
dass immer noch keine Desinfektionsmittel zur Verfügung stehen. Sie
baten den Lagerleiter Weiß, die Dispenser in den Sanitätsräumen, die
seit Tagen leer seien, wieder auffüllen zu lassen. Dieser reagierte mit
Ausflüchten…” Meldung vom 20.4.2020 beim Network Refugees4Refugees
- Für das Recht auf Abstand. In Bremen zeigen Geflüchtete,
dass Demonstrieren trotz Corona möglich ist. Sie fordern besseren Schutz
– für alle Menschen
“Dass Demonstrieren auch zu Corona-Zeiten funktionieren kann,
bewiesen am Freitag in Bremen Aktivist*innen, die für die Schließung der
Landeserstaufnahmestelle (LEA) für Geflüchtete protestierten. Die
Protestierenden hielten sich an die Auflagen der Behörden und liefen in
vier Blocks mit je maximal 15 Menschen, die jeweils 2 Meter Abstand
voneinander hielten. Einen so großen Abstand zueinander zu halten, sei
in der Geflüchtetenunterkunft nicht möglich, sagten sie. An der Spitze
der Demonstration liefen Bewohner*innen der LEA, gefolgt von
Unterstützer*innen von Together we are Bremen (TWAB), der Corona-Allianz
und Solidarity City Bremen. Die Protestierenden liefen erst zur
zuständigen Sozialbehörde (Grüne), dann zur Gesundheitsbehörde (Linke).
Am Straßenrand standen Menschen mit Transparenten. Bei der
Abschlusskundgebung auf dem Marktplatz kamen laut Veranstalter*innen
etwa 300 Menschen zusammen. Vor dem Rathaus übergaben zwei Bewohner*innen dem Bürgermeister Andreas Bovenschulte ihre Petition
mit am Freitag fast 4200 Unterschriften. Sie fordern seit Wochen die
Schließung der LEA und den Umzug in Hotels, Hostels und
Übergangswohnheime, da die Bedingungen in einer Massenunterkunft keinen
Schutz vor einer Corona-Infektion gewährleisten könnten. Diese Forderung
unterstützten mehrere Wissenschaftler*innen in einer Anzeige in der taz Nord. Der Epidemiologe Hajo Zeeb bekräftigte kürzlich gegenüber »nd« , dass »alternative Unterbringungsmöglichkeiten mit hoher Dringlichkeit umgesetzt werden sollten«…” Artikel von Sabine Netz vom 17.04.2020 im ND online , siehe dazu:
- [Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge in Bremen-Nord] Offener Brief gegen Missstände
“Die Linksfraktion, der Flüchtlingsrat und weitere
Organisationen stellen sich weiter gegen die Landeserstaufnahmestelle.
Die Arbeiterwohlfahrt hingegen veröffentlicht Richtigstellungen. Die
Diskussion um die Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge in Bremen-Nord
spitzt sich zu. Nachdem sich Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) am
Sonntag mit einem Gastbeitrag im WESER-KURIER zu Wort gemeldet hatte,
haben mehr als ein Dutzend Organisationen und Vereine einen offenen
Brief veröffentlicht. Gleichzeitig wehrt sich der Träger der
Einrichtung, die Arbeiterwohlfahrt (Awo), unter dem Titel „Fakten gegen
Fake-News“ gegen Kritik. Der Awo zufolge ist Vieles, was über die
Einrichtung verbreitet wird, unwahr. Zum Beispiel, dass die Bedingungen
schon vor der Pandemie unzumutbar gewesen seien. Dass sich die Bewohner
zu zehnt ein Zimmer teilten und Abstandhalten beim Essen unmöglich wäre.
(…) In dem offenen Brief, zu deren Unterzeichnern unter anderem das
Bündnis „Bremerhaven bleibt bunt“ und der Christopher Street Day Bremen
gehören, werden Missstände wie fehlende Privatsphäre und eine lange
Wohndauer in der Erstaufnahmestelle beklagt. Die Autoren fordern das Aus
der Einrichtung. Zudem kritisierte der Flüchtlingsrat den Gastbeitrag
der Senatorin: “Sie versucht, mit Gerüchten und Falschbehauptungen die
fundierte Kritik zu diskreditieren und behauptet schließlich, die
Massenunterkunft sei eine gute und notwendige Sache“. Die
Linken-Bürgerschaftsfraktion sprach sich am Montag ebenso für eine
Schließung von Sammelunterkünften für Asylbewerber und Obdachlose
während der Corona-Krise aus. Es dürfe kein Privileg sein, sich gegen
eine Infektion schützen zu können, so die Fraktion…” Artikel von Christian Weth und Carolin Henkenberens vom 20.04.2020 im WESER-KURIER online
- Offener Brief fordert Aussetzung der Abschiebehaft während der Corona-Pandemie
“Der Verein Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V. wendet
sich mit einen offenen Brief an das Ministerium für Kinder, Familie,
Flüchtlinge und Integration NRW, den Innenausschuss des Landtages NRW
und den Petitionsausschuss des Landtages NRW. Hintergrund ist eine
Forderung des Vereins, die Abschiebehaft während der Corona-Pandemie
auszusetzen…” Offener Brief vom 15.4.2020 bei 100-jahre-abschiebehaft.de
- Zugang zu medizinischer Versorgung für alle – jetzt sofort – für immer! / LEA Ellwangen: Über 40% der Bewohner infiziert!
- Zugang zu medizinischer Versorgung für alle – jetzt sofort – für immer!“35
bundesweite Medibüros und Medinetze weisen auf die dramatische
Versorgungssituation von hunderttausenden Migrant*innen ohne
Krankenversicherungsschutz in der Corona-Krise hin. Der AK Asyl –
Flüchtlingsrat RLP e.V. unterstützt ebenfalls folgende Forderungen: 1.
die sofortige, ausnahmslose und dauerhafte Eingliederung von allen
unversicherten Menschen in das reguläre, gesetzliche
Krankenversicherungssystem unabhängig vom Aufenthaltsstatus. 2. die vollständige Abschaffung der Übermittlungspflicht nach § 87 AufenthG.” Pressemitteilung der Medibüros & Medinetze vom 14. April 2020 beim Flüchtlingsrat RLP zum offenen Brief – siehe dazu auch unser Dossier: Medizinische Minderversorgung von Asylsuchenden und Flüchtlingen sowie EU-Bürgern beenden
- Sollen jetzt alle Geflüchteten in der LEA infiziert werden?
“Herr Deines, der verantwortliche Beamte beim
Regierungspräsidium Stuttgart, erklärte heute in einem SWR-Interview,
wie sich die Mitarbeiter*innen der LEA schützen: Wenn sie untereinander
sind, tragen sie einen Mund-Nase-Schutz (Bild 1). Wenn sie Kontakt zu
Geflüchteten haben, tragen sie eine Atemschutzmaske (Bild 2) und die,
die mit Erkrankten zu tun haben, tragen einen Vollschutz-Overall. Wir
haben Geflüchtete in der LEA gefragt, wie sie sich die Geflüchteten
schützen können. Einige wenige haben Atemschutzmasken, die meisten aber
nur einen einfachen Mund-Nase-Schutz. Der laut Herrn Deines am 6.April
eingerichtete Isoliationstrakt ist durch einen Zaun abgetrennt. Die
Bewohner*innen der Quarantäne-Blöcke (92, 93, 95) teilen den gesamten
übrigen Außenbereich mit den anderen Bewohner*innen (Block 94 und 96).
