“Wenn Larry Fink spricht, dann hört die Finanzwelt aufmerksam zu. Fink ist Gründer und Chef des Geldkonzerns Blackrock, der 6.300 Milliarden Dollar Anlagekapital verwaltet, so viel wie kein anderes Unternehmen in der Welt. Mit diesem Geld seiner Kunden ist der Finanzriese an 17.000 Unternehmen weltweit beteiligt und Großaktionär bei allen Großkonzernen in Europa und den USA. Wer mit dieser Macht im Rücken Forderungen stellt und Programme ankündigt, der verheißt neue Geschäfte. So war es auch im Januar 2017. Fink sprach zum Start des Geschäftsjahrs im voll besetzten Saal der Deutschen Börse in Eschborn bei Frankfurt, seine Botschaft kam gut an. In Europa und „ganz besonders in Deutschland“ seien die Bürger bei ihrer Altersvorsorge „übermäßig abhängig von den staatlichen Renten“, mahnte da der mächtigste Mann der Wall Street. Die staatlichen Renten könnten allerdings „nicht mehr das Einkommen bieten, das sie für ihr längeres Leben benötigen“, gleichzeitig sei die private Altersvorsorge „unterentwickelt“. Die Regierungen müssten daher in „Zusammenarbeit mit den Unternehmen eine langfristige, ganzheitliche Strategie“ verfolgen, forderte Fink. Deshalb sei es nötig, die Arbeitnehmer zum Sparen und Investieren am Aktienmarkt zu motivieren, um sie an den Kapitalgewinnen zu beteiligen. Eine gesetzliche Garantie auf das angesparte Kapital wie in Deutschland sei da aber hinderlich. Besser sei es, diese Garantie auf einen kleinen Anteil zu beschränken, und das europaweit. (…) Mit einem einheitlichen EU-Rentensparprodukt werde die Nachfrage nach solchen Finanzanlagen bei besser verdienenden Mittelschichtbürgern von bisher 700 Milliarden Euro auf 2,1 Billionen Euro im Jahr 2030 anwachsen, prognostizierte eine Studie für die EU-Kommission. Noch müssen das EU-Parlament und der Rat der Finanzminister dem Vorhaben zustimmen. Aber die konservativ-liberale Mehrheit hat schon ihre Zustimmung signalisiert. Und kein Finanzkonzern ist dafür besser gerüstet als Blackrock. Schon jetzt stammen nach Angaben des Unternehmens drei Viertel der bei ihm angelegten 6,3 Billionen Dollar aus staatlichen und betrieblichen Pensionsfonds…” Beitrag von Paulo Pena und Harald Schumann aus der Freitag Ausgabe 26/2018 , siehe dazu:
- Dreißig Jahre Abwegigkeit – Akteure wie Blackrock profitieren vom Rückbau der öffentlichen Altersvorsorge. Nun stellt eine UN-Studie klar: Die Rentenprivatisierung ist ein weltweites Debakel
“Seit rund drei Jahrzehnten wird rund um den Globus unter Hinweis auf die demografische Entwicklung Stimmung gegen öffentliche umlagefinanzierte Rentensysteme und für mehr private und betriebliche kapitalgedeckte Vorsorge gemacht. (…) Jetzt hat die ILO einen ausführlichen, Fallstudien von 15 Ländern umfassenden Bericht veröffentlicht (Reversing Pension Privatizations. Rebuilding public pension systems in Eastern Europe and Latin America), der die bisherigen Entwicklungen eingehend analysiert. Die Bilanz der Privatisierung von Rentensystemen fällt vernichtend aus: Die Rentenhöhen verfielen, teilweise dramatisch. Die reduzierten Leistungsniveaus verfehlen in aller Regel die ILO-Mindeststandards deutlich und führten zu steigender Altersarmut. Niedrige Rentenhöhen waren nicht zuletzt die Folge der sehr hohen von den gewinnorientierten Pensionsfonds und Versicherungen in Rechnung gestellten Kosten. Anders als oft behauptet führte der vermeintliche Wettbewerb zwischen den Anbietern wenig überraschend nicht zu einer Dämpfung der Kosten, sondern zumeist zu exorbitanten Anstiegen. In allen untersuchten Ländern kam es zu deutlichen Marktkonzentrationen, oft mit einer Dominanz großer ausländischer Finanzinstitute. Demgegenüber stagnierten die Abdeckungsraten beziehungsweise waren sogar überwiegend rückläufig und die Geschlechter- und Einkommensungleichheit stiegen. Als zentrales Ergebnis der Rentenprivatisierung steht die Verlagerung systemischer Risiken der demografischen und ökonomischen Entwicklung von der kollektiven auf die individuelle Ebene. Anlage- und Inflationsrisiko schlagen voll auf die Rentenhöhen durch. Die einseitige Zuordnung des Anlagerisikos und die hohe Volatilität der Finanzmärkte gehen mit steigender Unsicherheit künftiger Rentenhöhen einher. In diesem Rahmen schlagen Finanzmarktkrisen voll auf die Rentenhöhen durch. Entsprechend katastrophal waren die Auswirkungen der Finanzkrise 2008 für die Betroffenen. Dazu kommt, dass die erheblich unterschätzten Übergangskosten zu beträchtlichen budgetären Belastungen führten. Während vermeintliche Entlastungseffekte als ein zentrales Argument für Rentenprivatisierungen angeführt wurden, sahen sich viele Staaten mit kaum tragbaren Zusatzkosten konfrontiert. Die zur Finanzierung begebenen Staatsanleihen fanden sich dann zu einem Gutteil in den Portfolios der Pensionsfonds wieder, womit sich ein kostspieliger Kreis schloss, von dem letztlich nur die Finanzbranche profitiert…” Beitrag von Erik Türk und Josef Wöss bei der Freitag Ausgabe 47/2018
- Siehe auch unser Dossier: Blackrock-Kapitalismus: Das neue transatlantische Finanzkartell
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