Sonntag, 31. Januar 2016

Falsche Freunde im "Fall Lisa"

30.01.16 - Eine 13jährige Schülerin aus einer russlanddeutschen Familie in Berlin hatte ihr 30stündiges "spurloses Verschwinden" gegenüber der Polizei damit zu erklären versucht, dass sie von einer "Gruppe südländisch aussehender Männer" entführt und vergewaltigt worden sei. Tatsächlich hatte sie sich in der Nacht vom 11. auf den 12.1. bei einem 19jährigen Freund vor ihren Eltern versteckt, die wegen Schulproblemen ihrer Tochter zu einem Gespräch geladen worden waren. Das konnte der 13-Jährigen anhand von Daten ihres Handys und der Befragung des 19-Jährigen und dessen Mutter inzwischen eindeutig nachgewiesen werden. Eine ärztliche Untersuchung widerlegte, dass das Mädchen vergewaltigt worden ist.
Zwischenzeitlich hatten russische Fernsehsender und sogar Außenminister Lawrow sich des "Fall Lisa" groß angenommen, da die Vergewaltigung an "unserem Mädchen" durch Flüchtlinge in Deutschland bewusst verheimlicht würde. Daraufhin demonstrierten am vergangenen Samstag bundesweit etwa 11.000 meist Russlanddeutsche, aber auch Neonazis für den "Schutz unserer Kinder" und für den "sofortigen Stopp des Flüchtlingszustroms". Die 700 Demonstranten vor dem Berliner Kanzleramt waren mit einheitlich gestalteten Papptafeln ausgerüstet und von muskulösen Ordnern organisiert.
Diese Kampagne geht von höchster Stelle im Kreml aus und entspricht exakt der neuen russischen Militärdoktrin, die eine Propaganda fordert, die maximale Verunsicherung in den Ländern ihrer Gegner bewirken soll. Wo die Massen angesichts der russischen Annexion der Krim oder der Intervention in Syrien nicht von "guten Absichten" Putins überzeugt werden können, sollen wenigstens die imperialistischen Konkurrenten im Westen unglaubwürdig gemacht werden. Nach der Devise "nichts ist wahr, alles ist möglich" wird mit dem "Fall Lisa" am Misstrauen angesetzt, das sich Behörden unter den Massen zuletzt wieder mit ihrem Umgang mit der Gewalt gegen Frauen in der Kölner Silvesternacht erworben hatten. So wie die westlichen Imperialisten nachweislich antirussische Demonstrationen z.B. in der Ukraine anzetteln, so versucht das der Kreml jetzt im Westen.
In Deutschland leben bis zu 6 Millionen russischsprachige Bürger, von denen viele regelmäßig über die russischen Sender erreicht werden. Diese Spätaussiedler wurden jahrzehntelang vor allem von der CDU/CSU als Wähler-Klientel begünstigt (u.a. mit günstigen Baudarlehen). Obwohl selbst Migranten und viele mit dem schwierigen Start in Deutschland vertraut, lassen sich ein Teil von ihnen derzeit gegen die neuen Flüchtlinge aufhetzen. Diese sogenannten Spätaussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion und aus Russland wohnen häufig in ländlich geprägten Bundesländern wie Rheinland-Pfalz, Hessen oder Baden-Württemberg. Eben dort stehen am 13. März Landtagswahlen an, und die Aufwiegelei durch die Kreml-Kampagne treibt einen Teil geradezu zur AfD.
Wem es um Schutz von Mädchen und die Rechte der Frau geht, ist aber bei der AfD genau an der falschen Adresse. Die AfD bekämpft staatliche Maßnahmen zur Gleichstellung von Frau und Mann, fordert Verschärfung der Regeln zum Schwangerschaftsabbruch, ist gegen Entwicklungshilfeprojekte, die Familienplanung unterstützen usw.
Wer für die Befreiung der Frau ist, macht's wie bei der Aktion von Courage am 16.1. in Gelsenkirchen: gemeinsam gegen Sexismus und Gewalt gegen Frauen auf der ganzen Welt. Natürlich gemeinsam mit Flüchtlingen!

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