Montag, 3. Dezember 2018

»Die PKK gehört zu Deutschland«


Tausende gegen Verbot der Arbeiterpartei Kurdistans in Berlin auf der Straße

Von Claudia Wangerin
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Ausgelassene Stimmung: Kurdinnen und Kurden ließen sich am Samstag in Berlin nicht einschüchtern
Unter dem Motto »Der Wunsch nach Freiheit lässt sich nicht verbieten« haben am Samstag in Berlin rund 3.000 Menschen gegen das Verbot der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) demonstriert, das 25 Jahre zuvor im November 1993 in der BRD erlassen worden war. »Die PKK gehört zu Deutschland«, stand auf dem Fronttransparent. Anstelle der kriminalisierten Symbole der Partei und als mit ihr befreundet geltender Organisationen wurden überwiegend Flaggen in den kurdischen Nationalfarben Grün, Rot und Gelb gezeigt. »Die PKK ist eine antikapitalistische Bewegung« und »Die PKK ist eine Frauenbewegung«, stand auf mitgeführten Schildern. Einige Teilnehmer zeigten auch Porträts der drei langjährigen PKK-Kader, auf die von seiten der USA kürzlich Kopfgelder in Millionenhöhe ausgesetzt wurden, obwohl es sich um zeitweilige Verbündete im Kampf gegen den »Islamischen Staat« (IS) handelt: Cemil Bayik, PKK-Gründungsmitglied und Kovorsitzender des Dachverbands KCK, in dem auch die syrisch-kurdische PYD und die PJAK (Iran) sowie PCDK (Irak) organisiert sind, Duran Kalkan, Mitglied im KCK-Exekutivrat, und Murat Karayilan, Oberkommandeur der türkisch-kurdischen Volksverteidigungskräfte (HPG), die den militärischen Arm der PKK bilden.
Fahnen der syrisch-kurdischen Volks- und Frauenverteidigungseinheiten YPG und YPJ waren für die Demonstration untersagt worden, obwohl sie in Deutschland nicht generell verboten sind. Ein Erlass des Bundesinnenministeriums stellt es den örtlichen Behörden frei, diese Flaggen als Ersatz für PKK-Symbole zu werten.
In Redebeiträgen wurde an die Türkei-Politik sämtlicher Bundesregierungen seit Erlass des Verbots und die auch mit deutschen Waffen begangenen Kriegsverbrechen der türkischen Armee erinnert. Nach der Auftaktkundgebung am Alexanderplatz setzte sich die Demonstration am frühen Nachmittag in Bewegung. Manche Teilnehmer ließen es sich nicht nehmen, gegen die strengen Auflagen zu verstoßen, indem sie eine riesige PKK-Fahne auspackten. Die Polizei ging gewaltsam dagegen vor, stoppte den Zug mehrfach und versuchte, ein Verbot von Parolen durchzusetzen, in denen der Name des inhaftierten PKK-Mitgründers Abdullah Öcalan genannt wird. Mindestens drei Personen wurden von der Polizei festgenommen. In anderen Fällen verhinderten Teilnehmer ein Eindringen der Einsatzkräfte in die Demonstration und stellten sich vor Mitdemonstranten, denen die Festnahme drohte. Auf der Oranienstraße reagierte die Polizei nach Angaben von Teilnehmern mit Faustschlägen, Tritten, Beleidigungen und Drohungen auf ein Bengalofeuer.
Auf der Abschlusskundgebung am Spreewaldplatz hob ein Redner des Rechtshilfevereins Azadi hervor, dass die Kriminalisierung einer im Ausland gegründeten linken Organisation nur der Anfang sei. Er verwies auf die jüngste Verbotsforderung von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) gegen die Rote Hilfe und rief zur Solidarität mit dem Verein auf. »Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Kommunist«, zitierte er den evangelischen Theologen und früheren KZ-Häftling Martin Niemöller. »Als sie die Sozialdemokraten einsperrten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Sozialdemokrat. Als sie die Gewerkschafter holten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Gewerkschafter. Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte.«
Der aktuelle Rechtsruck sei Ausdruck der Krise des Kapitalismus und habe nicht erst mit der sogenannten Flüchtlingskrise 2015 begonnen, sagte er und erinnerte auch an die ersten Pegida-Aufmärsche 2014. Die rassistische Bewegung hatte damals die PKK mit reaktionären Islamisten gleichgesetzt – beides seien schließlich »Ausländer«, die in Deutschland »Ärger machen« würden.

https://www.jungewelt.de/artikel/344668.kurdistan-die-pkk-geh%C3%B6rt-zu-deutschland.html

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