Samstag, 28. Oktober 2017

Die AfD und das Terrornetzwerk

Oft ist zu hören, es wäre gar nicht gut, wenn Höcke aus der AfD fliegen würde, denn dann könnte sich die AfD als bürgerlich verkaufen und mehr Stimmen bekommen. Betrachten wir die AfD nur als Partei, hätte diese Argumentation eine gewisse Logik. Aber die AfD ist nicht nur eine Partei. Sie ist mit den Worten Höckes eine „fundamentaloppositionelle Bewegungspartei“. Die AfD und vor allem der Flügel um Höcke steht für eine Bewegung und diese ist extrem gefährlich. Betrachten wir die AfD unter diesem Apsekt, wäre der Rauswurf von Höcke wichtig, um die Entstehung einer faschistischen Bewegung von den Ressourcen einer 10%-Bundespartei abzuschneiden.
Gehen wir mit der Begründung des AfD-Parteivorstandes zum Parteiausschlussverfahren von Höcke davon aus, dass Höcke 2011/2012 unter dem Pseudonym „Landolf Ladig“ Neonazi-Texte schrieb, dann zeigt sich eine deutliche „Marschrichtung“ von Höcke. „Ladig“ und Höcke bedienten sich 2012 bzw. 2014 der Formulierung, es müsse die „Marschrichtung […] korrigiert“ werden und „beide“ sehen die Möglichkeit der Marschrichtungskorrektur in sich „aufpotenzierenden Krisendynamiken“. Diese Formulierung findet sich ausschließlich bei Höcke und „Ladig“. Höcke benutzte sie beim letzten Kyffhäuser-Treffens des national-völkischen AfD-Flügels, ließ aber offen, was er damit meinte. „Ladig“ war 2011 offener: Verschiedene Krisen würden zur Revolution führen und die nationale Bewegung müsse sich schon jetzt darauf vorbereiten, die Revolution anzuführen, um dann die NS-Wirtschaftspolitik auf rassbiologischer Grundlage wieder einzuführen. Sollte also Höcke Ladig sein, wovon der AfD-Bundesvorstand ausgeht, dann plant Höcke eine nationalsozialistische Revolution. Wie sieht also die „Marschrichtung“ von Höcke/Ladig konkret aus?
2010: Teilnahme von Höcke an der Neonazi-Demo in Dresden. Er skandierte dort mit erhobener rechter Faust mit anderen Neonazis: „Wir wollen marschieren!“
2011: Erster Artikel unter dem Namen „Landolf Ladig“ in Thorsten Heises Neonazi-Blatt „Volk in Bewegung“: Verherrlichung des NS-Regimes und Aufruf, sich auf eine Revolution vorzubereiten.
2012: Zwei weitere „Ladig“-Artikel in Heises Blättern. Heise und Höcke sind Nachbarn und Bekannte – Heise steht für den rechten Rand der NPD mit Kontakten zum rechtsterroristischen Nationalsozialistischen Untergrund (NSU).
2013: Bewerbungsgespräch von Höcke in der AfD-Thüringen; Höcke rezitiert hier aus dem dritten „Ladig“-Text
2014: Landesvorstand und Landesfraktionsvorsitzender der AfD-Thüringen; innerparteiliche Gegner müssen gehen.
2015: Gründung der Erfurter Resolution; Aufbau des rechten Sammelbeckens „Der Flügel“; zugleich Aufbau einer nichtparlamentarischen Bewegung mit den Erfurter Demonstrationen; Entmachtung von Bernd Lucke und Hans-Olaf Henkel
2016: Teilnahme von Jörg Meuthen und Alexander Gauland am Kyffhäuser-Treffen von Björn Höcke; Schulterschluss mit Institut für Staatspolitik, Pegida und rechten Burschenschaften
2017: Rede in Dresden in Richtung NPD: „AfD ist die neue Heimatpartei“; Entmachtung Petrys; voraussichtlich werden im September über zwanzig Höcke-Anhänger*innen in den Bundestag einziehen; voraussichtlich wird Höcke im Dezember in den Bundesvorstand gewählt
2018: Marsch auf Berlin (?)
Vor diesem Hintergrund sind die jüngsten Enttarnungen von rechtsterroristischen Zellen zu deuten. Wenn Höcke die rechtsrevolutionäre Agenda von Ladig hat und alles spricht dafür, dass Höcke Ladig ist, dann passen sowohl die Waffensammlungen als auch die mehrfach deutlich formulierten – aber nicht für die Öffentlichkeit gedachten – Ankündigungen, Linke zu erschießen, in dieses Konzept. Allein schon Höckes Weigerung, sich in der Sache „Ladig“ zu äußern, muss von gewaltbereiten Rechten in der Weise interpretiert werden, wie sie vom AfD-Landesvorstand Holger Arppe geäußert wurden:  „Wir müssen ganz friedlich und überlegt vorgehen, uns gegebenenfalls anpassen und dem Gegner Honig ums Maul schmieren, aber wenn wir endlich soweit sind, dann stellen wir sie alle an die Wand.“