Nur das Essen ist räumlich getrennt, die angeblich positiv getesteten
dürfen nicht mehr in die Kantine. Zumindest einzelne Leute dürfen den
Isolationstrakt verlassen, z.B. um Sachen aus ihrem früheren Zimmer zu
holen. Herr Deines nennt dies „eine ganz gute Situation“. Warum wird die
Kantine nicht geschlossen, wie die Restaurants und die meisten Kantinen
draußen? Warum werden die Mitarbeiter*innen besser geschützt wie die
Bewohner*innen? Ist die Gesundheit der einen mehr wert als die der
anderen? Einigen solidarischen Menschen von außen wurde nicht erlaubt,
angesichts des Ausgangsverbotes Sachen für ihren Freund*innen in der LEA
abzugeben. Sollen die Menschen in der LEA vollständig von der Außenwelt
abgeschottet werden?…” Bericht vom 14.4.2020 beim Verein Flüchtlinge für Flüchtlinge (Network Refugees4Refugees)
- LEA Ellwangen: Über 40% der Bewohner infiziert!
“In der Landeserstaufnahme-Einrichtung in Ellwangen wohnen
derzeit 567 Menschen. Nach dem Auftreten erster Corona-Fälle wurden alle
Bewohner getestet: 244 Infizierte! Das sind mehr als 40%! (Zum
Vergleich: die Infizierten-Rate in der Gesamtbevölkerung in
Baden-Württemberg liegt bei 0,001%) Selbst die Ausweich- Einrichtung in
Giengen ist bereits betroffen: zwei Security-Mitarbeiter haben offenbar
das Virus dorthin mitgenommen. Es ist sehr zu begrüßen und sollte
dringend Schule machen, dass in der LEA Ellwangen eine Reihentestung
durchgeführt wurde – leider ist dies längst nicht überall Standard. Doch
wie konnte es überhaupt so weit kommen? Während die Bevölkerung
eindringlich aufgefordert ist, Abstand zu halten – was sogar mit
Polizeieinsatz und Bußgeldkatalog überwacht wird – werden die Bewohner
in den Sammel-Lagern wissentlich einem hohen Infektionsrisiko
ausgesetzt! Statt die Camp-Bewohner zu schützen, werden sie eingesperrt
und ganze Camps unter Quarantäne gestellt. Soll dort etwa ein
medizin-soziales Experiment zur „Herden-Immunisierung“ durchgeführt
werden? Oder warum sonst werden alle Forderungen nach Schließung der
Camps und sicherer Unterbringung der Bewohner – z.B. in leerstehenden
Hotels – beharrlich den Wind geschlagen? Damit wird eine besonders
vulnerable Gruppe – Menschen, die vielfach aufgrund ihrer
Trauma-Erfahrungen geschwächte Abwehrkräfte haben – einer tödlichen
Gefahr ausgesetzt! (…) Wir sehen einerseits, dass Bewohner in den Camps
sich solidarisch organisieren, Kranke mit Essen versorgen, Forderungen
aufstellen nach Schutz, nach sicherer Unterbringung, und andererseits,
dass die Verantwortlichen – Regierungspräsidium, Kommunalverwaltungen –
sich genau entgegengesetzt zur vielbeschworenen Solidarität verhalten:
das ist schändlich!…” Meldung von Adelheid Gruber vom 12. Apr. 2020 bei change.org zur Petition “Corona: Flüchtlinge aus Hotspots retten – Abschiebung stoppen – SOFORT!”
- Sächsisches Landessozialgericht erkennt: Covid-19 erfordert
höhere Leistungen für alleinstehende und alleinerziehende Geflüchtete
“Seit dem 1. September 2019 gelten für Geflüchtete in
Deutschland neue Regeln im Existenzsicherungsrecht. Seitdem werden u.a.
Grundsicherungsleistungen für Alleinstehende und Alleinerziehende in
Sammelunterkünften nur zu 90 Prozent gewährt. Von ihnen könne erwartet
werden, dass sie gemeinsam wirtschaften wie Ehepaare, heißt es in der
empirisch nicht belegten Begründung zur Gesetzesänderung. Dagegen sind
in Deutschland Eil- und Hauptsacheverfahren anhängig. Wegen der
erheblichen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf Menschen in
Sammelunterkünften werden zahlreiche weitere Eilanträge vor den
Sozialgerichten gestellt. Durch die Covid-19-Pandemie hat sich die
Situation der Bewohner*innen von Sammelunterkünften dramatisch
verändert. Sozialarbeiter*innen sind in vielen Sammelunterkünften
aufgrund der Pandemie bereits abgezogen worden und/oder machen nur noch
Telefonbetreuung. Viele Menschen in den Sammelunterkünften bleiben in
ihren Zimmern. Ein gemeinsames Leben kann und soll auch nicht
stattfinden. Dennoch ist die Gefahr für eine Ausbreitung der Pandemie in
Sammelunterkünften weiterhin groß. Auch deshalb fordert u.a. pro asyl
die Auflösung der Sammelunterkünfte und dezentrale Unterbringung der
Geflüchteten (…) Diesen Forderungen schließt sich der RAV an und fordert
zudem das Ende jeglicher migrationspolitisch begründeter
Sonderverfahren im Sozialrecht. (…) »Bis zur Auflösung der Lager können
und dürfen nun erst recht nicht angebliche Einspareffekte eine Kürzung
der Regelleistung für Alleinstehende und Alleinerziehende begründen«, so
der Göttinger Rechtsanwalt Sven Adam, der einige der Antragstellenden
rechtlich vertritt. »Ziel weiterer Verfahren ist die Gewährung voller
Regelleistungen. Es geht monatlich um bis zu 42 Euro bei den Ärmsten
unserer Gesellschaft«, so RAV-Mitglied Adam weiter. »Wenn die
Sozialleistungsträger die Leistungen für Geflüchtete in
Sammelunterkünften nicht selbstständig kurzfristig anheben, müssen die
Sozialministerien der Länder dies vorgeben. Wenn auch dies nicht
erfolgt, ist die Sozialgerichtsbarkeit gefragt. Das Sächsische
Landessozialgericht hat insoweit mit Beschluss vom 23. März 2020
Handlungswillen gezeigt« erläutert RAV-Mitglied Rechtsanwalt Raik Höfler
aus Leipzig, der den Beschluss des Sächsischen Landessozialgerichts
erstritten hat. »Die Folgen einer Pandemie dürfen sich nicht am Status
von Menschen ausrichten. Daher ist mindestens die Aufnahme der
Sozialschutz-Regelungen in das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG)
notwendig. Es verbietet sich, einzelne Regelungen zur Existenzsicherung
von den Sozialschutz-Regelungen auszunehmen«, so der Berliner
Rechtsanwalt Volker Gerloff für die ›AG Sozialrecht‹ im DAV…” RAV-Pressemitteilung Nr. 06/20 vom 8. April 2020
mit Link zum Beschluss des Sächsischen Landessozialgerichts vom 23.
März 2020 zu Az.: L 8 AY 4/20 B ER und mit Liste der diversen
Sozialgerichte, die diese Regelung in Eilverfahren bereits ohne die
Auswirkungen des Covid-19-Virus für verfassungswidrig gehalten haben –
mit Verweis auf diesen Beschluss kann auch bei anderen Sozialgerichten
Eilanträge gestellt werden.
