Freitag, 19. April 2013

Die Teamarbeiterin - Zum Tod der Schriftstellerin und Drehbuchautorin Wera Küchenmeister

Eigentlich erschien ihr Name fast immer gemeinsam mit dem ihres Mannes Claus auf Buchtiteln – und ebenso im Abspann zahlreicher DEFA-Filme, manchmal waren auch noch andere im Boot, etwa der bekannte Dokumentarfilmer Volker Koepp. Es muß eine äußerst angeregte und produktive Stimmung im Hause Küchenmeister geherrscht haben. Gemeinsam schuf das Paar Bleibendes, auf dem Gebiet des Films auch klassisch zu nennendes. Am 7. April ist Wera Küchenmeister, im Alter von 83 Jahren verstorben (jW berichtete). Die Konstanten in ihrem Leben waren Antifaschismus, Nähe zu Kindern und Jugendlichen. Sie war überzeugte Kommunistin und stellte ihre Kreativität in den Dienst einer sozialistischen Erziehung und Bildung. Da gibt es einerseits relativ Didaktisches wie etwa das zu DDR-Zeiten sehr bekannte Kinderbuch »Als Thälmann noch ein Junge war«, in dem der spätere Arbeiterführer als großes Vorbild gezeigt wurde. Es war so ein Buch, dem man kaum entkommen konnte. Man bekam es geschenkt, sobald man in der Schule für irgend etwas ausgezeichnet wurde. Aber da sind auch die vielen wunderbaren Märchen-, Kinder- und Jugendfilme sowie Bücher, die etwa sehr anschaulich von Lappland oder der Türkei erzählen. Und dann dieses Lied, dessen Text Wera Küchenmeister geschrieben und dessen Melodie Kurt Schwaen erdacht hat: »Wer möchte nicht im Leben bleiben«. Es strahlt diese eigentümlich tiefe Sehnsucht, Wehmut, Trauer und Freude zugleich aus, die von großen alten Volksliedern ausgeht. Es gehört zum Film »Sie nannten ihn Amigo« (1959), Geschichte einer widerständigen Jugend in der Nazizeit. Aus der langen Reihe, der legendären DEFA-Produktionen, für die die Küchenmeisters das Skript lieferten, sind fröhlich-klassenkämpferische Werke wie »Der kleine und der große Klaus« (1971) oder »Der Meisterdieb« (1976) mit dem großartigen Klaus Piontek in der Hauptrolle ebenso hervorzuheben wie etwa »Der tapfere Schulschwänzer« (1967), ein zartes Plädoyer für mehr Freiheit für verträumte und entdeckungsfreudige Kinder, die bei ihren Erkundungen schon mal vergessen können, daß ihr Platz gerade in einer Einrichtung ist, die nicht umsonst früher »Penne« genannt wurde. Regelrecht düster wirken dagegen manche Adaptationen von Grimmschen Märchen wie »Jorinde und Joringel« (1986), das die Autoren zur Zeit des 30jährigen Krieges spielen lassen, und erst recht »Gevatter Tod« (1980) – hier zeichnete Wera Küchenmeister zusammen mit Regisseur Wolfgang Hübner für das Drehbuch verantwortlich. In der erstgenannten Geschichte gibt es einerseits viel Surreales, andererseits enthält sie die Botschaft, daß nicht irgendwelche Hexen Liebende auseinanderreißen, sondern eben Kriege und menschliche Rohheit. Auch die Erzählung von dem Arzt, der seinem Paten, dem Sensenmann, einmal zu oft ein Schnippchen schlägt und dafür grausam bestraft wird, ist ziemlich harter Tobak, besonders in der Version der Küchenmeisters – und das, obwohl die Hauptfigur, anders als bei den Gebrüdern Grimm, mit dem Leben davonkommt. Für Kinder einfach nur schrecklich, aber wenn man sich das später wieder anschaut, staunt man über die Sorgfalt, mit der das Ganze gemacht ist, und über die liebevolle Zeichnung der Figuren in diesem sehr philosophischen Film zur Frage »Was kann, was darf der Mensch – und wie hoch ist der Preis?« Das Klassenbewußtsein wurde Wera Küchenmeister, geborene Skupin, quasi in die Wiege gelegt. Sie wuchs als Kind eines Tischlers und Kommunisten und einer Angestellten auf; die »dunkle Zeit«, die einem gemeinsam mit ihrem Mann herausgegebenen Bildband für junge Leute den Titel gab, war die ihrer Kindheit. Die DDR brachte für sie eine Vielzahl von Möglichkeiten. In Weimar konnte sie ab 1949 Theaterwissenschaften studieren, und dort lernte sie 1952 auch ihren Mann kennen. 1951 bis 1954 war sie Meisterschülerin am Berliner Ensemble Bertolt Brechts. Es folgten Tätigkeiten als Regieassistentin, Dozentin an der Filmhochschule Potsdam-Babelsberg, Chefdramaturgin am Berliner Maxim-Gorki-Theater und als Szenaristin der DEFA. Politisch engagierte sie sich in der SED, zwischenzeitlich war sie auch im DDR-Kulturministerium tätig. Ihre Stimme war wichtig. http://de.wikipedia.org/wiki/KLK_an_PTX_%E2%80%93_Die_Rote_Kapelle

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