Montag, 28. April 2014
Warum ist Russland kein „Rechtsstaat“?
von Günter Ackermann
Nein, nicht deshalb weil unter Putin Wahlen gefälscht werden. Das werden sie auch in den USA. Die Manipulation von Wählerlisten hat eine lange Tradition und Georg W. Bush ist auch durch Wahlfälschung Präsident geworden.
Es wurden in Russland bei der letzten Wahl zur Duma in einem Wahllokal bei Moskau der KP der Russischen Förderation die meisten Stimmen gegeben (bei der öffentlichen Auszählung), im offiziellen Wahlergebnis aber „siegte“ Единая Россия (Geeintes Russland), die Partei Putins.
Russland ist auch nicht deshalb kein Rechtsstaat, weil es dort im Auftrag der Herrschaftselite Morde gibt, so am kommunistischen Abgeordneten der Duma Prof. W.I. Iljuchin. Dieser hatte öffentlich gemacht, dass es im russischen Staatsarchiv eine Fälschwerkstatt gibt, in der Dokumente aus der Zeit der UdSSR gefälscht werden, so z.B. über das Massaker von Katyn. Die Fälscher hatten „nachgewiesen“, dass die damalige Führung der KPdSU, also Stalin und Berija, die Morde angeblich befohlen habe. Dabei waren aber so viele offenkundige Fehler reingeschrieben worden, dass die Annahme naheliegt, dass die Mitarbeiter der Fälschwerkstatt offensichtlich die Hoffnung hatten, dass diese Fälschungen ans Tageslicht kommen – was dann ja auch geschah.[1]
Bei Prof. Iljuchin, ein promovierter Jurist. war der unmittelbare Anlass der, dass er ein öffentliches Tribunal vorbereitete, in dem Putin für eine Reihe von Verbrechen zur Verantwortung gezogen werden sollte, für die es handfeste Beweise gab.
Nein, das in immer noch kein Grund, dass Russland kein Rechtsstaat ist, gibt es doch in einigen „Rechtsstaaten“ auch Morde im Auftrag der Regierung: Kolumbien ist eins davon, aber auch die Philippinen, Israel und nicht zuletzt die USA selbst. Da unterzeichnet regelmäßig der Präsident Tötungsbefehle mittels Drohnen in Pakistan. Die deutsche Regierung ist auch mit drin, denn die Mörder betreiben ihr tödliches Handwerk am Joystick in amerikanischen Kasernen in Deutschland.
Für unsere Medien ist der Mord an einen Kommunisten, noch dazu bei einem, der die Lügen um Katyn enthüllte, eine gute Sache. Und das Töten mittels Drohnen dient ja der Bekämpfung von Terroristen – auch wenn immer Unbeteiligte Opfer der Attacken sind.
Nein, Russland ist deshalb kein Rechtsstaat, weil es die Regierung für sich in Anspruch nimmt, an der Ausbeutung der Bodenschätze am liebsten keine westlichen Konzerne mitwirken zu lassen. Das aber kann man den Menschen im Westen nur schwer verkaufen, wenn die Propaganda mit der Parole hausieren ginge: „Russisches Erdöl/Erdgas gehört Standard-Oil, AngloDutch, „British Petroleum, Ruhrgas usw. Der Ex-Bundespräsident Horst Köhler musste vor einigen Jahren den Sessel räumen, weil er zugab, dass im Krieg in Afghanistan deutsche Wirtschaftsinteressen eine Rolle spielen.
Also werden scheinbar politische Urteile heran gezogen. So auch das das gegen eine „Band“, die sich Pussy Riot, nennt (vulg: Fotzen-Rebellion) Diese „Fotzen-Rebellinnen“ veranstalteten in der Moskauer Christ-Erlöser-Kathedrale einen heißen Striptease unter Ausrufung von Parolen gegen Putin.
Die Christ-Erlöser-Kathedrale ist für die russisch-orthodoxe Kirche das, was der Petersdom für die römisch-katholische Kirche ist. Was wäre geschehen, wenn die rebellischen Fotzen ihren Strip im Petersdom in Rom gemacht hätten? Privataudienz beim Papst sicherlich nicht.
Oder der arme politisch Verfolgte Michail Borissowitsch Chodorkowski. Der arme Hund machte einen Absturz vom reichsten Mann Russlands zum enteigneten Häftling im Straflager. Und das nur – glaubt man der Propaganda – weil er was gegen Putin hat.
Chodorkowski hatte seine vielen Rubelchen – genauer Dollars – als Banker zur Zeit Jelzins gewonnen. Damals konnte jeder, der skrupellos genug war, gut schmieren konnte und die richtigen Beziehungen hatte, viel Geld auf Kosten des russischen Volkes verdienen.
