Dienstag, 7. Mai 2019

Online-Zeitschrift "IMI-List" Nummer 0537

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 .......... 22. Jahrgang ........ ISSN 1611-2563
Hrsg.:...... Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V.
Red.: IMI / Jürgen Wagner / Martin Kirsch
Abo (kostenlos)........ IMI-List-subscribe@yahoogroups.com
Archiv: ....... http://www.imi-online.de/mailingliste.php3
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Liebe Freundinnen und Freunde,

in dieser IMI-List findet sich

1.) der Hinweis auf eine Broschüre über die neoliberale 
EU-Besatzungspolitik in Bosnien, die gratis bestellt werden kann;

2.) Alle Texte im neuen Ausdruck (April 2019)

3.) die neue IMI-Analyse „Atommacht EUropa? Per EU-Teilhabe zur 
deutschen Atombombe?“


Zuvor aber noch ein kurzer Warnhinweis in eigener Sache: Aktuell werden 
in unserem Namen Phising Mails verschickt: Bei Rechnungen bitte genau 
auf den Absender schauen, der stammt nämlich nicht von uns 
(imi@imi-online.de).


1.) Broschüre EU-Kolonie Bosnien

Die soeben erschienene Broschüre „EUropa und das neoliberale 
Pilotprojekt Bosnien-Herzegowina: Krieg – Besatzung – Ausbeutung – 
Repression“ (Informationen
zu Politik und Gesellschaft“, Nr. 16, März 2019) wird in Kooperation der 
IMI mit der Europaabgeordneten Sabine Lösing herausgegeben und kann 
gratis im Internet heruntergeladen werden: 
https://www.imi-online.de/download/Bosnien-Broschuere-Web.pdf

Durch diese Zusammenarbeit kann die Printversion – gerne auch in 
größerer Stückzahl – auch
kostenlos (wahlkampfbedingt nur bis 18. April 2019, also beeilen!) via 
E-Mail bestellt
werden: hannover@sabine-loesing.de

INHALTSANGABE
Vorwort
Einleitung
1. Vom NATO-Krieg zum Protektorat
2. Neoliberaler Umbau im Protektorat
3. Assoziierungsabkommen: Fixierter Neoliberalismus und periphere 
EU-Integration
4. Aufstand im neoliberalen Protektorat: Der bosnische Frühling 2014
5. Weiter wie bisher: Die Reformagenda der Internationalen Gemeinschaft
6. Proteste und (militärische) Kontrollversuche
Fazit

Gesamte Broschüre: 
https://www.imi-online.de/download/Bosnien-Broschuere-Web.pdf

2.) AUSDRUCK (April 2019)

Gesamte Ausgabe hier: 
http://www.imi-online.de/download/Ausdruck-April-2019-Web.pdf

INHALTSVERZEICHNIS

DEUTSCHLAND UND DIE BUNDESWEHR
-- Deutsche Waffen töten im Jemen-Krieg. Was sagt die Bundesregierung? 
(Lisa Klie)
https://www.imi-online.de/download/Ausdruck-April-2019-LK.pdf
-- Rheinmetall: Ausweitung der Produktion und der Proteste (Jacqueline 
Andres)
https://www.imi-online.de/download/Ausdruck-April-2019-JA.pdf
-- Ins gemachte Netz gesetzt: Bundeswehr steigt ins Digitalfunknetz der 
zivilen Sicherheitsbehörden ein (Martin Kirsch)
https://www.imi-online.de/download/Ausdruck-April-2019-MK.pdf
-- „Selbstbehauptung oder Fremdbestimmung“: Münchner 
Sicherheitskonferenz – Aufrüstung als Gebot der Stunde (Jürgen Wagner)
https://www.imi-online.de/download/Ausdruck-April-2019-JW.pdf

DROHNEN & IT
-- Altmaiers Industriestrategie: Auf dem Weg zum KI-Airbus (Christoph 
Marischka)
https://www.imi-online.de/download/Ausdruck-April-2019-CM.pdf
-- US-Drohnenkrieg und zivile Opfer: Zurück in die Intransparenz (Marius 
Pletsch)
https://www.imi-online.de/download/Ausdruck-April-2019-MP.pdf

