Mittwoch, 28. August 2019

Claudia Krieg über die Folgen vom »Haut-ab-Gesetz« in Berlin

Rechtsruck in Gesetzesform

Eine dreistellige Zahl von Abschiebungen, die in den vergangenen Wochen nicht durchgeführt werden konnten, ist eine gute Nachricht. Aber ja! Wenn es mit perfiden Gesetzen mit dem »Geordnete-Rückkehr-Gesetz« darum geht, einen Verwaltungsakt schneller vollziehen zu können, bei dem es darum geht, Menschen loszuwerden und sie einer ungewissen Zukunft auszuliefern, muss es immer darum gehen, diesen Vorgang zu verhindern. Nun sind Berliner Polizeibeamte in den vergangenen Wochen nicht gerade freiwillig dazu übergegangen, Abschiebungen aus Gemeinschaftsunterkünften nicht mehr durchzuführen. Manche haben es versucht, mit der Konsequenz, Anzeigen kassiert zu haben, die sie des Hausfriedensbruchs beschuldigen. Zu Recht. Und es müssten mehr sein, auch oder gerade, wenn Innensenator und Sozialsenatorin die Eskalationsstufe im Streit um die Abschiebepraxis herunterfahren.
Die Wohnung ist unverletzlich. Kommt das jemandem bekannt vor? Richtig, es handelt sich um den Artikel 13 Grundgesetz. Wohlgemerkt: Solange es nicht darum geht, eine »gemeine Gefahr« abzuwenden, worunter - laut Gesetz - Feuer, Überschwemmung, radioaktive Strahlung und ähnliche Katastrophen zu verstehen sind. Solange darf kein Polizeibeamter ohne Durchsuchungsbeschluss in eine Wohnung eindringen. Wer unter »gemeine Gefahr« auch Geflüchtete einsortiert, hat rechtsextreme Ideologie in ein Gesetz verpackt.
Die Frage, ob das neue Aufenthaltsgesetz das verfassungsrechtlich verbürgte Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung schlägt, ist eigentlich rhetorisch. Aber eine Feststellungsklage gegen das gesetzeswidrige Polizeihandeln ist von Seite derjenigen, die sie stellen könnten, nicht mehr zu erwarten. Das ist der Erfolg des Haut-ab-Gesetzes.
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