Sonntag, 30. Dezember 2018

[Stillegung der letzten Zeche im Ruhrgebiet] Den Schmerz und den Dreck vergessen


Dossier

Bergarbeiter-InfoIm Dezember 2018 endet mit der Stillegung der Zeche Prosper-Haniel in Bottrop nun endgültig die mehr als 1.000-jährige Geschichte des Ruhrbergbaus. Eine wahre Flut von Veranstaltungen, Ausstellungen, Projekten und Aktionen soll dafür sorgen, dass dieses Finale kein stiller Abschied wird. Die Museen des Ruhrgebiets zeigen Kunst zum Thema Kohle, das Ruhrmuseum auf Zollverein die Sonderausstellung »Das Zeitalter der Kohle«. Die RAG Aktiengesellschaft (ehemals Ruhrkohle AG), RAG-Stiftung, Evonik und die IG BCE (Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie) starten für 30 Millionen Euro die Initiative »Glückauf Zukunft!« und die WAZ veröffentlicht das Panini-Sammelalbum »Schwarzes Gold«. Gedacht wird der Epoche prägenden großen Industrien und ihrer Helden der Arbeit. Einmal mehr wird der Mythos Ruhrgebiet zelebriert. Der Schmerz und der Dreck, die zerstörten Leben, spielen in dieser Erzählung allenfalls am Rand eine Rolle. Eine explizite Nachfrage ist notwendig um sie aus dem kollektiven Gedächtnis des Ruhrgebiets hervorzuholen…” Beitrag vom 31. Mai 2018 bei DER BLOG VON RECHT AUF STADT – RUHR externer Link, siehe dazu:
  • Bergbau: Kurz vor Schicht im Schacht: Kumpel getötet New 
    Kurz vor dem endgültigen verlogenen und unwürdigen Abgesang der Ruhrkohle AG (RAG) auf den Bergbau im “Kohlenpott” haben die Kumpel an der Ruhr das letzte mal einen der ihren zu betrauern. Bei Demontage-Arbeiten auf der Zeche Ibbenbüren kam der Kumpel Markus Zedler (29) ums Leben. Eine tonnenschwere Wettertür quetschte ihn zu Tode. Der eilig herbeigerufene Notarzt konnte nur noch den Tod feststellen. Seit Monaten erhöht die RAG den Druck auf die Kumpels und neu dazugezogenen Leiharbeiter, damit die Arbeiten pünktlich zu Ende geführt werden. Viele Bergmänner gingen und gehen zur Arbeit, obwohl sie krank, oder verletzt sind und eigentlich nicht arbeiten können. Jetzt hat diese arbeiterfeindliche Politik von Kohlemonopol und Landesregierung kurz vor Ende noch einmal einen Arbeiter das Leben gekostet…” Beitrag vom 19.12.2018 bei Rote Fahne News externer Link, siehe zum Hintergrund:
    • Kurz nach der Schließung: Zechenarbeiter stirbt unter Tage
      Zwei Wochen nach der Schließung der Zeche Ibbenbüren ist in dem Bergwerk im Münsterland ein Arbeiter unter Tage ums Leben gekommen. Das teilte der Betreiberkonzern RAG mit. Der Tote sei ein 29 Jahre alter Mitarbeiter. Er wurde nach ersten Erkenntnissen in einer sogenannten Wettertür eingeklemmt und erlitt dabei tödliche Verletzungen. Der Industriemechaniker sei seit 2006 auf dem Bergwerk beschäftigt gewesen. Die Ermittlungen der Aufsichtsbehörden dauerten noch an.” dpa-Meldung vom 18. Dezember 2018 bei n-tv externer Link
    • Liste von Unglücken im Bergbau bei Wikipedia externer Link
  • Dokumentation über Kohle-Aus: „Kumpelromantik kann wirklich keiner mehr hören“ New 
    Eine Doku über die Steinkohle. Also noch ein Abgesang auf die Kohleindustrie? Nein! Filmemacher Leopold Hösch hat eine wuchtige und vielschichtige Dokumentation produziert, die auch einen Blick in die Zukunft wagt. (…) Der Film „Die Steinkohle“, der jetzt im ZDF läuft, ist eine ehrgeizige Dokumentation. Große Inszenierung eines einstmals bedeutenden Industriezweigs trifft hier auf Genauigkeit in den Details. Der Produzent des Films ist Leopold Hoesch. Das ist ein großer Name aus der Ruhrgebietsindustrie. Sein Vorfahre Viktor Hoesch war im 19. Jahrhundert einer der Mitgründer der Dortmunder Hoesch AG. Aber brauchen wir einen weiteren Abgesang auf die Steinkohle? Die bevorstehende Schließung der letzten Zeche Prosper Haniel in Bottrop wird von den Medien schon seit einiger Zeit abgefeiert. Und schließlich stirbt die Kohleförderung bereits seit Jahrzehnten. „Kumpelromantik kann wirklich keiner mehr