Anfrage der Linksfraktion: Bisher lediglich 116 syrische Pässe bei
Kontrollen beanstandet / Ulla Jelpke: Populistische Behauptungen des
Innenminister widerlegt
In Erklärungsnot: Thomas de Maiziere
Foto: dpa/Armando Babani
Thomas de Maizière (CDU) hat schon vieles zur aktuellen
Flüchtlingskrise gesagt. Eine seiner zahlreichen Äußerungen blieb
allerdings nicht nur in rechtspopulistischen Kreisen hängen, die damit
seitdem die fremdenfeindliche Stimmung im Land immer weiter anheizen.
Anfang Oktober ließ sich der Bundesinnenminister zu der zunächst noch
vagen Äußerung hinreißen, die Behörden registrierten zunehmend Menschen,
die gar nicht aus Syrien stammen, obwohl sie es behaupten«. Wenig
später konkretisierte de Maizière diesen Vorwurf in der ARD-Talksendung
von Maybritt Illner : »Ungefähr 30 Prozent der Menschen, die jetzt
kommen und behaupten, sie wären Syrer, sind aber keine«. Konkrete
Quellen für seine Behauptung nannte der Ministers damals nicht und blieb
diese auch bis heute schuldig.
Eine Anfrage
der Linksfraktion an die Bundesregierung fand nun heraus: Die vom
Innenminister genannte Zahl wird noch nicht einmal durch Erkenntnisse
der Bundesregierung auch nur annähernd gedeckt. In den ersten acht
Monaten dieses Jahres beanstandeten deutsche Behörden in gerade einmal
116 Fällen syrische Reisepässe. Die LINKEN-Bundestagsabgeordnete Ulla
Jelkpe weist darauf hin, dass selbst diese Zahl noch übertrieben sein
dürfte, da es sich nicht bei allen gezählten Beanstandungen nicht
zwingend um Fälschungen handelt.
Ohne die Spur eines Beweises habe de Maizière seine »populistische
Mär« in die Welt gesetzt, kritisiert Jelpke und warnt: »Solche haltlosen
Unterstellungen sind Wasser auf die Mühlen von Nazis, Rechtsextremen,
AfD & Co.«
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Ganz neu ist die Erkenntnis über die steilen Thesen des Innenministers nicht. Bereits im Oktober hatte das
ARD-Politmagazin »Panorama«
erhebliche Zweifel an den Darstellungen de Maizière geweckt, indem es
beim Bundesinnenministerium nach den Quellen für Zahlen über gefälschte
syrische Pässe fragte. Die Antwort überraschte: Es handele sich
lediglich um eine Schätzung, die wiederum auf Erhebungen der
Bundespolizei, des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und
der EU-Grenzschutz-Agentur Frontex beruhten. Allerdings stellte sich
heraus, dass etwa die Bundespolizei derartige Statistiken überhaupt
nicht erhebt.
Auch bei Frontex wusste man von nichts: Wie die EU-Grenzschutzagentur
mitteilte, gibt es auch bei ihnen keinerlei derartigen Erhebungen.
Mitarbeiter der Behörde hätten bei Kontrollen zwischen der Türkei und
Ungarn, Griechenland und Italien lediglich 170 Fälschungen festgestellt.
In achtzig Prozent der Fälle seien die kontrollierten Personen
allerdings tatsächlich Syrer gewesen, die lediglich keine Möglichkeit
sahen, in ihrer vom Bürgerkrieg zerstörten Heimat an ein offizielles
Ausweisdokument zu gelangen.
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