- Appell an Länderchefs, Risikogruppen aus Sammelunterkünften zu evakuieren
“Handicap International (HI) fordert die
Ministerpräsident/-innen der Bundesländer auf, Menschen mit Behinderung
und chronischen Krankheiten vorbeugend in dezentrale Unterkünfte zu
verlegen. (…) Geflüchtete Menschen mit Behinderung in Sammelunterkünften
sind besonders gefährdet, sich zu infizieren. „Wir fordern die
Ministerpräsident/-innen auf, das Grundrecht auf Leben und körperliche
Unversehrtheit bestmöglich zu wahren und Geflüchtete mit Behinderung
darin zu unterstützen, sich vor einer Erkrankung zu schützen“, fordert
Dr. Inez Kipfer-Didavi, Geschäftsführerin von Handicap International
Deutschland. „Politik und Verwaltung müssen umgehend handeln und die
Bewohner mit Behinderung und chronischen Erkrankungen vorbeugend
verlegen“, so Kipfer-Didavi. (…) Um geflüchtete Menschen mit Behinderung
und alle weiteren zur „Corona-Risikogruppe“ zählenden geflüchteten
Personen zu schützen, müssen diese zusammen mit ihren Angehörigen aus
Sammelunterkünften in dezentrale Unterkünfte verlegt werden.
Geflüchteten Menschen mit Behinderung muss in der Corona-Krise
uneingeschränkter Zugang zu sozialen und medizinischen Leistungen
gewährt werden, um ihnen weitere Unsicherheiten und Belastungen zu
ersparen und krisenbedingte Zugangsbarrieren abzubauen. Während der
Corona-Krise dürfen keine Leistungskürzungen erfolgen. Negative
Asylbescheide müssen bis zum Sommer ausgesetzt werden. (…) Bei Menschen
mit Behinderung verläuft eine Erkrankung an Covid-19 oft sehr schwer.
Viele Behinderungen gehen mit Risikofaktoren wie einer eingeschränkten
Herz- und/oder Lungenfunktion, einem schwachen Immunsystem oder
Muskelbeschwerden einher. Auch chronisch Erkrankte haben in den meisten
Fällen ein erhöhtes Risiko für einen gefährlichen
Covid-19-Krankheitsverlauf. Darüber hinaus ist es für Menschen mit
mangelnden Sprachkenntnissen, einer kognitiven Beeinträchtigung oder
einer Lernbehinderung oftmals schwierig, die relevanten Informationen
zum Thema Coronavirus zu erfassen. Die Hilfsorganisation weist darauf
hin, dass auch die Integrationsbeauftragten von Berlin, Brandenburg,
Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz,
Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen in einer gemeinsamen
Erklärung die Notwendigkeit einer Umverlegung unterstrichen haben…” Appell von Handicap International (HI) vom 8. April 2020 mit Link zum vollständigen Appell
- Umgang mit Geflüchteten in Corona-Zeiten
“Ich habe in den letzten zwei Wochen weitere Fragen an das
Staatsministeriums des Inneren bezüglich der Unterbringung in den
Aufnahmeeinrichtungen und weiteren asylpolitischen Sachverhalten
gerichtet. Hintergrund meiner Fragen war der Ausbruch der
Corona-Pandemie in Deutschland. Die Zusammenfassung der Antworten auf
den ersten Fragenkatalogs sind hier nachzulesen . Der letzte Fragenkatalog wurde heute beantwortet. Eine Zusammenfassung…” Beitrag vom 8. April 2020 von und bei Juliane Nagel
- Geflüchtetenunterkunft in Potsdam unter Quarantäne / Lager
in Angst. Geflüchtete in Sammelunterkünften sind dem Virus und
Anfeindungen von außen schutzlos ausgesetzt
- [Potsdam] Infizierte Bewohnerin arbeitete im Klinikum: Geflüchtetenunterkunft muss unter Quarantäne
“In der Zeppelinstraße steht eine Wohnanlage für Geflüchtete unter Quarantäne.
Eine Familie hat sich infiziert. Der Coronaausbruch am Klinikum zieht
weitere Kreise: Eine Flüchtlingswohnanlage in der Zeppelinstraße steht
unter Quarantäne. Das sagte Gesundheitsdezernentin Brigitte Meier (SPD)
bei der Pressekonferenz zur Krise im Bergmann-Klinikum am Dienstag. Eine
siebenköpfige Familie habe sich in dem Wohnheim infiziert, die Mutter
sei Mitarbeiterin im Klinikum. Die Familie lebte auf einer Etage. Da es
viel Kontakt unter den Bewohnern gab, habe man sich zur Quarantäne
entschieden. Das hat laut Rathaus das Gesundheitsamt verfügt. „Um die
Übertragungsketten zu unterbrechen, mussten wir zu dieser harten
Maßnahme greifen“, so Meier. Betroffen seien 116 Bewohner, darunter 20
Kinder unter 18 Jahren, hieß es in einer Mitteilung der Stadt vom frühen
Abend. Die Bewohner dürften nicht das Grundstück der
Gemeinschaftsunterkunft verlassen und sollten möglichst in ihren
Wohnungen bleiben, hieß es. Besuche von außen dürften nicht mehr
stattfinden. (…) Es habe bereits eine „kurze Eskalation“
gegeben, weil sich die Bewohner zunächst nicht an die Ausgangssperre
halten wollten und der „Wachschutz etwas überfordert war“, wie es Meier
darstellte. Daher habe man am Dienstagnachmittag die Polizei holen
müssen, die Lage habe sich dann aber schnell beruhigt. Gegebenenfalls
werde man nun den Wachschutz vor Ort noch verstärken müssen, so Meier…” Artikel von Henri Kramer vom 07.04.2020 bei pnn.de
- Lager in Angst. Geflüchtete in Sammelunterkünften sind dem Virus und Anfeindungen von außen schutzlos ausgesetzt
“… Die Geflüchteten leben stark isoliert. Selbst das
Mobilfunknetz funktioniert nicht. Das Deutsche Rote Kreuz, der Betreiber
der Unterkunft, kommuniziert mit Funkgeräten. Die Geflüchteten sind
aktuell dazu angehalten, in der Unterkunft zu bleiben. Ein Aushang
informiert: »Wer über die Nacht außerhalb der Einrichtung war, wird
sofort außerhalb der Wohngebäude isoliert.« Innerhalb des Camps mit
seinen Gemeinschaftsküchen und -toiletten sei es nicht möglich, sich und
andere zu schützen, erzählt Jallo. »Was, wenn das Virus ausbricht?«,
fragt er besorgt am Telefon. »Ich fühle mich nicht gut, und die
Situation macht mir Angst.« Er teilt sich mit vier Männern ein Zimmer.
