Samstag, 24. August 2019

Was ist die Ukraine? Welche Zukunft hat der Donbass?

Das Verhältnis zwischen der Ukraine und dem Donbass bleibt nach wie vor gespannt. Täglich lesen wir in der „Alternativen Presseschau“ überSabotageaktionen, provokatorische Bombardements und Schüsse, die von den faschistischen Truppen der Ukraine auf Wohnsiedlungen, Schulen, Kindergärten, Einrichtungen der Wasserversorgung und Elektrizitätsstationen des Donbass abgegeben werden. Das nationalistisch-faschistische Regime in Kiew hat sich in keiner Weise geändert. Hier nun eine Einschätzung eines Donezker Analysten. Was die neue Rada der Ukraine für den Donbass bedeutet, erklärt der Leiter des Lehrstuhls für Soziologie und Politologie der Donezker Technischen Nationaluniversität, der Kandidat der Philosophie Nikolaj Petrowitsch Ragosin der „Komsomolskaja Prawda“, einer Zeitung des Donbass. Nikolaj Ragosin sagt: „Im Staatsverband der Ukraine haben wir keinerlei Zukunft, weil die Ukraine selbst keinerlei Zukunft hat.“

Nikolaj Petrowitsch, was ist von den Parlamentswahlen in der Ukraine zu erwarten?

Es wäre besser nichts zu erwarten. Notwendig ist es, sich mit seinen Angelegenheiten zu befassen: einen Staat aufzubauen, örtliche Wahlen durchzuführen, Gesetze über politische Parteien anzunehmen, sich mit der Wirtschaft zu befassen. Gemeinsam mit Rußland die Fragen zu lösen, wie unsere Produkte abgesetzt werden können, denn bisher können wir nicht direkt handeln, weil wir in diesem nicht anerkannten Status sind. Es gibt etwas zu tun. Es ist nicht nötig, irgendetwas von Kiew zu erwarten. Was haben diese Wahlen verändert? Es hat sich die Zusammensetzung der Nationalisten verändert – die dümmsten und kompromittierten sind gegangen und es sind neue Nationalisten gekommen, die bisher noch nicht in Skandale verwickelt sind. Eine prorussische Partei hat 13 Prozent. Folglich sind 87 Prozent solche, die nicht die Absicht haben, den politischen Kurz zu ändern. Wie sie in Richtung EU und NATO gingen so gehen sie weiter.

Hat sich absolut nichts verändert?

Dieses Team wird die Ausplünderung der Ukraine endgültig abschließen. Da wird ein Gesetz über den Verkauf von landwirtschaftlichen Böden verabschiedet werden, auf das der IWF schon lange drängt, und das war es – da ist nichts zu machen. Die Bauern werden ihres Bodens beraubt werden, von ihren Landstücken vertrieben, die Landwirte werden niedergedrückt, es werden transnationale Agrarholdings, Unternehmen kommen und damit wird die Sache beendet sein. Außerdem wird man die Oligarchen „bei den Hörnern packen“, die versucht haben hier ihr eigenes Spiel zu treiben. Firtasch geht nach Amerika, er wird nach 10-12 Jahren nur in Unterhosen zurückkehren, nachdem er seine Zeit im Gefängnis abgesessen hat. Amerika wird etwas finden, um ihn ins Gefängnis zu bringen. Und alle seine Aktiva werden konfisziert, wie bei Lasarenko. Dasselbe wird mit Kolomojskij, Achmetow und so weiter geschehen. Der äußerst raffinierte Pintschuk, der Hillary Clinton unterstützte und nicht richtig geraten hat. Und Trump wurde schon berichtet, wer da Geld ausgab und sich in die amerikanischen Wahlen einmischte. Das heißt, wenn Trump bei den nächsten Wahlen siegen wird, wird er sich auch Pintschuk vornehmen. So werden allmählich alle Oligarchen kleiner gemacht, damit es keinerlei selbständigen Spiele gibt. Und wenn man dann abgerechnet hat, wird man folgsame Jungs ernennen. Wozu braucht Amerika die Ukraine? Natürlich um Rußland in die Quere zu kommen. Braucht es sie, um dort Frieden herzustellen? Nein, das ist nicht nötig.

Das heißt, für den Donbass wird sich nichts ändern?

