Referat DKP Hochtaunus MV November 2006
In der deutschen Linken ist im Moment ein besonderes Phänomen
zu beobachten: Gruppen, die sich als kommunistisch bezeichnen, aber den
Antikapitalismus bekämpfen wollen, die von den USA „bis auf weiteres“
die Bombardierung „islamische[r] Zentren“ fordern oder mit Israel- und
USA-Fahnen gegen andere Linke demonstrieren. In fast allen deutschen
Großstädten gibt es mittlerweile Vertreter und Gruppen dieser pseudo
linken Strömung, die sich selbst „Antideutsche“ bzw. „Antinationale“
nennen. „Bedingungslose Solidarität“ mit Israel ist ihr Kernanliegen; um
den Schutz Israels sicherzustellen, sammeln sie sogar Geld für die
israelische Armee. „Jungle World“, „Bahamas“ und „Konkret“ sind
Publikationen, in denen die Antideutschen hauptsächlich veröffentlichen.
Für die Entstehungsgeschichte der Antideutschen war neben „Konkret“ der
„Arbeiterkampf“, die Zeitung des Kommunistischen Bundes wichtig. Als
organisatorischer wie theoretischer Vorgänger der Antideutschen ist der
Kommunistische Bund (KB) zu nennen. Im KB bildete sich im Zuge der
Konterrevolution in der DDR mit der so genannten KB-Minderheit eine
Position heraus, die zum Entstehen der ersten antinationalen Bewegung
entscheidend beitrug. Die „Minderheitler“ spielten in der Entwicklung
der antinationalen bzw. antideutschen eine herausgehobene Rolle. Einige
Bedingungen für das Entstehen der antinationalen Position wurden schon
früh im KB gelegt. Vor seiner Auflösung im April 1991 hatte der
Kommunistische Bund (KB) etwa 400 Mitglieder.
1971 gegründet, gehörte der KB zu den K-Gruppen. In seinen besten Zeiten
hatte der KB mehrere Tausend Mitglieder. Von den anderen K-Gruppen wie
der KPD/ML oder dem Kommunistischen Bund Westdeutschlands (KBW)
unterschied er sich vor allem dadurch, dass er so scheint es tatsächlich
finanziell und politisch unabhängig war und nicht am Rockzipfel Chinas
oder Albaniens angebunden war. So war im KB auch die Bildung von
Strömungen erlaubt. Mit dem Bezug auf die Neuen Sozialen Bewegungen, wie
die Anti-AKW-Bewegung, vollzog der KB ab Mitte der Siebzigerjahre eine
Abkehr vom Proletariat als zentralem Bezugspunkt. Diese Politik, die auf
die neuen Protestbewegungen zielte und versuchte, diese „ein bisschen
zu radikalisieren und effizienter zu formieren“ , machte den KB
vergleichsweise erfolgreich. Georg Fülberth beschrieb den KB aufgrund
seiner Fähigkeit, neue Themen, die in der Gesellschaft auftauchten, „in
seine eigene Politik aufzunehmen, mit älteren Theorie-Elementen zu
verbinden und sie somit zumindest für sich selbst nach links hin zu
sortieren“, als „linkes Trüffelschwein“. Nach einer Spaltung 1979, bei
der einige zentrale Mitglieder als „Gruppe Z“ zu den Grünen wechselten,
führte ein massiver Mitgliederverlust dazu, dass der KB mit der von ihm
herausgegeben Zeitung „Arbeiterkampf“ (AK) immer mehr zu einem
Zeitungsprojekt wurde. Die Konterrevolution in Osteuropa und der DDR und
die anstehende Annektierung der DDR gab auch dem KB den Rest. Im Streit
um die Annektierung der DDR bildeten sich zwei entgegengesetzte
Positionen, die schließlich zur Selbstauflösung des KB führten. Die
Bruchlinien hatten sich jedoch schon ab 1985 innerhalb des KB entwickelt
– damals allerdings noch nicht anhand der Frage um „Antinationalismus“,
sondern um die Faschisierungsthese. Ab 1985 gab es im KB Versuche, die
These zu revidieren, da eine Faschisierung bisher nicht eingetreten
sei. Innerhalb des KB konnte in dieser Frage allerdings keine Einigkeit
erzielt werden. Besonders die Frankfurter Ortsgruppe um Detlef zum Winkel
wehrte sich gegen eine Revision der These. Zwar sahen auch die
