Montag, 5. November 2012

Gentechnik-Seilschaften: Newsletter am 3.11.2012

************www.biotech-seilschaften.de.vu************** DARF GERNE WEITERGELEITET WERDEN ... GANZ ODER TEXTWEISE *************Verfasst von: Jörg Bergstedt*************** Hallo, ich hatte ein paar Monate Pause gemacht mit der Ton-Bilder-Schau „Monsanto auf Deutsch“. Der Vortrag war oft angefragt, aber eigentlich ist mein Leben bunter und vielfältiger. So spürte ich eine gewisse Ermüdung, Ähnliches zu oft zu wiederholen. Hinzu kam die ständige Gegenwehr der etablierten Sphären der Gentechnikkritik (Apparate von Umweltverbänden oder Grünen, elitärere ExpertInnen zur Gentechnik usw., die mit „uns“ AktivistInnen nichts am Hut haben wollen) sowie der mangelnde Erfolg, Menschen auch zu konkreten Protestaktionen zu bewegen. Nun habe ich in den vergangenen Tagen Pause ein Ende gesetzt und bin durch Baden-Württemberg gefahren mit sehr netten Abenden in Marbach, Schorndorf und auf dem Deutschen Berufsimkertag in Donaueschingen. Außerdem lief die Darstellung der Gentechnik-Seilschaften in Bodenwerder – verbunden mit der Preisverleihung für Zivilcourage. Die nächste „Tour“ geht dann – schon fast traditionsgemäß in dieser Phase des Jahres – durch vom 7. bis 15. November durch Bayern plus 1x Österreich. Dabei geht es dreimal auch um andere Themen bzw. ein Training in kreativen Protestformen (mehr unten in der Terminliste). Zu der dichten Folge von Monsanto-auf-Deutsch-Vorträgen will ich auch nicht mehr zurückkehren – aber auch nicht ganz davon lassen. Wer also für 2013 Pläne hat, darf gerne anfragen … und noch mehr gerne auch für andere Themen (www.vortragsangebote.de.vu). Beste Grüße aus der Projektwerkstatt in Saasen … Jörg B. P.S. Wer weiterhin die Infos aus den Gentechnik-Seilschaften erhalten will und noch nicht für den Newsletter angemeldet ist, sollte das tun – per Formular auf www.biotech-seilschaften.de.vu oder Mail an saasen@projektwerkstatt.de. ******************** NEUES AUS DEN SEILSCHAFTEN Maulkorbprozess in Saarbrücken: Betrugsvorwurf vorläufig verboten Am 15.10.2012 erging mal wieder ein Urteil im Prozessmarathon von Saarbrücken. Bislang war der Stand, dass alle Kritiken erlaubt waren (Sieg in oberster Instanz). Nun ist das etwas eingeschränkt. Das meiste darf gesagt werden, z.B. den Vorwurf der Seilschaften, dubioser Firmengeflechte, dass Felder nur der Propaganda dienen würden, dass Leute wie Schrader und Schmidt profitorientiert und rücksichtslos seien … bis hin zur Beschreibung „Mafia“. Verboten wurde nun aber, ihnen Betrug, Veruntreuung bzw. Geldwäsche vorzuwerfen. Das Problem ist eine prozessorale Gemengelage, die das Oberlandesgericht durch ein äußerst schlecht begründetes Urteil beim ersten Versuch (offenbar waren die da etwas faul beim Schreiben) selbst verursacht hat – aber jetzt an mir als Autor der Veröffentlichungen über die Gentechnik-Seilschaften abarbeitet. Dieses Problem besteht aber zunächst nur in der Wiederholung des Eilverfahren, also einer vorgeschalteten Schnellprüfung. Im Hauptverfahren, was nun zu diesen Vorwürfen auch wiederholt wird, sieht das dann schon wieder anders aus. Die Einschränkung betrifft aber ohnehin nur mich als Autor. Alle Anderen können die Kritik weiter äußern. Die aktuellen Veröffentlichungen (gedruckt und im Internet) entsprechen sowie der nun bestehenden Rechtslage, da sie in der Zeit entstanden, als schon einmal ein Teilverbot galt. Spannend dürfte nun das Hauptverfahren werden – ein Termin steht noch nicht fest. Akteneinsicht in die Förderunterlagen? Seit drei Jahren (!) ringe ich mit dem Forschungszentrum Jülich (früher noch mit „Kern-“ davor) um Akteneinsicht in die Förderunterlagen zu den BioSicherheitsversuchen. Ein Gerichtsprozess nach dem anderen geht vorbei – und nichts geschieht. Hier ist organisierter Rechtsbruch Alltag. Da wird gemauert, verzögert mit allen Tricks. Nun steht der vorläufige Abschluss vor