EU-MILITARISIERUNG
-- „Liberté, Égalité, Flashball“ – Die militarisierte Repression der 
französischen Gelbwestenbewegung (Sven Wachowiak)
https://www.imi-online.de/download/Ausdruck-April-2019-SV.pdf
-- Atommacht EUropa? Per EU-Teilhabe zur deutschen Atombombe? (Claudia 
Haydt)
https://www.imi-online.de/download/Ausdruck-April-2019-CH.pdf
-- Rule Britannia? Brexit, Global Britain und post-imperiale Hybris 
(Jürgen Wagner)
https://www.imi-online.de/download/Ausdruck-April-2019-JW-Empire.pdf

BEILAGE
-- Fact Sheet: Drohnen – Überwachen und Töten auf Distanz (IMI)
https://www.imi-online.de/download/Fact-Sheet-Drohnen-Feb19.pdf


3.) IMI-Analyse: Atommacht EUropa?`

IMI-Analyse 2019/13
Atommacht EUropa?
Per EU-Teilhabe zur deutschen Atombombe?
https://www.imi-online.de/download/IMI-Analyse2019-13-Atom-Web.pdf
https://www.imi-online.de/2019/04/10/atommacht-europa/
Claudia Haydt (10. April 2019)

Das Ende  des INF-Vertrages hat die Problematik der atomaren Rüstung 
oder gar eines neuen atomaren Rüstungswettlaufs wieder auf die 
politische Tagesordnung gebracht. Das Thema war indes, trotz einer 
vorübergehenden relativen Entspannung zwischen den großen Atommächten, 
nie ganz von der Tagesordnung verschwunden. In den letzten Jahren wurde 
jedoch – wenn überhaupt – dann das Atomprogramm Nordkoreas oder ein 
mögliches Programm des Iran diskutiert. Die in Europa nach wie vor 
vorhandenen Atomwaffen waren leider nur ein Thema weniger Spezialisten 
und Aktivisten. US-amerikanische und Europäische Atompläne werden viel 
zu selten diskutiert, obwohl sie die Gefahr eines Atomkrieges deutlich 
anheizen. In diesem Kontext könnte auch eine alte Protokollnotiz aus dem 
Jahr 1974 noch heute eine Rolle spielen und sogar den deutschen Zugriff 
auf eine "europäische Bombe" möglich machen. Sie bildet die Grundlage 
für Bestrebungen, dass sich Deutschland an einer „Europäisierung“ der 
französischen Atomwaffen beteiligen könnte, wie sie jüngst zum Beispiel 
vom einflussreichen Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang 
Ischinger, gefordert wurde: „Die atomaren Einsatz-Optionen Frankreichs 
sollten nicht nur das eigene Territorium, sondern auch das Territorium 
der EU-Partner mit abdecken.“ (n-tv, 09.02.2019)

Das Ende des INF-Vertrags

Vorab werde ich kurz auf den INF-Vertrag eingehen: Sein Abschluss 1987 
hatte und hat hohe praktische und symbolische Bedeutung.  Es ging nicht 
allein um die Begrenzung, sondern vor allem um den Abzug atomarer 
Mittelstreckenraketen aus Europa. Betroffen waren Raketen mit einer 
Reichweite von 500 bis 5.500 Kilometern. Interkontinentalraketen und 
taktische Waffensysteme mit kürzerer Reichweite waren von den Regelungen 
ausgenommen.

Die Mittelstreckenraketen und deren Stationierung waren das zentrale 
Thema des Rüstungswettlaufs in den 1980er Jahren. Deswegen hatte die 
Beendung des Wettrüstens in diesem Bereich eine so hohe Bedeutung. An 
der Frage der Mittelstreckenraketen bekam der Weg von Abrüstung und 
Vertrauensbildung praktische Relevanz. Umgekehrt hatte die spätere 
Entscheidung der USA und der NATO-Staaten, ein System zur Abwehr 
ballistischer Raketen aufzubauen, eine verheerende Wirkung für die 
Stabilität dieses Abkommens.

Die Problematik dieses Schrittes lässt sich am besten im Rückgriff auf 
die Zeit des Schwertkampfes erläutern. Wenn ein Abkommen regelt, welche 
und wie viele Schwerter jede Seite haben darf, dann bringt der Einsatz 
von Schilden die Balance aus dem Gleichgewicht.  Ohne Schild muss jede 
Seite die angreift einkalkulieren, dass sie selbst verwundbar ist. Mit 
einem Schild lassen sich solche Gegenschläge wenigstens teilweise 
abfangen und offensive Kampfszenarien werden wieder denkbar und gewinnen 
seit der US-Aufkündigung des Vertrags zum Verbot von 
Raketenabwehrsystemen im Juni 2002 immer weiter an Bedeutung. Russland 
hat zudem den USA vorgeworfen, dass deren Kampfdrohnen zwischenzeitlich 
so leistungsfähig seien und sie eine so hohe Nutzlast tragen könnten, 
dass sie de facto eine vergleichbare Wirkung entfalten könnten wie 
Mittelstreckenraketen.  Auf diese und andere Weise, so der Vorwurf, 
hätten die USA seit langer Zeit den INF-Vertrag unterlaufen.

Umgekehrt gibt es den Vorwurf an Russland, seinerseits in jüngster Zeit 
den bodengestützten Marschflugkörper Novator  9M729 (NATO-Name: SSC-8) 
mit einer Reichweite von mehr als 500 Kilometern entwickelt zu haben und 
dadurch den Westen Europas zu bedrohen. Letzteres war der erklärte 
Anlass dafür, dass Trump im Oktober 2018 am Rande einer 
Wahlkampfveranstaltung in Nevada erklärte, der INF-Vertrag wäre nutzlos 
und die russische Seite hätte ihn ohnehin schon gebrochen. Trump hat 
dabei vollständig ignoriert, welche hohe symbolische und befriedende 
Wirkung der Vertrag hat.

Trump zielte bei seinem Vorgehen möglicherweise nicht nur auf Russland, 
sondern auf den Rivalen China, der nicht von diesem Vertrag erfasst ist, 
da China 1987 nicht zu den wettrüstenden Großmächten gehörte. 
Offensichtlich gibt es die Hoffnung von Teilen der US-Administration, 
dass nach dem Zerbrechen des INF-Vertrags eine neue Abmachung möglich 
ist, die auch die chinesische Rüstung reglementiert. Das ist allerdings 
ein hoch riskanter Schachzug.

Mit der Zerstörung des INF-Vertrags verlieren die USA zusätzlich an 
Glaubwürdigkeit als Vertragspartner,  die ohnehin schon unter anderem 
durch den Bruch des Abkommens mit dem Iran gelitten hat. Wie stark der 
Wille der USA zur Einhaltung zukünftiger Verträge ist, darf angesichts 
dieser und anderer Erfahrungen durchaus hinterfragt werden. In jedem 
Fall fördert das US-Gebaren die Bereitschaft anderer Länder, sich auf 
Rüstungskontrollverträge einzulassen, in keiner Weise – im Gegenteil.

Steigende Atomkriegsgefahr

Kurz- bis mittelfristig muss nun mit einer Neustationierung von 
Atomwaffen in Europa gerechnet werden. Von Seiten der USA wurde dies 
bereits angedroht und russische Gegendrohungen gibt es ebenfalls. Für 
die Friedensbewegung mag dies die Mobilisierung gegen den neuen 
Rüstungswettlauf zwar leichter machen, das ist jedoch angesichts der 
zunehmenden Gefahr einer militärischen Konfrontation zwischen NATO und 
Russland ein schwacher Trost.

Wegen der extrem kurzen Vorwarnzeiten beim Einsatz von 
Mittelstreckenraketen ist schon allein die Gefahr von Unfällen, von 
Missverständnissen und schlussendlich von versehentlich ausgelösten 
Kriegen extrem hoch. Dies ist einer der Gründe, warum die so genannte 
Weltuntergangsuhr (Doomsday Clock) zurzeit auf 2 Minuten vor 12 steht. 
So gefährlich haben die beteiligten Wissenschaftler die Weltlage nur 
einmal zuvor, in den 1950er Jahren,  eingeschätzt.

In der deutschen politischen Debatte wurde das Ultimatum an die 
russische Regierung, innerhalb von 60 Tagen das Novator-Programm 
einzustellen,  als Kompromiss zwischen der US-Position (sofortiger 
Austritt) und dem Verbleib im INF-Vertrag gefeiert. Die NZZ (5.12.2018) 
formuliert die Problematik wie folgt: „Eine Kündigung des Abkommens 
trägt nichts dazu bei, die illegale Stationierung russischer 
Marschflugkörper mittlerer Reichweite rückgängig zu machen. Im 
Gegenteil: Moskau könnte dann diese Aufrüstung ganz offen und in weitaus 
größerem Ausmaß weiterführen.“

Wir erleben im Moment keine Deeskalation, sondern eine gefährliche 
Eskalation und den Einstieg in einen verstärkten konventionellen und 
nuklearen Wettlauf. Wer atomar rüstet, begibt sich in die gefährliche 
militärische Logik, dass die atomare Abschreckung glaubwürdig sein muss. 
Das heißt: Wer atomar rüstet, muss seine Bereitschaft diese Waffen auch 
einzusetzen, plausibel erscheinen lassen.

Wenn wir über Atomwaffen reden, dann reden wir wohl über die 
unmenschlichste Waffe, die jemals erfunden wurde. Deswegen ist die 
aktuelle Eskalation auch eine, die wir nicht ignorieren dürfen. Wie 
bereits erwähnt, wurde die Eskalation mit dem Aufbau des 
NATO-Raketenschilds eingeleitet. In Ramstein befindet sich übrigens das 
Kommando- und Kontrollzentrum des NATO- Raketenprogramms, das ohne die 
dortige Infrastruktur nicht einsatzfähig wäre.

Global gesehen gibt es mehrere solcher Installationen. Eine relative 
neue befindet sich in Südkorea (THAAD). An der Positionierung lässt sich 
auch die Aufgabe dieser Programme ableiten: Es geht um ein militärisches 
Containment von Russland und China sowie um den Erhalt der 
US-amerikanischen Interventionsfähigkeit.

Im Kontext dieser Konfrontation tauchen in letzter Zeit immer wieder 
mediale Impulse auf wie die folgende Überschrift aus der Welt am Sonntag 
(29.12.2017): „Brauchen wir die ‚EU-Bombe‘?“

Der Artikel erinnert daran, dass der frühere Außenminister Guido 
Westerwelle den Abzug der US-Atombomben aus Deutschland gefordert hatte 
und postuliert, dass daran heute niemand mehr denken würde. Die Autorin, 
Martina Meister, fordert als Konsequenz aus der Krimkrise und der 
unkalkulierbaren Politik von Trump, dass Europa atomar auf eigenen Füßen 
stehen solle.

Die Autorin übersieht dabei, dass die globale Schieflage mit noch mehr 
Waffen nicht auflösbar ist, sondern allein durch Abrüstung und 
Vertrauensbildung. Dabei ist es notwendig, an bestehende globale 
Abrüstungsmechanismen anzuknüpfen und nicht, diese zu zerstören.

Die Grenzen des Nichtverbreitungspaktes

Durch den Nichtverbreitungspakt ist es gelungen, dass eine Reihe von 
atomaren Schwellenländern auf diese Fähigkeiten verzichtet und wie 
Südafrika sogar auf bereits vorhandene Waffensysteme verzichtet haben. 
Die Erfahrungen von Schwellenländern, auf Fähigkeiten im Bereich von 
Massenvernichtungswaffen zu verzichten, sind jedoch nur begrenzt 
ermutigend, wie man am Beispiel Libyens und Iraks sehen konnte.

Dem Vertrag ist es außerdem nicht gelungen, die vollständige Abrüstung 
der bisherigen Atommächte auch nur in greifbare Nähe zu bringen.  Die 
Federation of Atomic Scientists geht davon aus, dass die USA im Moment 
im Besitz von 6.550 Atomsprengköpfen sind, und Russland wird ein Bestand 
von 6.409 zugerechnet.  Das sind Bestände, die mehr als ausreichend 
dafür wären, das menschliche Leben auf der Erde vollständig auszulöschen.

Der Nichtverbreitungspakt ist damit deutlich an seine Grenzen gekommen 
und er wird etwa durch die Tatsache, dass Deutschland durchaus als 
atomares Schwellenland bezeichnet werden könnte, weiter strapaziert. 
Denn Deutschland verfügt über atomwaffenfähiges Material, zivile 
Atomkraftwerke und Anlagen zur Anreicherung von Uran, die zusammen auch 
den potentiellen Zugriff auf die Atomwaffe ermöglichen: „Nuclear Power 
powers The Bomb“, ist der Slogan mit dem die Anti-Atom-Bewegung 
International auf diese Problematik aufmerksam macht. Allerdings 
existieren sowohl national als auch international erhebliche Widerstände 
gegenüber einer rein nationalen deutschen Atombombe, weshalb auf 
allerlei Wegen versucht wird, sich auf andere Weise einen Zugriff zu 
verschaffen.

