Dienstag, 7. Juli 2020

Chiapas98] Gefährlichstes Kartell Mexikos erklärt López Obrador den Krieg (Blickpunkt Lateinamerika v. 29.06.2020)

Blickpunkt Lateinamerika v. 29.06.2020
von Klaus Ehringfeld
Das Kartell von Jalisco hat vergangenen Freitag auf offener Straße ein Attentat auf den Polizeichef von Mexiko-Stadt verübt. Für die Politik der friedlichen Annäherung an die Kartelle von Präsident Obrador bedeutet das einen herben Rückschlag, denn die Syndikate wüten brutaler denn je.
Abrazos, no balazos” – auf diese knappe Formel fasste Präsident Andrés Manuel López Obrador zu Beginn seiner Amtszeit vor anderthalb Jahren seine Strategie gegen das Organisierte Verbrechen in Mexiko zusammen. „Umarmungen, keine Kugeln“ – so sollte den Kartellen nach Jahren der fruchtlosen militärischen Konfrontation durch die Vorgängerregierungen der Wind aus den Segeln genommen und die ungeheuerliche Zahl von mehr als 90 Morden pro Tag reduziert werden.
Mehr Morde denn je in Mexiko 
Eine an sich lobenswerte Idee, weil sie doch auf Prävention und nicht nur auf Repression setzt. Aber seit Ende vergangener Woche muss man sagen: Die Strategie ist grandios gescheitert. Seit das größte und gefährlichste Kartell des Landes versucht hat, den Polizeichef von Mexiko-Stadt zu töten, kann diese Politik kaum noch eine Zukunft haben. Nach eineinhalb Jahren López Obrador ist die Bilanz zudem ernüchternd: Es sterben mehr Menschen denn je im Ringen der Kartelle um Routen und Reviere. Die Todeszahlen stiegen bis Mai nochmals um fünf Prozent gegenüber dem Rekordjahr 2019. Selbst in Zeiten der Pandemie werden mehr Morde begangen, Staatsanwälte und Richter hingerichtet und flammen immer mehr regionale Konflikte auf. Das Organisierte Verbrechen gewinnt in Mexiko immer mehr Raum.
Nie zuvor hatte sich eine kriminelle Organisation getraut, im Herzen der Hauptstadt ein Attentat mit Kriegswaffen zu verüben. Polizeichef Omar García Harfuch, ein Beamter mit langer Tradition im Kampf gegen die Organisierte Kriminalität, überlebte den Angriff auf seinen Konvoi am frühen Freitagmorgen in einer exklusiven Zone von Mexikos-Stadt verletzt, wurde aber operiert und ist außer Lebensgefahr. Drei Menschen starben bei dem Angriff. 13 mutmaßliche Attentäter wurden festgenommen. Noch vom OP aus twitterte García Harfuch: „Wir wurden heute Morgen feige vom Kartell Jalisco Neue Generation angegriffen.“
Der Aufstieg des Jalisco Kartells 
Das „Cartel Jalisco Nueva Generación“ (CJNG) ist das am schnellsten expandierende Syndikat Mexikos, das geführt wird von Nemesio Oseguera Cervantes, alias „El Mencho“, dem inzwischen meistgesuchten Drogenboss der Welt. Die USA haben eine Belohnung von zehn Millionen Dollar auf seine Ergreifung ausgelobt und stufen seine Organisation als eine der „fünf gefährlichsten transnationalen kriminellen Organisationen der Welt" ein.
Das CJNG gilt als besonders aggressiv in seiner Expansionsstrategie und als besonders blutrünstig, und es schreckt auch nicht davor zurück, ganze Städte in Angst und Schrecken zu versetzen. In Mexiko gilt „El Mencho" schon seit 2015 als „Staatsfeind Nummer eins". Damals gelang es seinem Kartell am 1. Mai, die Sechs-Millionen-Stadt Guadalajara mit brennenden Straßensperren sowie Angriffen auf Geschäfte und Sicherheitskräfte fast einen ganzen Tag in Geiselhaft zu halten. Den Verbrechern gelang es sogar, einen Militärhubschrauber abzuschießen, wodurch klar wurde, dass die Organisation auch über Kriegswaffen verfügt.
Oseguera, 54, hat mit seiner Bande klein und als eine Art Junior Partner des Sinaloa-Kartells im wichtigen Bundesstaat Jalisco mit seiner Metropole Guadalajara begonnen. 2010 aber beendete „El Mencho“ die Allianz mit dem legendären Capo Joaquín „El Chapo“ Guzmán und baute seine eigene Organisation auf. Wie fast immer in solchen Fällen wurden dann auch hier aus Partnern erbitterte Feinde.
Das CJNG hat nach Einschätzung von Experten für Organisierte Kriminalität das Sinaloa-Kartell längst als führende kriminelle Organisation abgelöst. Es sei längst mehr als eine bewaffnete Bande und agiere als internationales Syndikat, sagt etwa Edgardo Buscaglia. „Es hat in seiner Expansionsstrategie eine beunruhigende Dynamik an den Tag gelegt und ist jetzt schon in 17 Ländern aktiv.“
Das Attentat auf den Polizeichef sei vermutlich ein Racheakt gewesen, vermutet Buscaglia, der an der Columbia-Universität in New York und der Universität von Turin lehrt. Anfang Juni beschlagnahmte das mexikanische Finanzministerium umgerechnet rund 900 Millionen Dollar auf 2000 Konten, die dem CJNG zugerechnet werden. Zudem ließ der vor zwei Wochen ermordete Richter Uriel Villegas den Sohn von Oseguera, Rubén Oseguera, genannt „El Menchito“ in die USA ausliefern.
https://blickpunkt-lateinamerika.de/artikel/gefaehrlichstes-kartell-mexikos-erklaert-lopez-obrador-den-krieg/
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