Montag, 30. Juni 2014

BRIEF AUS DER HÖLLE

20.Juni 2014 Übersetzung N.N. An alle meine Freunde und Bekannte!!! Ich bin am Leben! Gestern bin ich aus Slawjansk weggefahren. Ich verdanke das einem guten Menschen, der mich aus Slawjansk herausgeführt hat. Wer dort war, der wird verstehen, welcher Schrecken dort geschieht. Die Stadt ist praktisch zerstört. In der Stadt gibt es kein Licht, kein Wasser, keine Verkehrsmittel und in vielen Häusern wurde das Gas abgedreht, da die Gasrohre nach dem Bombenangriff beschädigt wurden. Am 9. Juni wurde das Stadtzentrum furchtbar bombardiert. Sehr viele Häuser sind zerstört. Die Bomben flogen durch die Fenster, das Dach, die Wand. Am 8. Juni habe ich meine Mama beerdigt. Wenn ich eine Filmkamera gehabt hätte, dann hätte ich den ganzen Schrecken aufgenommen, der in der Leichenhalle geschieht. Ich erinnere mich, daß es kein Wasser und kein Licht gab, und draußen große Hitze war. Zur Leichenhalle heranzukommen war nicht möglich. Wenn Ihr sehen würdet, wie viele Leichen es dort gab. Sie werden in Massengräbern bestattet. Die armen Menschen. Sie hätten noch leben können, ja leben! Und die Nationalgarde beerdigt ihre Toten nicht einmal. Sie liegen am Karatschun[1] und verwesen, und den Müttern wird gesagt, daß sie ohne Nachricht verschwunden sind. DAS IST DIE WAHRHEIT !!!! Wie man nur die friedliche Bevölkerung aus Mehrfachraketensystemen[2] bombardieren kann. In den ukrainischen Medien wurde natürlich gesagt, daß die Selbstverteidigungskräfte bombardiert hätten, sie haben aber vergessen, zu sagen, daß die keine Mehrfachraketensysteme haben. Man muß schon ein Vollidiot sein, um sich selbst zu bombardieren. Slawjansk wird einfach vom Antlitz der Erde ausgelöscht. Es sind alle Betriebe, die Tankstellen, der Markt, die Krankenhäuser, die Schulen, die Kindergärten und die Wohnhäuser zerstört. SIE HABEN DEN MENSCHEN DIE ARBEIT, DIE WOHNUNG UND DAS LEBEN ENTZOGEN. Sie bombardieren zu jeder Zeit und unbegrenzt. Am Morgen, dem 9. Juni lag nach dem Bombenangriff unweit von meinem Haus eine von einer Explosion zerrissene Frau. Ich habe die Leichenhalle angerufen, damit sie sie mitnehmen, und sie haben mir gesagt, daß sie kein Benzin haben und sogar ein Begräbnis wird nicht möglich sein. Ich verstehe, warum viele nicht glauben, was hier geschieht. Nachdem ich bis hinter Kramatorsk hinausgefahren war – dort ist das leise und friedliche Leben, und bei uns die Blockade von Stalingrad. Nur viel grausamer. Als meine Mama vor meinen Augen getötet wurde, habe ich mich panisch davor gefürchtet, auf die Straße hinauszugehen. Und als wir sie beerdigen wollten…. Ich bin unter einen Bombenangriff geraten, als ich irgendwo ein Auto suchte, um meinen alten und kranken Vater in die Leichenhalle zu bringen. Danke, dem Jungen, der mir geholfen hat. Und wir sind zu zweit weiter und allein mein Freund lief schnell zum Friedhof. Wir sind schnell nach Hause und haben sie im Keller vergraben. MEINE MUTTI HAT DAS NICHT VERDIENT. Und am nächsten Tag wurde niemand beerdigt, da es es keinen Kraftstoff gab. Was würde ich tun, wenn ich sie am nächsten Tag beerdigen müßte. Würde sie unter dem Bombenangriff auf Händen tragen? Und noch etwas. Meine Empörung ist grenzenlos: Ich gab nur zwei russischen Fernsehsendern ein Interview. Ukrainische Journalisten gibt es bei uns in der Stadt nicht. Und im ukrainischen Fernsehen haben sie das gezeigt, aber sie haben herausgeschnitten, als ich sagte, daß wir den ukrainischen Medien nicht glauben, und daß die ukrainische Armee uns bombardiert. Und dort wo ich um die Hilfe bat, kommentierten sie, daß ich bei Poroschenko um Hilfe gebeten hätte. DIESE LÜGEN. Sogar aus dem menschlichen Kummer ziehen sie einen Nutzen. ALLES IST SEHR FURCHTBAR. Und nach dem letzten Bombenangriff habe ich es nicht ertragen. Ich wünschte, daß diese …., die den Befehl geben zu SCHIESSEN oder zu bombardieren, selbst eine Woche in unserer Schale, in unseren Kellern zubringen – ohne Schlaf, Essen, Wasser und Licht, und in ständig Angst. Meine Kinder haben mich nicht mehr erkannt. Nach dem Tod meiner Mutti bin ich um 10 Jahre gealtert. Gebe Gott, daß andere Städte diesen Schrecken niemals kennenlernen…. [1] Karatschun – ein Berg in der Nähe von Slawjansk [2] Mehrfachraketensystem „GRAD“

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