Der Nichtverbreitungspakt wird dabei etwa mit dem Konzept der atomaren  
Teilhabe vielfach unterlaufen. Dass deutsche Piloten mit deutschen 
Flugzeugen und in Deutschland gelagerten Atomwaffen deren Einsatz für 
den Ernstfall üben, ist ein klarer Vertragsverstoß. Trotzdem wird mit 
Verweis darauf, dass diese Waffen ja im US-Besitz seien, ein deutscher 
Vertragsbruch zurückgewiesen.

Das Konzept der atomaren Teilhabe ist leider kein Auslaufmodell, sondern 
eines, das möglicherweise zukünftig auch im Rahmen der EU zum Einsatz 
kommen könnte.  Frankreich ist im Moment im Besitz von 10 Atomwaffen, 
die von Flugzeugen abgeworfen werden können.  250 der französischen 
Atomwaffen sind seegestützt und 40 stationäre Interkontinentalraketen. 
Auf diese Waffen haben manche deutsche Sicherheitspolitiker schon länger 
ein Auge geworfen, auch um dieses Potential noch auszubauen.

Gefährliche Nachrüstung in Büchel

Im rheinland-pfälzischen Büchel sind 20 US-Atomwaffen gelagert, die bis 
2020 ausgetauscht werden sollen. Öffentlich wird von einer 
Modernisierung dieser Bomben gesprochen. Konkret handelt es sich jedoch 
um die Stationierung einer neuen Generation von Atomwaffen.  Die 
Einsatzoptionen ändern sich dadurch grundlegend. Momentan sind es 
verfallende Bomben, deren Einsatz durch die Reichweite der veralteten 
Trägersysteme – Tornado-Kampfflugzeuge – deutlich begrenzt ist. Die 
Existenz dieser Waffen in Deutschland ist gefährlich,  dennoch ist die 
Einsatzwahrscheinlichkeit nicht allzu hoch. Bei der neuen Generation 
B61-12 handelt es sich jedoch um so genannte smarte Bomben, was 
natürlich nicht bedeutet, dass es klug wäre diese Waffen einzusetzen, 
sondern dass diese in ihr Ziel gesteuert werden, Bunker brechen können 
und dass die atomare Sprengkraft skaliert werden kann.  50 Kilotonnen 
beträgt die maximale Sprengkraft, die minimale 5 Kilotonnen. Letzteres 
ist dennoch mehr, als in Hiroshima zum Einsatz kam. Die neuen Bomben 
wiegen etwa 350 Kilogramm damit gehört diese Waffen nicht zu den 
Schwergewichten unter den Bomben. Wie bereits erwähnt, gibt es den 
russischen Vorwurf, dass mit US-Drohnen der INF-Vertrag unterlaufen 
wird. Angesichts der Nutzlast von über 1.000 Kilogramm, die manche 
US-Drohnen befördern können,  erscheint dieser Vorwurf nicht völlig aus 
der Luft gegriffen.  In einem Artikel im National Interest (9.10. 2018) 
nennt Zachary Keck die B61-12 „die gefährlichste" Atomwaffe. Nicht weil 
sie die größte wäre, denn es gibt Atomwaffen mit deutlich höherer 
Sprengkraft, sondern weil sie so variabel, vielseitig einsetzbar ist und 
mit Zielabweichungen von maximal 30 Metern sehr präzise. Damit scheint, 
aus militärischer Sicht, der Einsatz kalkulierbar und vertretbar. Damit 
wird die Schwelle für ihren Einsatz deutlich gesenkt und die Idee eines 
„führbaren" Atomkriegs ist damit greifbarer als mit der älteren 
Generation dieser Waffe.