Zunächst noch in der Gorbatschow-Zeit benutzte er seine Funktion im Komsomol – dem Jugendverband der Sowjetunion – um Schiebergeschäfte zu machen. Übrigens auch die Frau Timotschenko in der Ukraine begann hier ihre Karriere zur reichsten Frau der Ukraine.
Unter dem Regime des Säufers Jelzin waren gute Beziehungen wichtig. Die hatte Michail Chodorkowski und offene Hände für Bestechungen gab es im Säuferregime genug. Die Bank Chodorkowskis wurde sogar zur Hausbank des russischen Finanzministeriums und verwaltete die stolze Summe von 600 Mio. US-Dollar.
Chodorkowski selbst hatte dann quasi den Status eines Mitglieds des Kabinetts, jedenfalls saß er am Tisch der Regierung Russlands und kam somit an wichtige Insider-Information, die er auch prompt in bare Münze verwandelte.
Damit kam er an den Ölkonzern Jukos. Den kaufte er – für nichts. Richtig: Er bezahlte letztlich nichts für die wertvollen Aktien. Jukos gab Chodorkowski ein Darlehn über die Kaufsumme – Jukos bezahlte seinen eigenen Verkauf.
Der ehemalige Komsomol-Sekretär wurde so sehr schnell zum superreichen Ölmagnaten. Als Chef des Ölkonzerns Jukos transferierte er Milliarden Petrodollars an der Steuer vorbei auf westliche Privatkonten. Über diese Konten hatte er selbst die Verfügungsgewalt.
Dann musste Boris Jelzin abtreten und Putin wurde Russlands Präsident. Nun bestimmten andere Interessensgruppen die Politik und Chodorkowski geriet ins Abseits. Als er dann auch noch versuchte, sein Geld gegen diese neue Kamarilla einzusetzen und auf der Demokratiemasche ritt, riss denen der Geduldsfaden. Wenn man schon auf Saubermann macht, sollte man auch einer sein, zumindest sollte das Gegenteil nicht zu beweisen sein. Aber genau das war es. Man konnte ihm einen ganzen Sack voll krimineller Delikte nachweisen. Chodorkowski landete im Knast – für 10 Jahre.
Jetzt ist er frei und in Deutschland. Er hat nicht einmal versucht, sich beim Sozialamt zu melden oder Hartz IV zu beantragen. Das Sozialamt von Berlin dürfte ihm wohl kaum seine Unterkunft zu zahlen bereit gewesen sein. Der angeblich von Putin um sein erschwindeltes Vermögen gebrachte Ölmilliardär wohnt in Berlin in einer bescheidenen Bude – im Hotel Adlon. Auf der Internetseite jenes Luxusschuppens schreibt ein Gast: „Um es kurz zu sagen der Ruf ist berechtigt! Mir kam ein alter Spruch (von mir) in den Sinn “reich sein macht Spaß”. Man sollte wenn man dort nächtigt den tollen Service auch nutzen.“ Wovon das Chodorkowski wohl bezahlt?
Und überhaupt: Da meldete die Presse, er habe um Amnestie gebeten um seine todkranke Mutter in Berlin besuchen zu können. Das tat er dann auch. Aber Mama lebt in Moskau und blieb dort auch. Wie kann der Sohn sie dann in Berlin besuchten?
Und er bekam eine prominenten Begleiter: Ex-Außenminister Genscher.
Zu Zeiten der UdSSR wurde der Dissi Alexander Issajewitsch Solschenizyn damals vom langjährigen CIA-Agenten Heinrich Böll[2] abgeholt und in dessen Haus in der Eifel einquartiert. Der Herr Chodorkowski wohnt nicht im Privathaus von Genscher, der wohnt in der teuersten Herberge Berlins, im Adlon. „Reich sein“ macht eben Spaß.
Und jetzt sind alle bürgerlichen Journalisten glücklich um die Befreiung des ach so armen politischen Gefangenen. Dass es sich um einen hochkarätigen Kriminellen handelt, wird verschwiegen. Russland ist eben kein Rechtsstaat und Chodorkowski ist der Beweis dafür.
Was Putin in den Augen der Soldempfänger der westlichen Banken und Konzerne aus Politik und Journalistik so undemokratisch macht ist die Tatsache, dass er nicht nach der westlichen Pfeife tanzt.
Putin macht diese Spielchen nicht, der ist Machtmensch und hat seine Interessen und die seiner Hintermänner im Sinn und das sind nicht unbedingt die Interessen westlicher Konzerne, sondern die der russischen. Und das ist unverzeihlich.
G.A.
Siehe auch: http://kommunisten-online.de/Archive/blackchanel/rechtsbeugung.htm
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