dem Verwaltungsgericht Gießen bevor. Allerdings lässt sich schon erahnen, dass es nicht helfen wird. Das Gericht wird mir nach Lage der Dinge Recht geben und das Forschungszentrum Jülich verpflichten, die Akteneinsicht zu gewähren. Es wird aber meiner Argumentation nicht folgen, dass das so nicht reicht, weil das Forschungszentrum mit einer Art legaler krimineller Energie die Verhinderungspolitik fortsetzen wird. Gerichte lassen sich nicht dazu bringen, in Behörden notorische RechtsbrecherInnen zu sehen. So wird es wahrscheinlich keine Fristen setzen, keine weiteren schmutzigen Tricks ausschließen. Das Ergebnis wird dann vermutlich sein, dass die Tricks weiter angewendet werden. Sollte es wider Erwarten doch zur Akteneinsicht kommen, sind über 60 Aktenordner anzuschauen. Da ist Unterstützung nützlich: Wer würde mitkommen zum Blättern, Lesen und Abfotografieren? Wenn‘s nicht so traurig wäre … Zwei Spiegelreporter haben dieses Jahr den InnoPlanta-Preis für besonders objektiven Journalismus erhalten – für ihren Artikel „Der nächste Ausstieg“. Der erschien im Spiegel Nr. 34/2011. Zweieinhalb Seiten lang lassen sie die BefürworterInnen der Agrogentechnik zu Wort kommen, z.B. den Phrasendrescher Jacobsen von der Uni Hannover (HannoverGen). Der Artikel selbst ist eher langweilig, wie die meisten der Lobeshymnen auf die höchstens für fördergeldbasierte Kleinfirmen nützliche Technik. Ein paar Versuche, Fakten zu benennen, zeigen, dass die Autoren mehr spekulieren als recherchieren. Sie schenken den BefürworterInnen ungeprüft Glauben und erzählen ansonsten Geschichten z.B. über Feldbefreiungen, die selbst die BefürworterInnen anders sehen. Das aber ist harmlos gegen einen bemerkenswerten Zufall. Denn erst die letzte Seite bietet eine unfreiwillige Realsatire. Der „tolle“ Artikel über Gentechnik füllt dort nämlich nur noch die erste von drei Spalten. Auf der mittleren und rechten beginnt der nächste Artikel. Der heißt „Versteck in der Schweiz“. Ich zitiere: „Seither jagen Dutzende Polizisten und Staatsanwälte Täter und Waffe, Verfassungsschützer versuchen, die mafiöse Organisation türkischer Nationalisten in Deutschland zu durchdringen ... Es gab Festnahmen, doch die Verdächtigen musste man wieder laufen lassen, und sie verschwanden Stunden später aus Deutschland, Richtung Schweiz und Türkei. Die Mordserie stoppte, doch von der Ceska fehlt bis heute jede Spur. Bei ihren Ermittlungen stieß die Nürnberger Soko „Bosporus“ auf Mehmet, einen Mann aus dem einschlägigen Milieu. Mehmet lebt seit langem in Deutschland, er sei, so schilderte er den Beamten, für die Organisation in die Bundesrepublik geschleust worden, um vor Ort heikle Aufträge zu erledigen. … Auf die Mitarbeit ihres wohl bislang erfolgversprechendsten Informanten wird die Soko also verzichten müssen – und damit wohl auch auf eine Chance, die spektakuläre Mordserie endlich aufzuklären.“ Erkennt Ihr es? Ja, das war der objektive Journalismus zu dem, was später – durch Zufall – aufflog als Mordserie der Naziterrorgruppe NSU. Solch ein Hetzblatt muss einfach geehrt werden … Der nächste Bewerber für objektiven Journalismus: MZ-Kommentator Frank Gehrmann heißt er und ist der Gentechnik-Hofberichterstatter bei der Mitteldeutschen Zeitung. Er schrieb einen Kommentar über die – fraglos schwachen, z.T. aber auch (für Außenstehende nicht durchschaubar) gescheiterten – Proteste in Gatersleben beim InnoPlantaforum 2012. Er hat mit den DemonstrantInnen vorsichtshalber gar nicht geredet. So lassen sich Vorurteile besser aufrecht erhalten. Auszug aus seinem Kommentar: „Hier gegen es nicht gegen die Grüne Gentechnik im Konkreten, hier geht es um die Protestaktion im Allgemeinen. Natürlich ist eine sachliche Diskussion über die Vor- und Nachteile der Gentechnologie nützlich und vor allem auch notwendig. Angekettet von einem Baum aus ist diese aber schlecht zu führen.