Was bedeutet diese Neustationierung für Deutschland? Bisher wird die 
Nukleare Teilhabe mit Tornados eingeübt. Deutsche Militärs gehen davon 
aus, dass die veralteten Tornados spätestens ab 2025 nicht mehr zum 
Einsatz kommen können. Die Vorstellung von Ursula von der Leyen bestand 
darin, dass die Eurofighter so umgerüstet werden können, dass sie als 
Trägersysteme geeignet sind. Eine entsprechende Anfrage beim Pentagon 
wurde (bisher) allerdings nicht positiv beschieden. Die 
US-Administration würde gerne eigene Kampfflugzeuge an die Bundeswehr 
verkaufen, während das Verteidigungsministerium vorzugsweise eigene 
Trägersysteme entwickelt und einsetzt. Unter der Prämisse, dass die 
deutsche Regierung nicht auf die atomare Teilhabe verzichten will, 
stellt sich die Frage, welche Optionen dann weiter verfolgt werden. Am 
intensivsten wird ein Projekt diskutiert, das im Kontext von PESCO 
(Ständige Strukturierte Zusammenarbeit) entwickelt wird, das so genannte 
Future Combat Air System (FCAS). In einer gemeinsamen 
deutsch-französischen Erklärung wurde dies bereits zum Thema gemacht und 
die ersten Entwicklungsverträge wurden im Februar 2019 abgeschlossen.  
Dieses neue Kampfflugzeug soll nach dem Willen der Beteiligten auch als 
atomares Trägersystem fungieren können.

Für den Fall, dass US-amerikanische Atomwaffen in das FCAS integriert 
werden sollen, müssten sämtliche Konstruktionsdetails an die 
US-amerikanischen Partner übermittelt werden, um eine Zertifizierung zu 
ermöglichen. Vor dem Hintergrund der rüstungsindustriellen Rivalität von 
Lockheed Martin und dem europäischen Airbus Konzern, gibt es von Seiten 
der Industrie einige Vorbehalte gegenüber der Weitergabe sensibler 
Konstruktionsdaten an die USA.

Eine europäische Atomwaffe?

Eine Lösung für das Dilemma wäre, eine die vollständig in der Hand der 
europäischen Partner liegt, also europäische Kampfflugzeuge bestückt mit 
europäischen Atombomben. Dieses Szenario wird von deutschen und 
französischen Sicherheitspolitikern diskutiert und ist besonders für 
diejenigen, die eine noch stärkere deutsche Militärmacht favorisieren, 
attraktiv.

Bevor ich dieses Thema wieder aufgreifen werde, möchte ich kurz an die 
deutsche Geschichte erinnern. Es ist bekannt, dass es bereits zu Zeiten 
des Nationalsozialismus Programme gab, um eine deutsche Atomwaffe zu 
entwickeln.  Auch im Nachkriegsdeutschland, unter Verteidigungsminister 
Franz Josef Strauß,  entwickelten sich wieder atomare Begehrlichkeiten. 
Glücklicherweise gab es damals renommierte Atomwissenschaftler, die 
diese Pläne in aller Deutlichkeit öffentlich angriffen. Außerdem gab es 
damals starken Gegenwind aus Frankreich (Matthew Karnitschnig, German 
bomb debate goss Nuclear, Politico, 8.3.2018). Charles de Gaulle wollte 
Frankreich als die zentrale und möglichst auch einzige Atommacht auf dem 
westeuropäischen Kontinent verankern. In jüngerer Vergangenheit hat sich 
diese französische Haltung jedoch etwas verändert und der damalige 
Präsident Sarkozy hatte 2007 ein Angebot an die deutsche Regierung 
gemacht, über die französische Waffen mit verfügen zu können, im 
Gegenzug für eine substantielle finanzielle deutsche Beteiligung 
(Spiegel Online, 15.9.2007).

Damals wurde das Angebot in Berlin nicht positiv aufgegriffen, was sich 
aber dann vor etwa 2 Jahren durch einen CDU-Politiker änderte. Roderich 
Kiesewetter fragte den Wissenschaftlichen Dienst des Deutschen 
Bundestages, ob es völkerrechtliche Hindernisse gäbe, die einer 
Ko-Finanzierung von Atomwaffen durch Deutschland im Wege stünden 
(Wissenschaftliche Dienste, Völkerrechtliche Verpflichtungen 
Deutschlands beim Umgang mit Kernwaffen, 23.5.2017). Die Antwort wurde 
in Deutschland medial kaum zur Kenntnis genommen. Auch wenn die Idee 
einer EUropäischen Abschreckung „Euro Deterrence“ später von Wolfgang 
Ischinger und anderen aufgegriffen wurde (Karnitschnig a.a.O.). 
International gab es einen größeren Widerhall, in der New York Times 
(5.7.2017) etwa konnte man lesen: „Ein europäisches 
Nuklearwaffenprogramm wäre legal, besagt eine deutsche Prüfung.“

