Silvester steht vor der Tür und damit das Feuerwerk. Böllerst du?
Nee. Ist mir zu laut. Raketen finde ich ja noch ganz niedlich, aber
nicht Kanonenschläge und wie das alles heißt. Laut EU-Vorschrift dürfen
die Dinger nur 120 Dezibel in acht Meter Entfernung laut sein. Aber es
sind ja auch Leute unterwegs, die dir das Zeug direkt vor die Füße
werfen. Da können es 140 Dezibel werden, lauter als ein startendes
Düsenflugzeug.
Trotzdem ist der Absatz bei Pyrotechnik ungebrochen.
Der Verkauf stagniert auf hohem Niveau, aber im Vergleich zu
DDR-Zeiten ist er schier unglaublich. In Deutschland gibt es nicht mehr
viele Hersteller. Das meiste Böllerzeug wird importiert. Auch wenn oft
von »Polenböllern« die Rede ist, kommt doch ein großer Teil aus China.
Dort hat die Feuerwerkerei ja auch ihren historischen Ursprung.
Ja, ein Witz der Geschichte. Die Chinesen sind nicht nur große
Nachahmer, sondern haben auch allerhand erfunden. Sie haben damals die
Technik entwickelt, Brandgeschosse, also eine Art Raketen, mithilfe von
Schwarzpulver auf belagerte Städte zu schießen, um die hölzernen
Verteidigungsanlagen in Brand zu setzen.
Also kein Brauchtum, sondern Militärtechnik.
Genau, und auf dem Wege dieser Technologie nach Europa kam irgendwo
auf dem Balkan jemand auf die Idee, man könnte Holz- und später
Bronzeröhren nehmen, eine Kugel und Pulver reinstecken und damit
schießen.
Eine Art Granate?
Nein, erst mal Schusswaffen für Kugelmunition. Also Kanonen, Musketen
und Ähnliches. Übrigens spielten in der Geschichte der Raketen zwei
Siebenbürger eine Rolle. Der eine erfand im 16. Jahrhundert für
Feuerwerkszwecke mehrstufige Raketen; der andere, Hermann Oberth, war
einer der Begründer der Astronautik.
Wann wurde die Knallerei zum Volksbrauch?
Nicht vor dem 20. Jahrhundert. Bis dahin haben die Leute zwar auch
Lärm gemacht, um Dunkelheit und Winter zu vertreiben oder das neue Jahr
zu begrüßen. Aber erst mit der Industrialisierung wurden Knaller zum
Massenprodukt und damit erschwinglich.
Wegen der Umweltbelastung fordert die deutsche Umwelthilfe Feuerwerksverbote. Wie soll man das kontrollieren und durchsetzen?
Das können wahrscheinlich nur hinreichend viele Polizisten.
Schwierig, wie man beim Handyverbot für Autofahrer sieht. In Frankreich,
wo in vielen Städten nicht geböllert werden darf, scheint es zu
funktionieren. Freunde von uns, die Silvester mal in Marseille verbracht
haben, fanden es sehr angenehm, dass es dort ein zentrales
Höhenfeuerwerk gab, und das war’s. Die größere Umweltbelastung entsteht
aber wohl bei der Herstellung der Knaller und Raketen.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1130638.feuerwerk-laut-wie-ein-duesenflugzeug.html
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