Im Speisesaal halten sie anderthalb Meter Abstand zueinander, viel mehr
können sie nicht tun. Ornela lebt in der Erstaufnahmeeinrichtung in
Eisenhüttenstadt. Die Situation ist hier ähnlich wie in
Doberlug-Kirchhain. Desinfektionsmittel gebe es nur in der Kantine, auf
den Toiletten sei nicht einmal Seife vorhanden, erzählt sie. Früher habe
sie mit anderen Bewohnerinnen zusammen gekocht, heute verdächtigen sie
sich gegenseitig, infiziert zu sein (…) Die hygienische Situation und
welche Maßnahmen zur Eindämmung des Virus in Sammelunterkünften
ergriffen werden können, beschäftigen sowohl in Brandenburg als auch in
Berlin Geflüchtete und Mitarbeiter*innen gleichermaßen. Manfred Nowak
von der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Berlin, die mehrere
Flüchtlingsunterkünfte betreibt, spricht von einer »besonders großen
Herausforderung«. Nowak findet es verständlich, dass Schutzkleidung und
Desinfektionsmittel vor allem in medizinischen Einrichtungen lande,
dennoch sei der fehlende Schutz ein großes Problem. Die Krankheitsquote
unter den Mitarbeiter*innen sei bereits jetzt sehr hoch. Nowak plädiert
für Solidarität und setzt auf Kreativität. So werden Masken mittlerweile
von anderen Projekten der AWO selbst produziert, und Kolleg*innen
besorgen aus privaten Quellen Desinfektionsmittel. Es fehlt jedoch nicht
nur an Schutzausrüstung, sondern auch an Informationen. (…) Dem
Berliner Flüchtlingsrat bereitet dabei Bauchschmerzen, dass es in der
Hauptstadt keinerlei Quarantäne-Richtlinien und kein transparentes
Verfahren gebe. Die Gesundheitsämter gäben nur mündliche Anweisungen.
Betreiber und Bewohner*innen der Unterkünfte würden über Grund und Dauer
der Quarantäne und die Voraussetzungen für deren Aufhebung im Unklaren
gelassen. So wurde in Treptow-Köpenick eine gesamte Unterkunft unter
Quarantäne gestellt, obwohl aufgrund der Apartmentstruktur der
Einrichtung auch eine Einzelquarantäne für die Betroffenen möglich
gewesen wäre, kritisiert der Flüchtlingsrat. Bei den Bewohner*innen sei
dadurch der Eindruck entstanden, das Landesamt für
Flüchtlingsangelegenheiten wolle auf kaltem Weg eine Dauerquarantäne
etablieren, zumal immer weitere infizierte Personen dorthin verlegt
wurden…” Artikel von Dinah Rothenberg und Alexandra Kimel vom 06.04.2020 beim ND online
- Refugees der ZASt Halberstadt im Hungerstreik gegen Quarantäne-Bedingungen / Spendenaufruf für die Menschen in der ZASt
- Protest in Flüchtlingsunterkunft Halberstadt: Aufbegehren gegen Quarantäne
“In Halberstadt stehen mehr als 800 Geflüchtete unter Quarantäne. Nun protestiert eine Gruppe gegen die schlechte Versorgung…” Artkel von Dinah Riese vom 5.4.2020 in der taz online
- [Halberstadt] Dezentralisierung jetzt. Schutz vor Infektion für alle. Solidarität mit den Hungerstreikenden der ZASt!
“„Die Lage hier in der ZASt scheint zu eskalieren. Wenn nicht
schnell etwas passiert, dann gibt es hier Tote.“ (Bewohner aus der ZASt,
1.4.2020) „Wir werden heute 12:00 Uhr in den Hungerstreik treten. Die
Zustände nach einer Woche Quarantäne sind unaushaltbar.“ (Bewohner*in
aus der ZASt, 4.4.2020) Sowohl Bewohner*innen als auch
Sozialarbeiter*innen berichten, dass es keine ausreichende Versorgung
gibt und die gesamte Situation chaotisch und sehr angespannt ist.
Verantwortliche behaupten, die Situation sei unter Kontrolle und die
Menschen ausreichend versorgt. Rund 850 Menschen leben aktuell in der
ZASt, alleinreisende Geflüchtete, genauso wie Familien. Trotz des
Wissens im Vorhinein, dass die Wohn- und Lebensverhältnisse, wie sie in
der ZASt vorzufinden sind, eine Gefahr für die Menschen durch eine
massenhafte Ansteckung mit dem Cornavirus bedeuten, wurden keine
Schritte eingeleitet, um die Geflüchteten dezentral unterzubringen. (…)
Die erste Woche unter Massenquarantäne haben uns Bewohner*Innen wie
folgt dargestellt: Das Lager ist nun in 5 Quarantäneblöcke aufgeteilt.
Alle Bewohner*innen sollen getestet werden. Infizierte Menschen werden
in ein extra Lager nach Quedlinburg gebracht. Die Abholung infizierter
Personen ohne Erklärung lösen Panik unter den Bewohner*innen aus. Hier
spielt die kollektive, permanente Erfahrung einer ständig drohenden
Gefahr von Abschiebungen eine wesentliche Rolle. Es herrscht ein Mangel
an aktuellen Informationen über Infektionsmöglichkeiten mit Covid-19 und
den Folgen daraus. Die Menschen können die Gebäude nicht mehr
verlassen. Sie fühlen sich eingesperrt und isoliert. Für die Menschen
ist es schlichtweg nicht möglich, sich selbst oder andere zu schützen,
da die Unterbringung weiterhin mit bis zu fünf Personen in einem Raum
erfolgt. Duschen und Toiletten werden weiterhin gemeinschaftlich
benutzt. Der gebotene Infektionsschutz ist nicht gegeben. Es herrschte
ein Mangel an Desinfektionsmittel, Hygieneartikeln und Toilettenpapier.
(…) Durch das Ausgangsverbot können sich die Menschen selbst nicht mit
dem Nötigsten, wie Nahrungsmittel, Hygieneartikel sowie Toilettenpapier
etc., versorgen. Neben dem Personal der Security, das in der
Vergangenheit immer wieder Gewalt gegen Bewohner*Innen ausgeübt hat, ist
nun auch rund um die Uhr Polizei vor Ort. Mit beiden, Security und
Polizei, haben die Bewohner*innen i.d.R. Erfahrungen, die von Gewalt und
Repression geprägte sind. Auch in der jetzigen Situation ist davon
auszugehen, dass die Androhung und Anwendung von Gewalt ein Mittel zur
Beherrschung der Lage ist. Sicherheitspersonal als auch
Sozialarbeiter*innen und alle anderen Mitarbeiter*innen betreten und
verlassen täglich das Gelände und das Lager, während die Bewohner*innen
eingesperrt werden. Auch hier scheint es kein ernstzunehmendes Konzept
zu geben. (…) Wir fordern von den verantwortlichen Politikern und
Politikerinnen, wie Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) und anderen
Verantwortlichen im Landesverwaltungsamt: 1. Eine dezentrale
Unterbringung von Geflüchteten, und zwar sofort und dauerhaft. Wir
fordern die Schließung der Massenunterbringungen, wie der ZAST und allen
anderen Lagern in Sachsen-Anhalt. Für die dezentrale Unterbringung
bietet sich an, den vorhandenen Leerstand in Halberstadt…” Offener Brief des Antirassistischen Netzwerk Sachsen-Anhalt vom 4.4.2020
- Spendenaufruf für die Menschen in der ZASt
Aufruf zu praktischer Solidarität mit den geflüchteten Menschen in der Zentralen Erstaufnahme (ZASt) in Halberstadt! Spendenaufruf des Antirassistischen Netzwerk Sachsen-Anhalt vom 4.4.2020
- Video & Interview: Refugees der ZASt Halberstadt im Hungerstreik
“Wir haben gestern davon berichtet
wie Geflüchtete der Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber (ZASt)
Halberstadt einen Hungerstreik organisierten. Von dem Lager, in dem sie
untergebracht sind, sprechen sie als „Gefängnis“. Sie wollen so lange
die Nahrung verweigern, bis ihre Forderungen aus einem offenen Brief
umgesetzt werden. Im Videointerview mit Perspektive Online berichten sie
aus der ZAST.” Video & Interview vom 5. April 2020 bei Perspektive Online
- Siehe Aufnahmen, die Bewohner*innen der ZASt in Halberstadt am 4.4.2020 im Lager gemacht haben
- Siehe aktuelle Meldungen im Thread von AkAntiraMD bei Twitter zur Situation in Halberstadt
- Mit 900 Menschen in Quarantäne – ZASt in Halberstadt
“Seit Freitagmorgen steht die Zentrale Anlaufstelle für
Asylbewerber (ZASt) in Halberstadt in Sachsen-Anhalt unter Quarantäne.
