Dienstag, 7. Mai 2019

Petiot, Marcel +25.05.1946

1942 wurden fortwährend Pakete mit menschlichen Leichenteilen aus der Seine gefischt oder im Stadtgebiet von Paris entdeckt. Eine Zuordnung zahlreicher Funde zu ein und demselben Täter war aufgrund der gleichartigen, offenbar mit anatomischer Sachkunde ausgeführten Leichenzerstückelung möglich. Obwohl damit der Kreis der Verdächtigen in gewisser Weise eingeengt werden konnte, verliefen die Ermittlungen ergebnislos. Schließlich blieben derartige Leichenteilfunde seit Mai 1943 aus.

Zehn Monate später, am 11. März 1944, durchsuchte die Polizei das Grundstück Nr. 21 in der Pariser Rue Lesueur. Nachbarn hatten sich über den Ekelerregenden Qualm beklagt, der seit einiger Zeit dem Schornstein des Hauses entströmte. Was die Polizisten in dem dazugehörigen Heizungskeller sehen mussten, übertraf an Scheußlichkeit alles vorher Erlebte: Neben dem Heizkessel und an den Kellerwänden erblickten sie aufgestapelte menschliche Leichenteile, die merkwürdig ausgedörrt waren.

Vor dem Feuerloch lagen in großer Zahl angekohlte Leichenteile und auf dem Heizungsrost schwelten Knochenreste. In einem alten Stallgebäude, das unmittelbar an das Haus angrenzte, stießen Polizisten auf eine große Grube, die mit Löschkalk und weiteren Leichenteilen angefüllt war.

Der Täter hatte demnach seine Opfer zerstückelt, dann im Chlorkalk ausdörren lassen, um so die Leichenteile schneller verbrennen zu können. Unter Mitwirkung von Gerichtsmedizinern wurden die menschlichen Überreste geborgen.

Am Ende ergab sich eine erschreckende Bilanz: zwei Unterkiefer, ein Brustbein, ein vollständiger Brustkorb, fünf Oberarmknochen, vier Unterarmknochen, drei Oberschenkelknochen und dreizehn Unterschenkelknochen. Hinzu kamen fünf Kilogramm kleinere Einzelknochen und einhundert Kilogramm nicht mehr identifizierbare menschliche Knochenreste sowie fünf Kilogramm Menschenhaar. Die menschlichen Überreste aus der Rue Lesueur Nr. 21 stammten von mindestens zehn Männern und Frauen. Im Einzelnen konnte ihre Identität nicht mehr festgestellt werden.

Der Besitzer des Hauses, in dem die Polizei das Krematorium entdeckt hatte, hieß Dr. Med. Marcel Petiot. Als der Arzt am Morgen des 12. März 1944 in seiner Wohnung in der Rue Chaumartin 66 festgenommen werden sollte, war er bereits geflohen. Monatelang suchte die Polizei vergebens nach Petiot.

Erst am 31. Oktober 1944 fiel er einem Militärgendarm auf, dem das Gesicht bekannt vorkam. Die Militärpolizei übergab Petiot, nachdem an der Identität kein Zweifel mehr bestand, dem Untersuchungsrichter. Bis Anfang 1946 zogen sich die Ermittlungen gegen den Serienmörder hin.

Wie viele Menschen seiner unersättlichen Geldgier zum Opfer gefallen sind, konnte nie geklärt werden. Es waren jüdische Bürger, die ihn voller Vertrauen um Hilfe gebeten hatten, um einer Deportation aus dem besetzten Paris in eines der Vernichtungslager zu entgehen. Unter seinen Opfern befanden sich weiterhin Zuhälter mit ihren Dirnen. Da auch einige Wehrmachtsuniformen gefunden wurden, waren wahrscheinlich auch Soldaten unter den Opfern.

Petiot log ihnen vor, sie ins Ausland bringen zu können. Stattdessen tötete er, meist durch eine Spritze mit Gift, seine nichts ahnenden Opfer. Petiot sprach ihnen gegenüber von einer Schutzimpfung. Später eignete er sich den Besitz der Toten an.

Zwei Jahre nach der Entdeckung seiner Verbrechen stand der Serienmörder in Paris vor Gericht. Er gestand 19 Morde die er für die Resistance ausgeführt haben will. Alle seine Opfer hätten für die Gestapo gearbeitet und müssten demnach eliminiert werden. Weiterhin behauptete er, viele in der Anklage nicht benannte Deutsche und Kollaborateure getötet zu haben.

Der Prozess endete am 28. März 1946. Marcel Petiot wurde wegen Mordes an 27 Menschen verurteilt. Die Vollstreckung der Todesstrafe erfolgte am 26. Mai 1946 um 5.06 Uhr durch die Guillotine.

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