“ Angesichts der triefenden Ideologie auf dem InnoPlanta-Forum, der durch ein massives Polizeiaufgebot verhinderten Begegnung von BefürworterInnen/NutznießerInnen und KritikerInnen, angesichts von 5 (!) Informationsständen entlang des Veranstaltungsgeländes mit allen möglichen Informationen zur Gentechnikkritik, an denen auch munter diskutiert wurde, ist es müßig, darauf hinzuweisen, dass niemand irgendwo in einem Baum angekettet war … IPK und Gatersleben "Die Saaten-Union Biotec GmbH wird ihr Engagement auf dem Biotech-Campus Gatersleben in Zukunft erheblich erweitern. Hierfür hat sie am 31.08.2012 einen Mietvertrag mit der BGI Biotechpark Gatersleben unterzeichnet." (http://www.investieren-in-sachsen-anhalt.de/Nachricht-Detail.172.0.html?&uid=4529&cHash=08d419dd65a7cb61be7ac1b7553a8aee) "Das Leibniz-Institut für Pflanzengenetik (IPK) beabsichtigt, zwischen 2012 und 2014 einen Freisetzungsversuch mit genmanipuliertem Weizen durchzuführen. Das Freilandexperiment soll am Standort Üplingen (Bördekreis, Sachsen-Anhalt) stattfinden. Neben drei Gen-Basisweizenlinien sollen 236 Linien genmanipulierter Weizenpflanzen angebaut werden, welche aus den drei genmanipulierten Basislinien und sieben herkömmlichen Sorten gezüchtet wurden." http://umweltinstitut.org/gentechnik/freisetzungsversuche/hintergrunde-gen-weizen-1036.html Kirche pro Gentechnik I: Pseudowissenschaftliches Pro-Gentechnik-Buch aus Uni- und Kirchenkreisen Sechs Tage lang begaben sich ExpertInnen in eine intensive Klausur, um über das gesellschaftspolitisch heiß umkämpftes Thema „Gentechnik“ zu diskutieren, in Gruppen Positionen zu erarbeiten und schließlich die „Ergebnisse“ in diesem dicken Buch zu veröffentlichen. Initiatoren und nun Buchherausgeber waren zwei zentrale Figuren einer Münchener Einrichtung, in der seit Jahren die dortige Uni (LMU) und die evangelische Kirche für die grüne Gentechnik werben. Die bisherigen Methoden reichten von Pressetexten über Faltblätter und Veranstaltungen bis zu Predigten. Nun also folgte die Klausur und das Buch. Es ist eine „Gruppenbild mit Dame“, nicht in erster Linie wegen der geringen Anzahl von Frauen in dem Treffen (das ist in politischen Debatten nach einer leichten Besserung vor ca. 20 Jahren wieder zum Normalfall geworden), sondern wegen der fatalen Rolle der Gentechnikreferentin des Naturschutzbundes Deutschland. Sie ist die Quotenkritikerin, aber lässt sich nicht nur vorführen als exotische Beigabe in einer völlig einseitigen Veranstaltung, sondern leistet zudem noch einen gleich doppelt verheerenden Beitrag. Zum einen ist er inhaltlich schwach und hangelt sich überwiegend an Fällen aus alten Zeiten (MON810) entlang, ohne aktuelle Entwicklungen überhaupt zu erwähnen. Zum anderen befürwortet er offensiv verstärkte Forschung, bettelt aber darum, auch etwas von dem Forschungsförderungskuchen abzubekommen. Naturschutzverbände sollen in Gremien besser vertreten sein und auch Geld für wissenschaftliche Arbeiten bekommen – eine Position, die leider nicht nur hier die Umweltverbände zu harmlosen, käuflichen Mitläufern macht. Im Rest des Buches haben die BefürworterInnen der grünen Gentechnik freie Bahn. Sie verpacken das mehr oder weniger gut, phantasieren von unabhängiger Forschung und fordern unverblümt mehr Geld und Freiheit für ihre Tätigkeit. Niemand dort zählt auf, wie viele Patente er bzw. sie schon gesammelt hat – auf staatlichen Stellen oder mit staatlichen Geldern. Alle präsentieren sich als nachdenklich, unabhängig und neutral, selbst die Patentesammlerin, Leiterin offensichtlich betrügerischer Versuche und vielfach in den Seilschaften verstrickte Rostocker Professorin Inge Broer. Ein sogenannt theologischer Beitrag widmet sich dem Schöpfungsglauben. Mensch muss den kruden Erfindungen der Bibel nicht folgen, aber was in diesem Buch steht, verbindet klerikales Denken mit geldgeilem Machbarkeitswahn. „Wenn die Forschung an GVPs die Möglichkeit eröffnet, Leiden zu verringern