Mittwoch, 9. September 2009

Marilyn Manson talking...

In meiner DeathMetal-Lieblingszeitung, Legacy, findet sich in der neuesten Ausgabe (03/07, Seite 73) unter der Rubrik "Bücher" folgendes:

Chuck Weiner: "Marilyn Manson - Talking" (Schwarzkopf und Schwarzkopf)

"Das Schlimmste, was ich mir für mich vorstellen kann, ist, eine Jeans anzuziehen und zum Mittagessen ins Einkaufszentrum zu gehen. Das wäre ganz schön krass." Wer hätte schon gedacht, dass der Maßstab für aus dem Alltag ausbrechende Aktionen bei dem selbsternannten "God of Fuck" derart niedrig angesetzt ist? "Marilyn Manson - Talking" ist eine ausführliche Kollektion von Zitaten des amerikanischen Enfant Terrible, welches sich in zwanzig Kapiteln beherzt zu Themen wie Satanismus, Religion, Drogen, Sex und der lang andauernden, jedoch mittlerweile schon wieder zerbrochenen Beziehung zu Pin-Up-Ikone Dita von Teese äußert. Chuck Weiner beleuchtet die stark polarisierende Kunstfigur Marilyn Manson vielseitig, mal unerwartet humorvoll, mal nachdenklich oder provokant. Die gesammelten Interviewzitate lassen dem Leser genug Raum, sich ein eigenes Bild von dem Schock-Rocker zu machen. Man erfährt kleine Details wie die Tatsache, dass der Meister des Bizarren eine ausgeprägte Phobie vor Skorpionen hat und dass er die Metaebene der Teletubbies problemlos zu deuten versteht. "Marylin Manson-Talking" ist eine sehr interessante und detailverliebte Reise durch das Leben eines absoluten Einzelkämpfers, von den musikalischen Anfängen bis hin zu Zitaten berühmter Musikerkollegen über den Antihelden gibt Chuck Weiner eine gut gemachte Einführung in das groteske Leben von Marylin Manson. 125 Seiten stark und gespickt mit zahlreichen Farb- und Schwarzweiß-Fotos ist dieses Buch für knapp zehn Euro ein echtes Schnäppchen. Einziger Haken an "Marylin Manson-Talking" ist jedoch die fehlende Quellenangabe bei den Zitaten. Zwar steht immer ein Datum unter dem Gesagten, jedoch vermisst man zeitweise die genaue Quelle, um die kurzen Verbalanrisse besser in einen größeren Zusammenhang stellen zu können. (ST)"

"Nietzsches Ideal vom Willen zur Macht hat auf mich als Jugendlicher immer Eindruck gemacht."

1969 geboren, ist MM häufig im Krankenhaus, fünfmal mit Lungenentzündung. Das Verhältnis zum Vater (Möbelverkäufer) ist eher schlecht. Er geht auf eine christliche Privatschule, von der er dann geschmissen wird - seine Erfahrungen mit dieser Sorte Christentum sollen sich als prägend erweisen. MM ist ein Einzelgänger, der sich gerne mit dem Fantasyspiel "Dungeons and Dragons" beschäftigt. Seine erste sexuelle Erfahrung ist als 15jähriger mit einem Mädchen auf dem Rasen eines Baseballfeldes... Der Grossvater hat eine Pornosammlung im Keller und wird von ihm als abstoßend empfunden, von daher seine Abneigung gegen "Oben-Ohne-Bars" in späteren Jahren...

"Ich wollte als Künstler der lauteste, aufdringlichste Wecker sein, den es gibt, weil es scheinbar keinen anderen Weg gab, die Gesellschaft aus dem Koma wachzurütteln, in das sie vom Christentum und den Medien versetzt worden war."

Nach der Gründung von "Marilyn Manson and the Spooky Kids" 1990 nahm Trent von den Nine Inch Nails Kontakt zu ihnen auf, um sie für sein Label Nothing Records zu gewinnen.

