Freitag, 30. November 2018

Der nächste Militär-Regent stattet Freunden in Berlin einen Besuch ab: Thailands Diktator


Noch ein verbotener Protest in Thailand: Antifracking Mai 2015Die Naumann-Stiftung stärkte danach auch der durch den Putsch ins Amt gebrachten Regierung der Democrat Party (DP) den Rücken. Die DP, die 2010 noch Massenproteste blutig niederschießen ließ, hat nach dem Wahlsieg von Thaksins Schwester Yingluck Shinawatra im August 2011 schon bald Proteste gegen sie geschürt und dabei weiterhin auf die Unterstützung der Naumann-Stiftung bauen können, obgleich sie spätestens ab 2013 offen auf den Sturz der Regierung hinarbeitete. Damit bereitete sie dem erneuten Putsch der Militärs im Mai 2014 den Weg.(…) Das Regime, das die thailändischen Militärs nach ihrem Putsch errichtet haben, wird von Menschenrechtsorganisationen scharf kritisiert. So ist die Junta unter General Prayut Chan-o-cha, der heute in Berlin mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und mit deutschen Wirtschaftsvertretern zusammentrifft, mit äußerster Härte gegen oppositionelle Aktivitäten vorgegangen. Sie hat Regierungsgegner willkürlich festgenommen, Zivilisten in militärischen Einrichtungen inhaftiert und das Recht auf Versammlungsfreiheit abgeschafft. Berüchtigt ist ihre Zensur, die sich zunutze macht, dass in Thailand jede Äußerung, die als Beleidigung des Königs verstanden werden kann, strikt verboten ist und mit aller Härte verfolgt wird. Den Streitkräften und der Polizei werden schwere Menschenrechtsverletzungen im Kampf gegen Separatisten im islamisch geprägten Süden des Landes vorgeworfen. Massive Proteste ruft seit geraumer Zeit auch hervor, dass mehr als drei Millionen Arbeitsmigranten in Thailand, darunter zahlreiche in der Fischerei tätige Arbeiter, unter teils sklavenähnlichen Bedingungen arbeiten und leben müssen und häufig misshandelt werden. Berichten zufolge geht die Regierung dagegen nicht oder nicht angemessen vor…“ – aus dem Beitrag „Juntachef im Kanzleramt“ am 28. November 2018 bei German Foreign Policy externer Link, woraus bereits deutlich wird, dass Thailand wirtschaftlich deutlich mehr bedeutet, als eine große Tourismus-Industrie. Siehe zum Berlin-Besuch der Junta zwei weitere aktuelle Beiträge, zwei Beiträge zu Protesten bei Europa-Besuchen im Laufe des Jahres 2018 und zwei Hintergrundartikel zur Situation in der thailändischen Fischerei-Industrie:
„Juntachef von Merkel empfangen“ von Nicola Glass am 28. November 2018 in der taz externer Link hebt zum Besucher hervor: „Ohnehin ist es bizarr, dass Berlin den Juntachef überhaupt empfängt. Der grüne Bundestagsabgeordnete Frithjof Schmidt, Mitglied im Auswärtigen Ausschuss, spricht von einem „falschen Signal“: Statt die Wiederaufnahme politischer Kontakte an die Verbesserung der Menschenrechtslage und die Wiederherstellung der Demokratie zu knüpfen, legitimiere die Bundesregierung die Militärdiktatur, die die Menschenrechte weiterhin massiv verletze, kritisierte Schmidt. Unmut äußerten auch Regimegegner im Exil. Denn von der Aufwertung durch den Empfang im Kanzleramt dürfte Prayut, der international eigentlich ein Pariah sein müsste, politisch profitieren, sagte der in Pariser Exil lebende Jaran Ditapichai der taz, einst führendes Mitglied der „Rothemden“-Bewegung UDD – mehrheitlich Anhänger des 2006 von der Armee gestürzten damaligen Premiers Thaksin Shinawatra. Prayuts Junta schränkt in Thailand das Versammlungsrecht und die Meinungsfreiheit massiv ein. Mit drakonischen Gesetzen werden alle strafrechtlich verfolgt, die sich kritisch über das Regime und die Monarchie äußern…“
„Thailands Junta kämpft um den Machterhalt“ von Mathias Peer am 27. September 2018 in der NZZ externer Link zu den Bestrebungen der Junta, sich zu zivilisieren: „Das Konterfei von Thailands Machthaber Prayut Chan-ocha ist in der Hauptstadt Bangkok an verschiedenen Strassenecken zu sehen. Noch sind es keine Wahlplakate, sondern Graffiti, die sich über den Juntachef lustig machen. Doch das könnte sich bald ändern. Prayut, der vor mehr als vier Jahren als Armeechef die Macht an sich gerissen hat, findet Gefallen an seinem Job – und will ihn offenbar so schnell nicht aufgeben. Anfang Woche bestätigte er erstmals offiziell, womit Beobachter schon seit langem gerechnet haben: Er möchte in Thailands Politik auch nach den für das kommende Jahr geplanten Wahlen eine Rolle zu spielen. (…) Für thailändische Medien und Oppositionelle ist die Ankündigung ein klares Signal dafür, dass sich das Militär trotz der versprochenen Rückkehr zur Demokratie nicht ohne Weiteres von der Macht verabschieden will und auf eine zweite Amtszeit Prayuts hinarbeitet. Das stünde in erheblichen Widerspruch dazu, wie sich der Ex-General in den vergangenen Jahren zu profilieren versuchte: Seine Machtübernahme begründete er 2014 mit den politischen Unruhen, die das Land damals erlebte und inszenierte sich selbst als eine Art Schiedsrichter, der über den Parteien steht. Politische Auseinandersetzungen unterdrückte er mit harter Hand…“