André Hahn, stellvertretender Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums, befürchtet, dass sich inzwischen „das rechte Terrornetzwerk, dessen Teil auch Franco A. war, über die ganze Republik“ spanne, welches „womöglich vom Untergrund bis hin zu Anwälten, Soldaten und Polizisten“ reiche. Über den Rechtsanwalt aus Rostock Jan Hendrik H., dessen Haus am Montag durchsucht wurde, bestehen indirekt Verbindungen zwischen Franco A. und Holger Arppe. Arppe hatte zu diesem Rechtsanwalt gesagt: „Er hasst die Linken, hat einen gut gefüllten Waffenschrank in der Garage und lebt unter dem Motto: Wenn die Linken irgendwann völlig verrückt spielen, bin ich vorbereitet.“ Und Arppe wiederum war Teilnehmer an Höckes Kyffhäuser-Treffen. Arppe trat auch mit Jürgen Elsässer zusammen auf, der die Bundeswehrangehörigen aufgefordert hatte, selbstständig in den Kasernen zu überlegen, wie man gegen die „Volksverräterin“  Merkel aktiv werden könne. Natürlich war auch Elsässer Teilnehmer des Kyffhäuser-Treffens. Und ähnlich wie Elsässer hatte Höcke die Polizei aufgefordert, den Vorgesetzten nicht mehr zu folgen, verknüpft mit der Drohung, demächst sei „das Volk“ an der Macht, „die Großen lässt man laufen, aber die Kleinen kriegt man dran.“ Höckes und Elsässers Meuterei-Aufrufe an Polizei und Bundeswehr wurden offensichtlich erhört: zu den Terrorverdächtigen gehören eine Bundeswehrzelle und ein Polizist. Elsässer und Kubitschek hatten bereits 2016 einen deutschen Maydan in Berlin geplant, da muss anscheinend schon mal vorgearbeitet werden.
Dies alles ist offen. Nicht offen sind bislang die Kontakte zwischen Höcke und dem Neonazi Thorsten Heise. Es wäre wichtig zu klären, was die beiden in den letzten Jahren besprachen.
Ergänzung 2.9.2017: Wie sich soeben herausstellte, ist Maximillian T., ein mutmaßlicher Komplize des inhaftierten Bundeswehrangehörigen Franco A., AfD-Mitglied. Der Spiegel berichtet: „T. war kurz nach Franco A. im Frühsommer festgenommen worden. Er gilt als mutmaßlicher Komplize, da er in Wien dabei war, als A. eine Waffe auf dem Flughafen versteckte. Zudem soll er eine Liste mit dem Titel „Politik und Medien“ verfasst haben, auf der mehrere Politiker und Institutionen als Anschlagsziele vermerkt waren.“ Ein AfD-Pressesprecher habe nun die zunächst bestrittene Parteimitgliedschaft von Maximillian T. bestätigt.
Ergänzung 3.9.2017: Alexander Gauland prophezeit einen „Bürgerkrieg“, wenn nicht die Politik der AfD umgesetzt wird: „Ein Staat, ein Volk muss sich auch selbst behaupten. Wenn man das aufgibt, gibt man den Staat auf. Wir landen im Bürgerkrieg, wenn wir nicht aufpassen. Die Menschen werden sich dagegen wehren. Sie wollen nicht, dass sie von Fremden so stark dominiert werden.“ Zudem behauptete Gauland wieder, er habe in der AfD noch keine Rechtsextremen getroffen. Dabei übersieht er entweder, dass er gemeinsam mit Arppe 2016 beim Kyffhäuser-Treffen war oder aber er interpretiert auch Arppes Aussagen nicht als rechtsextrem. Zumindest teilt er mit Arppe dessen Bürgerkriegs-Prophezeiungen:
arppe bürgerkrieg
Weitere Ergänzung: Inzwischen kommen einige O-Töne vom Kyffhäuser-Treffen. Dubravko Mandic, ein AfD-Mitglied, welches „Abwehrstrukturen gegen den Verfassungsschutz“ einforderte. Die AfD solle inhaltlich mit der rechtsextremen „Identitären Bewegung“, die vom Verfassungsschutz observiert wird, zusammen arbeiten, aber dies dürfe nicht offiziell auf Funktionärsebene passieren. Wörtlich schrieb er letztes Jahr: „Wir befinden uns im Streit mit einem Gegner, dessen Ressourcen und Organisationsstrukturen vielfältig und unerschöpflich sind. Neben unserem Mut zur Wahrheit streitet für uns die Zeit und die politische Unfähigkeit des Gegners.[…] Zum Schutze unserer Partei dränge ich auf ein Funktionärsverbot. Vorstände der JA oder AfD sollten nicht gleichzeitig in führender Funktion bei der IB tätig sein. Dies ist unser Tribut an das System. […] Gleichwohl plädiere ich nun aber auch für eine inhaltliche Zusammenarbeit mit der IB. Wenn wir diesen Konflikt überstehen wollen, müssen wir versuchen, Waffengleichheit mit dem Gegner herzustellen. Wir brauchen also eine eigene Abwehrstruktur.“ Oder mit dem Worten Holger Arppes: Es geht darum, dem politischen Gegner Honig ums Maul zu schmieren. Mandic führte nun während des Kyffhäuser-Treffens ein Interview mit dem AfD-Bundesvorsitzenden Jörg Meuthen. Meuthen sagte zum Kyffhäuser-Treffen, also zu den Höcke-Leuten in der AfD: „Es geht im Grunde genommen um eine konservative Wende in diesem Lande, um eine konservativ-patriotische Wende. Und die nimmt hier ihren Ursprung, das ist sehr sehr deutlich spürbar, weil hier ist eine große Homogenität der Menschen zu verspüren, weg von diesem von mir so oft kritisiertem rotgrün-versifften 68er-Deutschland. Wir haben hier mittlerweile, man muss das aus einer Metaperspektive sehen, eine konservative Gegenströmung und die wird immer breiter, das ist notwendig, weil unser Land braucht das dringender als irgend etwas anderes.“ https://www.youtube.com/watch?v=N9ON5fVwO88

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