Montag, 4. Januar 2016

Leschs Kosmos – Physik oder Philosophie?

Das Kapital hat einen Horror vor Abwesenheit von Profit oder sehr kleinem Profit, wie die Natur vor der Leere. Mit entsprechendem Profit wird Kapital kühn. Zehn Prozent sicher, und man kann es überall anwenden; 20 Prozent, es wird lebhaft; 50 Prozent, positiv waghalsig; für 100 Prozent stampft es alle menschlichen Gesetze unter seinen Fuß; 300 Prozent, und es existiert kein Verbrechen, das es nicht riskiert, selbst auf Gefahr des Galgens. Wenn Tumult und Streit Profit bringen, wird es sie beide encouragieren. Beweis: Schmuggel und Sklavenhandel.

kosmos2_1363872843_670x0

Von whs

Arbeiterkorrespondenz auf Kommunisten-online vom 22. Dezember 2015

Prof. Harald Lesch, ein von mir bewunderter Astrophysiker, wagt sich auf das Parkett der Philosophie und der Politischen Ökonomie des Kapitalismus. Prof. Lesch ist ein praktizieren-der Materialist, daran lässt er in all seinen Auftritten keinen Zweifel. Bezogen auf seinen Forschungsgegenstand besteht da auch kein Zweifel. Aber nun wagt er sich aufs Gebiet der Finanzen und versucht, die Finanzkrise zu erklären. Ein rühmliches Unterfangen, zweifellos, aber auch von Erfolg gekrönt? Ich denke, das kann man ebenso zweifelsfrei verneinen.
Nach der Theorie der Einspielungen, ist die Technik verantwortlich für die Entscheidungen der „Finanzmärkte“. Ist sie das wirklich? Natürlich nicht! Wenn auch nur im Nebensatz, muss doch zugegeben werden, dass Menschen diese Software programmierten und so einsetzten, dass sie ihnen (den Menschen) Vorteile verschafften.
Worum geht es also? Es geht darum, Maximalprofit zu machen. Und womit? Mit allem, was zur Verfügung steht, und sei es nur ein Computer und entsprechendes Wissen.
Und jetzt wird es lustig. Das Problem wird wieder einmal vom ökonomischen auf das moralische Gebiet gezerrt. Aber, man macht es nicht ganz so offensichtlich, denn es werden exakte wissenschaftliche Forschungen ins Kalkül gezogen, die belegen sollen, dass die „Gier“ angeboren ist.
Herr Lesch hätte es sich einfacher machen können: einmal „Das Kapital“ von Karl MARX gelesen und ihm wäre die Fußnote (so penibel wie Physiker sind) bestimmt aufgefallen, die sich auf den Gewerkschafter J. P. DUNNING bezieht und da lautet: „„Kapital“, sagt der Quarterly Reviewer, „flieht Tumult und Streit und ist ängstlicher Natur. Das ist sehr wahr, aber doch nicht die ganze Wahrheit. Das Kapital hat einen Horror vor Abwesenheit von Profit oder sehr kleinem Profit, wie die Natur vor der Leere. Mit entsprechendem Profit wird Kapital kühn. Zehn Prozent sicher, und man kann es überall anwenden; 20 Prozent, es wird lebhaft; 50 Prozent, positiv waghalsig; für 100 Prozent stampft es alle menschlichen Gesetze unter seinen Fuß; 300 Prozent, und es existiert kein Verbrechen, das es nicht riskiert, selbst auf Gefahr des Galgens. Wenn Tumult und Streit Profit bringen, wird es sie beide encouragieren. Beweis: Schmuggel und Sklavenhandel.“
Hier gestehe ich, dass ich dieses Zitat immer wieder gerne anführe, denn, erstens stammt es nicht von Karl MARX sondern von J. P. DUNNING, zweitens zeigt es auf, was Kapitalismus ist, und drittens bestätigt es, dass nicht der Mensch des Übels Ursache ist, sondern das Kapital.
Das ganze Geschwätz von den Genen und der Angeborenheit von kapitalistischen Verhaltensweisen ist also nichts anderes, als die Nebelwand, die das Wesen des Kapitalismus verbergen und seine Al- ternativlosigkeit (ein Merkelwort, pfui!) beweisen soll. Natürlich beweist das gar nichts. Man kann ökonomische Tatsachen nicht mit moralischen Werten oder genetischen Gesetzmäßigkeiten erklä-ren.
So sehr ich Prof. Harald Lesch als Astrophysiker und naturwissenschaftlichen Lehrer schätze, so sehr muss ich seinen Ausflug in die Philosophie, in die Politische Ökonomie des Kapitalismus kritisieren. Sein Versuch ist nicht mehr und nicht weniger, dem geneigten Zuhörer zu erklären, dass eben der Kapitalismus nicht gerade das Erstrebenswerteste ist, aber seine negativen Seiten doch gedämpft werden könnten, wenn nur die „Politik“ ihre Aufgabe erfüllen würde.
Da Prof. Lesch zwar Materialist aber kein Kommunist ist, macht er sich auch nicht die Tatsache zu eigen, dass der soziale Überbau, sprich: der Staat, aus der ökonomischen Basis, sprich: dem Privateigentum an Produktionsmitteln entspricht. Der Staat im Kapitalismus hat also nicht die Aufgabe, solche Finanzblasen, wie sie Lehman Brothers und andere hervorbrachten zu verhindern. Der Staat im Kapitalismus hat die Aufgabe, solche Fehlentwicklungen aufzufangen und zu korrigieren. Im Falle Lehman Brothers hat´s glücklicherweise nicht geklappt. Aber dafür stehen schon Dutzende andere in den Startlöchern, um die entstandene Lücke zu füllen.
Herr Prof. Lesch führt am Ende seines Vortrages ein Zitat an: „Wer den Teich trocken legen will, der darf nicht die Frösche fragen.“ Er meinte damit die Finanzbänker, die an die Leine gelegt werden sollten. Nur hat er vergessen, dass eben diese Bänker die Regierung finanzieren. Und damit kehrt sich dieses Zitat. Denn die „Bankenrettung“ zeigte ganz deutlich, dass die „Frösche“, sprich: das Volk nicht gefragt wurden. Wichtiger war die Rettung der zwei, drei vier Störche, die von den Fröschen lebten und dank der „Rettung“ auch weiterhin leben.
Wenn wir das verändern wollen, haben wir nur eine Chance: alle Macht den Räten, alle Macht der Arbeiterklasse und der mit ihr verbündeten werktätigen Klassen und Schichten. Daran führt kein Weg vorbei.
Rot Front
Werner

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen