Montag, 25. Juni 2012

Mexiko - Beginn der Wahlkampagnen im Kontext von „nationalem Notstand”

„Calderón, hör zu: Blut ist nicht verhandelbar“. zapateando.wordpress.com Am 30. März begannen formell die Kampagnen zur Präsidentschaftswahl, die für den 1. Juli vorgesehen ist. Enrique Peña Nieto, Ex-Gouverneur des Bundesstaates Mexiko und Kandidat der Koalition „Verbindlich für Mexiko“, bestehend aus der Partei der Institutionalisierten Revolution (PRI) und der Grünen Ökologischen Partei Mexikos (PVEM), liegt bisher in den Umfragen an der Spitze, auch wenn der Unterschied zwischen den drei ersten Kandidaten immer kleiner geworden ist. Um den zweiten Platz ringen Josefina Vázquez Mota, ehemals zuständig für das Ministerium für soziale Entwicklung und das Ministerium für öffentliche Bildung für die zur Zeit regierende Partei der Nationalen Aktion (PAN); und der Ex-Präsidentschaftskandidat Andrés Manuel López Obrador, Kandidat der „Progressiven Bewegung“, bestehend aus den linken Parteien der Demokratischen Revolution, (PRD), der Partei der Arbeit (PT) und der Bürgerbewegung. Beide haben einen Teil ihrer Kampagne als Gegenposition zu Peña Nieto aufgebaut und versuchen damit, die Rückkehr der PRI an die Macht zu verhindern (nachdem diese Mexiko etwas mehr als 70 Jahre lang regiert hatte, hat sie die Präsidentschaft im Jahre 2000 an die PAN verloren hatte). Der letzte Kandidat ist Gabriel Quadri de la Torre, der Partei Neue Allianz (PANAL). Ihre Gewinnchancen sind fast bei Null und so geht es vor allem darum, dass die ihn aufstellende Partei ihre Zulassung bei den Wahlen nicht verliert. Die derzeitigen Präsidentschaftswahlen finden in einem Kontext statt, den mehrere soziale Akteure als „nationalen Notstand” charakterisiert haben. Im März lancierten rund 70 Organisationen aus 26 Bundesstaaten und mehr als 100 Persönlichkeiten einen „Aufruf zur Rettung der Nation”, in welchem sie die Gesellschaft aufriefen, gemeinsam die Forderung nach Frieden in diesen Wahlkampfzeiten zu vertreten. Sie beklagten, dass „die Institutionen des Staates in einen tiefen Prozess des Verfalls und der Zerstörung versunken sind aufgrund der Korruption und weil das organisierte Verbrechen auf allen Regierungsebenen eingedrungen ist.“ Außerdem erklärten sie: „Wir stehen vor der großen Gefahr, dass sich die PräsidentschaftsanwärterInnen die Weiterführung und Verpflichtung gegenüber der Strategie, die eine menschliche Tragödie provoziert, zu eigen machen”. Die Bewegung für Frieden mit Gerechtigkeit und Würde (MPJD), die im vorigen Jahr durch den Schriftsteller und Journalisten Javier Sicilia ins Leben gerufen wurde, betonte erneut, dass diese Gewalt, die sowohl durch das organisierte Verbrechen als auch durch die Strategie der Regierung gegen diese Banden hervorgerufen wurde, nicht eingedämmt wurde. Im Gegenteil, sie nimmt zu und die Straflosigkeit bleibt in den meisten Fällen bestehen. Es wird geschätzt, dass seit Beginn dieses Kampfes mindestens 50 000 Menschen mehr in knapp über fünf Jahren ihr Leben verloren. Fortschritte in Regierung und Gesetzgebung: besser spät als nie Während des Monats April wurden eine Reihe von für den Bereich der Menschenrechte sehr bedeutenden Abkommen und Gesetzen verabschiedet, einige davon als Antwort auf sehr dringende sozialen Forderungen der letzten Jahre. Im April schlug Präsident Felipe Calderón Veränderungen zur legitimen Anwendung von Gewalt, zur Festnahme von Personen sowie zur Beweisführung und Aufbewahrung von Beweisen vor. Nach Aussage des Präsidenten waren diese Reformen eine Antwort auf die Vorschläge von nationalen und internationalen Menschenrechtsorganisationen. Ungeachtet des Inhalt dieser Kritik erklärte er, dass die Sicherheitskräfte „nun eine viel klarere rechtliche Grundlage haben, um ihre Aufgaben auszuführen als bisher: strikt am Gesetz orientiert und die Rechte der Personen respektierend.” m selben Monat verabschiedeten Kommissionen des Senats Gesetzesvorlagen, um die Frauenmorde als Schwerverbrechen einzustufen. So muss mit Haftstrafen von 40 bis 60 Jahren und einer Geldstrafe von 500 bis 1000 Mindestlöhnen rechnen, wer eine Frau aufgrund ihres Geschlechts umbringt. Der Senat verabschiedete auch das Allgemeine Gesetz der Opfer. Dieses, wenn es vom Abgeordnetenhaus ratifiziert wird, verpflichtet den Staat, den Opfern von Gewalt und Menschenrechtsverletzungen Hilfe, Schutz und Wiedergutmachung zu garantieren. Letztendlich gab das Abgeordnetenhaus seine Zustimmung zum Protokoll des Senats, mit dem das Gesetz zum Schutz von MenschenrechtsverteidigerInnen und Journalisten verabschiedet wird. Foto: Wahlwerbung für Enrique Peña Nieto © SIPAZ Gesetzesänderungen in einem Kontext anhaltender Kritik an Mexiko Diese Reformen seitens der Regierung und des Kongresses kamen in einem Kontext zustande, in dem Mexiko weiterhin wegen seiner Menschenrechtssituation im Land kritisiert wird. So erschien z.B. am 6. März der Zweite Bericht über die Situation der MenschenrechtsverteidigerInnen der Amerikas, veröffentlicht von der Interamerikanischen Menschenrechtskommission (IAKMR). Im Fall von Mexiko informierte die IAKMR, dass im Land zwischen 2006 und 2010 61 AktivistInnen ermordet worden waren und dass viele der Drohungen und Angriffe von den Sicherheitskräften des mexikanischen Staates selbst ausgingen. Im März stellte die Organisation ‘Artikel 19 für Mexiko und Mittelamerika’ ihren Bericht „Erzwungene Stille: Der Staat als Komplize der Gewalt gegen die Presse in Mexiko” vor, in dem sie 172 Angriffe gegen Journalisten im Jahre 2011 dokumentiert. Der Bericht erklärt, dass die meisten Angriffe von staatlichen FunktionärInnen selbst kommen, und widerlegt damit „die Behauptung des Präsidenten Felipe Calderón, die Gewalt gegen Journalisten dem Drogenhandel zuzuschreiben”. Anstatt abzunehmen hat diese Tendenz in den ersten Monaten des Jahres 2012 zugenommen. Sechs Journalisten wurden in weniger als einem Monat von April bis zur dritten Maiwoche ermordet. m Mai war der Presse zu entnehmen, die USA könnten 15% der Finanzierung der Mérida-Initiative zurückhalten, die an den Respekt der Menschenrechte in Mexiko geknüpft sind. Am 10. Mai sagte die Staatssekretärin für zivile Sicherheit, Demokratie und Menschenrechte des US-Außenministeriums, dass Mexiko wichtige Fortschritte erreicht habe, besonders in Bezug auf die Gesetzgebung, „aber noch viel Arbeit bevorsteht, diese Gesetze umzusetzen“ und betonte, „dass die Straflosigkeit als eines der wichtigsten Hindernisse im mexikanischen Justizsystem fortbesteht, dessen Fähigkeit Gerechtigkeit durchzusetzen immer noch sehr begrenzt ist ”. Chiapas: Zunahme sozialer Mobilisierungen im Kontext der Wahlen bei zahlreichen Umstellungen In Chiapas finden am 1. Juli die Wahlen auf Bundes-, Bundesstaats- und Landkreisebene statt. Dazu gehören eine Vielzahl von öffentlichen Ämtern, die scheinbar Brüche und Umorientierung bei den KandidatInnen hervorriefen. Auffällig war, dass seitens mehrerer Parteien und nicht nur der eigenen die direkte Einmischung des Gouverneurs Juan Sabines Guerrero in diese Aufstellungen stark kritisiert wurde. Bei den Wechseln, die zur Verwirrung beitragen, kann man die Kandidatin der PRD, der PT und der Bürgerbewegung, María Elena Orantes, für das Gouverneursamt erwähnen, die erst im Januar aus der PRI ausgetreten war. Ein anderes Beispiel wäre Yassir Vázquez, der das Amt des Bürgermeisters in Tuxtla Gutiérrez niederlegte, um für das Amt des Gouverneurs der PRD zu kandidieren: Zunächst war er Favorit von Sabines (der zur Zeit für die PRD regiert). Schließlich wurde er von der Partei der Grünen (PVEM) in Chiapas zum Generalsekretär ernannt. Im Moment liegt der ehemalige Senator Manuel Velasco Coello, Enkel des Ex-Gouverneurs von Chiapas, Manuel Velasco Suárez (1970-1976), in den Umfragen an der Spitze. Er kandidiert für eine Koalition aus PRI, PVEM und PANAL. Außer ihm und der erwähnten María Elena Orantes bewerben sich Emmanuel Nivón González, ehemaliger Bürgermeister von Tapachula für die PAN und Marcela Bonilla Grajales für die lokale Partei Stolz auf Chiapas (Poch) um das Gouverneursamt. In diesem Kontext gaben mehrere soziale Organisationen ihre Forderungen bekannt, organisierten Foren, Demonstrationen, Mahnwachen oder öffentliche Anklagen. So begann im März die Landesweite Front des Kampfes für den Sozialismus (FNLS) ein zeitlich unbegrenztes Protestcamp in San Cristóbal de Las Casas. Ab dem 14. April befand sich für fast drei Wochen eine weitere Mahnwache einer Gruppe von Organisationen, u.a. der Bauernorganisation Emiliano Zapata-Región Carranza (OCEZ-RC), der proletarischen Organisation Emiliano Zapata (OPEZ-MLN) und der Zentrale der Bauern- und Volksorganisationen (COCYP) in San Cristobal, bis sie die Wiederaufnahme von Verhandlungen mit der Regierung von Chiapas erreichten. Ihre Forderungen beinhalten Agrarforderungen und die Freiheit von politischen Gefangenen. Der Faktor „Gefangene“ als Austausch in den Verhandlungen wurde deutlich im Fall der Verhaftung von Caralampio Gómez Hernández, Anführer der OPEZ-MLN, der im April nach dem Verlassen von Verhandlungen mit dem Innenminister Noé Castañón verhaftet wurde. Sein Sohn erklärte, das Castañón ihnen gesagt hätte, er könne freigelassen werden, wenn im Tausch das Protestcamp beendet würde, das sie in diesem Moment in Tuxtla Gutiérrez hatten, und das sie dann nach San Cristóbal verlegten. . Unter den ungemütlichen Gefangenen befinden sich auch Francisco Sántiz López und der Lehrer Alberto Patishtán. Am 16. März klagte der Rat der Guten Regierung (JBG) von Oventic die ungerechte Inhaftierung von Francisco Sántiz López, Unterstützungsbasis der Zapatistas, sowie Lorenzo López Girón, der keiner Organisation oder Partei angehört, an. Beide stammen aus Tenejapa und werden wegen eines im vergangenen Dezember stattgefundenen Verbrechens angeklagt. Am 27. März informierte der Rat der Guten Regierung, dass sie am 22. März die Nachricht erhalten hätten, die Gefangenen würden aus dem Gefängnis von San Cristóbal entlassen werden. Dennoch kam Sántiz López nicht frei, denn es wurde ihm in diesem Moment ein neues Verbrechen, das unter Bundesstrafrecht fällt, vorgeworfen: „Tragen von Schusswaffen, die ausschließlich dem Militär vorbehalten sind“. Der Fall von Alberto Patishtán Gómez, Mitglied von „Die Stimme von El Amate“, einer Organisation von Gefangenen, die der Anderen Kampagne angehören, und welcher im Oktober vorigen Jahres auf Bitten der Regierung von Chiapas nach Guasave (Sinaloa) verlegt wurde, war Grund für viele Mobilisierungen. Im März versammelten sich über tausend Personen in El Bosque, von wo er stammt, um seine Rückkehr nach Chiapas und seine Freilassung zu fordern. Im Mai fand auch das „Forum gegen politische Haft und für die Freiheit von Alberto Patishtán” statt. Einen Tag später begann die “Weltweite Woche für die Freiheit von Patishtán y Sántiz López: Die Mauern des Kerkers niederreißen”. Ein anderes Thema mit zunehmender medialer Wirkung waren die Frauenmorde. Das Permanente Völkertribunal (PVT), Kapitel Chiapas, begann schließlich am 7. und 8. März in San Cristóbal seine erste Audienz im Rahmen der Themen Gendergewalt und Frauenmord. Am 14. Mai demonstrierten 1200 Personen in San Cristóbal und über hundert in Tuxtla Gutiérrez in einem gleichzeitigen Protest gegen Frauenmorde und Gewalt an Frauen in Chiapas. Der Marsch in San Cristóbal führte an dem Ort entlang, der als Fraccionamiento Sonora bekannt ist, an dem im April die Leiche von Itzel Janet Méndez Pérez, mit Spuren von Folter und Vergewaltigung, gefunden wurde. Sie war gerade mal 17 Jahre alt. . Was Straflosigkeit angeht, hatte im Februar die Organisation Las Abejas die Freilassung von sechs Personen anprangert, die als Täter des Massakers von Acteal identifiziert wurden. Von den 87 Verurteilten wegen des Massakers verbleiben nur noch 28 Personen in Haft. Im April alarmierten die Abejas zusätzlich, dass „die Söhne der entlassenen Paramilitärs (...) gesehen wurden (...) als sie in aller Ruhe durch den Ort Acteal spazierten; mit Waffen ihrer Väter (...) weil sie sahen, dass Morden und Massakrieren des unschuldigen Volkes Arbeit der Regierung ist und gleichzeitig gut bezahlt und dass man einen Preis bekommt als Anerkennung des Dienst am Staat ”. Oaxaca: Wachsende Distanz zwischen Zivilgsellschaft und Regierung bei zeitgleicher Zunahme von Drohungen und Angriffen gegen MenschenrechtsverteidigerInnen Die letzten Monate waren in Oaxaca durch eine bedeutende Zunahme von Drohungen und Angriffen gegen MenschenrechtsverteidigerInnen gekennzeichnet, obwohl für die Mehrheit Schutzmaßnahmen angeordnet waren. Am 15. März wurde Bernardo Vásquez Sánchez, Sprecher der Koordination der Vereinigten Dörfer des Tals von Ocotlán (COPUVO), ermordet, nachdem er an einem Treffen mit Funktionären der staatlichen Regierung zur Analyse des Konfliktes, der im Landkreis San José del Progreso seit 2008 wegen der Präsenz des Bergwerks Cuzcatlán (Tochterunternehmen der kanadischen Firma Fortuna Silver Inc.) existiert, teilgenommen hatte. Zwei weitere Mitglieder derselben Organisation wurden verletzt. Zwei Monate nach dem ersten Einbruch, bei dem Computer und Dateien mit Fällen von Menschenrechtsverletzungen entwendet wurden, beklagte die Organisation ‘Konsortium für parlamentarischen Dialog und Gleichheit Oaxaca’ einen weiteren Einbruch in ihre Büros. Im April wurde bekannt, dass Todesdrohungen von einem Mobiltelefon gegen verschiedene VerteidigerInnen, wie Alba Cruz vom Komitee zur integralen Menschenrechtsverteidigung Gobixha (Código DH), und Francisco Wilfrido Mayrén Peláez („Padre Uvi”), Gründer des Regionalen Menschenrechtszentrums “Bartolomé Carrasco Briseño” AC. und aktueller Koordinator der Kommission für Gerechtigkeit und Frieden des Bistums von Oaxaca, verschickt wurden waren. Mitte Mai, nach sechs Todesdrohungen seit 2010, die in den letzten Monaten zunahmen, erklärte der Priester Alejandro Solalinde Guerra, Direktor der MigrantInnenherberge „Brüder unterwegs” in Ixtepec, dass er für einige Monate das Land verlassen wird. Solalinde wies darauf hin, dass die Angriffe sowohl vom organisierten Verbrechen als auch von der Regierung kommen könnten: „Es gibt da zwischen beiden keinen Unterschied mehr”. Er machte den Ex-Gouverneur von Oaxaca, Ulises Ruiz, verantwortlich für mögliche Angriffe, die ihn oder Mitglieder seines Teams treffen könnten. Am 22. Februar wurde Lucila Bettina Cruz Velázquez verhaftet, ein Vorfall, der als Kriminalisierung sozialer Proteste charakterisiert wurde. Sie ist Mitglied der Versammlung der indigenen Völker des Istmus von Tehuantepec zur Verteidigung des Landes und des Territoriums (APIITDTT). Cruz Velázquez wurde auf Kaution frei gelassen. Einen Monat später wurden auch fünf Mitglieder des Komitees des Widerstands gegen das Windräderprojekt von Unión Hidalgo, Mitglieder der APIITDTT, verhaftet. Man kann nicht behaupten, dass es seit dem Regierungswechsel im Dezember 2010 keine Fortschritte gegeben hätte. Der Gouverneur Gabino Cué betonte, dass „Oaxaca von einem Regierungswechsel zu einem demokratischen Wandel übergegangen ist, nach einer Reform, bei der 33 Artikel der lokalen Verfassung verändert wurden“. Im März gab es einen weiteren Fortschritt mit der Abschaffung der Ingewahrsamnahme. Trotzdem erklärten Organisationen der Zivilgesellschaft: „Auch wenn es wahr ist, dass die Bevölkerung von Oaxaca mit der Wahl dieser Regierung erreicht hat, dass eine kriminelle Mafia die Regierung verlassen hat, ist es leider auch wahr, dass die neue Regierung des Bundesstaates nicht die notwendige Stärke hat, um eine grundlegende Veränderung in der Gesellschaft zu erreichen”. Eine Gelegenheit zur Festigung der Demokratie und Annäherung zwischen Zivilgesellschaft und Regierung, die ungenutzt blieb, war die Wahl des Ombudsmanns für Menschenrechte in Oaxaca. Am 9. Mai wählte der Kongress von Oaxacas Arturo Peimbert Calvo auf den Posten des Vorsitzenden der Kommission zur Verteidigung der Menschenrechte des Volkes von Oaxaca (DDHPO). Verschiedene Organisationen der Zivilgesellschaft hatte sich an dem Prozess aktiv beteiligt. MitarbeiterInnen unterschiedlicher Organisationen protestierten und verwiesen auf die Einmischung der Regierung in diese Wahlen und darauf, dass Peimbert Calvo Funktionär der Regierung sei, ein Grund, weshalb er den Posten des Ombudsmannes eigentlich nicht besetzen dürfte. Am 6. März baten Bundesinnenminister Alejandro Poiré und die Generalstaatsanwältin der Republik Marisela Morales in einem öffentlichen Akt um um Entschuldigung bei Inés Fernández Ortega, einer Tlapaneca-Indígena, die 2002 von Militärs vergewaltigt worden war. Dieser Akt fand in der Kreisstadt Ayutla de los Libres im Rahmen der Umsetzung eines Urteils gegen den mexikanischen Staat statt, welches im November 2010 durch den Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte (IAGMR) ausgesprochen wurde. Inés Fernández beklagte, dass trotz des Urteils nicht nur die Belästigungen durch das Militär in Zivil gegen sie anhalten, sondern auch die Situation von Gewalt und Diskriminierung gegen die indigenen Völker. Sie stellte fest: „Auch wenn die Regierung Dir sagt, sie sei an deiner Seite, wird sie das nicht unbedingt einhalten, verlass Dich nicht auf sie”. Unter Beteiligung verschiedener Menschenrechtsorganisationen und GemeindevertreterInnen wurde am 20. Februar in Ayutla de los Libres der dritte Jahrestag des gewaltsamen Verschwindenlassens und der außergerichtlichen Hinrichtung von Raúl Lucas Lucía und Manuel Ponce Rosas, Anführer der Organisation für die Zukunft des Mixteco-Volkes (OFPM), begangen. Ein neuer Fall ergab sich mit der willkürlichen Verhaftung von Maximinio García Catarino, Anführer der OFPM und Nutznießer von Schutzmaßnahmen des IAGMR. Nach zweimonatiger Haft erreichte er am 20. März seine Freiheit mit einem absoluten Freispruch. Das Menschenrechtszentrum Tlachinollan erklärte, dass seine Verhaftung ein Beweis sei für die „systematische Verfolgung von MenschenrechtsverteidigerInnen“ und die Anwendung des Justizsystems, um sie zum Schweigen zu bringen. Wenige Minuten nachdem er das Gefängnis von Ayutla verlassen hatte, erhielt Maximino García eine telefonische Drohung. Auch das Thema der Militarisierung bleibt in Guerrero aktuell. Mitte Mai kritisierten das Menschenrechtszentrum Tlachinollan, das Institut für Sicherheit und Demokratie, das Zentrum für Analyse und Forschung „Fundar“ und die Organisation Zivile Beobachtung der Polizei „[die] kürzliche Ankündigung des Gouverneurs von Guerrero, Ángel Aguirre Rivero, dass er demnächst beginnen würde Polizisten, die das Rentenalter erreichten oder ihre Prüfungen nicht bestanden hatten, durch Soldaten zu ersetzen, (…) denn die Institutionen und die öffentlich Sicherheit zu militarisieren, widerspricht den internationalen Standards im Bereich öffentlicher Sicherheit”.

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