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Streit um des Kaisers Sohn
Beim Landtagswahlkampf der brandenburgischen Linkspartei hakte es an verschiedenen Ecken. Doch eine Sache lief rund: Schnell füllten sich die an den Infoständen ausgelegten Listen für die am 8. August gestartete Volksinitiative »Keine Geschenke den Hohenzollern«. So hatte die LINKE in den dreieinhalb Wochen bis zur Wahl am 1. September bereits 10.000 Unterschriften beisammen. Doch dann stockte es. Zunächst trudelten nur noch rund weitere 1000 Unterschriften ein. Erst nachdem die Partei die Werbetrommel rührte, liegen inzwischen etwa 14.500 Unterschriften vor. Dies reicht aber noch nicht aus. Mindestens 20.000 gültige Unterschriften sind für einen Erfolg der Volksinitiative erforderlich. Am besten werden gleich 25.000 Unterschriften eingereicht, weil erfahrungsgemäß immer ungültige dabei sind.
Zeit bis zur Abgabe der Listen ist noch genug. Erst im August 2020 verstreicht die Frist. Landesgeschäftsführer Stefan Wollenberg ermunterte seine Genossen: Pro Parteimitglied in Brandenburg fehlten gerade einmal zwei Unterschriften. »Das sollte doch zu schaffen sein!«, meint er. Der Gefahr, dass die neue Regierung aus SPD, CDU und Grünen einen »schmutzigen Deal« mit den Hohenzollern abschließt, ohne den Landtag an der Entscheidung zu beteiligen, könne nur so begegnet werden. Wollenberg bekräftigte: »Wir bleiben dabei: eine Entschädigung der Hohenzollern darf es in keiner Form geben!«
Es dreht sich um 1,2 Millionen Euro, die das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen den Hohenzollern in einem Vorbescheid bereits vor etlichen Jahren in Aussicht gestellt hatte. Es sollte eine Entschädigung sein für nach dem Zweiten Weltkrieg in der sowjetischen Besatzungszone erfolgte Enteignungen. Doch Brandenburgs damaliger Finanzminister Christian Görke (LINKE) ließ den Fall überprüfen. Es erging ein ablehnender Bescheid. Dagegen klagten die Nachfahren des letzten deutschen Kaisers, deren Oberhaupt Georg Friedrich Prinz von Hohenzollern ist.
Zwischenzeitlich ruhte das Verfahren. Im August 2019 beantragte Görke die Wiederaufnahme. Aber nun ist er nicht mehr Finanzminister. Seinen Posten übernahm am 20. November Katrin Lange (SPD). Die Parteien der jetzt in Brandenburg regierenden rot-schwarz-grünen Koalition hatten die Volksinitiative bereits beim Start im August kritisch beurteilt. Ein Vorwurf lautete, es handele sich um ein billiges Wahlkampfmanöver.
Im Kern geht es um die Frage, ob einstmals Kronprinz Wilhelm den Nazis erheblichen Vorschub leistete und damit das Anrecht seiner Nachfahren auf eine Entschädigung verwirkte. Es gibt vier Gutachten dazu, die zu unterschiedlichen Einschätzungen über den Sohn von Kaiser Wilhelm II. gelangen.
Nicht zu verwechseln ist die Angelegenheit mit den Verhandlungen, die der Bund mit den Hohenzollern führt. Dabei geht es darum, ob Kunst- und Wertgegenstände, die in verschiedenen Museen gezeigt werden, nun eigentlich den Nachfahren von Kaiser Wilhelm II. gehören oder dem Staat. Ursprung dieses Streits sind ungeklärte Fälle aus einem Vergleich, der bereits 1926 mit der Weimarer Republik abgeschlossen wurde. Zu diesen Verhandlungen gehört auch der Vorschlag von Georg Friedrich Prinz von Preußen, seiner weit verzweigten Familie ein Wohnrecht im Schloss Cecilienhof, im Schloss Lindstedt oder in der Villa Liegnitz einzuräumen.
Einen Zusammenhang zwischen diesen beiden Sachverhalten gibt es aber. Ministerialdirektor Günter Winands, die rechte Hand von Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU), hatte das brandenburgische Finanzministerium um Auskunft gebeten, ob dieses nun dabei bleibt, dass es ein Urteil zu der begehrten Entschädigung will. In diesem Falle sehe er sich veranlasst, die Gespräche zu beenden, die er im Auftrag von Grütters seit fünf Jahren mit den Hohenzollern führe - und deren Ziel eine gütliche Einigung über den Verbleib der Kunstschätze in den staatlichen Schlössern und Museen ist.
Darauf reagierte Brandenburgs Kulturministerin Manja Schüle (SPD), sie sei zwar für Brieffreundschaften, jedoch sollten sich der Bund und die Länder Berlin und Brandenburg zusammensetzen und beraten, wie es weitergehen solle.
»Die Forderungen des Adelshauses sind geschichtsvergessen und unberechtigt«, meinte die Landtagsabgeordnete Marlen Block (LINKE). »Deshalb wäre eine Klagerücknahme ein erstes Zeichen der Einsicht in die eigene historische Verantwortung und schon deshalb dringend anzuraten.« Doch »wenn die Familie die Klage zurücknimmt, dann wären sämtliche Ansprüche verjährt«, gab Hohenzollern-Anwalt Markus Hennig jetzt zu bedenken. »Dann hätte es für keine Seite mehr einen Sinn, zu verhandeln.«
Hennig erläuterte, warum das Haus Hohenzollern aus seiner Sicht ein Recht auf die 1,2 Millionen Euro hat: »Die Anspruchsgrundlagen liegen im Entschädigungsausgleichsgesetz von 1994. Die drei zuständigen Ämter zur Regelung offener Vermögensfragen in Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt hatten die Ansprüche ursprünglich zuerkennen wollen und bereits entsprechende Vorbescheide ausgefertigt. Der damalige Finanzminister Christian Görke hat vor einigen Jahren dann eine gegenteilige Entscheidung bewirkt. Aus Sicht der Familie hat er dies aus politischen Gründen getan.«
Der Rechtsanwalt versicherte, dass sein Mandant Georg Friedrich Prinz von Hohenzollern »der öffentlichen und politischen Debatte nicht im Wege« stehe. »Eine Volksinitiative ist ein Instrument der direkten Demokratie. Hiergegen gibt es nichts einzuwenden.« Allerdings sei die Volksinitiative »auf falschen Informationen aufgebaut«, sagte Hennig mit Verweis auf diverse Gerichtsentscheidungen. Die meisten Menschen, die unterschrieben haben, seien in den Begleitschreiben zur Volksinitiative bis zur Richtigstellung durch das Haus Hohenzollern falsch informiert worden. »Das ist in meinen Augen problematisch«, so der Anwalt.
Lange wurden Möglichkeiten einer außergerichtlichen Einigung ausgelotet. Das fiel in die Amtszeit von Minister Görke. Die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragte er dann nach eigener Auskunft im ersten Ärger unter anderem darüber, dass ein Wohnrecht in Schloss Cecilienhof, Schloss Lindstedt oder in der Villa Liegnitz ins Spiel gebracht wurde. Dabei muss fairnesshalber gesagt werden, dass Georg Friedrich Prinz von Preußen klarstellte, dass die Gespräche mit der öffentlichen Hand nicht an dieser Frage scheitern sollen. Die LINKE habe, so urteilt Anwalt Hennig, »viele Jahre mitverhandelt und das Gerichtsverfahren ausgesetzt, weshalb das Ziel der Volksinitiative nicht wirklich verständlich und glaubwürdig ist«.
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