hören“, sagt auch Leopold Hoesch. Daher hat er in seinem Film, der in Koproduktion mit dem Sender Arte und Unterstützung der Filmstiftung NRW entstanden ist, zwei klare Themen gesetzt, mit denen er sich abheben will. Es geht zum einen um die Rolle der Kohle bei der Einigung Europas. Denn das unterirdische Kohlevorkommen reicht von England über Frankreich und Belgien bis Deutschland. „Wir graben alle im selben Berg“, sagt Hoesch. Deshalb konnte die Kohle nach dem Zweiten Weltkrieg über die Montanunion ein Symbol für das Verbindende zwischen den Staaten werden. Nachdem sie zuvor dafür sorgte, dass Munition und Waffen hergestellt werden konnten, um aufeinander zu schießen. Das zweite große Thema ist die Kohle als Sinnbild für die Moderne…” Artikel von Stefan Keim vom 21.12.2018 bei der Welt online externer Link
  • Abschied von der Kohle im Ruhrgebiet  
    Noch einen Monat dann macht im Ruhrgebiet die letzte Zeche dicht. 1957 waren es noch 173  Zechen – 1970 dann 69 – heute sind es zwei 607 000 Bergleute waren es 1957 – 13 Jahre später 253 000 –  jetzt zur Jahreshälfte 2018 werden nur noch 5 000 Mann beschäftigt… (http://www.taz.de/!5550306/ externer Link)
    Städte wie Bottrop wären ohne Kohle und Stahl heute noch Dörfer. Beides machte das Ruhrgebiet im 19. und 20. Jahrhundert zu einer Wirtschaftsmetropole mit 5 Millionen Menschen… Aber Nordrhein-Westfalen beherbergt jetzt erstmals mehr Start-Ups als Berlin – der Großteil davon sitzt im Ruhrgebiet…
    Dabei muss auch daran erinnert werden wie 1968 Erika Runge in ihren “Bottroper Protokollen” die Putzfrauen und Bergleute des Ruhrgebietes zum Sprechen brachte – und ihnen in den 68-er Jahren eine Stimme gab. (http://www.taz.de/Archiv-Suche/!5550293&s=&SuchRahmen=Print/ externer Link)  ber der Glaube, dass Filme oder Texte die Welt verämndern könnten, ist ihr irgendwann abhanden gekommen. Und zur jetzigen Zechenschließung findet sie es anmaßend sich jetzt zu äußern, aber  eine klar identifizierbare Arbeiterklasse existiere heute ohnehin nicht mehr – jedenfalls “nicht in dieser Organisiertheit aus der Kraft erwächst”
    . Aber es gibt einen “menschlichen Erfahrungsvorrat an Solidarität” – nur was sich heute daraus machen ließe, weiß Erika Runge leider auch nicht...” Anmerkungen von Volker Bahl vom 30.11.2018
  • Weiterhin im Beitrag vom 31. Mai 2018 bei DER BLOG VON RECHT AUF STADT – RUHR externer Link: “… Auf dem Friedhof in Gelsenkirchen-Hessler steht am Hauptweg ein Denkmal für die tödlich Verunglückten der Zeche »Wilhelmine Victoria«. Gestiftet wurde es von der Bergwerksgesellschaft »Hibernia«. Es zeigt einen überlebensgroßen Bergmann der auf einem Sarkophag liegt. Mit gesenktem Haupt schaut er auf seine langsam erlöschende Grubenlampe, den nahen Tod vor Augen. (…) In der Zeit von 1957 bis 2016 starben im deutschen Steinkohlebergbau nach offiziellen Statistiken 6.599 Menschen. Grubenbrände, Schlagwetterexplosionen und Einbrüche forderten die höchsten Opferzahlen. 1946 ereignete sich das größte Bergwerksunglück des Ruhrbergbaus. Auf der Zeche »Grimberg« in Bergkamen starben 405 Bergarbeiter bei einer Schlagwetterexplosion. Mit dem Einsatz von neuen Technologien und durch die zunehmende Automatisierung verringerten sich die Unfallzahlen. Aber auch noch 1992 ereignete sich in Bergkamen im Bergwerk »Haus Aden« eine Kohlenstaubexplosion mit sieben Toten. Erst mit den Zechenschließungen, die ab Ende der 50er Jahre im Ruhrgebiet begannen, nimmt die Anzahl der tödlichen Unfälle signifikant ab. Starben in den 60er Jahren durchschnittlich noch 333 Bergleute pro Jahr, waren es in den den 70er Jahren jährlich 105. Auch bei den Silikoseerkrankungen gab es eine ähnliche Entwicklung. (…) Heute sterben die Bergleute in China, Russland, der Ukraine oder in Kolumbien, damit Kohle in deutschen Kraftwerken und Hochöfen verfeuert werden kann…”

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