Die Maßnahme soll zwei Wochen andauern. Davon betroffen sind 850
BewohnerInnen sowie Mitarbeitende. Der Grund ist ein positiv auf Corona
getesteter Mensch, der vergangene Woche aus der ZASt in Halberstadt nach
Halle kam. Der Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt hat die
Quarantäne-Maßnahme als unzureichend und unverantwortlich kritisiert.
Laut dem Flüchtlingsrat würde es an grobe Fahrlässigkeit grenzen, knapp
900 Menschen auf engstem Raum ohne Ausweich- und geringe
Informationsmöglichkeiten sowie mangelnder medizinischer Versorgung
unterzubringen. Laut dem Flüchtlingsrat brauche es eine dezentrale
Unterbringung für die Menschen in der ZASt, etwa in leerstehenden
Wohnungen, Pensionen und Hotels. Für die BewohnerInnen der ZASt
gestaltet sich die Quarantäne unterschiedlich – es gibt Stimmen, die
sich in der Quarantäne sicher fühlen, andere kritisieren die fehlende
Möglichkeit einer eigenen Versorgung mit angemessenen Essen. Über die
Zustände und die Stimmung innerhalb der ZASt sei Verhängung der
Quarantäne-Maßnahme sprachen wir mit dem Bewohner Joseph.” Interview vom 30.3.2020 bei Radio Corax im Audioportal Freier Radios
- [»Together we are Bremen«] »Bringt die Geflüchteten in
Hotels unter« / Abstandhalten ist unmöglich in vielen
Flüchtlingsunterkünften
- [»Together we are Bremen«] »Bringt die Geflüchteten in Hotels unter«
“Abstand halten unmöglich: In Bremen wird wegen Corona für die Schließung einer Erstaufnahmeeinrichtung protestiert. Bewohner*innen
der Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete in der Lindenstraße in
Bremen tanzen und klatschen vor dem grauen Gebäude. Sie rufen im Takt
»Coronastraße: shut it down!«. Unter den laut der Bremer Polizei bis zu
300 Protestierenden, darunter auch Unterstützer*innen, sind viele Frauen
mit Babys. »Diese spontane Revolte ist gestern Abend von den Frauen
ausgegangen«, erklärt Mina Bergfeld, Aktivistin beim Bündnis »Together we are Bremen« . »We are tired, we are fearful, we are sad. We don’t want to die, we want to live!«, ruft eine Bewohnerin. »Wir
essen zusammen, wir schlafen zusammen. Wir leben zu viert, zu fünft, zu
sechst auf den Zimmern. Die ganze Welt wird praktisch zugemacht – nur
dieses Camp nicht! Es muss geschlossen werden, damit wir vor Corona
geschützt werden können!«, fordert die Bewohnerin Isatou C. Ein anderer
Bewohner, Mohsen E., beschwert sich über die Luft in der
Erstaufnahmeeinrichtung, die nur über eine Belüftungsanlage zirkuliert
werde. Fenster könnten nicht geöffnet werden. (…) Laut Bernd Schneider,
Sprecher der zuständigen Sozialbehörde von Senatorin Anja Stahmann
(Grüne), lebten derzeit 450 Menschen in der Einrichtung. Seit Erlass der
Allgemeinverfügung zur Eindämmung des Coronavirus am 23. März seien 150
Menschen anderweitig untergebracht worden. »Die bisherigen Maßnahmen
des Sozialressorts sind nicht ausreichend«, erklärte Sofia Leonidakis,
Fraktionsvorsitzende der Bremer Linken, gegenüber »nd«. (…) Am Dienstag
bestätigte die Sozialbehörde, dass es eine erste mit Corona infizierte
Person in der Einrichtung gebe. Diese habe »keinerlei Kontakt« zu
Bewohner*innen »außerhalb des engen Bereichs für Neuankommende« gehabt
und sei inzwischen in einem Zimmer isoliert. Dem widersprachen die
Bewohner*innen: die Person und andere Neuangekommene hätten auf den
Fluren der Einrichtung regulären Kontakt mit ihnen…” Bericht von Sabine Netz vom 02.04.2020 im ND online
- Schutz vor Corona für Geflüchtete – Zu sechst ein Zimmer, keine Seife
“… „Gerade kann ich nicht sprechen, ich stehe in der Schlange zum
Fiebermessen“, sagt Marllow Kurdi am Telefon. Nach zwanzig Minuten ist
seine Temperatur geprüft und er hat Zeit zum Reden. „Am Freitagmorgen
kam viel Polizei und hat Zäune rund um die Gebäude aufgestellt“, sagt
Kurdi, der eigentlich anders heißt. „Danach haben sie Durchsagen in
verschiedenen Sprachen gemacht, in Kurdisch, Arabisch, Farsi oder
Englisch.“ Der Inhalt war immer derselbe: Die Zentrale Anlaufstelle für
Asylbewerber des Landes Sachsen-Anhalt (ZASt) in Halberstadt, in der
Kurdi lebt, steht für 14 Tage unter Quarantäne. Die 839 Bewohner:innen
dürfen das Gelände nicht verlassen. Kurz zuvor war ein Bewohner der
Unterkunft nach Halle verlegt – und dort positiv auf das Coronavirus
getestet worden, ebenso wie drei Kontaktpersonen des Mannes. Sie wurden
in eine neue Isolierstation mit 80 Plätzen in Quedlinburg gebracht. Die
ZASt befindet sich auf einem alten NVA-Gelände. In drei orange-grauen
Plattenbauten leben bis zu 360 Menschen. Die Hauptgebäude sind nun
voneinander getrennt. Personal der Unterkunft und Polizei bewachen die
Abzäunung. Der Sportplatz ist geschlossen, ebenso alle
Aufenthaltsbereiche, in denen ein Mindestabstand von 1,5 Metern nicht
möglich ist. Die Mitarbeitenden seien mit persönlicher Schutzausrüstung
ausgestattet, erklärt die Verwaltung. Die Flüchtlinge nicht. Räumliche
Distanz ist die wirksamste Maßnahme für den Infektionsschutz. Doch genau
das ist in Asylbewerberheimen nicht möglich. In der ZASt in Halberstadt
etwa teilen sich bis zu sechs Personen ein Zimmer, sie waschen sich in
Gemeinschaftsbädern. Die Kantine ist nun geschlossen, das Essen wird
einzeln abgepackt verteilt. „Das ist sehr hygienisch“, sagt Kurdi. „Aber
wir stehen mit vielen Leuten zusammen Schlange bei der Essensausgabe
oder beim Fiebermessen.“ Bäder und Flure würden öfter desinfiziert als
sonst. „Unsere Zimmer aber nicht, und wir haben keine Handschuhe, Masken
oder Desinfektionsmittel. Wenn jemand hier krank wird, dann könnte das
eine Katastrophe geben.“ Laut Statistischem Bundesamt wohnten 2018 rund
215.000 Geflüchtete in deutschen Sammelunterkünften. Diese unterscheiden
sich regional stark, überall aber leben viele Menschen auf sehr engem
Raum. (…) „Das größte Problem“, sagt Justice Aikhu aus Landshut, „sind
die Toiletten.“ Über 20 Menschen teilen sich auf seinem Stockwerk eine.
