Freitag, 31. Mai 2019

Das Ergebnis der Europawahl 2019 ist sehr widersprüchlich.


Positiv ist, dass sowohl CDU wie SPD für ihre arbeiter- und volksfeindliche Politik mit massiven Verlusten abgestraft wurden. Wer Umwelt- und Klimaschutz regelrecht boykottiert, wer sich weder ernsthaft um die Wohnungsnot, noch die Renten und Pflege, Erhalt von Arbeitsplätzen, Verbesserung der sozialen Lage kümmert, hat das auch verdient. Ihre blumigen Versprechungen wirken immer weniger bei den Menschen. In CDU wie SPD hat dies zu heftigen Kämpfen um das Personal geführt. Ebenso streiten sie darüber, wie man ihre arbeiter- und volksfeindliche Politik besser durch eine „Neuausrichtung“ verpacken kann. Doch es wird alter Wein in neuen Schläuchen sein.
Die Grünen haben davon profitiert, dass SPD und CDU immer unglaubwürdiger geworden sind. Ihnen glaubt man – noch! Dass sie in der Realität wie z.B. in Baden-Württemberg mit Ministerpräsident Kretschmann zu Verteidigern der großen Autokonzerne oder des Immobilienprojektes Stuttgart 21, das die Umwelt massiv schädigt, geworden sind, ist für viele noch nicht sichtbar geworden. Doch wir sind sicher, dass die reale Politik der Grünen immer stärker durchschaut wird. Wir müssen das unsere durch gute Entlarvungsarbeit dazu tun.
Im Ergebnis der Grünen drücken sich aber positive Bestrebungen innerhalb der Arbeiter und des Volkes aus. Es gibt einen starken Wunsch nach Veränderung sowie nach Umwelt- und Klimaschutz. Und da ist es uns lieber, wenn sich dieser Wunsch in einem guten Wahlergebnis für die Grünen ausdrückt, als dass der Wunsch nach Veränderung sich Richtung rechts entwickelt. Indem wir den Kolleg/innen aufzeigen, dass auch die Grünen ihre Wünsche und Forderungen nicht erfüllen, sondern im Gegenteil eine neoliberale Politik des Sozialabbaus, der Abwälzung der Lasten auf die Arbeiterklasse und das Volk betreiben, müssen wir diesem Wunsch nach Veränderung eine fortschrittliche Richtung geben.
Die AfD konnte gegenüber der letzten Europawahl deutlich zulegen. Aber damals war sie noch am Anfang. Gegenüber den Bundestagswahlen 2017, wo sie 12% der Stimmen erhielt, sackte sie jedoch jetzt auf 11% ab. Ihr erklärtes Ziel war sogar 20%. Damit sind sie erfreulicherweise gescheitert. Dramatisch ist jedoch die Entwicklung in einigen Teilen Ostdeutschlands. In Sachsen und Brandenburg und in einigen Regionen von Thüringen und Sachsen-Anhalt wurde sie stärkste Kraft! Anscheinend geht das Konzept der Rechten und Faschisten von so genannten „befreiten Zonen“ über den Umweg der AfD allmählich auf. Das ist eine massive Bedrohung für alle fortschrittlichen Kräfte und vor allem für die Arbeiterbewegung.
Es ist an der Zeit, dass in den Gewerkschaften eine aktive Auseinandersetzung geführt wird, damit diese in den Betrieben deutlich gegen Nazis und AfD Stellung beziehen, aber sich auch von einer Politik des Co-Managements verabschieden und wieder ernsthaft die Interessen der Arbeiter und Angestellten vertreten.
Die Linke hat einen massiven Einbruch erlitten und fast 30% gegenüber der EU-Wahl 2014 eingebüßt. Sie fiel von damals 7,4% auf nun 5,5%. Das ist die Quittung für die zunehmende Anpassung der Linkspartei an das herrschende System. In Thüringen, wo sie regiert, können Nazis offen und massiv agieren. Beim Umweltschutz setzen sie im Osten auf den Erhalt der Braunkohle. Und wo immer sie regieren, hoffen die Menschen vergeblich auf Wohnungen und soziale Verbesserungen. Bei der Führung der Linkspartei hat man den Eindruck, dass sie nur noch auf Regierungsbeteiligung und verlockende Ministersitze schielt. Sie entlarven sich zunehmend als links-sozialdemokratische Partei. Da aber viele Menschen die Linkspartei als „sozialistisch“ ansehen, führt die Desillusionierung eher zu einer Stärkung der Rechten und Faschisten, die radikal auftreten und sich als Alternative anbieten.
Leider ausgesprochen traurig, aber wie zu erwarten, ist das Ergebnis der Kandidaturen von DKP und MLPD.
Die DKP hat gegenüber 2014 ein Fünftel ihrer Wählerstimmen verloren! In der UZ erklärt sie dazu richtig: „Unser Wahlergebnis hat die Schwächen unserer Verankerung drastisch aufgezeigt. Das muss sich ändern, das ist die zentrale Botschaft unseres schlechten Abschneidens.“ Sie tröstet sich damit, dass sie neue Kontakte gewonnen hat.Das macht freilich die Niederlage nicht ungeschehen.
