Freitag, 2. November 2012

[Mexiko] Mitteilung des Gefährten Mario Lopez "Tripa"

Neue Mitteilung vom Gefärten Mario aus dem mexikanischen Knast vom 22. September 2012. 02.11.12 Companer@as, endlich habe ich Nachrichten von der Außenwelt erhalten und es macht mich wahnsinnig wütend zu wissen, dass viele Gefährt_innen weiterhin von der Repressionswelle der internationalen Herrschaft betroffen sind. Es ist offensichtlich, dass der Feind uns am Boden sehen will und diese Schläge sind zur moralischen und physischen Zermürbung derjenigen Individuen, Gruppen, Projekte und Kerne der anarchistischen Aktion bestimmt, die auf die eine oder andere Art und Weise das ausmachen, was wir generell als Bewegung bezeichnen können. Kürzlich erreichte mich die Nachricht der Festnahme des Genossen Massimo Passami in Italien, aber leider habe ich diesbezüglich nicht viele Informationen. Auch hörte ich vom verhängten Haussarrest gegen eine andere italienische Gefährtin, Daniela Battisti. Gleichsam schicke ich euch all meine Solidarität: Ai Ferri Corti Con La Vita! Trotz aller Anfeindungen gegen unsere Schwestern und Brüder auf der ganzen Welt gab es auch etwas, das mich sehr erfreut hat: die veröffentlichte Karte unseres Gefährten Braulio Duran. Es war sehr angenehm, sie zu lesen und zu wissen, dass er, trotz der Verhältnisse des Nicht-Lebens, in denen er sich befindet, stark bleibt und mündlich für seine Überzeugungen als Veganer und Straight Edger einsteht. Von Seiten der Conspiracion Acrata erhielt und erhält Braulio immer unsere Solidarität und totale Unterstützung und als Individuen teilten wir immer seine Positionen. Auch eingesperrt drücke ich weiterhin meine Unterstützung und Solidarität mit Braulio aus; dabei ist es gleichgültig, dass wir uns nie getroffen und uns die Hand gegeben haben, denn gleichsam haben wir Ideen und Übereinstimmungen geteilt, speziell in seinem Handeln gegen die herrschenden Strukturen. Von daher begrüße ich es sehr, dass er fortfährt, sich öffentlich mitzuteilen und hoffentlich macht er das öfter, weil es für einen anarchistischen Gefangenen wichtig ist, die Kommunikation aufrecht zu erhalten. Der Knast, die "Unfälle", der Tod, die Repression, das Leben "auf der Flucht"; nichts von alledem konnte uns und wird uns jemals stoppen. Seit 1887, als in den USA die Massenmedien im Auftrag des Staates nach dem Blut der Anarchisten schrien, weil diese die demokratische Ordnung zerrütteten, bis heute in Chile, wo die Verdummungsmedien die Investigationsarbeit der Polizei erledigen, um unsere Gefährt_innen im Kampf vorzuführen; bleibt doch trotz aller Widrigkeiten eine Konstante bestehen: der unbestechliche Kampf gegen die Macht. Menschen, die mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln kämpfen, um die herrschenden Strukturen und Verbindungen zu zerstören, Gefährt_innen im Kampf, bereit, nicht einen Schritt zurück zu gehen. Auch wenn wir fallen, erheben wir uns ein ums andere Mal wieder und mit aller Festigkeit gehen wir unseren Weg des täglichen Kampfes gegen die Macht. Den Weg zur totalen Befreiung. Als Individualanarchist führe ich, obgleich eingesperrt in den Kerkern des Staates, den alltäglichen Kampf nach Möglichkeiten fort; und sei es nur mit dem Wort suche ich zur Zerstörung des Herrschaftssystems durch konsequente Taten und informelle Verbindungen, die uns ermöglichen, unseren Kampf zu verwirklichen, beizutragen. Ich versuche, in den Grenzen der Haft zum Prozess der Zerstörung der Werte des Systems, zur Zerstörung der Strukturen, die den Technologie-Kapitalismus stützen, beizutragen; ich versuche, zum Prozess der Zerstörung der Machtstrukturen, auf die sich die Gesellschaft und das Funktionieren des Unterdrückungsapparats stützt, beizutragen. Ich bin kein politischer Häftling, ich bin ein anarchistischer Gefangener, der sich im Todesduell mit allem Existenten befindet, in Konflikt mit und in permanenter Hinterfragung des Herrschaftssystems und der Lebensform, die es uns aufzwingt. Seine Werte und Praktiken ablehnend, seine Machtstrukturen, seine Sprache und Zähmung negierend. Noch weniger akzeptiere ich die Resignation, die das Christentum oder der Katholizismus uns aufzwingt, damit wir uns der Unterdrückung nicht entgegenstellen. Die Religion ist der beste Weg zu Unterwerfung, Resignation und Ignoranz. Nichtsdestotrotz halten hier viele Menschen (arm an Geist und Verstand) weiterhin an der Religion fest, um das Eingesperrtsein zu ertragen, doppelt schwer an ihren Ketten tragend. Die Religion ist im Knast ein exzellentes Mittel, um jegliche Möglichkeiten von Konflikten zu neutralisieren oder zu katalysieren. Zuletzt möchte ich einige Details meiner vorletzten Karte klarstellen, da mich schon einige Kommentare erreichten, weswegen es einer Klarstellung bedarf (Anm. d. Übers.: offensichtlich lag diese Karte leider nicht zur Übersetzung vor). Ich beziehe mich vor allem auf den Absatz, in welchem ich mich bezüglich des Drogenhandels äußere. Es stimmt, dass es, ein Thema wie dieses so unbedacht anzusprechen, eine Sprache, die unseren Perspektiven so fremd ist, benutzend, einige Konfusion hervorrufen kann; in diesem Sinne möchte ich klarstellen, das sich meine Aussage darüber auf einen sehr speziellen Kontext bezieht und mehr als defensives Szenario verstanden werden kann, angesichts der Versuche der Verdummungsmedien, die darauf beharren, mich mit dem so genannten "organisierten Verbrechen" in Verbindung zu bringen - mit Gruppen, die in die internen Kämpfe zwischen der Macht und dem Drogenhandel involviert sind. Es war nie meine Absicht, mich in dem Rahmen des Diskurses "links - reformistisch - populistisch" zu positionieren. Obwohl ich allerdings anerkenne, dass sich unter der Pantomime dieses Kriegs zwischen Kartellen und/oder Regierungs-Kartellen ein verdeckter Krieg gegen andere Kämpfe, die sich der Regierung entgegenstellen, abspielt. Dementsprechend handelt es sich beim Ansprechen dieses Themas auch nicht um den Versuch, mich mit den Sektoren der Linken gut zu verstehen oder um ihre Unterstützung zu suchen. Ich möchte betonen, dass es mir nicht an Unterstützung mangelt und mir reicht die Solidarität derjenigen, die das machen. Mir reicht die ehrliche Solidarität meiner Gefährt_innen und all derer, die mich uneigennützig in der Situation, in der ich mich befinde, unterstützen wollen. Das einzige Versprechen, das das beinhaltet, ist die aufständisch-anarchistische Tendenz und ich glaube, dass ich in den letzten Mitteilungen versucht habe, zu erklären, was das für mich bedeutet. Ich denke nicht, dass es meinen Ideen und Positionen, noch meiner anarchistischen Lebensart widerspricht, auch andere Themen anzusprechen, die uns in gewisser Weise auch angehen. Ich kämpfe weder für eine "gute Regierung" noch für eine bessere Gesellschaft, sowenig wie ich für Reformen oder "revolutionäre Gesetze" kämpfe, geschweigedenn mich für die "Abschaffung" der Gefängnisse oder die Installierung gewisser Gesetze gegen den Terrorismus einsetze. Auch demonstriere ich weder für einen humaneren Kapitalismus noch für die Um- oder Gleichverteilung des Reichtums. Ich kämpfe für die totale und absolute Zerstörung des Herrschaftssystems und allem, was dessen Existenz repräsentiert: Gesellschaft, Werte, Moral, Knäste, Gesetze, Sexismus, Technologie, etc. Ich kämpfe für ein freies, erfülltes Leben ohne Autorität(en). Das ist keine Utopie, dieser Prozess von Zerstörung-Aufbau, an den ich appelliere, ist jetzt und heute möglich und notwendig. Wir leben in einer Gesellschaft, die uns bei jeder sich bietenden Gelegenheit ihre Widersprüche zeigt und ihr beschissener "sozialer Frieden" ist einer davon. Die Sozialdemokratie, die rechte Linke des Kapitals drängt uns ein leeres Leben ohne Leidenschaft auf, uns zwingend, ein Nicht-Leben des Konsumierens, des Konformismus und der Ignoranz zu leben, uns eine scheinbare Geborgenheit anbietend, in der ein Fernseher mehr wert ist, als ein "ich liebe dich", in der ein "ich liebe dich" zu einem Produkt des Marktes verkommt, in der einem Haufen materieller Scheiße mehr Wichtigkeit und Ausdruckskraft zukommt als dem Vergnügen, das uns ein Treffen mit Freund_innen oder Gefährt_innen bereitet. Eine Gesellschaft, in der deine Würde mit einem Freitagabend-Kinogutschein und mit den Sonderangeboten im Supermarkt erkauft wird; in der die Bürger_innen sich für einen Almosen, den sie Gehalt nennen, verkaufen und bewusst ihre eigene Sklaverei akzeptieren, verdient nichts anderes als ihre absolute Zerstörung. Aber in ihrer harmonischen Ordnung gibt es Eingeschlossene, Ausgeschlossene und sich selbst Ausschließende. Und gerade Letztere sind es, die angesichts des grauen, gestörten Alltags, den uns das System aufzwingt, anstatt zu jammern mit all ihrer Wut diese falsche Illusion der Geborgenheit ablehnen und ihr Leben in eine konstante Propaganda der Tat und des Kampfes übersetzen; sich in die Schlacht stürzend, bereit, nicht eher auszuruhen, als bis sie diese Gesellschaft der Schande in Trümmern sehen. Sie sind es, die in ihren Herzen eine freie Welt ohne Autorität(en) tragen. All meine Unterstützung an die Soli-Aktions-Woche in Solidarität mit den anarchistischen Gefangenen vom 21. bis zum 30. September 2012! Mit allen notwendigen Mitteln, für die totale Zerstörung des Herrschaftssystems. Sozialer Krieg an allen Fronten. Mario Antonio Lopez Hernandez, anarchistischer Gefangener. Centro de Observación, Clasificación y Humillación (COC-H) del Reclusorio Preventivo Sur, México DF., 22. September 2012

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