SMELLS LIKE CHILDREN

"Der Kinderfänger in Tschitti Tschitti Bäng Bäng war das Bild, nach dem ich gesucht habe. Ich wollte immer so werden wie die Gestalten, die mich als Kind verängstigt haben. Ich hatte immer Angst vor dem Kinderfänger. Und ich hatte auch immer Angst vor dem Jüngsten Gericht und vor all den Dingen, die ich auf der christlichen Schule und in der Kirche über den Antichrist und das Ende der Welt zu hören bekam. Aber dann erkannte ich, dass darin meine Berufung lag, es war nichts, vor dem ich Angst haben musste. (...)" 1997

ANTICHRIST SUPERSTAR

"Twiggy und ich waren auf der gleichen Wellenlänge, und er hatte die passende Musik zu meinen Texten. Als wir das Album in New Orleans aufnahmen, verbrachten wir viel Zeit damit, mit verschiedenen Extremen des Natürlichen sowie des Übernatürlichen zu experimentieren. Dunkle Magie, Drogen, Computer und Erfahrungen mit der Schmerzgrenze spielten alle eine gewisse Rolle. Ich betrachte das Album als ein Ritual, die Apokalypse herbeizurufen. Jedes Mal, wenn jemand die Platte hört, bringt sie denjenigen näher daran, ein Individuum zu werden. In den Augen der Christen ist eine Nation von Individuen die Apokalypse, weil die Christen dann keine moralische Kontrolle mehr über die Menschen haben." 1996

HOLY WOOD

"Der Text ist an die Geschichte des Garten Eden angelehnt. Das Lied handelt von einem Unschuldigen, dem ein Apfel vom Baum der Erkenntnis gegeben wird. Als er die Bedeutung der Frucht erkennt, versucht er sie einzusetzen, um seine Umgebung zu verbessern, indem er zum Revolutionär wird. Aber die Revolution selbst wird zu einem weiteren Produkt der Dinge, gegen die er sich auflehnt, daher erkennt er am Ende, dass er sich selbst bekämpft." Februar 2000

"Die beiden Hauptthemen auf der Platte sind Revolution und Evolution. Ich versuche zu untersuchen, warum der Mensch sich so verhält, wie er es tut. Was ich durch diese Platte gelernt habe, ist, dass man sich nur selbst revolutionieren kann." Oktober 2000

"Ich wusste, das es nicht das war, was die breite Öffentlichkeit haben wollte, aber ich habe das Album nicht für sie gemacht. Ich habe es für meine Fans gemacht." Mai 2001

THE GOLDEN AGE OF GROTESQUE

"Das Thema des Albums hat mehr mit dem Fetisch jedes Einzelnen zu tun und wie das Verhalten dadurch bestimmt wird. Wahrscheinlich wird man das Album für obszön halten. Ich kann mir vorstellen, dass die Leute Sex haben wollen, wenn sie es hören - oder gerade nicht, wenn sie mich vor Augen haben. Es wird ein verrücktes Gemisch aus den Revolting Cocks und Ludacris sein. Ich nehme gerade ein paar ziemlich dreckige Beats auf, die man wahrscheinlich in Strip-Clubs spielen wird." Februar 2002

Ich wollte das Lebensgefühl des Berlin der zwanziger Jahre einnehmen - die Musik, die Filme und die Literatur zur blütezeit des Expressionismus und später, als Künstler als "entartet" bezeichnet und geächtet wurden und manche von ihnen um ihr Leben fürchten mußten. Ich kann mich damit sehr stark identifizieren." April 2003

ZUR BÜHNENSHOW

"Ich hatte das erste Mal Ärger in Jacksonville (Florida). Ich glaube, es war, weil ich meinen blanken Arsch auf der Bühne zeigte. Ich wurde von der Sittenpolizei verhaftet, einer Leibesvisitation unterzogen, und man hat mich verfickte 16 Stunden lang verhört für nichts, weil der dortige Sheriff der Baptistengemeinde angehörte. Die Christian Coalition hatte alles dafür getan, dass ich verhaftet wurde."

"Ich bin mir sicher, dass man mich genauso behandelt wie jeden, der nicht wirklich als akzeptable Person gilt. Ich wurde von den Polizisten rumgestoßen und sie hatten ordentlich Spaß auf meine Kosten. Sie ließen mich mein Make-Up mit diesem wirklich schlechten, pinkfarbenen Bodenreiniger entfernen." März 1999

"Das Faschismusthema ist ein sehr komplizierter Teil des Auftritts. Ich bin das verzerrte Spiegelbild des politischen Faschismus in der Religion und besonders im Rock´n´Roll. Ob die Leute das verstehen oder einfach nur begeistert dem Spektakel zusehen, kümmert mich nicht. Ich sehe es als ein kolossales Stück Aktionskunst. Weil es so vielschichtig ist, weil wir das absolute Gegenteil von Nazismus sind, wären wir die Ersten, die davon zerstört würden. Wir setzen die Symbolik des Faschismus gegen ihn selbst ein." September 1997

