Sonntag, 28. Oktober 2018

Der Meinungsfreiheitabschaffungsinnenminister (Dieter Braeg)

Nicht nur Deutschland hat ein Innenministerproblem. In Österreich arbeitet einer, der der rassistisch nationalreaktionären Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ), die mit der Österreichische Volkspartei (ÖVP) koaliert, eine lange Zeit Regierungsmacht erarbeiten und erhalten will. Sieben Jahre Philosophiestudium halfen nicht. Als Straches FPÖ-Generalsekretär wurde er zum Wahlkampfslogandichter: »Daham statt Islam«, »Pummerin statt Muezzin«, »Abendland in Christenhand« oder das etwas holprige »Mehr Mut für unser Wiener Blut, zu viel Fremdes tut niemandem gut« waren ausschlaggebend für gute Wahlergebnisse. Wenn der Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache Sprüche klopft, etwa »Lieber ein Haus im Grünen als ein Grüner im Haus«, dann ist der Urheber sicherlich der Herbert Kickl.

Der Innenminister der Kurz-Strache-Regierung beantragte über die Staatsanwaltschaft, von einem Richter genehmigt, die Durchsuchung des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT). Die Maßnahme wurde von Polizeibeamten der Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS) durchgeführt. Chef der Einsatzgruppe ist der FPÖ-Gemeinderat in Guntramsdorf, Wolfgang Preiszler. Er leitete die Durchsuchung. Dabei wurden hochsensible Daten beschlagnahmt. Nun untersucht ein Untersuchungsausschuss des österreichischen Nationalrats. Das Oberlandesgericht Wien entschied am 28. August, dass die Hausdurchsuchung beim Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung rechtswidrig stattgefunden hätte. Kommentar des Innenministers Kickl zu dieser Entscheidung: Sie sei »vorsichtig formuliert etwas weltfremd«. Chefradakteure von vier österreichischen Zeitungen machten sich da Sorgen um die Meinungsfreiheit in Österreich.

Das Innenministerium sorgt derweil weiter für Sicherheit. Vor wenigen Tagen wurde eine Anweisung des Innenministeriums bekannt. In einem internen Schreiben an die Polizei formulierte Christoph Pölzl, der Pressesprecher des Innenministers:
»Kritische Medien: Leider wird wie eh und je seitens gewisser Medien (z. B.: StandardFalter), sowie neuerdings auch seitens des Kuriers, eine sehr einseitige und negative Berichterstattung über das BMI bzw. die Polizei betrieben. Mittlerweile zählen keine Fakten und Erklärungen mehr, bzw. werden diese einfach ignoriert, da der jeweilige Artikel jedenfalls negativ wird, wie zahlreiche Artikel in jüngster Vergangenheit zeigen. Ich darf daher bitten, bei Anfragen besonders Bedacht zu nehmen und die Auswirkungen mitzubedenken. Anfragen betreffend Ausbildung und andere Themen, die nicht nur euch betreffen können – hier werden wir auch gerne gegeneinander ausgespielt und die Anfrage mehrfach geschickt – bitte CC an mich zu schicken, sodass eine einheitliche Antwort erfolgen kann und wir uns nicht gegenseitig konterkarieren. Ansonsten erlaube ich mir vorzuschlagen, die Kommunikation mit diesen Medien auf das nötigste (rechtlich vorgesehene) Maß zu beschränken und ihnen nicht noch Zuckerl, wie beispielsweise Exklusivbegleitungen zu ermöglichen, es sei denn, ihr seht darin einen echten Mehrwert, bzw. die Möglichkeit einer neutralen oder gar positiven Berichterstattung.«

Neben der anscheinend nach Meinung des Innenministers schon gleichgeschalteten Einheitspresse Österreichs, gibt es also nur noch drei kritische Medien. Zwei Tageszeitungen und das Wochenmagazin Falter. Findet da eigentlich noch eine demokratische Kommunikation statt? Hier wird vorgeführt, dass jene bekämpft werden, die demokratische Kommunikation und Meinungskonkurrenz samt Kritik ernst nehmen.

Wenn dann die konservative Revolution in Deutschland Realität wird und dort womöglich ein AfD-Innenminister der Lügenpresse die Folterwerkzeuge zeigt, dann ist es zu spät.

In Deutschland aber braucht es keinen Innenminister, da zensuriert der Zeitungsvertrieb: Die Oktober-Ausgabe der Monatszeitschrift Konkret ist nicht am 28. September in den Handel gekommen. Das Pressegrosso, Monopolist für die Auslieferung von Zeitschriften, weigerte sich, die Zeitschrift, die auf dem Titelbild die Schlagzeile »Deutschlands Nazis« und den Untertitel »Die Schläfer erwachen« mit Hakenkreuzen auf der Krawatte eines Naziführers illustriert, auszuliefern. Begründung: »Der Gebrauch des Kennzeichens einer verfassungswidrigen Organisation verstößt gegen § 86 a StGB. Für den nicht politisch bewanderten, das Magazin nicht kennenden Beobachter ist nicht auf Anhieb eine eindeutige Gegnerschaft zu der Organisation und die Bekämpfung ihrer Ideologie zu erkennen.« Erst nach einer Prüfung entschied der Grossistenverband, das Heft für den Verkauf freizugeben, stellte es aber ins Ermessen der Händler, das Heft anzubieten.

Das Gesetz, beschlossen um die Werbung für nationalsozialistische Organisationen mit NS-Kennzeichen zu verhindern, wird hier gegen Kritiker und Gegner von Nazis in Stellung gebracht.

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