und das Wohl von Menschen zu fördern, sollte gerade die Theologie eine solche unterstützen“ schreibt Moritz Menacher vom Lehrstuhl für Theologie und Ethik der Uni Heidelberg, und dass „Freilandversuche … dezidiert unterstützt werden“ sollten. Sein Text gipfelt in einer theologischen Begründung für ein Herumwerkeln in der „Schöpfung“: „Dem Menschen ist in der Schöpfung eine besondere Rolle zuteilgeworden, und sein Verhältnis zu den anderen Lebewesen ist nicht das einer Partnerschaft, da der Mensch von Gott ermächtigt worden ist, Eingriffe in fremdes Leben vorzunehmen. Ihm ist im Umgang mit der natürlichen Welt alles eröffnet, solange er die Folgen nach menschlicher Einsicht prüft …“ – ein Blick auf die Formbarkeit „menschlicher Einsicht“ durch Macht und Geld folgt nicht. Stattdessen wird an die „Verantwortung“ derer appelliert, die im täglichen Kampf in Instituten und Firmen um die nötigen Geldflüsse zum Überleben ringen. „Schöpfung ist mehr als die Natur, denn selbst wenn der Mensch die Natur zerstört, kann er doch nicht die Schöpfung zerstören.“ Forschungsfreiheit sei durch ethische Kritik in Gefahr, argumentieren andere wie Thorsten Moos, Leiter des Arbeitsbereichs „Religion, Recht und Kultur“ an der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft (ebenfalls in Heidelberg). Dass Wissenschaft – und das ja sogar mit deren eigenen Worten belegbar – nicht anderes (mehr) ist als die Jagd nach Fördergeldern, wird dabei ausgeblendet. Übrig bleibt scheinbar nur der Kampf zwischen Glaube und Vernunft – und hier müsse klar die Vernunft siegen, deren Verwicklungen in Fortschrittsglaube, politische Machtansprüche und Zwang zum wirtschaftlichen Profit schlicht unter den Tisch fallen. Die Religion (und somit auch die Kirchen) wären mit ihren ewiggestrigen Welterklärungen und ihren eigenen Machtansprüchen in der Tat ein untaugliches Gegengewicht. Doch eine entfesselte Forschung im Dienst von Macht und Profit braucht Gegenwind. Den erhalten sie im Buch aber nicht – außer einem lauen Lüftchen einer immer zahmen und politisch wie fachlich einfach auch dummen Nabu-Vertreterin. Selbst der Beitrag zu Lobbying fällt entsprechend seltsam aus. Nach einem kritischen Blick auf den Wirtschaftsverband EuropaBio wird Greenpeace als Beispiel für Machtpolitik per Lobbying vorgestellt. Die Quellenangaben zeigen dann auch: Mit den Veröffentlichungen der letzten Jahre zu Gentechnik-Seilschaften hat sich die Autorin gar nicht beschäftigt. Nur Stefan Rauschen, Chef eines internationalen Lobbyverbandes, darf in seinem Beitrag kurz über die GentechnikkritikerInnen hetzten. Zitat: „Die Aktivitäten der Kritiker richten sich aber auch direkt und persönlich gegen die forschenden WissenschaftlerInnen und Wissenschaftler und nehmen dabei teilweise verleumderische Züge an.“ (Fußnote dazu: www.biotech-seilschaften.de.vu). Herwig Grimm/Stephan Schleissing (Hrsg.) Grüne Gentechnik: Zwischen Forschungsfreiheit und Anwendungsrisiko (2012, Nomos in Baden-Baden, 444 S., 49 €) Kirche pro Gentechnik II Nicht viel später wieder eine ähnliche Nummer: Das Center for Advanced Studies (CAS) der LMU München und das Institut Technik-Theologie-Naturwissenschaften (TTN) veranstalteten am 9. Mai 2012 eine Podiumsdiskussion "Grüne Gentechnik bewerten und regulieren". Auf dem Podium die Professoren Hans-Georg Dederer (Universität Passau), Bernhard Gill (LMU), Christof Mauch (LMU), Jürgen Soll (LMU) und Gerhard Wenzel (TUM) - siehe Videomitschnitt unter www.ttn-institut.de/node/1535. Der Moderator war Joachim Müller-Jung, im Hauptberuf Wissensredaktionschef der FAZ. Der schreibt zum Thema Gentechnik einseitige Artikel und zeigt dabei auch bemerkenswerte Wissenslücken. Die werden mit Parolen, froher Hoffnung und Glaubenssätzensolche Sätze gefüllt - so wie im Leitartikel "Das Gespenst Gentechnik geht" am 29.5.2012: „Auf dem Acker fahren wir im Rückwärtsgang. ... Es fehlt nicht mehr viel, und Europa erlebt einen neuen Bankrott ... Dass Erzeugnisse aus gentechnisch veränderten Lebensmitteln, allen voran Sojaprodukte, in die Gemeinschaft gelangen, ist längst unvermeidlich. ... Man schiebt, nachträglich, umstrittene Sicherheitsbedenken vor, um politisch gewollte Verbote durchzusetzen und damit das Zulassungsverfahren ad absurdum zu führen. ... Dass im heterogenen Europa jemals ein amerikanisches Naturbild allgemein anerkannt wird, das die Erzeugnisse der Gentechnik als natürliche Bestandteile der Lebensmittel einstuft, ist heute undenkbar. Die Wissenschaft als Impulsgeber des Fortschritts hat das längst hingenommen. Selbstverständlich bleibt es für sie irrational, die pflanzenzüchterischen Vorteile sicherer Sorten nicht nutzen zu wollen. Aber die Einwände, seien sie grundsätzlicher moralischer Art wie die Nichtrückholbarkeit neuer Genkonstrukte, sind auch für sie nicht mehr fadenscheinig. Sie steht im Wettbewerb und geht dahin, wo sie Chancen für die Grüne Gentechnik sieht. Europa kann hier keine erste Adresse mehr sein.“ Finanziert wird das Treiben des TTN zu guten Teilen aus dem Bayrischen Staatsförderprogramm für die grüne Gentechnik. ETH Zürich Aus dieser Elite-Hochschule stammen einige bekannte Gentechnik-Befürworter wie der Golden-Rice-„Erfinder“ Potrykus, der in den deutschsprachigen Seilschaften immer mal wieder mitspielt. Präsident des Stiftungsrates der ETH Zürich Foundation ist laut Wikipeda Jürgen Dormann, vorher Chef von Aventis, als die noch einen Schwerpunkt in der Agrogentechnik hatten (inzwischen an Bayer als CropScience abgegeben). Gentechnikförderkohle aus dem Aigner-Ministerium Das Förderprogramm zu nachhaltigen Rohstoffen (FNR) fördert seit Jahren z.B. Kartoffelversuche von Prof. Inge Broer aus Rostock. Dieses Programm mal näher zu durchleuchten, könnte wichtig sein … Geld für Broers Gentechnikprojekt floss erstmals 1999 (also unter Rot-Grün), dann ein zweites Mal ab 2004 (also unter der zuständigen Ministerin Renate Künast) und ein drittes Mal ab 2007 (also unter CSU-Führung). NORIKA bei Entwicklung von Gentechnikkartoffeln direkt dabei Seit Jahren haben die Manager der Groß Lüsewitzer Kartoffelzuchtfirma Norika GentechnikgegnerInnen angelogen und behauptet, sie seien an den gv-Experimenten am AgroBioTechnikum beteiligt. Zweifel blieben immer – und waren berechtigt. Ein Blick in das Förderprogramm zu nachwachsenden Rohstoffen zeigt, dass NORIKA Partner bei der Entwicklung der Plastikkartoffeln (Biopolymer) von Inge Broer ist – neben weiteren Unis (Bielefeld, ob Broer herkommt, Tübingen, Rostock und der HU Berlin). ******************** SPRÜCHEKLOPFERiNNEN Leider immer wieder: Umweltverbände pro Gentechnik (diesmal: Internationaler Naturschutz-Dachverband) Aus einem Interview mit der IUCN-Vorsitzenden Maritta von Bieberstein Koch-Weser im Aventis-Magazin "future" 3/2000 (S. 16): „Wenn man etwas nicht genau wissen kann, sollte man vorsichtig sein, das ist meine persönliche Einstellung. Aber es gibt auch eine andere ethische Verantwortung. Man denke nur einmal an den Weizen oder andere Getreidesorten, die zum Beispiel besonders widerstandsfähig gegen die Trockenheit sind. Arme Bevölkerungen in bestimmten Teilen der Welt könnten sie anpflanzen - und es würden weniger Kinder sterben. Das ist ein gewichtiges Argument. Wir müssen eine differenzierte, wissenschaftliche fundierte und ethisch abgestützte Debatte führen.“ ******************** AKTIONEN Das muss ich doch mal loben und zwar gleich 2x: „Gendreck weg!“ „Gendreck-weg!