„Europareise des thailändischen Junta-Chefs Prayuth: Proteste in Paris und London“ am 09. Juli 2018 beim Asienhaus externer Link war ein Bericht über die letzte Europareise des Juntachefs, die in beiden Ländern von deutlich mehr Protesten begleitet war, als der aktuelle Berlinaufenthalt. In dem Bericht heißt es zu den Protesten in London: „Um gegen die Unterdrückung durch die Militärregierung zu protestieren und ihre Enttäuschung über die Haltung der britischen Regierung gegenüber der undemokratischen Regierung Thailands zum Ausdruck zu bringen, organisierte die Thailand Human Rights Campaign UK vor dem Amtssitz der britischen Premierministerin Theresa May in der Downing Street 10 einen Protest. In einem offenen Brief an die britische Regierung hatten einige Tage zuvor die Thailand Human Rights Campaign UK in Kooperation mit Stiftung Asienhaus auf die politische Lage und die Menschrechtssituation in Thailand aufmerksam gemacht und gefordert den geplanten Besuch abzusagen. Daneben hatte die Organisation eine Online-Petitionskampagne gegen den Besuch Prayuths gestartet. Der im Exil lebende thailändische Sozialist Ji Ungpakorn, der ebenfalls bei der Kundgebung anwesend war, machte in einem Interview mit der BBC Thai seinem Ärger Luft. Dieser Besuch zeige deutlich, so Ji Ungpakorn, dass sich die rechten westlichen Regierungen für Menschrechte und Demokratie kaum interessieren würden. Die prodemokratischen Aktivist*innen in Thailand müssten aufhören, auf die Unterstützung solcher Regierungen zu hoffen und stattdessen anfangen, über die Bildung einer breiten sozialen Bewegung nachzudenken, um das Militär loszuwerden…
„Letter to the European Union: No recognition of General Prayuth and the Dictatorship in Thailand“ am 28. September 2018 bei Europe Solidaire externer Link dokumentiert, war ein Offener Brief demokratischer Gruppierungen aus Thailand und mehrerer anderer Staaten im Vorfeld des Treffens der EU mit dem ASEAN Zusammenschluss asiatischer Staaten, mit dem dagegen protestiert wurde, dass die Vertreter der thailändischen Junta an diesem Treffen teilnahmen. Darin wird das „Wirken“ der Militärdiktatur seit dem Putsch 2014 nachgezeichnet und zu weiteren Protesten bei der Tagung ebenso aufgerufen, wie zum Widerstand für den Sturz der Junta.
„Worker Voice Without Worker Agency Fails Seafood Workers“ von Andy Shen am 04. Mai 2018 beim International Labor Rights Forum externer Link war ein Beitrag, der deutlich macht, welche Vorgehensweisen eine angebliche Normalisierung der Verhältnisse in Thailand darstellen sollen. So werden von dem zuständigen Konsortium unter Führung großer Fischerei und Handelsunternehmen aus aller Welt den Besatzungen der Schiffe Kommunikationsmöglichkeiten – wie etwa Lagebestimmungen für Familienmitglieder – organisiert und übergeben, damit es kontrollierbar bleibt: Irgendeine Form von Interessensvertretung ist dabei noch nicht einmal pro Forma enthalten…
„Hidden Chains – Rights Abuses and Forced Labor in Thailand’s Fishing Industry“ am 23. Januar 2018 bei Human Rights Watch externer Link war ein Report über die Arbeitsbedingungen in Thailands wichtigstem Exportzweig, der Fischindustrie. Für diesen Report wurden 138 Beschäftigte auf industriell betriebenen Fangschiffen der thailändischen Flotte interviewt und die Ergebnisse der Befragung jenen gegenübergestellt, die das Arbeitsministerium Thailands veröffentlicht hatte. Das Ministerium hatte bei den Berichten seiner Inspektoren über die Situation von knapp einer halben Million Beschäftigter  – Überraschung! – keine Unregelmäßigkeiten festgestellt, während HRW bei 90 der 138 Befragten Arbeitsbeziehungen dokumentiert, die verschiedene Stufen von Zwang bedeuten, insbesondere für die vielen in der Branche beschäftigten Migranten, ohnehin Zielscheibe einer von der Regierung betriebenen landesweiten Repressionspolitik.

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