Das 11seitige Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes kommt zu dem 
Schluss: „Im Ergebnis schließt die fehlende Staatspraxis eine 
Möglichkeit zur Finanzierung ausländischer Atomwaffenpotentiale 
rechtlich nicht aus. Auch aus dem allgemeinen Völkerrecht ergibt sich 
derzeit (!) kein Finanzierungs- und Unterstützungsverbot für 
ausländische Atomwaffenpotentiale.“ Zusätzlich wurde in dem Gutachten 
die Frage erörtert, ob dies über den EU-Haushalt finanziert werden 
könnte. Der Wissenschaftliche Dienst wies darauf hin, dass es einen 
EU-Verteidigungshaushalt, der vergleichbar mit den nationalen Haushalten 
wäre, nicht gäbe.

An dieser Antwort zeigt sich, wie dynamisch sich die EU Militärpolitik 
zur Zeit entwickelt. Der Text wurde 2016 geschrieben. Zwischenzeitlich 
liegt ein Entwurf für den nächsten mehrjährigen EU-Haushalt (2021-2027) 
vor, der de facto einen umfangreichen europäischen Rüstungsetat – 
Verteidigungsfonds genannt – beinhaltet. Über einen Vorläufer wird 
bereits unter anderem die Erforschung und Entwicklung der waffenfähigen 
Eurodrohne finanziert und auch für das FCAS gibt es fortgeschrittene 
Überlegungen, es maßgeblich über den künftigen Verteidigungsfonds 
mitfinanzieren zu lassen.

Der European Council on Foreign Relations (ECFR) hat einen ganzen 
Artikel der Frage gewidmet, ob die Europäische Union eine Nuklearmacht 
werden könnte (Manuel Lafont Rapnouil et al: Can Europe be a nuclear 
power? ECFR, 3.9.2018). Die Welt (27.7.2018) geht noch einen Schritt 
weiter und postuliert: „Eine Nuklearmacht Deutschland stärkt die 
Sicherheit des Westens".

Gleichzeitig entsteht mit dem Atomwaffenverbotsvertrag, auf den unten 
noch weiter eingegangen werden soll, eine völkerrechtliche Grundlage, 
die eine Finanzierung von Atomwaffen unterbinden würde.

Eine Protokollnotiz als deutsche Hintertür

Eine deutsche Atomwaffe mag für einige Militaristen attraktiv sein, sie 
würde jedoch schlichtweg zum Kollaps des Nichtverbreitungspaktes führen. 
Warum wird diese Forderung dennoch aufgestellt? Der 
Nichtverbreitungspakt wird in Deutschland traditionell 
Atomwaffensperrvertrag genannt. Das mag auch der Sichtweise derjenigen 
entsprochen haben, die 1974 den Vertrag ratifiziert haben. Sie sahen ihn 
teils als Hindernis für den deutschen Zugriff auf die Atombombe.

Der Vertrag verpflichtet zur Einstellung der Produktion von Atomwaffen 
und zur Auflösung vorhandener Potentiale. Unglücklicherweise geschieht 
dies aber ohne zeitliche Vorgaben, so dass die gängige Reaktion der 
NATO-Staaten darin besteht, mindestens so lange Atomwaffen haben zu 
wollen, wie es noch andere Potentiale gibt. In Artikel 2 werden 
Nichtatomwaffenstaaten dazu verpflichtet, die Verfügungsgewalt über 
Atomwaffen von niemandem mittelbar oder unmittelbar anzunehmen. Das 
schließt, nicht nur nach meiner Interpretation die Nukleare Teilhabe 
aus, egal ob im Rahmen der NATO oder der EU.

Weil der Nichtverbreitungspakt einen guten Ansatz hatte, aber nun seit 
Jahrzehnten stagniert, haben zahlreiche NGOs, aber auch Staaten die 
Initiative ergriffen, einen zusätzlichen Vertrag zu initiieren, der 
Atomwaffen vollständig ächtet. Dafür diesen Atomwaffenverbotsvertrag auf 
den Weg zu bringen, hat ICAN glücklicherweise den Friedensnobelpreis 
bekommen. Eine Unterzeichnung des Vertrags wird in Deutschland durch 
eine große Mehrheit in der  Bevölkerung unterstützt (German public 
rejects nuclear weapons, ICAN, 23.3.2016). Die deutsche Regierung hat 
jedoch weder an den Verhandlungen über den Vertragstext teilgenommen 
noch hat sie sich jemals positiv darauf bezogen.