Es gebe keine Seife, kein Desinfektionsmittel.“ Er glaubt, dass noch
mehr Leute dieses Virus bekommen. Vielleicht habe er es ja auch schon.
„Wie kann ich das wissen?“ Die Unsicherheit macht alles noch schlimmer.
(…) Fehlende Seife, fehlendes WLAN – die Probleme, von denen Justice
Aikhu berichtet, sind nicht die Regel, aber auch keine Seltenheit in
bayerischen Flüchtlingsheimen, sagt Stephan Dünnwald vom Flüchtlingsrat.
(…) Bundesweit fordern Flüchtlingsräte, die Sammelunterkünfte zu
schließen und die Bewohner in Wohnungen zu verteilen, erst recht in
Zeiten von Corona…” Artikel von Dinah Riese, Christian Jakob, Dominik Baur, Konrad Litschko und Helke Ellersiek vom 2. April 2020 in der taz online
- [Brandenburg] Abstandhalten ist unmöglich in vielen Flüchtlingsunterkünften
“Geflüchtete in Brandenburger Flüchtlingsunterkünften haben
aktuell kaum eine Chance, Kontakte zu anderen Menschen zu vermeiden,
Abstand zu halten und sich und ihre Familien vor einer Ansteckung mit
dem neuartigen Coronavirus zu schützen. Maßnahmen der sozialen
Distanzierung treffen sie gleichzeitig in beengten Wohnverhältnissen
besonders hart. Die Unterzeichner*innen der Pressemitteilung fordern die
Landesregierung zu sofortigen Maßnahmen auf, um Geflüchtete, die
aktuell noch in den kommunalen Gemeinschaftsunterkünften sowie den vom
Land betriebenen Erstaufnahmestellen untergebracht sind, während der
Corona-Pandemie zu schützen. Gerade in diesen Zeiten von Solidarität und
breiter Unterstützung innerhalb von Nachbarschaften sollten auch die
Rechte von Flüchtlingen gewahrt und nicht vergessen werden. Sogar
Menschen, die Risikogruppen angehören, harren in Brandenburg weiterhin
in Mehrbettzimmern aus und müssen sich teilweise Bad und Kantine bzw.
die Gemeinschaftsküche mit vielen Anderen teilen. Diese Situation ist
absolut unverantwortlich…” Gemeinsame Pressemitteilung vom 1. April 2020 beim Flüchtlingsrat Brandenburg
zur Situation in Brandenburger Unterkünften während der Corona-Pandemie
unterzeichnet von: Women in Exile, Refugees Emancipation, Potsdam
Konvoi, Geflüchteten Netzwerk Cottbus, We’ll Come United Berlin und
Brandenburg, Bürger*innenasyl Barnim, Jugendliche ohne Grenzen
Brandenburg, Seebrücke Potsdam, Migrantenbeirat Potsdam,
Flüchtlingsberatungsstelle des ev. Kirchenkreises Oberes Havelland,
Barnim für Alle und Flüchtlingsrat Brandenburg
- Sieben Corona-Infizierte: „Anker-Zentrum“ mit 600
Asylbewerbern unter Quarantäne gestellt – Menschenrechtler fordern
dezentrale Unterbringung von Menschen
“Im unterfränkischen Geldersheim ist das zentrale „Anker-Zentrum“
wegen der Corona-Pandemie unter Quarantäne gestellt worden. Dort seien
sieben Bewohner und ein externer Beschäftigter mit dem Virus infiziert,
teilte die Regierung von Unterfranken am Wochenende auf Facebook mit.
Insgesamt hielten sich im Zentrum bei Schweinfurt momentan rund 600
Asylbewerber auf. Wie die Regierung von Unterfranken in einem
Facebook-Post mitteilt, werden die infizierten Bewohner in einem
gesonderten Gebäude untergebracht. Der externe Beschäftigte befinde sich
in häuslicher Quarantäne. Für die Einrichtung gelte ein Aufnahmestopp.
„Die Bewohner dürfen die Einrichtung nicht verlassen. Im Übrigen gelten
für die Einrichtung vergleichbare Maßnahmen, wie sie auch ansonsten bei
aktuellen Quarantänemaßnahmen angeordnet werden. Besucherverkehr ist
ausgeschlossen“, heißt es. Die Einhaltung der Quarantäneregeln würden
durch den Sicherheitsdienst überwacht. (…) Ein Bündnis von
Menschenrechtsorganisationen hatten von Bund und Ländern mehr Maßnahmen
zum Schutz von Flüchtlingen vor dem Coronavirus gefordert. Alle noch in zentralen Unterbringungseinrichtungen lebenden Flüchtlinge müssten den kommunalen Unterkünften zugewiesen werden…” Meldung vom 30. März 2020 bei MiGAZIN
- Corona-Quarantäne in Geflüchtetenunterkunft / Pro Asyl-Newsticker Coronavirus
- Pro Asyl-Newsticker Coronavirus
“Angesichts der dynamischen Entwicklungen um das
Coronavirus sammeln wir auf dieser Seite fortlaufend Informationen, die
für Schutzsuchende und Ihre Unterstützer*innen von Relevanz sind. Wir
bemühen uns diese Seite stetig zu aktualisieren, aber können keine
Vollständigkeit garantieren…” Informationen für Geflüchtete und Unterstützer*innen bei Pro Asyl
- Corona-Quarantäne in Geflüchtetenunterkunft
“Die Flüchtlingslager in Deutschland sind zum Teil
überbelegt. Auch dort haben die Bewohner einen neuen Feind: das
Coronavirus. In der Corona-Krise ist es besonders wichtig, dass wir
Geflüchtete so schnell wie möglich in dezentralen Strukturen
unterzubringen.” Video vom 24.03.2020 von Supernova (Das Leftstyle-Magazin vom ND) bei youtube
- Gesundheitsversorgung sicherstellen! Lager auflösen!
Menschen und ihre Rechte schützen! / Leistungsausschlüsse und -kürzungen
für Ausländer*innen müssen ausgesetzt werden!
- Gesundheitsversorgung sicherstellen! Lager auflösen! Menschen und ihre Rechte schützen!
“… Während Bundes- und Landesregierungen in nahezu allen
Lebensbereichen strikte Maßnahmen gegen eine weitere Ausbreitung der
COVID-19-Epidemie ergreifen, werden Geflüchtete in den Lagern
(Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften, sogenannten
Ankerzentren) und in der Abschiebehaft sowie Illegalisierte und Menschen
ohne Krankenversicherungsschutz nur unzureichend geschützt. Aufgrund
der engen Belegung und der meist gemeinschaftlichen Nutzung von Bädern,
Küchen und anderen Flächen sind die in den Sammelunterkünften
untergebrachten Menschen besonders gefährdet, sich mit dem Corona-Virus
zu infizieren. Gleichzeitig haben sie aufgrund mangelnder Informationen,
geringerer finanzieller Mittel und oft fehlender sozialer Netzwerke nur
wenig Möglichkeit, sich an die gegenwärtige Situation anzupassen. We’ll
Come United, die Landesflüchtlingsräte, die bundesweiten
Medibüros/Medinetze und viele weitere Organisationen und Initiativen
appellieren an die Bundes- und Landesregierungen, dem dynamischen
Epidemiegeschehen sofort zu begegnen, Gesundheitsversorgung für alle zu
garantieren und einen Leerzug der Massenunterkünfte zu veranlassen.