Ja, wurde denn irgendwas anderes erklärt? Keinerlei Autonomie, keinerlei Föderalisierung, keinerlei andere Sprachen außer der ukrainischen. Wurden die Verbrecher bestraft? Die kriminellen Gesetze abgeschafft? Nein. Es ist alles beim Alten geblieben. Ein wenig hat sich die Auswahl der Personen verändert, die dämlichsten – Gawriljuk, Panasjuk und diesen Parlamentssprecher mit einem medizinischen Attest hat man entfernt. Nun, es kann sein, daß man irgendjemanden von ihnen für kurze Zeit in Gefängnis bringt. Aber die Tagesordnung bleibt dieselbe. Wir müssen unsere Staatlichkeit, die Wirtschaft stärken und uns so schnell wie möglich russische Pässe zulegen, damit Rußland seine Bürger schützen kann.

Wird die Ukraine unter Selenski NATO-Mitglied werden?

Viele politische Kommentatoren schreiben, daß auf keinen Fall zugelassen werden darf, daß die Ukraine NATO-Mitglied wird. Aber warum sollte die Ukraine in die NATO eintreten? Es reicht, daß die NATO in die Ukraine eingetreten ist und dort ständig anwesend ist. Ständig laufen Übungen ukrainischen Militärs mit NATO-Instrukteuren. Und ich schließe nicht aus, daß das derzeitige Team einen Zusatz in die Verfassung aufnimmt, daß die Ukraine auf ihrem Territorium ausländische Militärbasen zulässt. Und so wird sich eine juristische Möglichkeit eröffnen, um NATO-Basen auf dem Territorium der Ukraine einzurichten. Die NATO braucht nur das – an die russischen Grenzen vorzurücken. Nicht nötig ist, daß die ukrainischen Generale nach Brüssel zu einer Sitzung des NATO-Rats fahren, das ist absolut nicht unabdingbar. Es ist sogar besser, daß sie nicht fahren. Aber sich an der Grenze zu Rußland zu befinden, das ist ein weiterer Nagel, der die Ukraine an das westliche antirussische Lager bindet.

Und was wird mit der russischen Sprache in der Ukraine?

Ich denke, daß sie endgültig abgeschafft werden wird. Was sagen Selenskij und seine Brigade? Die russische Sprache strangulieren wir, aber sanft. Es ist nicht notwendig, sie grob zu strangulieren, wie das vorgeschlagen wird. Langsam, schrittweise, aber wir werden sie strangulieren. Die Strangulierung der russischen Sprache beginnt mit dem Bildungssystem. Wenn den Kindern vom Kindergarten an all dieser nationalistische Bodensatz eingetrichtert wird und das auf ukrainisch geschieht, wenn man in der Praxis demonstriert, daß es keine anderen Chancen gibt, als dieses Russische zu vergessen und zum Ukrainischen überzugehen, dann wird all das erfolgreich verlaufen. Es gibt ein Sprichwort – wenn man einem Menschen die ganze Zeit sagt, daß er eine Ziege ist, dann fängt er an zu meckern.

Warum werden solche Hoffnungen auf Selenski gesetzt?

Es liegt nicht daran, wer dort oben ist, nicht am Namen der Präsidenten. Wie funktioniert dieses System? Werden die Recht der Bürger demokratische eingehalten? Gibt es die Freiheit des Wortes? Gibt es eine freie Wahl der Kommunikationssprache? Eine freie Wahl politischer Vereinigungen? Kann man Wahlen in einem Land als demokratisch ansehen, wo eine ganze Reihe demokratischer Parteien auf absolut gesetzeswidrige Weise von der Beteiligung am politischen Leben ferngehalten werden? Die Kommunistische Partei, die Partei Witrenkos, die „Union linker Kräfte“ und viele andere. Dem normalen Bürger bleibt die Wahl zwischen gemäßigtem und ausgeprägtem Nationalismus. Die übrigen Parteien werden einfach nicht zu den Wahlen zugelassen.

Kann vielleicht über ein Gericht irgendwie auf diese Willkür Einfluß genommen werden?