Frankfurter, dass die innenpolitische Prognose falsch gewesen war, aber
zum Winkel argumentierte, dass die Aufhebung der
Faschisierungsthese der BRD eine Normalität bescheinige, die sie als
„Nachfolgestaat des deutschen Faschismus“ nicht habe.Mit der
Konterrevolution brach der Konflikt dann richtig auf und vermischte
sich mit einem Streit um die von Teilen als undemokratisch empfundenen
KB-Strukturen. Es bildeten sich zwei einander ausschließende
Positionen, die „Mehrheit“ und „Minderheit“ genannt wurden. Dennoch
bestand der KB zunächst als organisatorische Hülle für beide Strömungen
fort. Am 20. April 1991 wurde von etwa 200 noch verbliebenen Mitgliedern
und Sympathisanten die Auflösung des KB beschlossen. Die „Minderheit“
nannte sich nach der endgültigen Trennung „Gruppe K“. Die Gruppe K gab
auch die Zeitschrift „Bahamas“ heraus, die bis heute existiert und sich
zur Plattform der extremsten antideutschen Position entwickelte. Die
Zeit zwischen dem 9. November 1989 und dem 3. Oktober 1990 führte die
BRD Linke in eine zusätzliche Krise und führte zu massiven
Zerfallserscheinungen. Aus der Ablehnung der Wiedervereinigung entstand
in der radikalen Linken eine neue Strömung, die sich selbst antinational
nannte, weil sie durch die Wiedervereinigung einen neuen deutschen
Nationalismus fürchtete. Die Strömung bestand zunächst aus durch ihre
Gegnerschaft zu einem vereinten Deutschland politisch heimatlos
gewordenen Einzelpersonen, aber auch Mitgliedern des KB und anderer
Organisationen. Diese sammelten sich in Diskussionszirkeln, wie dem im
Dezember 1989 gegründeten Hamburger „Roten Forum“, das als erstes den
Slogan „Nie wieder Deutschland“ in Umlauf brachte, der sich in den
folgenden Jahren zu einem Schlachtruf der antinationalen entwickeln
sollte. Bereits im April 1989 hatte eine Gruppe von Linken in Hamburg
beschlossen, eine neue strömungsübergreifende Plattform mit dem Namen
„Radikale Linke“ (RL) ins Leben zu rufen. Die Gründungsmitglieder dieser
Plattform beschrieb der Journalist und Mitbegründer Oliver Tolmein
als „Noch-Grüne, Kommunisten, Unorganisierte“. Initiatoren der RL waren
vor allem Teile des ökosozialistischen Flügels der Grünen. Einige, wie Rainer Trampert und Thomas Ebermann,
traten 1990 mit der Perspektive der „Radikalen Linken“ aus ihrer Partei
aus. Andere wie Jutta Ditfurth blieben vorerst bei den Grünen. Die RL
sollte nach eigener Zielsetzung ein „Kristallisationspunkt für die
radikale Linke in Deutschland“ werden. Dabei war sie nicht auf
politische Praxis hin ausgelegt; vielmehr dachten sie bei der Gründung
an einen „gepflegten Diskurs“ . Die anfängliche Ausrichtung der
Radikalen Linken war auch nicht antinational. Der Schwerpunkt lag in der
Auseinandersetzung mit den Grünen, die sich immer deutlicher in
Richtung Regierungsbeteiligung orientierten. Infolge der Ereignisse am
9. November 1989 radikalisierte sich die RL und wandte sich mit Blick
auf die Annexion gegen die „nationale Besoffenheit“, die sie zu erkennen
glaubte. So wurde beim vierten Treffen der RL am 20./21. Januar 1990
kurzfristig die Tagesordnung geändert und unter dem Titel „Nie wieder
Deutschland“ eine Erklärung gegen die Annexion beschlossen. Auch auf den
Kommunistischen Bund hatte die neue Situation beträchtliche
Auswirkungen. In der letzten gemeinsamen Erklärung im Dezember 1989
erklärte das Leitende Gremium (LG) des KB: „Wir lehnen die
Wiedervereinigung nicht gezwungenermaßen oder unwillig, nicht bedrückt
oder als Verzicht von etwas ab, das man eigentlich gern hätte. Wir
lehnen sie ab, weil es nach dem dritten kein viertes Reich geben darf.
