Mediales umwirbt uns. Papieren für Massenverbreitung Gefertigtes changiert von knallbunt bis affenscheußlich im Irgendwo: Werbung, Werbung, Werbung. Bildung als Verbreitung von Wissen und Kultur? Ja, natürlich. Gibt es. Lehrhaft für Unbedarfte. Politische Bildung? Historische Fakten eingefärbt aufs Gegenwärtige. Was nicht der Unterhaltung dient, bekommt keinen Unterhalt. Hochglanzgazetten überbieten sich, Menschen in Kauflaune zu versetzen. Wünsch dir was. Du bekommst es.
Printmedien, ja, das ist das Gedruckte. Das lesbar und anschaulich Zubereitete. Die Frage ist: Dient es der Werbung für Produkte oder der Herabsetzung von Inhalten? Was wird wie vermittelt? Beim Bildermachen soll stets Wohlgefallen erzeugt werden. Mit Schmeichelei. Eine kritische Lebenshaltung ist wenig verkaufsfördernd. Ein Menschenbildnis, das leuchtend weißes Zähneblecken in vollfarbig blanken Gesichtern suggeriert, markiert ein Sinnbild: Eine zufrieden gestellte Kundschaft muss nichts mehr auszusetzen haben. Als Gegenprogramm werden Feindbilder zur Abschreckung frei Haus geliefert.
Mit Worten oder Bildern wird akustisch oder optisch noch viel mehr vermittelt. Jux und Tollerei überlappen Horrorvisionen. Durch Sendezeiten eingegrenzt, übergeben Radio und Television Kompetenz dem unbegrenzten Riesenreich des Internets. Uferlos tobt da eine Info-Invasion chaotischer Dimension. Manisch fixiert auf Einschaltquote, obsiegt quantitatives Denken. Das Phänomen Mensch wird als Masse gesehen. Also formbares lenkbares Material. Das zielgerichtet angepeilte Publikum wird zu Kauf und Verkauf animiert. Kaufe uns das ab! Oder: Verstehe selbst dich günstig zu verkaufen!
Wer bei Wahlen kandidiert, steht in einem Spannungsfeld, als ob es um einen Lottogewinn ginge. Mehrheiten gewinnen wird zum Glücksspiel. Da ist die ununterbrochene Anwesenheit von Werbung in den Kernbereich der Demokratie vorgedrungen. Wo die Wählerstimme mit sachlichen Infos genährt gehört, passen die Medien. Erst lobhudelnde Anpreisungen, dann feindselige Unterstellungen. Positives Ideal und negatives Gegenbild agieren gegeneinander. Das DDR-Erbe wird negiert. Handelnde ins Zwielicht gestellt. Zur Aufgabe genötigt.
Lichtfiguren der freien Marktwirtschaft triumphieren. Sie halten die Kommandohöhen der Medienbranche besetzt. Im Gebiet der nur für sie »neuen Bundesländer« geben sie aus eigenem Ermessen die mediale Richtung vor: Flächendeckend alle DDR-Relikte beseitigen. Dummerweise trat der Nebeneffekt ein, auf der Hitlerzeiterfahrung beruhende Erinnerungen zu reaktivieren. Was hatten wir denn zuletzt gemeinsam? Wir führten diesen mörderischen Krieg. Gegen wen? So können auf ideologisch gereinigter Scholle Neonazis Fuß fassen. Die Handreichung zum Platznehmen in Parlamenten ist medial abgesegnet. Dass Ostsozialisierte zeitlebens so von Diktaturerfahrung geprägt seien, dass sie davon gar nicht mehr lassen können – diese fromme Legende wabert dazu durch die Medien.
Genau dies dürfen Herr Gauck und Frau Birthler als prominenteste Kronzeugen nun glauben machen. Ihro Heiligkeiten waren ja darauf spezialisiert, die Stasi auf eine lebensbedrohliche Allgewaltigkeit hochzupusten. Dabei hat der alles überwuchernde Absicherungsbedarf dieses Staates eine Armee hervorgebracht, welche die angestrebte Wehrhaftigkeit einer ganzen Jugend in die Totalverweigerung des vorgeschriebenen Feindbildes trieb. Woher kam denn die Sensation einer so komplett friedlichen Revolution? Was mit der Waffe abgewehrt werden sollte, blieb unangetastet. Speziell der junge Teil dieses Volkes lehnte erfolgreich jegliche Hassprojektion ab. Frieden blieb keine leere Floskel.
Dann schoss bei der Abrechnung mit dem DDR-Erbe Pauschalverurteilung von geradezu abenteuerlichem Verallgemeinerungsgrad ins Kraut. Die krassen Stimmen, die vom Rechtspopulismus zum Rechtsextremismus eskalieren, haben da ihren extrem radikalen Ursprung. Differenzieren ist Mangelware. Man muss sich entscheiden: Entweder man billigt der Bevölkerung zu, die Diktatur satt zu haben und demokratische Selbstbestimmung zu suchen. Oder man lässt sie wiederum vor nunmehr importierter Deutungshoheit kuschen. Wer da auf einmal von »Rückholen des eigenen Landes« schwafelt, findet dann sogar offene Ohren.
Ganze Kampagnen der Umwertung sorgen für Begriffsverwirrung. Genau da liegt der Hase im Pfeffer, der uns allen jetzt um die Ohren fliegt. Beispielsweise Fremdenfeindlichkeit. Eine neue mediale Fehldiagnose sagt, die einst als gastfreundlich geltenden Ostvölker seien von ihr beherrscht. Doch die gepriesene Willkommenskultur des Westens galt immer dem Zuzug nutzbringender Fachkräfte. Erotisch attraktive Weiblichkeit und kulinarische Attraktivität garnieren das aufs feinste. Das Minus des Verlustes im Osten war das Plus des Gewinns im Westen. Unisono auf Gleichklang gestimmte Medien lassen immer wieder dieselben Helden hochleben und dieselben Widersacher abstürzen.
Während der im Kalten Krieg so attraktiven scheinbaren Objektivität war Vertrauen in die öffentlich-rechtlichen Medien gewachsen. Sie wirkten zuverlässig in Berichterstattung und Meinungsbildung. Der Bonus ist inzwischen verspielt. Was einmal als Westfernsehen wahrgenommen wurde, blieb Westfernsehen. Welch hoher Grad an eigener Selbstbestimmung hohe Leistungen gebracht hatte, zählte nicht mehr. Wenn Ost-Themen nur noch hämisch kommentiert werden, geht das betroffene Publikum auf Distanz. Die Extra-Sortierung eines ganzen Volksstammes nach dreißig Jahren Gemeinsamkeit rächt sich.
Sein einst so starkes Selbstbewusstsein allerdings ist vielerorts bereits so geschrumpft – da blieb oft genug nur noch Larmoyanz übrig. Eine gefährliche, weil völlig unberechenbare Mixtur aggressiver Anwandlungen geht dann neuen ostwärts hergelaufenen Scharlatanen auf den Leim. Wenn die mutigsten Einzelgänger aufgeklärter Medien tätlich angegriffen werden, geht das Licht vernünftigen Umgangs miteinander endgültig aus. Selbst sprachlich herrscht der modisch frisierte, aber korrekt auftretende Mainstream. Westlicher Kommandoton macht keine gute Musik. Ohne jede Diskussion weiß er, was als antisemitisch, grundgesetzwidrig oder rassistisch zu werten ist. Nach unqualifizierten Vorwürfen sollte man sich über ebensolche Antworten nicht wundern.
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