"Für diese Tour habe ich versucht, eine Bühnenshow zu entwerfen, die so aussieht, wie Holy Wood klingt. Sie benutzt kommunistische Symbolik wegen der revolutionären Ideen, die auf der Platte zu finden sind, sowie religiöse Symbolik..." Januar 2001

I DON´T LIKE THE DRUGS, BUT THE DRUGS LIKE ME

"Acid war das große Unbekannte, es war, als würde man in den Abgrund schauen. Es war wie eine Fahrkarte zu etwas, das größer war als ich selbst. Ich hatte Angst davor, deshalb nahm ich es nicht ständig. Es gibt neben unserer eigenen eine komplett andere Welt, die wir nicht bemerken, weil wir nicht aufmerksam genug sind. Und manchmal, wenn man auf Drogen ist, ist es genauso, als würde man träumen: Man lässt den eigenen Schutzschild sinken, sodass man von dieser anderen Welt einen flüchtigen Eindruck bekommt."

"Ich trinke seit Jahren Absinth. Vom Kiffen werde ich müde, Ecstasy macht mich nervös, Kokain macht mich überdreht, gestresst und wütend. Ich habe niemals Heroin probiert. Ich fand Schmerzmittel gut, aber die sind nicht so produktiv wie Absinth. Dadurch kann ich seltsame Sachen wirklich gut ausdrücken..." Mai 2003

"Ich habe die Stones immer gemocht, aber es ist seltsam, wie sie sich mit Okkultismus befasst und dann einen Rückzieher gemacht haben. Vielleicht ging es über ihren Verstand." Oktober 2000

"Ich habe ihnen eine aktuelle Form des Teufels geschenkt, mit dem sie sich identifizieren können. Ich habe ihnen Feuer unter dem Hintern gemacht. Ich habe ihnen einen Grund für ihre Kirchen gegeben. Jetzt haben sie jemanden, für den sie beten können und vor dem sie ihre Kinder beschützen können." März 1999

"Ich denke, dass der Satanismus eine Philosophie ist, die seit den Sechzigern die einzige Sache ist, die für mich wirklich Sinn macht. Der Satanismus war etwas, über das ich während der Highschoolzeit etwas gelesen hatte, aber es wahrscheinlich nicht richtig interpretieren konnte. Aber später kam ich wieder darauf zurück und erkannte, dass ich mit den meisten Dingen, die Anton LaVey sagte, übereinstimmte. So wie bei Aleister Crowley und Nietzsche in der Vergangenheit ist es auch ein sehr antichristliches, individualistisches und selbsterhaltendes Stück Literatur, das meiner Meinung nach viel Sinn ergibt."

"Ein Mitglied der Church of Satan zu sein, war eine weitere Qualifikation, die ich zu der Liste der Dinge, die ich in meinem Leben erreicht habe, hinzufügen konnte. Der Wahrung ihrer Philosophien zuliebe würde ich mich nicht ausschließlich als Vertreter der Church of Satan betrachten, weil ich glaube, dass Marilyn Manson noch einige Schritte weiter geht, in andere Richtungen, denen die Church of Satan wahrscheinlich nicht zustimmen würde. Aber ich würde sie definitiv als große Inspiration bezeichnen für viele Dinge, die ich getan habe. Und ich glaube, dass Marilyn Manson viel größer und viel gefährlicher als Satan ist, weil Manson echt ist und wirklich existiert und etwas ist, womit sich die Leute befassen müssen - Pech für Amerika." 1997

"Ich habe mich immer mit der Person Luzifers identifiziert, weil er für mich ein Individuum und ein Held war. Er wollte Gott sein, und er wollte die Regeln anderer Leute nicht akzeptieren, also wurde er aus dem Himmel geworfen und machte sich seine eigenen Regeln. Hätte die andere Seite die Bibel geschrieben, wäre Luzifer für uns der Erlöser. Es geht also nur um die Perspektive. (...)" September 1997

"Ich liebe es, den Leuten Streiche zu spielen und bei ihnen Traumata zu verursachen. Anrufbeantworter sind dafür besonders geeignet. Bei so was würde ich mich wirklich in´s Zeug legen, zum Beispiel bei folgender Ansage: "Sue und Jim sind nicht zu Hause. Bitte hinterlasst eine Nachricht", und ich dann in etwa so: "Jim, du mußt das mit ihr klären. Ich kann mit dieser Lüge nicht mehr leben. Jim, ich liebe Dich." Ich kann mir gut vorstellen, was für ein beschissenes Trauma das verursachen wird..." Oktober 2000

