Demo gegen verfehlte Wohnungspolitik
Immer mehr Menschen wehren sich gegen stetig steigende Mieten
Foto: Marijan Murat/dpa
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Auf dem Marktplatz wetterte der Stuttgarter Verdi-Chef Cuno Brune-Hägele gegen die Wohnungspolitik: »Die Stadt vernachlässigt den sozialen Wohnungsbau sträflich und verscherbelt ihre eigenen Grundstücke an Investoren.« Tausende Wohnungen stünden leer. Selbst die Mieten der städtischen Wohnungsbaugesellschaft SWSG stiegen immer weiter an, kritisierte er. Das von der Stadt erlassene Zweckentfremdungsverbot überzog der Verdi-Mann mit Häme: »Dadurch hat man sage und schreibe 42 Wohnungen wieder dem Markt zugeführt.«
Als eine weitere Rednerin trat Adriana Rossi auf. Ende April hatte sie mit ihrer Familie eine von zwei leerstehende Wohnungen eines Hauses im Süden Stuttgarts besetzt, das einem englischen Investor gehört. Die Aktion hatte bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Ende Mai war die Wohnung von einer Gerichtsvollzieherin unter Polizeischutz zwangsgeräumt worden. Rossi bedankte sich für die Solidarität, die viele ihr entgegengebracht hätten: »Ohne diese Unterstützung hätten wir nicht so lange durchgehalten.« Gleichzeitig übte sie scharfe Kritik. »An der Wohnkatastrophe verdienen sich Banken dumm und dämlich«, so Rossi.
Zeitgleich fand im Rathaus eine von Tumulten begleitete Generaldebatte zum Thema Wohnen statt. Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) musste seine Rede gleich mehrmals unterbrechen, weil Aktivisten auf den Zuschauerrängen ihren Unmut mit Pfiffen und Zwischenrufen kundtaten. Kuhns Debattenbeitrag machte einmal mehr deutlich, warum das Thema Wohnen in seiner Zeit als Oberbürgermeister – seit 2012 – so eskalieren konnte. »Ich möchte den privaten Vermietern danken, die sich bei Sanierungen und Mieterhöhungen im Rahmen einer sozialen Marktwirtschaft bewegen«, so seine Worte.
Kuhn läuft Gefahr, sogar von der CDU links überholt zu werden. Deren Fraktionsvorsitzender im Gemeinderat, Alexander Kotz, hat jüngst eine 150 Millionen Euro teure Wohnraumoffensive ins Spiel gebracht, die die Ausweisung von Bauland auf bislang unbebauten Flächen sowie eine massive Wohnbebauung entlang des Neckars beinhaltet. Einen Verbündeten könnte er in der SPD finden, deren Fraktionschef Martin Körner sagte, er finde es hochproblematisch, dass Kuhn gegen jeglichen Neubau polemisiere. Linken-Politiker Tom Adler fasste die Gemengelage so zusammen: »Das Ergebnis der Politik in Stuttgart ist: Menschen mit kleinem Geldbeutel müssen raus aus der Stadt, Menschen mit hohen Einkommen dürfen rein.«
Nach der Demo am Donnerstag abend besetzten etwa 100 Aktivisten ein leerstehendes Haus im Stadtbezirk Bad Cannstatt. Wie zuvor angekündigt, räumten sie es jedoch bis Mitternacht wieder.
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