Die MLPD konnte ihr Wahlergebnis von 2014 halten. Damals hatte sie 18.198 Stimmen und 0,1%. Dieses Mal hatte sie 18.340 Stimmen und 0,1%. Das sind 142 Stimmen mehr. Bei deutlich gestiegener Gesamtwahlbeteiligung ist das kein Erfolg sondern Stagnation. Im übrigen hatte die MLPD bei der letzten Bundestagswahl noch 35.760 Stimmen erreicht! Frei von jeder Selbstkritik lobt Lisa Gärtner, eine der Spitzenkandidaten, zum Abschluss des Wahlkampfes sich selbst und ihre Partei: „Ich war in den letzten zwei Wochen in zwölf Städten unterwegs bei Kundgebungen, Gesprächsrunden und Demonstrationen – und man kann wirklich stolz sein, in dieser Partei und diesem Internationalistischen Bündnis zu sein.“ Gabi Fechtner, Vorsitzende der MLPD, steigert das Selbstlob noch: „Die MLPD stellte sich als Ziel, gemeinsam mit dem Internationalistischen Bündnis vor allem bewusstseinsbildende Aufbauarbeit zu machen. Dieses Konzept ist sehr gut aufgegangen. Damit haben wir zweifellos zur Klatsche für die Rechtsentwicklung der Regierung beigetragen.“ Meint die MLPD das ernsthaft, dass sie zur „Klatsche für die Rechtsentwicklung der Regierung beigetragen“ hat? Beide Vertreterinnen der MLPD können ihre Niederlage für ihre Anhänger und sich ebenfalls nicht damit wegloben, dass sie neue Kontakte gewonnen haben – siehe DKP. Im Übrigen ist das eine Formel, die die MLPD nach jeder Wahl, bei der sie stagniert, verwendet. Auch wenn die MLPD in einzelnen Bundesländern Stimmen dazu gewonnen hat, wie sie betont, bedeutet das angesichts ihres Gesamtwahlergebnisses, dass sie woanders eben soviel verloren hat. Es ist kein realer Gewinn, wenn man an einer Stelle aufbaut, dafür aber woanders abbaut.
Schließlich muss sich die MLPD einer Tatsache stellen, die ein Blick auf die Stimmergebnisse beim Bundeswahlleiter klarmacht. Sie bleibt bei der EU-Wahl 2019 trotz Stimmenverlusten der DKP klar hinter dieser zurück! Ihr Plus gegenüber der DKP bei der Bundestagswahl hat sie nicht halten geschweige denn ausbauen können.
Wir hatten vor der EU-Wahl in einer Erklärung festgestellt:
Stattdessen kandidieren MLPD und DKP getrennt mit eigenen Listen. Bei der letzten Bundestagswahl 2017 erreichte die MLPD 35.760 Erststimmen, die DKP 7.517. Um einen Sitz im EU-Parlament zu erreichen, benötigte man bei der letzten EU-Wahl 2014 rund 185.000 Stimmen. Es ist also völlig klar, dass die Kandidaturen beider Parteien 2019 letztlich nur Mini-Kandidaturen darstellen. Wir lehnen diese Spaltung und den Gruppenegoismus ab. Nur eine gemeinsame Plattform bot die Chance, fortschrittliche und revolutionäre Kräfte anzuziehen und ihren Einfluss zu verstärken. Dass es dazu aber noch nicht einmal einen Versuch gab, ist ein Armutszeugnis und ein Ausdruck der selbst verschuldeten Lage der revolutionären Kräfte in Deutschland.“
Das Wahlergebnis von DKP und MLPD hat diese Einschätzung bestätigt. Eine Chance, mit einer gemeinsamen Plattform und einem wirklich breiten Bündnis fortschrittliche und revolutionäre Kräfte weit über den eigenen Dunstkreis anzuziehen, wurde wieder einmal vertan. Statt im konkreten Kampf zusammen aufzutreten und die ideologischen und prinzipiellen Auseinandersetzungen nicht mit einer solchen Aktionsplattform zu vermischen, sondern getrennt davon zu führen, hat man sich für Zersplitterung und Schwächung entschieden. Offensichtlich getreu dem Motto: Getrennt marschieren, gemeinsam verlieren!
Die Lehren aus dem Wahlergebnis sind klar:
Wir brauchen eine starke marxistisch-leninistische Kraft, die für eine gemeinsame Aktionsplattform aller fortschrittlichen und revolutionären Kräfte kämpft! Angesichts der Rechtsentwicklung und der wachsenden Konflikte der imperialistischen Mächte sowie der damit verbundenen Kriegsgefahr ist das dringend nötig. Doch ohne eine klare und starke marxistisch-leninistische Kraft ist dies nicht möglich. MLPD und DKP haben offensichtlich weder die selbstkritische Herangehensweise noch den Willen zu einem solchen Weg. Mit ihrem Kurs wird die revolutionäre Bewegung in diesem Land geschwächt. Wir werden daher also alles daran setzen, unsere Organisation aufzubauen, zu stärken. Denn ohne Stärke können wir diese Position nicht durchsetzen.

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