Die Aktivitäten der westdeutschen Linken gegen die Okkupierung spielten
sich nahezu alle im Rahmen der RL ab. Für den 12. Mai 1990 mobilisierte
sie zusammen mit der KB-Minderheit und Einzelpersonen zu einer
„Demonstration gegen deutschen Nationalismus, Kolonialisierung
Osteuropas und die Annexion der DDR“ nach Frankfurt. Unter dem Motto
„Nie wieder Deutschland“ sollte die „Initiative ergriffen werden“. Das
zentrale Argument gegen die Wiedervereinigung war die deutsche
Vergangenheit. So hieß es im Aufruf zur Demonstration: „Es ist das Land,
in dem selbst der Faschismus in einer einzigartigen niederträchtigen,
von Vernichtungswillen geprägten Form, als Nationalsozialismus an die
Macht gebracht wurde. Allein in der Teilung Deutschlands war eine friedlichere Entwicklung angelegt.“
Die Demonstration wurde von einem breiten Bündnis der westdeutschen
Linken getragen; mehr als 100 Organisationen und Gruppen hatten sich zur
Teilnahme entschlossen. Dem Aufruf folgten etwa 14.000 Menschen. Die
Demonstration stellte knapp ein Jahr nach ihrer Gründung auch den
Höhepunkt der „Radikalen Linken“ dar. Kurz nach der als Erfolg
gewerteten Großdemonstration begannen die Widersprüche in der RL
aufzubrechen. Auf ihrem Juni-Kongress 1990 beschloss die RL eine nächste
Großdemonstration für den 3. November. Diese Demonstration fand nicht
mehr unter dem Motto „Nie wieder Deutschland“ statt, sondern benutzte
eine Zeile aus Paul Celans „Todesfuge“ als Slogan: „Der Tod ist ein
Meister aus Deutschland“. Mit noch etwa 8000 Demonstranten war sie
wesentlich schlechter besucht. Zuvor hatte der antinationale Flügel in
der RL versucht, die provokante „Nie-Wieder-Deutschland“-Kampagne
fortzuführen und dafür am 9. November in der „Heldenstadt“ Leipzig zu
demonstrieren. Jedoch wurde dies von einer Mehrheit in der RL abgelehnt,
die die Leipziger Montagsdemonstranten nicht abschrecken wollte. Die
Unterlegenen werteten dies als Verzicht auf eine antinationale
Schwerpunktsetzung.
Mit Kriegsbeginn des zweiten Golfkriegs am 17.1.1991 ließ
Saddam Hussein Israel mit insgesamt 39 Scud-Raketen beschießen . Ein
Teil des „Nie-Wieder-Deutschland“-Spektrum befürworteten deshalb den
Krieg gegen den Irak. Um die Zeitschrift „Konkret“, die bei den
Aktivitäten gegen die Wiedervereinigung und innerhalb der „Radikalen
Linken“ eine wichtige Rolle gespielt hat, sammelten sich Befürworter des
Krieges gegen den Irak, die ihre Position mit der Bedrohung Israels
begründeten.
