Freitag, 2. November 2012
Brief von Gülaferit Ünsal
Hallo Netzwerk und Clara,
Ich bedanke mich für Euren Brief. Es geht mir gut und ich beteilige mich an den Prozesstagen.
In zwei Wochen werden die Prozesstage zunehmen.
Was über mich in Zeitungen und im Internet veröffentlicht wird, weiß ich nicht.
Thomas M. (Thomas Meyer Falk (a.d. Red.) hatte mir einen Zeitungsartikel geschickt. Wie sich der Prozess auf die Presse auswirkt, weiß ich nicht.
Ich habe gesehen, dass mein Name im GefangenenInfo auftauchte. Weil ich kein Deutsch verstehe, habe ich den Inhalt des Textes nicht verstanden.
Ihr fragtet mich nach den Haftbedingungen: Ich habe Hofgang mit einer Gruppe anderer Gefangener. In dem Bereich, in dem ich mich befinde sind die Neuzugänge. Ständig und jeden Tag kommt und geht irgendjemand. Wegen Sprachproblemen und weil die Menschen ständig wechseln, ist es nicht richtig möglich, mit irgendwem soziale Beziehungen aufzubauen.
In den letzten 6 Wochen werden außer meinem Deutsch Kurs alle anderen Kurse unterbunden. Ich befinde mich 22 Stunden am Tag in der Zelle. Ein Leiter eines Kurses hat eigenständig, auf willkürliche Weise, das Gericht angerufen und meine Teilnahme an den Kursen unterbunden, ohne die Gefängnisleitung, die Sicherheitskräfte und die Sozialarbeiter zu fragen. Den Vorfall hat mein Anwalt der Gefängnisleitung geschildert, welche somit darüber informiert wurde. Die Begründung dieses Mannes war :„ An dem Kurs beteiligen sich Gefangene aus anderen Abteilungen des Gefängnisses, sie könnte Botschaften nach draußen schicken!“
Ich habe monatelang Kurse besucht. Ich hatte für meine Kursteilnahme eine Erlaubnis von der Staatsanwaltschaft und von den Richtern. Allen voran ist die Begründung des Mannes REALITÄTSFERN. Dass dies nicht wahr ist habe ich mit den Sozialarbeitern besprochen. Auch sie haben mich bestätigt. Dieser Mann hat überdies keine Befugnis, über mich zu entscheiden.
Die Gefängnisleitung hat dem Gericht einen Brief geschrieben, in dem es hieß, dass ich Kurse besuchen könne da es kein Sicherheitsrisiko gäbe. Die Richter haben mitgeteilt, dass dieses Problem nicht von mir ausginge und ich mindestens einen Kurs fortsetzen könne. Trotz des Briefes von der Gefängnisleitung habe ich keinen weiteren Kurs begonnen. Diesmal hat das Gericht mitgeteilt, dass die Lehrer vom BKA angehört werden würden und das sie anschließend mitteilen würden, ob ich die Kurse fortsetzen kann oder nicht!!!
(Notiz: Außer im Deutschkurs bin ich in den Kursen allein. An einem der Kurse die es hier gibt beteiligen sich 1-2 Personen. An einem weiteren Kurs beteiligen sich manchmal 5-6 und manchmal ungefähr 20 Personen. Wenn sie „überfüllt“ sind, sind 2-3 Lehrer anwesend! Weil ich alleine bin. Besuche ich – und das momentan - den Deutschkurs.[...])
Als mir die Kurserlaubnis erteilt wurde, waren die Haftbedingungen bekannt. Weder haben sich die Haftbedingungen verändert noch hat sich von meiner Seite aus etwas negatives ereignet. Das Gericht hat – ohne die Gefängnisleitung darüber zu Informieren und gestützt auf die Worte eines Mannes, der keinerlei Befugnisse hat - meine Kursteilnahme unterbunden. Wie das ausgehen wird ist noch ungewiss.
Nach Prozessbeginn haben EINIGE PRESONEN!...in Bezug auf mich einige Gerüchte gestreut, DIE KEINERLEI WAHRHEITSGEHALT HABEN. Meine Kursteilnahme wurde unterbunden. Es wird versucht, eine provokative Situation zu erzeugen.
Darüber hinaus wird es mir nicht vergönnt mit jemanden englisch zu sprechen, wenn ich eine Person finde mit der ich mich unterhalten könnte! Eine solche Person wurde an der Kursteilnahme und an der Arbeit gehindert. weil sie „MIT MIR SPRACH!“. Dieses wird zumindest als Begründung genannt! Mit Hilfe ihres Anwaltes hat sie ihre Rechte zurückerhalten. Ich denke, dass dies nicht direkt mit mir zu tun hat, aber es wird nach außen hin so dargestellt.
Seit sechs Monaten versuche ich zehn neue Bücher zu erhalten, nach der Erlaubnis vom Gericht habe ich sofort die nötigen Anträge im Gefängnis gestellt. Die Bücher wurden erst EINEN MONAT SPÄTER AN MICH GESCHICKT. Mit der Begründung, ich hätte keinen Antrag geschrieben, wurden die Bücher zurückgeschickt. Über meinen Anwalt habe ich mitgeteilt, mir die Bücher nochmal zuschicken zu lassen. Ich habe NOCH EINEN Antrag gestellt. Nun ist EIN MONAT VERGANGEN, DIE BÜCHER SIND IMMER NOCH NICHT DA. Seit März versuche ich herauszufinden, wie ich an neue Bücher herankommen kann. Trotz all meiner Bemühungen habe ich seit zwei Monaten keine Bücher. Es ist schwieriger, dass ein Buchhändler Bücher findet und schickt, als Erlaubnisse für die Bücher einzuholen.
Seit einem Jahr ist meine Forderung noch einem türkischem Fernsehkanal nicht erfüllt worden, mit der komischen Begründung TECHNISCHER MÄNGEL!!!.
Wegen des §129b befinde ich mich sowieso in Isolationshaft. Wenn dann noch Sprachprobleme hinzukommen, bedarf es keiner weiteren Isolation. Sie möchten, dass ich mit keiner anderen Person spreche. In der Isolationshaft dauert eine vielfältige Isolation und Vereinsamung an. Mit diesen Praktiken werden sie keine Resultate erzielen. Ich werde meine Rechte bis zum Ende verteidigen.
In Liebe und mit Grüßen
Gül
Schreibt Gülaferit Ünsal:
Gülaferit Ünsal
JVA für Frauen
Alfredstr. 11
10365 Lichtenberg – Berlin / Germany
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