Wie arbeiten die Gerichte? Die Gerichte arbeiten unter einem Diktat. Entweder geht das Diktat von staatlichen Komitees aus oder die Nationalisten diktieren ihren Willen. Wo gibt es das sonst, daß bewaffnete unzurechnungsfähige Menschen in den Sitzungszahl eindringen und die Gerichtsverhandlung sprengen? Oder sogar die Entscheidung des Gerichts aufheben – wie das in Odessa war, als das Gericht Nefedow freiließ und Nationalisten ihn beim Verlassen des Gerichtssaals ergriffen und wieder in den Knast schleppten. Werden politische Morde verfolgt? Werden die wirklichen Auftraggeber und die Ausführenden gefunden? Der Majdan, Odessa, Charkow, Donezk, Mariupol, Krasnoarmejsk? Wie viele politische Gefangene gibt es in den Gefängnissen der Ukraine? Wyschinski hat die allgemeine Aufmerksamkeit, aber ist er etwa der einzige? Und wie viele Journalisten sind noch inhaftiert? Wie viele Menschen sind durch die Gefängnisse gegangen? Wie viele haben das Land aufgrund von Verfolgungen verlassen? Was ist das – ein demokratisches Land? Kann man von ihm irgendetwas Gutes erwarten, das den Interessen des Volks entspricht? Natürlich nicht. Dies ist ein Land mit einer nationalistischen Diktatur und jetzt auch noch einer Diktatur des transnationalen Kapitals. Das nationale Kapital wird von der Bühne geschoben und man wird eine Kolonie lenken.

Wie paßt in all das der Donbass?

Für den Donbass gibt es in dieser westlichen Welt keinen Platz. In dem Sinne, daß die Menschen nicht gebraucht werden, gebraucht wird das Territorium. Die Menschen des Donbass würden sie mit großem Vergnügen irgendwie entsorgen. Ich sehe keinerlei Perspektiven, keinerlei grundsätzliche Verbesserung der Situation.

Wird es noch schlimmer werden?

Wenn man meint, daß es nur in dem Fall gut sein wird, wenn wir uns mit der Ukraine befreunden und beginnen in bester Eintracht zu leben, so kann man damit nicht rechnen. Wenn wir diese Jahre nicht verlieren, sondern unseren eigenen Staat aufbauen, sein ökonomisches, politisches, soziales System u.s.w. entwickeln, dann wir das richtig sein. Im Staatsverband der Ukraine haben wir keinerlei Zukunft, weil die Ukraine selbst keinerlei Zukunft hat. Die Ukraine ist ein bankrotter Staat. Sie ist nicht nur im finanziellen Sinne bankrott gegangen – auf ihr liegen Schulden, die sie schon nicht mehr wird abbezahlen können. Aber sie ist auch in dem Sinne bankrott, daß sie keinerlei Idee für eine würdige Existenz dieses Staates hat. Weil die Idee der Integration in Europa keine Idee einer würdigen Existenz des Staates ist, sondern der Traum, eine europäische oder amerikanische Kolonie zu werden. Und sie ist es de facto schon geworden. Ihre kulturelle Idee – die Einpflanzung des Ukrainertums und die Unterdrückung aller anderen Völker – ist die Idee eines kulturellen Zusammenbruchs. Schon jetzt gibt es in der Ukraine weder Wissenschaft noch Bildung noch Industrie. Werden wir etwas gewinnen, wenn wir uns mit einem solchen bankrotten Staat vereinigen? Nein. Sie brauchen unsere Territorien, weil dort industrielle Aktiva verblieben sind, die man verkaufen kann. Wenn sie uns in den Staatsverband der Ukraine aufnehmen wollten, dann nicht deswegen, um uns zu erlauben, uns zu entwickeln, sondern um uns dieses Schuldenjoch umzuhängen. Die Schulden, die sie gemacht haben, indem sie Gelder vom IWF genommen haben, wer soll sie bezahlen? Wenn wir in den Staatsverband der Ukraine gehen, werden wir Gelder abgeben, die sie genommen haben, um uns zu erschießen.

Das ist doch der Weg zur Anerkennung der Republiken

Was soll da Selenski? Er ist ein Niemand. Wir brauchen seine Anerkennung nicht. Wir brauchen die Anerkennung seriöser Staaten und nicht dieser Marionetten. Mit Kiew kann man im Rahmen der Minsker Vereinbarungen weiter Verhandlungen führen, Gefangene austauschen, man kann sich über eine Vereinfachung beim Passieren der Grenze, einer Wiedervereinbarung getrennter Familien vereinbaren. Es gibt Fragen, die man im Rahmen der Minsker Vereinbarungen lösen kann. Aber zu sagen, daß die Frage der Anerkennung gelöst werden kann – nein. Nicht mit ihnen. Ist das ein seriöser Politiker, der erklärt „Ich werde mit Putin reden. Ich werde mit der Frage beginnen – Wessen ist die Krim“? Leute, ihr werdet verstehen, daß dieser Zug abgefahren ist. Wenn ihr mit Rußland verhandeln wollt, müßt ihr die Krim und den Donbass vergessen. Aber sie sind nicht bereit. Sie sind bereit, diese Karte „territoriale Integrität“ auszuspielen. Obwohl sie wissen, daß die Krim nicht ukrainisch ist und daß der Donbass nicht ukrainisch ist. Wir gehörten zur Sowjetrepublik Ukraine. Aber zur nationalistischen gehören wir nicht. Weder die Krim noch wir haben zugestimmt, im einem Staatsverband von Nationalisten zu sein. Von diesem Publikum ist nichts zu erwarten. Um so weniger als daß sie mit uns keine Verhandlungen führen wollen. Und wenn es keine Verhandlungen gibt, wird es keinerlei Vereinbarungen geben.