Im Jahr 1995 standen mit dem fünfzigsten Jahrestag der
Bombardierung Dresdens und der Befreiung vom Faschismus am 8. Mai 1945
zwei Gedenktage an, die direkt das Verhältnis der BRD zur ihrem
Vorgängerstaat betrafen. Die Antinationalen, die seit den
„Nie-Wieder-Deutschland“-Aktionen keine größere Kampagne mehr
organisiert hatten, befürchteten eine „Historisierung und Relativierung
des Nationalsozialismus“. („Fünf Jahre nach der ‚befreienden’
Wiedervereinigung ist der deutsche Geschichtsrevisionismus Grundlage für
die Wiederaufnahme revanchistischer Großmachtpolitik und für neue
antisemitische und rassistische Angriffe.“ Aus „Keine Träne für Dresden. Einladung zu einer antinationalen und antideutschen Veranstaltung am 13.2.1995“, Flugblatt)
Bereits seit Winter 1994 bereiteten die Antinationalen
Gegenaktionen zu den offiziellen Feiern der Jahrestage vor. So fand am
10. und 11. Dezember 1994 auf Einladung der Zeitschriften „17° C“ und
„Bahamas“ und verschiedener antinationaler Gruppen wie „ak kassiber“ ein
bundesweites Treffen zur Vorbereitung einer antinationalen Aktion rund
um den 8. Mai 1995 statt. Die Aktionen sollten unter dem Motto „Kein
Frieden mit Deutschland – gegen die Kollaboration mit der Nation“
ablaufen. Mit der Erklärung „Wir trauern nicht!“ wandten Antinationale
sich gegen eine Gleichsetzung der Bombardierung Dresdens mit den
Verbrechen Nazi-Deutschlands und verteidigten die Zerstörung Dresdens
als militärische Notwendigkeit. Die Bombardements hätten einen
„notwendigen Schritt bei der Zerschlagung des Nationalsozialismus und
damit der Befreiung der in den KZ’s Inhaftierten“ dargestellt. Im Zuge
der Debatte gab es innerhalb der Linken Auseinandersetzungen um die
Frage, ob die Bombardierung der Zivilbevölkerung gerechtfertigt gewesen
sei. Vor allem autonome Gruppen und wir verneinten dies. Die
Antinationalen argumentierten, dass angesichts der umfassenden
Unterstützung des Faschismus durch die Deutschen nicht mehr von einer
Zivilbevölkerung gesprochen werden könne. Die Antinationalen wollten die
Frage der Haltung zu Dresden zu einem Test für die deutsche Linke
vorantreiben, die Linke sollte klar Position beziehen. „Sage mir, wie Du
die Tätigkeit eines Bomber-Harris bewertest, und ich sage Dir, auf
welcher Seite Du stehst: Entweder auf der Seite der Opfer des Faschismus
oder auf der Seite der Täter des Faschismus
Mit der Auflösung der „Gruppe K“ und der Neuformierung der
Redaktion des führenden antinationalen Theorie-Organs „Bahamas“ mit
Anhängern der Werttheorie wurde ein
Grundstein für die zukünftige Dominanz der Wertkritik in der
antideutschen Linken gelegt. Sie bildete das theoretische Fundament für
die Politikverachtung, die sich in der antinationalen Linken nach der
8.-Mai-Kampagne ausbreitete.
Im Gegensatz zum Golfkrieg 1991 war sich die Linke 1999 in der
Gegnerschaft zum NATO-Krieg gegen Jugoslawien vordergründig einig. In
der innerlinken Diskussion offenbarten sich jedoch erhebliche
Differenzen. Diese zeigten sich in diesem Fall nicht zwischen
Antinationalen oder Antideutschen auf der einen und traditionellen
Antiimperialisten auf der anderen Seite, sondern sie traten vor allem
zwischen Antideutschen und Antinationalen zu Tage. Wurde bisher
antideutsch als notwendige Ergänzung zu einer antinationalen Position
betrachtet und umgekehrt, bildeten sich im Zuge des Kosovo-Krieges zwei
sich ausschließende Positionen heraus.
Die Begründung des Kosovo-Krieges durch die neue rot-grüne
Bundesregierung ausgerechnet mit der deutschen Vergangenheit führte die
Antinationalen und Antideutschen in eine Krise. Teile der Antideutschen
forderten Solidarität mit Jugoslawien ein: Es gehe darum, an der Seite
Jugoslawiens gegen den Krieg zu sein.
Während die Antinationalen sich gegen alle Kriegsparteien wandten.
Die Antideutschen sahen im Kosovo-Krieg die historischen
Konstellationen des Zweiten Weltkriegs wiederkehren. Deutschland kämpfe
mit den einstigen Verbündeten gegen die damaligen Opfer.
Am 28. September 2000 besuchte der damalige israelische
Oppositionsführer und Vorsitzende des Likud, Ariel Scharon, zusammen mit
einigen Fraktionskollegen den Tempelberg in Jerusalem, auf dem sich
neben den drittwichtigsten Heiligtümern des Islam auch die Überreste des
jüdischen Tempels befinden. Nach dem Besuch kam es zu schweren
Zusammenstößen zwischen palästinensischen Demonstranten und israelischen
Ordnungskräften mit Hunderten Verletzten und zahlreichen Toten.
Vorausgegangen war diesen Auseinandersetzungen das Scheitern der
israelisch-palästinensischen Verhandlungen im Juli 2000 in Camp
David. In der Folge begann Ende September in der Westbank und im
Gazastreifen ein bis heute anhaltender Aufstand, der in Anlehnung an die
erste Intifada von 1987 bis 1993 Al-Aksa-Intifada genannt wurde. Die
Wahl Ariel Scharons zum Premierminister Israels im Februar 2001
verschärfte den Aufstand noch. Für die Antideutschen wurde durch die
neue Intifada die Haltung zu Israel zentral. „Konkret“ und „Bahamas“
stellten sich auf die Seite Israels. und verteidigten den „Rundgang“
eines „israelischen Politikers auf dem Tempelberg“. Sie konstatierten
eine große Einigkeit nahezu aller deutschen Medien bei der Beurteilung
der Al-Aksa-Intifada. „Bei der empörten Verurteilung ‚jüdischer
Greueltaten’ kennen deutsche Publizisten kein Halten mehr und vereinen
sich über politische Grenzen hinweg zu einem antijüdischen
Denunziationsbündnis.“ Jürgen Elsässer stellte die Reaktionen der
Öffentlichkeit auf die Zweite Intifada in einen Zusammenhang mit dem
Kosovo-Krieg. Jugoslawien und Israel seien beide Opfer der „Neuen
Weltordnung“. Beide Staaten seien gegründet von Opfern und Gegnern des
Nationalsozialismus. Palästinenser und Albaner hätten die selben
Freunde, „von ‚Taz’ über ‚FR’ bis zur ‚Süddeutschen’“ würden sie nur als
Opfer wahrgenommen. Der Westen sei ein Förderer dieses
„fundamentalistischen Aufstandes gegen Israel“. Einige befürchteten auch
eine baldige Abkehr der USA von der Unterstützung Israels: „Israel hat
für die USA an Bedeutung verloren.“ Begründet wurde diese Vermutung
unter Anderem mit einem Beschluss des Sicherheitsrates der Vereinten
Nationen, der die „exzessive Gewaltanwendung“ Israels gegen die
Palästinenser verurteilte und gegen den die USA kein Veto eingelegt
hatte. Daher sei die Existenz Israels heute gefährdeter denn je. Zur
Verteidigung des israelischen Vorgehens verwiesen die Antideutschen vor
allem auf den arabischen Antisemitismus: „Mit den sogenannten
Palästinensern steht Israel das derzeit wohl aggressivste antisemitische
Kollektiv gegenüber.“ Der Antisemitismus der Palästinenser sei dem
nationalsozialistischem „Vernichtungs-Antisemitismus“ ähnlich, Ziel sei
die „Vernichtung der Juden“. Am Friedensprozesskritisierten die
Antideutschen um die Zeitschrift „Bahamas“ folgerichtig auch nicht
dessen Scheitern, sondern, dass er überhaupt stattgefunden hat. "Einem
völkisch-islamistischen Judenhasserkollektiv wie den derzeit in
Vernichtungswahn sich gerierenden sogenannten Palästinensern darf
keinerlei Zugeständnis gemacht werden.“ Daher lehnen sie auch einen
eigenen palästinensischen Staat ab, da dieser „sich den gleichen Zweck
setzen [würde], wie die Intifada-Gemeinschaft heute schon: den Kampf
gegen die Juden“. Von der Linken forderten sie als „Minimaloption“ die
„[u]neingeschränkte Solidarität mit dem Staat Israel und schärfste
Kritik der palästinensischen Volksbewegung und ihrer Unterstützer“.
