Montag, 15. April 2013
Das Musterland der Demokratie
Drei Stühle und schon ist alles demokratisch
Von Gerd Höhne
Kommunisten-online – Zehn Jahre reisten sie bombend und mordend durchs Land. Eine Polizistin und mehrere türkische und griechische Menschen waren ihre Opfer. Und immer war in der Nähe der Mörder der Verfassungsschutz – der davon gaaaaaar nichts mit bekam.
Ja, zu Beginn der Mordserie am 26. Januar 1998 wurden die Wohnungen von Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe in Jena – den späteren Nazimördern der NSU – sowie ein von ihnen benutzter Jenaer Garagenkomplex vom Landeskriminalamt Thüringen durchsucht. Man fand vier scharfe Rohrbomben, 1,4 Kilogramm TNT-Sprengstoff und Nazipropaganda-Material. Mundlos, der lt. Interview seiner Mutter, bei der Durchsuchung dabei war, verabschiedete sich von den Polizisten, ging zu seinem Auto und war abgetaucht im Untergrund. Die Polizeibeamten ließen ihn ziehen. Obwohl schon damals, am 28. Januar 1998, die Staatsanwaltschaft Gera Haftbefehl erließ, blieben die Drei bis 2011 abgetaucht.
Ihre Blutspur löste keine Fahndung, vielleicht sogar mit Interpol, aus. Nein! Die Polizei ermittelte – gegen die Opfer. Die türkische Mafia morde hier offenbar. Auf höchste Anweisung des Innenministers von NRW und Bundesinnenminister Schily, ermittelte die Polizei wegen eines Bombenanschlags in Köln in die falsche Richtung.
Und – wie schon gesagt – die ganzen zehn Mordjahre dieser Neonazis waren sie offenbar an der Leine des Verfassungsschutzes. Die bemerkten angeblich nichts von den Morden. O Wunder! Oder?
Das ganze endete vorerst damit, dass zwei der drei NSU-Killer Selbstmord begingen. Aber auch das ist unklar: „Völlig ungeklärt sind die Umstände des angeblichen Doppelselbstmords der Täter vom „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU). Folgt man den deutschen Behördendarstellungen, haben sich die beiden NS-Rassisten in einem Wohnmobil erschossen, das sie gleichzeitig in Flammen aufgehen ließen. Als Suizidmotiv wird eine unmittelbar bevorstehende Entdeckung genannt. Damit in Widerspruch steht nicht nur der schwer zu erklärende Tötungsablauf; auch die Selbstanzeige einer dritten Person, die dem Täterkern des NSU angehört und sich inzwischen in Haft befindet, lässt die vorgebliche Selbsthinrichtung seltsam erscheinen. Dass die NS-Mörder von Dritten erschossen wurden, um Hintergründe der jahrelangen Mordserie zu verschleiern, scheint ebenso wenig ausgeschlossen wie ein interner Streit über ihre Verbindungen zu bisher unerkannten Helfern.“[1]
Jetzt das Verwirrspiel im Untersuchungsausschuss des Bundestages. Die einen wollen nicht hart fragen und tun es einige doch, verweigern die Verfassungsschützer die Aussage.
Und schließlich die Provinzposse der Bayrischen Justiz. Die vergab die Stühle im Gerichtssaal nach Art des königlich-bayrischen Rechtspflege: Wer zuerst kommt, der ist da und bekommt den Platz. Diesmal aber hat der NSU-Prozess internationale Bedeutung – und das überstieg den Horizont der weiß-blauen Rechtspfleger erheblich. Denen war nämlich entgangen, dass keine türkischen und griechischen Presseorgane Presseplätze bekommen hatten. Als das ruchbar wurde, vermochten sie es nicht über die Berge des Bayrischen Waldes und schon gar nicht über die Alpen zu blicken und wollten nichts ändern.
Ernst_NolteAber die Angelegenheit wurde immer peinlicher. Die türkische Regierung intervenierte bei der deutschen, die internationale Presse griff die Sache auf. Kurz: Aus einem weiß-blauen Brett vorm Kopf des königlich-bayrischen Oberlandesgerichts wurde ein handfester Skandal. Das auch deshalb, weil die Richter keine Änderung zuließen, selbst wenn die, die einen Platz gewannen, ihren an einen türkischen Vertreter abgeben wollten, durften sie das nicht.
Jetzt korrigierte das das Bundesverfassungsgericht. Ihre weiß-blauen Kollegen sollen drei Stühle mehr in den Saal stellen und die an türkische Journalisten vergeben.
Man lasse sich das mal durch den Kopf gehen: Das höchste deutsche Gericht muss über drei Stühle entscheiden. Ich finde das eher peinlich.
Nicht so einer der Spitzenmänner der deutschen Politik. Da sagte doch tatsächlich so ein Typ (Name leider vergessen), dass das ein Beweis für die Demokratie in Deutschland sei. Ein Beweis für demokratische Gesinnung wäre vielleicht gewesen, wenn diese NSU bereits in der Frühphase außer Gefecht gesetzt worden wäre. Aber nach deren Blutspur quer durchs Land und das über 10 Jahre nun die drei Stühle als Demokratiebeweis zu verkaufen, ist arg.
Ach ja: Ein gewisser Helmut Roewer, vormals Chef des Landesamtes für Verfassungsschutz Thüringen, soll den NSU-Mörderverein tatkräftig – nicht nur mit Rat und Tat, sondern auch Geld aus der Staatskasse – unterstützt haben. Man fand in seinem Tresor Quittungen mit Zahlungen an einen „Günther“. Roewer verweigerte an den NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages die Aufklärung mit den Worten: ”Was geht Sie das an?” (Süddeutsche Zeitung). Dieser Helmut Roewer schreibt in eignem rechtslastigen Verlag aus Österreich und gehört dem Veldensteiner Kreis an. Auch der oberste Freiheitsredner und Bundespräsident Gauck gehört diesem illustren Kreis an.
Dazu auch Bernd Rabehl. Der ehemalige SDS-Führer und Professor der FU ist inzwischen zum Rechtsradikalen gewendet und bei der NPD gelandet.
Auch ein gewisser Ernst Nolte ist im Veldensteiner Kreis zu finden. Nolte war Auslöser des sog. Historikerstreits der 80er Jahre. Der hatte damals behauptet, der Massenmord der Nazis aus rassischen Gründen sei die Folge der russischen Oktoberrevolution gewesen. Schuld an Auschwitz seinen – die Kommunisten.
Helmut Roewer. Bernd Rabehl, Ernst Nolte, Joachim Gauck – welch ein rechter Filz im ach so demokratischem Musterländle– da wundert es niemand, dass aus den Mäulern der staatstragenden Politiker nur Gestank kommt.
G.H.
Fotos:
1. Joachim Gauck
2. Bernd Rabehl
5. Ernst Nolter
Siehe auch:
http://kommunisten-online.de/Archive/blackchanel/nsu1.htm
http://kommunisten-online.de/Archive/blackchanel/nsu.htm
[1] Siehe german-foreign-policy.com/
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