“ hat sich am 25.8. offiziell als Aktionsnetzwerk verabschiedet. Zwar laufen noch immer einige Prozesse rund um das Genweizenfeld Gatersleben. Aber ansonsten war nun auch offiziell Schluss. Auch wenn ich finde, dieses Ende kam ein wenig zu spät, denn eigentlich ist es gut, wenn Bewegungen Anfang und Ende haben, um dann Platz zu machen und Ressourcen zu nutzen für Neues, so muss in der Gesamtbilanz doch klar festgestellt werden: 2005, als – zunächst über den Erprobungsanbau via InnoPlanta und dann über die MON810-Felder – wie gv-Pflanzen um sich griffen, war der Start einer Kampagne für direkte Aktionen eine mutige und nötige Tat. Zudem boten die Aktionen immer eine ausreichende Offenheit für unterschiedliche Aktionsformen, so dass Ausgrenzungsspielchen wie in ähnlichen nominal gewaltfreien Netzwerken weitgehend unterblieben. Der Erfolg zählt dann ja auch für sich – und dazu gehört auch, dass z.B. ein Gendreck-weg-Camp (Oderbruch 2007) ein wichtiges Sprungbrett für das erfolgreichste Feldbesetzungsjahr 2008 war. Nun also ist „Gendreck weg!“ Geschichte, setzt aber noch einen bemerkenswert politischen After-Party-Punkt. Denn zum Ende der Haftzeit des Feldbefreiers Erasmus konnten wir ganz offiziell bei Gendreck-weg eine bissige Presseinfo gegen Gefängnisse lesen. Die ist so schön, die muss hier komplett rein: „Pressemitteilung Gendreck-weg Freitag, 21. September 2012 Nach 23 Tagen frei Gentechnikgegner übt scharfe Kritik am Gefängnissystem „Gefängnis ist nicht Resozialisierung, sondern Rache am Gefangenen“, so fasst E. Müller seine Erfahrungen nach 23 Tagen Haft zusammen. Der Gentechnikgegner wurde heute aus der Berliner JVA Plötzensee entlassen. Dort saß er nach einer Feldbefreiung der Gruppe Gendreck-weg 2008 im fränkischen Kitzingen ein, nachdem er sich weigerte, die festgesetzte Geldstrafe für seine Tat zu zahlen oder seine Zahlungsunfähigkeit nachzuweisen. „Im Gefängnis werden systematisch Leben von Menschen zerstört. Zum Freiheitsentzug kommen quälende Langeweile, die Willkür der Beamten, faktische Rechtslosigkeit der Gefangenen, Desinformation und ein ständiger Mangel an geschützter Privatsphäre.“ Schon das sei für die meisten nur schwer aushaltbar. „Ein Mitgefangener wollte sich das Leben nehmen – er hat mir den Abschiedsbrief an seine Mutter in die Hand gedrückt“, so Müller. Wer die Zeit im Gefängnis überstehe, stünde nicht selten vor den Trümmern seines Lebens. „Ehe, Freundschaften, Job, Wohnung, Geld – immer wieder habe ich gehört, dass das nach kurzer Zeit schon weg war.“ In der Öffentlichkeit herrsche ein Bild des bösen, brutalen Gefangenen vor, der seine Strafe verdient habe. „So jemanden habe ich während meiner Haft nicht getroffen“, so der Berliner. Sogar das Gesetz rede inzwischen nur noch von Resozialisierung und dem Schutz der Gesellschaft, nicht aber von Rache oder Bestrafung. „Die realen Haftbedingungen sprechen den wohlklingenden Grundsatz-Paragraphen 2 und 3 des Strafvollzugsgesetzes Hohn“, so Müller. Das Gefängnis resozialisiere die Gefangenen genauso wenig wie es die Gesellschaft schütze. Im Gegenteil fördere es sogar kriminelle Karrieren. „Ich habe im Knast – ohne danach zu fragen – erfahren, wie ich mich an EC-Karten-Fälschungen beteiligen und wo ich Heroin kaufen kann“, sagt der Diplom-Mathematiker. „Ich habe schlicht das Glück, dass ich nicht auf eine dieser Möglichkeiten angewiesen bin.“ In der JVA Plötzensee werden ausschließlich Geldstrafen abgesessen. „Hier wird der Zynismus besonders deutlich. Dort landet nur, wer nicht einfach, wie reichere wie reichere Teile der Bevölkerung ein paar hundert oder tausend Euro bezahlen kann. Ein ganzes großes Gefängnis nur für Leute ohne Geld.“ Der Gentechnikgegner wurde heute nach 23 Tagen von besorgten Freundinnen und Freunden freigekauft.