Ein „Spin“ der besonders dreisten Sorte dreht sich aktuell um die am 19. März 2019 vorgestellten Eckwerte für die Haushaltsplanung bis 2023. Der ansonsten eigentlich seriöse, wenn auch militärnahe Blog Augengeradeaus gab die Richtung vor, als er titelte: „Steigender Bundeshaushalt, sinkender Wehretat“. So ähnlich griffen auch die meisten anderen Medien das Thema auf, garniert gerne noch mit Zitaten des US-Botschafters Richard Grenell („inakzeptable Beiträge“) oder des Wehrbeauftragten Hans-Peter Bartels (unerreichbare „Vollausstattung der Bundeswehr“).
Die Kritik zielt auf zwei Aspekte ab: Einmal sei der Betrag für 2020 zu niedrig, vor allem aber würde der Haushalt bei Umsetzung der Eckwerte in den Jahren 2021 bis 2023 wieder – moderat – abgesenkt. Mit dem ganzen Getöse wird allerdings – vermutlich bewusst – verschleiert, dass der Militäretat im Haushalt 2020 – erneut! – deutlich ansteigt. Vor allem aber ist das die einzig relevante Zahl der Eckwerte, denn die Erfahrung aus den letzten Jahren zeigt, dass die weitergehenden Projektionen stets wieder zugunsten deutlich höherer Realzahlen einkassiert wurden. Das dürfte allen, die nun Nebelkerzen werfen, indem sie sich über ein zu niedriges Budget beklagen, auch durchaus bewusst sein – sollte es zumindest, schließlich haben sowohl CDU als auch SPD eingeräumt, dass die Zahlen für 2021 bis 2023 keinen Pfifferling wert sind.
Die Bundeswehr hatte jedenfalls im unmittelbaren Vorfeld der Eckwerte-Veröffentlichung ihr Wunschkonzert, was sie meint für die angestrebte „Vollausstattung“ zu benötigen, in einem Papier von Professor Jürgen Schnell, dem Leiter des Forschungsbereichs Militärökonomie an der Bundeswehr-Universität München, kundgetan: „[D]er Finanzbedarf der Bundeswehr [liegt] aus militärökonomischer Sicht im Jahr 2020 in der Größenordnung von ca. 47 Mrd Euro […].Erforderlich ist danach eine Erhöhung des Verteidigungshaushalts von ca. 47 Mrd Euro in 2020 auf ca. 55 Mrd Euro in 2023. Kumuliert beträgt der Finanzbedarf im Zeitraum von 2020 bis 2023 mindestens 200 Mrd Euro.“
Diese Berechnungen bilden auch die Grundlage für die Kritik am aktuellen Eckwerte-Vorschlag, der für 2020 aber dennoch eine deutliche Erhöhung um knapp 2 Mrd. Euro auf 45,1 Mrd. vorsieht (2019: 43,2 Mrd.). Außerdem lag der endgültige Etat in den letzten Jahren immer noch einmal über den Vorschlägen der Eckwerte und es ist davon auszugehen, dass dies auch in diesem Jahr der Fall sein wird (zusätzlich scheinen noch 200 Mio. für neue Regierungsflugzeuge nicht dem Militärhaushalt entnommen zu werden).
Damit handelt es sich hier um seine dramatische Erhöhung seit den 32,4 Mrd. Euro, die noch im Jahr 2014 eingestellt waren. Allzu weit von den Wunschvorstellungen des Verteidigungsministeriums sind diese Zahlen außerdem ohnehin nicht mehr entfernt, weshalb sich der Schwerpunk der Kritik auch auf die weitergehende Finanzplanung fokussiert. Und tatsächlich sehen die Eckwerte für 2021 eine Absenkung auf 44,26 Mrd. vor, für 2022 sind 44,29 Mrd. vorgesehen und 2023 sollen es dann 44,16 Mrd. Euro sein.
Diesen Zahlen und der sich darum rankenden Propaganda sollte man aber auf keinen Fall auf den Leim gehen, denn sie sind das Papier nicht wert, auf dem sie stehen. Man solle sich mit der Kritik ein wenig zurückhalten, entgegnete etwa Kanzlerin Angela Merkel. Die Eckwert-Projektion beruhten auf „minimalen Daten“: „Die realen Ausgaben“, hob die Kanzlerin laut FAZ hervor, „sind das, was entscheidend ist, und die sind immer nach oben korrigiert worden.“ Und wie üblich weiß die Kanzlerin in dieser Frage die Sozialdemokratie hinter sich: „Wir sind in diesem Jahr höher gegangen, wir sind im nächsten Jahr höher, und wir werden auch in den darauffolgenden Jahren höher gehen, wenn wir es denn mit der Haushaltslage hinkriegen“, so SPD-Politiker Johannes Kahrs.
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