Mittwoch, 3. Juni 2015

»Wir erwarten gewaltbereite Hooligans und Neonazis«

Rassisten bereiten für den 20. Juni Demonstrationen in Frankfurt am Main und Berlin vor. Dagegen gibt es Widerstand. Gespräch mit Annette Ludwig Neonazis mobilisieren deutschlandweit zu einem fremdenfeindlichen Aufmarsch in Frankfurt am Main für Samstag, 20. Juni. Welches rechtsextreme Spektrum steckt hinter dem Aufruf? Organisatorin des Aufmarsches des Bündnisses »Widerstand Ost/West« ist Ester Seitz von Pegida aus Bayern (»Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes«). Sie fiel durch Hetzreden gegen Asylmissbrauch beim Ableger Bagida in München auf, sowie auch Anfang März auf einer Fragida-Kundgebung der »Freien Bürger für Deutschland« um die Frankfurterin Heidi Mund. Im Internet bezeichnet sich Seitz als dem »Deutschen Widerstand« zugehörig. Sie tritt auch als Partnerin des rechten Bloggers Michael Stürzenberger auf, der beim islamfeindlichen Netzportal »Politically Incorrect« schreibt. Zu erwarten sind gewaltbereite Hooligans, Kameradschaften und Neonazis, darunter die »Berserker Pforzheim«. Als Rednerin ist unter anderem Raffie Chohan von den niederländischen Islamhassern vorgesehen. In Frankfurt am Main waren Fragida-Demonstrationen bis zur Bedeutungslosigkeit geschrumpft. Die wenigen Teilnehmer des braunen Mobs wurden im Anschluss meist mit Polizeiwagen einzeln nach Hause gefahren. Wieviele werden Ihrer Ansicht nach am 20. Juni aufmarschieren? Mich würde überraschen, wenn die 1.000 von den Organisatoren erwarteten Teilnehmer kommen. Wir von der Anti-Nazi-Koordination (ANK) schätzen, dass es etwa 300 sein werden. Zwischen Lutz Bachmann, Initiator der fremden- und islamfeindlichen Pegida im Osten, und Michael Stürzenberger im Westen tobt eine Art Konkurrenzkampf. Stürzenberger will zeigen, dass er es schafft, in Frankfurt überhaupt einen Aufmarsch zustande zu bringen. Das wäre für ihn ein Sieg, verbunden mit Prestigegewinn. Denn bekanntermaßen haben in Frankfurt linke Gegendemonstranten seit September 2014 erfolgreich verhindert, dass ein rechter Aufmarsch stattfinden konnte. Jetzt plant die Rechte eine Abrechnung für all die Niederlagen. Am 20. Juni wird zugleich eine Großdemo in Berlin unter dem Motto »Europa Anders Machen« stattfinden – ein bundesweites Bündnis mobilisiert zu diesem Termin gegen die Griechenland- und Flüchtlingspolitik der Bundesregierung. Haben die Rechtsextremen diese Terminüberschneidung gezielt herbeigeführt? Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie das geplant haben. Wohl aber haben sie ihren fremdenfeindlichen Aufmarsch auf diesen Tag gelegt, weil er der Internationale Tag der Flüchtlinge ist. Insgesamt haben wir keine Befürchtungen, nicht genug Menschen auf die Straße zu bekommen, um die Rassisten zu blockieren. Sicherlich werden einige nach Berlin fahren, aber unser Aufruf wird von der breiten Bevölkerung getragen: Frankfurter Gemüsehändler, Gastronomen und viele andere unterstützen unsere Mobilisierung. Unsere Plakate hängen mittlerweile überall in der Stadt aus. Flyer, die zum Widerstand auffordern, werden uns geradezu aus den Händen gerissen. In einem offenen Brief an Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) und das unter anderem vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) getragene Römerberg-Bündnis hat die ANK um Kooperation gebeten. Wie ist die Reaktion? Nicht alle trauen sich eine Blockade zu; insofern hatten wir gebeten, zusätzlich eine kulturell geprägte Veranstaltung vorzubereiten. Der örtliche DGB-Vorsitzende Harald Fiedler sagte, eine eigene Versammlung sei bereits angemeldet. Wir aber werden gemeinsam mit vielen Frankfurterinnen und Frankfurtern blockieren; die ver.di-Jugend macht bei uns mit, der Kreisverband der Linkspartei unterstützt uns maßgeblich. Zu einer Versammlung des ANK sind vor kurzem 180 hauptsächlich sehr junge Leute gekommen, die uns helfen, Flugblätter zu verteilen. Annette Ludwig ist Organisatorin der No-Fragida-Proteste in Frankfurt am Main. Sie ist auch in der Anti-Nazi-Koordination Frankfurt aktiv

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