Und was ist dann mit dem Waffenstillstand? Wird er sich endlos hinziehen?

Damit müssen wir Schluß machen. Das ist wie ein Tango – beide Partner müssen tanzen. Und wenn wir alle unsere Tanzschritte ausführen, aber von der entgegengesetzten Seite ein Kampf-Hopak ausgeführt wird, dann wird nichts gelingen. Mir scheint, daß unsere Führung versucht, päpstlicher zu sein als der Papst. Aber hier muß man zu einem anderen Mittel übergehen. Man muß die ukrainische Seite warnen – auf jede militärische Provokation wird es eine militärische Antwort in zehnfacher Stärke geben. Und das Versprechen erfüllen. Ihr feuert fünf Mörsergeschosse ab, wir fünfzig. Und keine Hemmungen haben. Es ist Zeit zu begreifen, daß der Westen alle Grenzen des Anstands aufgegeben hat. Sie werden uns in jedem Fall beschuldigen und im Gegenteil erzählen, wie gut alles auf der ukrainischen Seite ist. Dabei schicken ihre Diversions- und Erkundungsgruppe zu uns, die unsere Führer töten und das nicht verheimlichen. Sachartschenko, Mosgowoj, Giwi und viele andere – auf unsere besten bedeutenden Menschen erfolgt eine offene Jagd. Und bei all dem dasitzen und nicht auf all das zu antworten, den Anschein zu erwecken, daß wir weiß und flauschig sind – das ist sinnlos.
Die NATO-Länder beteiligen sich offen an diesem Konflikt – sie bilden Militärs aus, sie lehren sie mit ihren Methoden unsere Städte zu stürmen, sie führen Übungen durch, liefern Technik. NATO-Generäle kommen an die Front, kontrollieren wie ihre ukrainischen Schüler sich das Material angeeignet haben. Dient das der Sache des Friedens? Warum können wir dann nicht Offiziere aus dem Generalstab Rußlands einladen? Wenn Frankreich und Deutschland Garanten des Minsker Prozesses aber auch NATO-Länder sind, heißt das, daß sie sich dafür irgendwie verantworten müssen. Wenn Gott es gebe und der Prozess des Erhalts der russischen Staatsbürgerschaft sich beschleunigt, wenn ein großer Teil russische Pässe erhält, dann kann man sich an die Russische Föderation wenden.

Wir müssen doch zuerst mit einem besonderen Status in den Staatsverband der Ukraine gehen und erst dann nach Rußland

Diesen listigen Plan hätte man absolut geradeheraus hinbekommen können. Wenn nach dem Staatsstreich in Charkow ein Kongreß der Abgeordneten der Partei der Regionen zusammengerufen worden wäre, und dort nicht nur Abgeordnete des obersten Parlaments, sondern auch Abgeordnete der Oblast-Parlamente, Bürgermeister von Städten gewesen wären, dann hätte man dorthin Janukowitsch bringen können, ihm vorher die Pampers wechseln, den Sitzungssaal mit höflichen Menschen umzingeln und sie nicht herauslassen, solange sie nicht erklärt hätten, daß sie den ungesetzlichen Staatsstreich in Kiew nicht anerkennen und sich in Person des gesetzlichen Präsidenten Janukowitsch an die Russische Föderation um Unterstützung bei der Unterdrückung dieses ungesetzlichen Staatsstreichs wenden. Der Präsident Rußlands hatte zu diesem Zeitpunkt die Zustimmung des Parlaments zum Einsatz der Streitkräfte Rußlands außerhalb des Landes. Und ich versichere euch, wenn diese feige Clique von Regionalen unter Führung des genauso feigen Janukowitsch eine solche Erklärung abgegeben hätte und Rußland nur hätte einen Finger rühren müssen – völlig dem Gesetz entsprechend im übrigen, den Normen des internationalen Rechts entsprechend – wie schnell wäre dann dieses ganze Publikum, das den Majdan betrieben hat, aus Kiew abgehauen. Das wäre nun ein listiger Plan gewesen. Aber so sind das alles leeren Reden über einen listigen Plan.

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