Geflüchtete, die den Risikogruppen angehören, müssen unverzüglich einen
adäquaten Schutzraum und angemessene Versorgung erhalten – zum Schutz
der Einzelnen und zum Schutz aller Menschen in dieser Gesellschaft. (…)
Einem akuten Infektionsgeschehen darf nicht mit Zwangsquarantäne einer
gesamten Unterkunft und ihrer Bewohner*innen und gewaltvoller
Durchsetzung der Maßnahmen begegnet werden. (…) Wir fordern eine
sofortige Auflösung der Massenunterbringung in
Gemeinschaftsunterkünften, Erstaufnahmeeinrichtungen und Ankerzentren.
Das damit verbundene Infektionsgeschehen ist nicht zu verantworten.
Geflüchteten, die Risikogruppen angehören wie Ältere oder Menschen mit
Vorerkrankungen müssen insbesondere geschützt werden. Im gesamten
Bundesgebiet stehen zahlreiche Wohnungen, Ferienapartments und Hotels
leer. Diese Räume müssen sofort durch die zuständigen Behörden zur
dezentralen Unterbringung aktiviert und genutzt werden. (…) Das
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge muss die Versendung negativer
Bescheide unverzüglich einstellen. Aufgrund von geschlossenen
Beratungsstellen und eingeschränktem Besuchsverkehr bei Anwält*innen ist
es momentan für Geflüchtete kaum möglich, gegen negative Bescheide
rechtlich fristgerecht vorzugehen. Sämtliche Kürzungen von Leistungen
nach dem Asylbewerberleistungsgesetz müssen aufgehoben werden. Da
Beratungsstellen und Kanzleien nach und nach schließen, ist der Zugang
zu einer effektiven Rechtsberatung nicht mehr gewährleistet. Wir fordern
einen Abschiebestopp und die pauschale Verlängerung aller
Aufenthaltstitel mit sofortiger Wirkung. Bei geschlossenen Grenzen und
weltweiten Reisewarnungen ist es absurd Abschiebungen weiter
durchzuführen. Menschen in Abschiebehaft sind sofort zu entlassen…” Appell
von We’ll Come United, die Landesflüchtlingsräte, die bundesweiten
Medibüros/Medinetze und viele weitere Organisationen und Initiativen vom
20. März 2020 beim Bayerischen Flüchtlingsrat
- Überleben muss für alle gesichert werden – Unterbringung bei
Obdachlosigkeit muss gewährleistet sein – Leistungsausschlüsse und
-kürzungen für Ausländer*innen müssen ausgesetzt werden!
“Die GGUA fordert (…) die Kommunen auf: Es dürfen bis auf weiteres
keine Einstellungen von laufenden Leistungen nach SGB II erfolgen (etwa
wegen Verlust des Arbeitnehmer*innen-Status bei Unionsbürger*innen). Der
SGB-II-Anspruch darf nicht aus ausländerrechtlichen Gründen
(„Aufenthaltszweck für die Arbeitsuche“) abgelehnt werden. Zumindest
vorläufige Leistungen müssen unbürokratisch und schnellstmöglich gewährt
werden. Es müssen bis auf weiteres für alle nicht regulär
leistungsberechtigten Unionsbürger*innen und Drittstaatsangehörigen
ungekürzte Überbrückungsleistungen nach § 23 Abs. 3 Satz 3ff SGB XII
erbracht werden. Die Befristung auf regelmäßig einen Monat darf schon
deshalb nicht gelten, da eine Ausreise momentan faktisch nicht möglich
ist. Die derzeitige Situation stellt unzweifelhaft eine „besondere
Härte“ im Sinne des § 23 Abs. 3 Satz 6ff SGB XII dar. Die Erbringung von
Überbrückungsleistungen darf nicht von der Erklärung eines
„Ausreisewillens“ abhängig gemacht werden. Nur durch eine solche
extensive Anwendung der Regelungen zu den Überberückungs- und
Härtefallleistungen ist gewährleistet, dass auch Leistungen zur
Sicherung der Gesundheit in angemessenem Maße erbracht werden können.
Eine Unterbringung in Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe bzw. eine
ordnungsrechtliche Unterbringung muss bis auf weiteres unabhängig von
einem Anspruch auf Sozialhilfeleistungen erfolgen. Auf eine Beendigung
dieser Unterbringung muss verzichtet werden. Niemand darf in die
Straßenobdachlosigkeit gezwungen werden. Auf Leistungskürzungen im
Rahmen des § 1a AsylbLG und auf den Vollzug von Leistungsausschlüssen
nach § 1 Abs. 4 AsylbLG muss verzichtet werden. Schon mit ungekürzten
Sozialhilfeleistungen ist es kaum möglich, das Existenzminimum in der
gegenwärtigen Ausnahmesituation zu sichern (Stichwort: Vorratshaltung,
Knappheit bestimmter Produkte, erhöhter Hygienebedarf). Mit gekürzten
Leistungen, die nur bei etwa der Hälfte des regulären Regelsatzes
liegen, ist dies gänzlich ausgeschlossen. Die Erteilung oder
Verlängerung von Aufenthaltstiteln darf bis auf weiteres nicht von der
Sicherung des Lebensunterhalts abhängig gemacht werden.” GGUA-Forderungen vom 20. März 2020
- Keine Seenotrettung wegen Corona-Pandemie / Schutz vor Corona für Geflüchtete: Abstand nicht möglich
- Keine Seenotrettung wegen Corona-Pandemie
“Obwohl Flüchtlingsboote im Mittelmeer weiter in Seenot
geraten, können private Rettungsschiffe aufgrund der Corona-Epidemie
derzeit nicht auslaufen. Einigen Schiffen fehlen Ersatzteile, andere
sind in Quarantäne. Zudem erschweren Reisebeschränkungen Crewmitgliedern
die Anreise. Die Corona-Pandemie verhindert derzeit den Einsatz von
Seenotrettungsschiffen auf dem Mittelmeer. „Es ist kein einziges
privates Rettungsschiff im Mittelmeer, obwohl weiter Flüchtlingsboote in
Seenot sind“, sagte Ruben Neugebauer von der Organisation Sea-Watch am
Donnerstag dem „Evangelischen Pressedienst“. Die Helfer seien durch die
Maßnahmen gegen das Virus extrem eingeschränkt. „An der Werft in
Messina, an der die ‚Sea-Watch 3″ liegt, sind die Läden für Ersatzteile
geschlossen.“ Auch könne wegen der Reisebeschränkungen kaum eine Crew
zusammengestellt werden. „Es wäre aber sehr wichtig, dass
Rettungsschiffe in Einsatz wären.“ Laut der Internationalen Organisation
für Migration (IOM) wurden in den vergangenen Tagen Hunderte
Flüchtlinge, die über das Mittelmeer nach Europa wollten, zurück nach
Libyen gebracht. Dort erwartet sie die Inhaftierung in Lagern, in denen
Gewalt, Folter und Menschenhandel herrschen. Die Organisation Alarm
Phone, die einen Notruf für Flüchtlinge im Mittelmeer betreibt,
berichtet immer wieder von verschwundenen Booten und vermissten Personen…” Meldung vom 20.03.2020 beim Migazin (im Abo)
- Schutz vor Corona für Geflüchtete: Abstand nicht möglich
“In ersten Flüchtlingsunterkünften gibt es Corona-Fälle.