Unterstützt würden die „Feinde Israels“ von Deutschland, und zwar
„zunehmend offener“. Belege dafür seien, neben der Eröffnung eines
Vertretungsbüros in den Autonomiegebieten und großzügigen Aufbauhilfen,
auch das Treffen von Schröder und Arafat, bei dem Schröder ein Orden
überreicht wurde.
Auf die Terroranschläge vom 11. September auf New York und
Washington kritisierten die Antideutschen zunächst die Reaktionen der
deutschen Linken, der nicht besseres einfalle „als platter
Antiamerikanismus“. Die Antideutschen um die Zeitschrift „Bahamas“
lieferten die extremste Interpretation der Anschläge, indem sie diese in
Zusammenhang mit dem Faschsimus und der weltpolitischen Bündnislage der
Dreißiger- und Vierzigerjahre brachten. Als die USA am 7. Oktober,
knapp vier Wochen nach den Anschlägen ihre Luftangriffe gegen
Afghanistan begannen, verschärfte sich die Lagerbildung in der Linken.
„Kaum fielen die ersten Bomben auf Afghanistan,
machten die Friedensfreunde von DKP bis NPD, von Horst Mahler bis Gabi
Zimmer an der Heimatfront mobil.“ Antideutsche Gruppe Wuppertal Zitiert in Konkret
Bereits kurz nach dem Afghanistan-Einsatz war abzusehen, dass
der Irak das nächste Ziel im US-amerikanischen „Krieg gegen den Terror“
werden würde. Die Antikriegsbewegung wurde von allen Teilen der
antideutschen Linken abgelehnt, auch von denen, die einem Krieg nicht
explizit zustimmen wollten. Einigkeit herrschte darin, dass die
Friedensbewegung „zutiefst deutsch und antiamerikanisch“ sei. Zudem sei
sie „sozialdemokratisch-grün geprägt und „pro-staatlich“. Die
deutlichsten Unterstützer der US-Politik sammelten sich um die
Zeitschrift „Bahamas“. Sie forderten „Krieg dem Baath-Regime, Waffen für
Israel!“ und setzten dem Antiamerikanismus von Teilen der
Friedensbewegung eine komplette Zustimmung zur amerikanischen
Außenpolitik entgegen, die die „vernünftige Wahl“ für jeden Kommunisten
sei. Nach Kriegsende beglückwünschte die Bahamas-Redaktion die USA und
Großbritannien und bezeichnete US-Präsident George W. Bush als „The Man
of Peace“
Ich beleuchtete, wie mit den Antideutschen eine sich
kommunistisch nennende Linke entstehen konnte, die nahezu alles
Inhaltliche der kommunistischen Bewegung, wie den Bezug auf die
Arbeiterklasse, den Antiimperialismus, den Antikapitalismus und den
Antirassismus hinter sich gelassen hat. Die Richtung, in die sich die
antideutschen entwickeln, ist derzeit noch nicht sicher vorherzusagen.
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