Donnerstag, 30. Juli 2020

Nach dem Libyen-Deal nun auch EU-Nordafrika-Kooperation


Dossier

Sea-Watch: EU-finanzierte Gewalt gegen Flüchtende durch Libysche Küstenwache beenden!Die Polizei nordafrikanischer Länder soll Bootsflüchtlinge von der Mittelmeer-Überfahrt nach Europa abhalten. Darauf haben sich Innenminister der EU und ihre afrikanischen Amtskollegen verständigt. Amnesty kritisiert die Vereinbarung scharf. Europa setzt auch auf afrikanische Polizeistrukturen, um die Überfahrt von Bootsflüchtlingen über das Mittelmeer zu stoppen. Wie das Bundesinnenministerium in Berlin mitteilte, vereinbarten die Innenminister von EU-Staaten und nordafrikanischen Ländern am Montag in einer Videokonferenz eine stärkere Schleuserbekämpfung. In einer Erklärung der EU-Teilnehmer hieß es, man wolle eine engere Zusammenarbeit zwischen der Behörde für Polizeikooperationen der Afrikanischen Union (Afripol) und den EU-Agenturen Frontex und Europol sowie des Europäischen Netzwerks von Verbindungsbeamten für Einwanderung fördern. Vorgesehen seien zudem Ausbildungsprojekte sowie finanzielle Hilfen für technische Ausstattung…” Meldung vom 14.07.2020 beim Migazin externer Link: “EU-Flüchtlingspolitik: Afrikanische Polizei soll Bootsflüchtlinge stoppen” (im Abo), siehe dazu weitere und unsere verwandten Dossiers:
  • UN berichten über Gewalt gegen Flüchtlinge innerhalb Afrikas New
    Sie werden misshandelt oder sterben, noch bevor sie das Mittelmeer überqueren: Eine Studie berichtet von Gewalt gegen Migranten auf den Landrouten durch Afrika. Von der internationalen Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt sterben auf den afrikanischen Migrationsrouten in Richtung Mittelmeer laut einer Studie externer Link  jedes Jahr Tausende Menschen oder werden misshandelt. Sie gerieten in die Hände von Menschenschmugglern, Milizen, Militär oder Polizei und erlebten “unsägliche Brutalität”, wie das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR und das Migrationszentrum des dänischen Flüchtlingsrats in Genf berichten. Die Organisationen gehen davon aus, dass 2018 und 2019 mindestens 1.750 Menschen auf den Routen gestorben sind. Hinzu kommen diejenigen, die auf dem Weg über das Mittelmeer nach Europa sterben: Auf der zentralen Mittelmeerroute vor allem von Libyen aus waren das laut der UN-Organisation für Migration (IOM) mehr als 2.500 Menschen in den beiden vergangenen Jahren. Gut ein Viertel der Menschen sterbe bereits auf den Landrouten bei der Durchquerung der Sahara. An Durchgangsstationen in der Wüste und an Grenzposten sei zudem sexuelle Gewalt gegen Mädchen und Frauen, aber auch Jungen und Männer, an der Tagesordnung. Auch Menschenschmuggler übten Gewalt aus und zwängen Frauen in die Prostitution…” Agenturmeldung vom 29. Juli 2020 in der Zeit online externer Link
  • [AI] EU-Nordafrika-Kooperation: Verantwortung für Schutzsuchende darf nicht weiter ausgelagert werden 
    Amnesty warnt vor einer Ausweitung der Zusammenarbeit zwischen der EU und Ländern wie Libyen, Tunesien und Marokko, um Menschen auf der Flucht von Europa fernzuhalten. Zudem ist die Bundesregierung gefordert, im Rahmen ihrer EU-Ratspräsidentschaft eine Rechtsänderung zu initiieren, die die humanitäre Hilfe für geflüchtete Menschen ausdrücklich erlaubt. Anlässlich der heutigen Videokonferenz einiger Innenminister von EU-Mitgliedsstaaten zur verstärkten europäischen Zusammenarbeit bei der “Bekämpfung der Schleusungskriminalität” mit nordafrikanischen Staaten erklärt Julia Duchrow, Stellvertreterin des Generalsekretärs von Amnesty International in Deutschland: “Die Konferenz findet statt, während es den Mitgliedsstaaten nicht gelingt, sich auf ein funktionierendes gemeinsames Asylsystem in Europa zu einigen. Weil nicht alle europäischen Länder bereit dazu sind, Schutzsuchende aufzunehmen, sollen nordafrikanische Staaten weiterhin dafür sorgen, dass Menschen auf der Flucht die EU-Außengrenzen gar nicht erst erreichen”, erklärt Duchrow. “Diese Auslagerung der Verantwortung für die Aufnahme Schutzsuchender ist eine Farce und geht oft mit Menschenrechtsverletzungen einher.” (…) Amnesty International weist seit Jahren daraufhin, dass beispielsweise die Kooperation mit Libyen zu schwersten Menschenrechtsverletzungen führt, weil geflüchtete Menschen dort willkürlich eingesperrt und misshandelt werden. “Das Training und die Versorgung mit technischem Gerät der libyschen Küstenwache durch Deutschland und andere EU-Mitgliedsstaaten führt dazu, dass die libysche Küstenwache aus Seenot Gerettete zurück in Folter und Haft bringt. Dies muss ein Ende haben.”…” Amnesty-Pressemitteilung vom 13. Juli 2020 externer Link
  • Unter dem Deckmantel der »Schleuserbekämpfung«: Verhinderung von Flucht statt Seenotrettung. PRO ASYL zu den heutigen Beratungen zwischen der EU und Vertreter*innen nordafrikanischer Staaten 
    Auslagerung von Grenzschutz und Abschottung sind kein Ersatz für Menschenrechte, Humanität und Solidarität. Weniger als eine Woche nach dem Treffen der 27 EU-Innenminister*innen zum Thema Seenotrettung kommen heute Vertreter*innen der EU mit Minister*innen nordafrikanischer Staaten zusammen. Bereits vergangene Woche berieten die EU-Innenminister*innen vorranging über Außengrenzschutz und Schleuserbekämpfung anstatt über die Rettung von Menschenleben im Mittelmeer. Diese ersten Akzente der deutschen EU-Ratspräsidentschaft zur Flüchtlingspolitik sind höchst problematisch. »Statt eine staatliche, europäische Seenotrettung anzuvisieren, geht es den EU-Innenminister*innen nur um Maßnahmen zur Verhinderung von Flucht«, kommentiert Wiebke Judith, rechtspolitische Referentin von PRO ASYL. »Zur Verhinderung von Todesfällen im Mittelmeer setzt die EU nur auf eine Strategie: Zweifelhafte Deals und Grenzschutz auslagern. Um dieses Ziel zu erreichen, werden schlimmste Menschenrechtsverletzungen, wie wir sie aus Libyen kennen, in Kauf genommen«. Unter anderem wird die Teilnahme von Vertreter*innen der sogenannten libyschen Einheitsregierung sowie Algeriens und Tunesiens erwartet…” Pressemitteilung vom 13.07.2020 externer Link
Siehe im LabourNet auch:
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=175515

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