“ Kabrack!archiv – wer hat Lust z.B. auf den Bereich zu Gentechnik??? Die Bibliotheken und Themensammlungen der Projektwerkstatt gehören zu den umfangreichsten unabhängigen und selbstorganisierten Bewegungsarchiven. Hier stehen über 20.000 Bücher, ein besonderer Schatz aber sind etliche Kopien, Flugblätter, Zeitungstexte, unveröffentlichte Manuskripte zu vielen politischen Themen. Richtig gut nutzbar wären die aber nur, wenn sie wenigstens ab und zu ergänzt, durchsortiert und neue Infos eingeaktet werden. Und darum geht es: Wer hat Lust, an diesem Archive mitzuwirken? Das Ganze ist thematisch sortiert. Das macht es möglich, einen konkreten Themenbereich zu übernehmen, d.h. zu sortieren, zu gestalten, neue Materialien zu beschaffen, eventuell auch zu erfassen und mehr (also z.B. Gentechnik oder Landwirtschaft, Medizin oder noch andere Themen … es sind viele da drin!!!). Bibliotheken und Archive würden dann zu einer bunten Kooperation mehrerer Leute, die einzelne Themen oder Bereiche übernehmen – vom Einsortieren über das Organisieren weiterer Materialien bis zur Gestaltung von Regalen, bei Interesse auch gerne den angrenzenden Flächen (mal eine Sitzhecke, eine Hängematte, ein Schreibtisch …). Ein paar Einblicke bietet die Seite www.projektwerkstatt.de/kabrack - die Seite wartet auf eine Überarbeitung im Zuge neuen Schwungs im Archiv. Also los … wer Lust hat, eine Themenecke zu übernehmen, an einer mitzuwirken oder auch über das „große Ganze“ des Archivs und der Raumgestaltung nachzudenken, sollte sich melden – gerne auch mit Wünschen, an welchen Themen Interesse besteht. ******************** TERMINE FÜR DIE TON-BILDER-SCHAU "Monsanto auf Deutsch - Seilschaften zwischen Behörden, Forschung und Gentechnikkonzernen" (einschließlich 3x andere Themen) • Mittwoch, 7.11., 19.30 Uhr in Wolfratshausen (Wirtshaus Flößerei neben der Loisachhalle, Hammerschmiedweg 6): Ton-Bilder-Schau "Monsanto auf Deutsch - Seilschaften zwischen Behörden, Forschung und Gentechnikkonzernen" • Donnerstag, 8.11. in Weilheim (Waldwirtschaft am Gögerl 1): Ton-Bilder-Schau "Monsanto auf Deutsch - Seilschaften zwischen Behörden, Forschung und Gentechnikkonzernen" • Freitag, 9.11. in Planegg (im Wintergarten beim Heide Volm, Bahnhofstr. 51): Ton-Bilder-Schau "Monsanto auf Deutsch - Seilschaften zwischen Behörden, Forschung und Gentechnikkonzernen" • Samstag, 10.11. in München (genauer Ort auf Anfrage): Direct-Action-Training - Infos, Beispiele und Übungen zu kreativen Widerstandsaktionen, z.B. Fakes, verstecktes Theater, kreative Sabotage usw. (Infoseite zu Direct Action: www.direct-action.de.vu) • Samstag, 10.11. um 19.30 Uhr in Aschau (Pfarrsaal, Frasdorfer Str. 6): Ton-Bilder-Schau "Monsanto auf Deutsch - Seilschaften zwischen Behörden, Forschung und Gentechnikkonzernen" • Sonntag, 11.11. in (Gasthaus "Wirtsbauer", Langeneck 2; Kreis Rottal-Inn, südwestlich Pfarrkirchen): Ton-Bilder-Schau "Monsanto auf Deutsch - Seilschaften zwischen Behörden, Forschung und Gentechnikkonzernen" •Montag, 12.11. noch frei - wer hat Lust auf "Monsanto auf Deutsch" oder ein anderes Thema (www.vortragsangebote.de.vu) • Dienstag, 13.11. um 19 Uhr in München (Hansa-Haus, Brienner Str. 39/Rückgebäude): Ton-Bilder-Schau "Monsanto auf Deutsch - Seilschaften zwischen Behörden, Forschung und Gentechnikkonzernen" als Film mit Diskussion • Dienstag, 13.11. um 19.30 Uhr in Rosenheim (Z - Linkes Infozentrum, Innstr. 45a): Ton-Bilder-Schau "Fiese Tricks von Polizei und Justiz" • Mittwoch, 14.11., um 19 Uhr in den Räumen der Münchner Grünen, Sendlingerstraße 47 im Zwischengeschoss: Ton-Bilder-Schau "Fiese Tricks von Polizei und Justiz" "Die Vorwürfe klingen ungeheuerlich: Polizisten basteln einen Brandsatz oder fertigen Gipsabdrücke selbst an, um Beweismittel zu haben. Beweisvideos und -fotos verschwinden, Falschaussagen werden gedeckt, Observationen verschwiegen, um Straftaten erfinden zu können. Alles Hirngespinste von Verschwörungstheoretikern? Offenbar nicht." (ddp am 22.11.2007, 10.26 Uhr) Aus erster Hand: Ein erschreckender, zuweilen witziger und immer spannender Vortrag mit konkreten Fällen mit Originalauszügen aus Polizei- und Gerichtsakten. Ein tiefer Blick hinter das Grauen im Polizei- und Justizalltag bis zur Vertuschung, wenn die Operationen schief gehen: Ein Innenminister (heute Ministerpräsident in Hessen) wird gedeckt, StraftäterInnen in Robe und Uniform geschont, Ermittlungsergebnisse manipuliert. Dieser Abend ist