"Das Leben ist doch nur lebenswert, wenn man Energie und die Freude am kreativen Ausdruck hat. Nur wenige haben dieses Talent. Die Sklaverei wurde durch die Arbeitsmoral ersetzt; heutzutage darf man keine Meinung haben, wenn man keine Arbeit hat; man wird als eine Art Untermensch angesehen. Die Leute sind gefangen in dieser Vorstellung, die mit der christlichen Vorstellung des Lebens nach dem Tod gekoppelt ist. Sie beschäftigen sich eher mit dem Tod und bereiten sich auf das Jenseits vor, als dass sie das Leben selbst geniessen. Sie finden vor sich selbst Ausflüchte dafür, nicht wirklich zu leben." September ´97

"Ich betrachte mich selbst als Künstler, und wenn man kreativ ist, ist Ehrlichkeit sehr wichtig. Ob man einen Song schreibt oder ein Interview gibt oder ein Gemälde malt - für mich ist das alles Kunst, und manches tue ich nur der Kunst zuliebe. Zum Beispiel ein Stück rohes Fleisch auf ein taubes Mädchen zu legen oder so. Obwohl es gemein ist, ist es für mich Kunst, und es bereitet mir Vergnügen. Wenn es die Leute zum Lachen bringt, ist es Kunst - auch Comedy ist Kunst." September 1998

"Es funktioniert nicht, wenn man alles unter einen Hut bringen will. Wenn du jemanden einfach nur aus Spaß tötest, dann lass dich gefälligst nicht erwischen." April 1998

"In Beziehungen neige ich unglücklicherweise dazu, die Leute einer Gehirnwäsche zu unterziehen, um sie meinen Standards anzugleichen. Leider verändere ich die Leute meistens so sehr, dass ich sie dann nicht mehr mag, weil sie mir zu sehr ähneln. Ich ziehe es vor, Leute kennenzulernen, die völlig anders sind als ich, sodass sie etwas Neues zu einer Beziehung hinzufügen können." Mai 1997

"Als ich Dita zum ersten Mal sah, erstarrte ich bei ihrer Erscheinung vor lauter Ehrfurcht. Ich fand, dass sie aussah, als wäre sie gerade aus einem Cartoon entsprungen, als wäre sie ein Pin-Up aus dem Playboy, den ich aus dem Haus meines Opas schmuggelte, als ich ein Kind war. Ironischerweise hatte sie sich kürzlich für den Playboy ablichten lassen, und es war so, als würde sich plötzlich der Kreis schliessen. Man kann nicht einfach ins Badezimmer gehen und den Playboy zum Masturbieren als Vorlage nehmen, wenn die Freundin auf dem Cover ist und sie im Schlafzimmer wartet. Das ist wirklich sehr seltsam..." März 2003

Marilyn Manson und Dita von Teese - inzwischen geschieden...

"Als Kind war ich immer von dem Film "Wild in den Straßen" begeistert, in dem ein Rockstar eine Revolution von Teenagern anführt, die Weltherrschaft übernimtt und alle Erwachsenen in diesen LSD-Konzentrationslagern leben läßt, wo man ihnen jeden Tag Drogen verabreicht und sie zu Gemüse werden. Am Ende des Filmes fragt ein kleiner Junge den Rockstar, wie alt er ist, und der Rockstar erkennt, dass er zu einem Erwachsenen geworden ist und er an seinen eigenen Regeln zugrunde gehen wird." September 1998

"Es entbehrt nicht der Ironie, dass ich neuerdings unter amerikanischen Linken und bei vielen Europäern als "guter" Amerikaner gelte. Ich bin bestimmt kein besonders liebenswürdiger oder vorbildlicher Mensch." Januar 2007

"Zuerst war ich nicht imstande, irgendetwas zu machen. Aber dann habe ich mich plötzlich befreit gefühlt. Ich schrieb einen Song, lief zwei Türen weiter und nahm ihn auf. "Putting Holes in Happiness" ist eine romantische, frauenfeindliche und kannibalische Ballade. Ich schrieb gleichermaßen aus Verzweiflung und Hoffnung. Die Platte entstand wie im Rausch." 2007

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