(…) Ahmad Mohamed hat Angst. „Wir wohnen mit drei oder vier Leuten auf
einem Zimmer. Wir schlafen zusammen, essen zusammen. Wie sollen wir
Abstand zueinander halten?“ Mohamed kommt aus Afghanistan. Weil er
keinen Ärger will, ist sein Name in diesem Artikel geändert. Seit fünf
Jahren lebt er in Deutschland, momentan im bayernweiten Ankunfts- und
Verteilzentrum in der Maria-Probst-Straße in München. Dort wurden
bereits drei Bewohner positiv auf das Corona-Virus getestet. „Wir alle
haben Angst, uns anzustecken“, sagt Mohamed. (…) „Die Securities und
andere Angestellte kommen nur noch mit Masken“, bestätigt Mohamed. „Aber
wir haben keine bekommen.“ Er fühlt sich auch nicht ausreichend
informiert. Was er über das Virus und die Verhaltensvorgaben wisse,
stamme aus dem Internet. „Bei Facebook und Youtube, da kann man schon
mitkriegen, dass man aufpassen muss“, sagt er. „Es ist eine Katastrophe
hier. Vor allem für die Familien mit Kindern.“ (…) Deutlich dramatischer
ist die Lage im thüringischen Suhl. Dort sitzen seit dem Wochenende die
533 Bewohner*innen der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes in
Quarantäne. Am Freitagabend war dort ein Bewohner positiv auf das
Coronavirus getestet worden. Der Mann war erst am gleichen Tag in die
Unterkunft gekommen. Er wird nun isoliert untergebracht. Sämtliche
Bewohner*innen dürfen sich zwar im Haus frei bewegen – das Gelände aber
nicht verlassen. Medien berichten, dass die Lage in der Unterkunft
angespannt ist. (…) Die Ein- und Ausganssperre gelte für mindestens 14
Tage, erklärt das Thüringer Migrationsministerium auf Anfrage. Es werde
„alles getan, um die Situation für alle Beteiligten, insbesondere die
Bewohner/innen, möglichst entlastend zu gestalten“. Aufgrund der
Quarantäne könne derzeit niemand neu in der Unterkunft aufgenommen
werden. Im Moment würden keine Flüchtlinge nach Thüringen zugeteilt. Pro
Asyl bekräftigt angesichts der aktuellen Lage seine alte Kritik an
Sammelunterkünften: „Wenn Menschen auf engem Raum in Lagern leben
müssen, ist die Gefahr groß, dass viele krank werden. (…) Es sei nun
höchste Zeit, die Großunterkünfte zu schließen und die Menschen zügig
auf die Kommen zu verteilen. Nur so könne eine Ausbreitung des Virus
verhindert werden. Ähnliches fordern auch die Flüchtlingsräte. Zudem
müssten mit Blick auf die weltweite Krise alle Abschiebungen ausgesetzt
und Duldungen verlängert werden, damit die Menschen seltener zur
Ausländerbehörde müssten, erklärt etwa der Flüchtlingsrat Thüringen. (…)
Neben den Bewohner*innen von Sammelunterkünften ist die Corona-Pandemie
für Menschen ohne regulären Aufenthaltstitel ein besonderes Problem.
Menschen also, die den Kontakt zu Behörden wenn möglich meiden, weil sie
sich vor einer Abschiebung fürchten…” Beitrag von Dinah Riese vom 17. März 2020 in der taz online
- Siehe leider auch: Corona-Epidemie: Humanitäre Programme zur Flüchtlingsaufnahme ausgesetzt
- Coronavirus: Ruf nach Abschiebestopp wird lauter – Einschränkungen auch bei Seenotrettern
“Angesichts der Corona-Pandemie drängen die Bundesländer
auf eine einheitliche Linie bei Abschiebungen. Bislang gibt es keinen
generellen Abschiebestopp. Die Seenotretter auf dem Mittelmeer stehen
indes vor einem “ethischen Dilemma.” Der Umgang mit der Corona-Pandemie
in Deutschland versetzt auch die Ausländerbehörden in Unsicherheit.
Einen generellen Abschiebestopp gibt es in Deutschland bislang nicht.
Aus den Bundesländern werden nach Informationen von NDR und WDR
allerdings die Rufe nach einer Vorgabe des Bundesinnenministeriums in
Berlin lauter. Hintergrund ist unter anderem die weltweit
unübersichtliche Lage, in welche Länder Einreisestopps aus Deutschland
gelten und in welche noch nicht. (…) Am Flughafen Frankfurt fand der
Abschiebebetrieb nach Informationen von NDR und WDR am Montag noch
weitgehend normal statt. In Einzelfällen wurden Abschiebeflüge zwar
ausgesetzt, allerdings hat die Corona-Krise noch nicht zu einem
grundlegend veränderten Umgang mit geplanten Maßnahmen geführt. (…)
Offiziell ausgesetzt sind zunächst bis Anfang April Rückführungsflüge
auf Basis der sogenannten Dublin-Regelung nach Italien. Die Verordnung
sieht vor, dass Flüchtlinge in diejenigen europäischen Länder
zurückbracht werden, in denen sie erstmals Asyl beantragt hatten.
Aufgrund der Corona-Krise hatte Italien die Rücknahme von Flüchtlingen
bereits seit dem 25. Februar ausgesetzt. Eine Umfrage von NDR und WDR in
den Bundesländern ergab, dass zahlreiche Abschiebeflüge ansonsten
weiterhin stattfinden. Diese würden im jeweiligen Einzelfall geprüft,
hieß es aus zahlreichen Ländern. Flächendeckende Corona-Test vor
etwaigen Abschiebungen finden derzeit offenbar nicht statt. (…)
Unterdessen setzt die Corona-Krise auch den zivilen
Seenotrettungsmissionen zu, die auf dem Mittelmeer Flüchtlinge in Seenot
bergen. Zahlreiche Organisationen fürchten, aufgrund der Corona-Krise
bald nicht mehr einsatzfähig zu sein. Die Organisation Sea Watch, die
Schiffe zur Seenotrettung betreibt und zur Lagebilderstellung auch über
ein Flugzeug verfügt, musste ihre Flüge über dem Mittelmeer bereits
einstellen. Grund sind Probleme beim Betanken des Flugzeugs, weil der
dafür benötigte Flughafen in Malta von der Organisation derzeit nicht
mehr angeflogen werden kann. Auch andere Initiativen sehen aufgrund der
Pandemie ihre Arbeitsfähigkeit gefährdet…” Beitrag von Volkmar Kabisch, Martin Kaul, Amir Musawy und Reiko Pinkert (NDR/WDR) vom 17.03.2020 bei tagesschau.de
- Siehe auch beispielhaft: Bericht von Ruhul Amin Khan über Corona – Ausbruch in Flüchtlingslager: Ein öffentlicher Appell gegen die schlechte Behandlung von Flüchtlingen in der Maria-Probst-Straße 14 in München. Dringende Pressemitteilung: Coronavirus Flüchtlingslager Ankunftszentrum, Maria-Probst-Straße 14, 80939 München. Pressemitteilung vom 17.3.2020 beim The VOICE Refugee Forum Germany – Flüchtlinge und Asyl in Deutschland
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