eine Mischung aus Enthüllung, Kriminalroman, Kino und Kabarett. Staunen über die Dreistigkeit der Staatsmacht. Kopfschütteln über uniformierte Dummheit. Lachen über die kreative Gegenwehr! Wer mehr erfahren will: www.fiese-tricks.de.vu • Donnerstag, 15.11. in Erlangen an der Uni (Näheres folgt): Ton-Bilder-Schau "Monsanto auf Deutsch - Seilschaften zwischen Behörden, Forschung und Gentechnikkonzernen" ************************** Ausgewählte Blicke auf das Restjahr 2012: • Samstag, 10.11. ab 11 Uhr in Hannover (Treffpunkt Steintor): Demo "Wir haben es satt!" (http://www.wir-haben-es-satt.de/Hannover) • Dienstag, 20.11. in Görlitz (HausundHof e.V., Hospitalstr. 30): Workshop "Den Kopf entlasten: Kritik anti-emanzipatorischer Positionen in politischen Bewegungen" Monsanto ist schuld. Nein, die Bilderberger. Quatsch, der Finanzkapital macht alles kaputt. Völkerrechtswidrige Kriege lehnen wir ab - demokratisch bomben ist schöner. Härtere Strafen für Nazis, Vergewaltiger und Umweltsünder. Was nichts kostet, ist auch nichts wert. Mehr Kontrolle für Richter und Polizei. Leitungsnetze ausbauen für die Windenergie. Stärke des Rechts statt Recht des Stärkeren. Der Mensch ist halt ein Herdentier (oder neu: Schwarm). NPD-Verbot jetzt! So oder ähnlich klingen viele politische Forderungen. Was sie gemeinsam haben: Sie blenden Machtebenen aus, verkürzten komplexe Herrschaftsanalysen und spielen mit den Mitteln des Populismus. Statt Menschen zu eigenständigem Denken und kritischem Hinterfragen anzuregen, wollen sie billige Zustimmung einfangen - zwecks politischer Beeinflussung, Sammeln von AnhängerInnen und WählerInnen oder auf der Suche nach dem schnöden Mammon in Form von Spenden und Mitgliedsbeiträgen. Auf diese Weise betreiben viele Gruppen das Geschäft derer, die an den Hebeln der Macht sitzen. Sie wollen Einzelprobleme lösen und verschärfen dabei die Ursachen von Profit, Ausbeutungen, Unterdrückung und Umweltzerstörung. Wer das Gute will, dabei aber die Befreiung der Menschen außer Acht lässt, wird schnell zur Hilfstruppe derer, die immer mehr Kontrolle und Steuerungsmittel wollen - und auch immer das Beste versprechen. Im Vortrag mit Diskussion werden Prinzipien anti-emanzipatorischer Theorien, politischer Konzepte und Welterklärungen benannt und dann Beispiele vorgestellt, über die jeweils auch kurze Debatten möglich sind. Infoseite: www.kopfentlastung.de.vu • 22.-24.11.2012 in Görlitz (Alte Herberge): Aktionen für notwendige Einmischungen im Alltag (Seminar mit Trainings … Infos hier: http://www.agjf-sachsen.de/seminare.html • Sonntag, 2.12. um 12 Uhr in Witzenhausen (Hörsaal 13): Ton-Bilder-Schau "Monsanto auf Deutsch - Seilschaften zwischen Behörden, Forschung und Gentechnikkonzernen" Die fehlenden Angaben und weitere Termine erscheinen so schnell wie möglich auf www.projektwerkstatt.de/termin.html ! ******************** P.S. Wie immer das Nachwort: Von der Broschüre „Organisierte Unverantwortlichkeit“ und dem Buch „Monsanto auf Deutsch“ sind noch genügend Bestände vorhanden. Bestellungen über das Infoformular auf unserer Internetseite www.biotech-seilschaften.de.vu, unter www.aktionsversand.de.vu oder in der Projektwerkstatt. Da andere Verlage – teilweise mit erstaunlich widerlichen Unhöflichkeiten – die brisanten Botschaften nicht verlegen wollten, wird „Monsanto auf Deutsch“ wohl erstmal die einzige Enzyklopädie der Agrogentechnik“mafia“ bleiben. Bestellseite www.aktionsversand.de.vu. -- Verfasst in der Projektwerkstatt Saasen, 06401/90328-3, Fax -5, 01522-8728353 Ludwigstr. 11, 35447 Reiskirchen-Saasen (20 km östlich Giessen) www.projektwerkstatt.de/saasen ++ Tagungshaus ++ politische Werkstätten ++ Archive und Bibliotheken ++ Direct-Action-Plattform ++ Bahnanschluß ++ ReferentInnenangebote ++ Sachspenden gesucht: Was gerade fehlt, steht immer unter www.projektwerkstatt.de/gesucht ++

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