Woher kommt die vehemente Ablehnung dieses Vertrags? Dabei spielt 
offensichtlich die NATO-Bündnissolidarität eine Rolle, aber 
möglicherweise auch militaristisches Eigeninteresse. Aufschluss darüber 
kann die Protokollnotiz geben, die Deutschland 1974 bei der 
Unterzeichnung des Nichtverbreitungspaktes  hinterlegt hat.

„The government of the federal Republic of Germany states that no 
provision of the Treaty may be interpreted in such a way as to hamper 
the further development of European unification, especially the creation 
of a European Union with appropriate competence."
Sinngemäß hält diese Notiz fest, dass keine einzige Regelung des 
Vertrags so interpretiert werden darf, dass sie eine europäische 
Einigung und besonders eine Europäische Union mit entsprechenden 
Atomwaffen-Kompetenzen einschränkt. Eine Protokollnotiz gibt den Rahmen 
vor, unter dem die Zustimmung zu einem Vertrag stattfindet.

In anderen Worten, alles was Deutschland in Bezug auf den 
Nichtverbreitungspakt zugesagt hat, verhindert nicht, dass Deutschland 
im Kontext einer EU-Militärunion auch die (Mit-)Verfügungsgewalt über 
eine gemeinsame Atomwaffe haben könnte.  Mit dieser Notiz hat die 
damalige deutsche Regierung es ermöglicht,  dass Deutschland die Option 
des Zugriffs auf Atomwaffen nicht vollständig aufgeben musste.

Im Zuge der deutschen Wiedervereinigung stand die Atomwaffenfrage dann 
wieder auf der Tagesordnung.  Damals hatte die deutsche Regierung im 
Rahmen des Zweiplusvier-Vertrags  wiederum zugesagt, keine Atomwaffen 
anschaffen zu wollen. Das wurde ergänzt um die Passage: „Insbesondere 
gelten die Rechte und Verpflichtungen aus dem Vertrag für 
Nichtverbreitung von Kernwaffen … für das vereinte Deutschland fort".

Das bedeutet auch, dass im de facto Friedensvertrag Deutschlands nicht 
nur der Nichtverbreitungspakt, sondern auch die zugehörige 
Protokollnotiz fortgilt. Damit bleibt die Option einer europäischen 
Atomwaffe mit substantiellem deutschem Zugriff auf der Tagesordnung.

Deutsche und EU-Atomwaffen stoppen!

Gleichzeitig erklärt dies auch die deutsche Ablehnung des 
Atomwaffenverbotsvertrags. Am 7. Juli 2017 wurde dieser Vertrag mit 
großer Mehrheit bei den Vereinten Nationen angenommen. Er enthält ein 
vollständiges Verbot der Lagerung, der Produktion, des Einsatzes, des 
Transports und selbst der Finanzierung von Atomwaffen.  Sobald 50 
Staaten diesen Vertrag ratifiziert haben, tritt er in Kraft – Stand März 
2019 haben ihn 70 Staaten unterzeichnet und 22 ratifiziert.

Wenn er rechtlich verbindlich wird, dann sind die heutigen 
Atomwaffenpotentiale noch nicht aufgelöst, aber es wird zunehmend 
schwieriger werden Atomwaffen zu entwickeln, sie zu transportieren oder 
ihren Einsatz zu üben. Sollte Deutschland den Vertrag ratifizieren, 
müssten die US-Atomwaffen abgezogen werden, europäische Optionen wären 
vom Tisch, Transporte durch den deutschen Luftraum und  die Finanzierung 
von Atomwaffen durch deutsche Finanzinstitute wären rechtswidrig. 
Insgesamt ist die Mobilisierungsfähigkeit für diesen Vertag in der 
Gesellschaft sehr hoch. Diesen Rückenwind müssen wir für eine weitere 
Mobilisierung nutzen, denn der Vertrag ist notwendig, um aus den Träumen 
der deutschen Militaristen keine realen Alpträume werden zu lassen.
Bei diesem Artikel handelt es sich um eine aktualisierte Variante des 
Vortrags „Atomare Aufrüstung und aufkeimender Widerstand“, der auf dem 
letzten IMI-Kongress gehalten wurde.



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