Dossier
“… Mit dem geplanten Gesetz soll den Angaben zufolge sichergestellt werden, dass die in der Branche weit verbreiteten Subunternehmen Sozialbeiträge für ihre Paketboten zahlen. “Damit sorgen wir für fairen Wettbewerb, soziale Sicherheit und bessere Arbeitsbedingungen”, sagte Heil. Konkret soll die sogenannte Nachunternehmerhaftung auf die Paketbranche ausweitet werden. Das bedeutet, dass der eigentliche Auftraggeber für die korrekten Arbeitsbedingungen bei allen Subunternehmern verantwortlich ist. Die großen Zustelldienste müssten also bei Verstößen ihrer Subunternehmer gegen die Sozialversicherungspflicht selber einstehen und die Beiträge zahlen. In der Baubranche, wo die Nachunternehmerhaftung schon seit 2002 gelte, habe man damit gute Erfahrungen gemacht, betonte Heil…” Meldung vom 02.03.2019 bei tagesschau.de , siehe dazu u.a. ver.di:
- Subunternehmer: Paketfahrer-Gesetz lässt Hintertür für Schummler offen
“Paketdienste sollen in Zukunft für Arbeitsbedingungen bei ihren Subunternehmern haften. Doch mit einem Hebel könnten sie sich von der Gesetzesregel befreien lassen – und neu eingestellte Fahrer weiter in einem Graubereich beschäftigen. (…) Denn nach den jetzt bekannten Plänen dürfen sich die Zustellfirmen unter bestimmten Bedingungen von der neuen Gesetzesregel befreien lassen – um anschließend bei Neueinstellungen mit ihren teilweise miserablen Arbeitsbedingungen weiterzumachen. (…) Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa will Kramp-Karrenbauer im Koalitionsausschuss am 14. Mai einen Kompromiss aushandeln lassen. Ziel ist es demnach, die Nachunternehmerhaftung zwar vorzuschreiben – die betroffenen Firmen jedoch durch bestimmte Auflagen gleich wieder davon zu befreien. Zudem sollen die Dokumentationspflichten über den Mindestlohn verringert werden, indem die Verdienstgrenzen neu festgelegt werden. (…) „Das neue Gesetz wird ins Leere laufen und nichts verändern“, sagte der Vorsitzender des Bundesverbands der Kurier-Express-Post-Dienste, Andreas Schumann. Der Subunternehmer aus dem Beispiel würde dann einige korrekt beschäftigte Angestellte und daneben weitere Fahrer auf Tour schicken, die wie früher in einem Graubereich der Lohnzahlung und Jobabsicherung arbeiten würden. Der Verband schlägt eine weitaus höhere Hürde vor. Subunternehmer sollten im Rahmen einer sogenannten Präqualifizierung umfangreiche Kenntnisse zur Firmenführung und Gesetzeskenntnis nachweisen müssen. Prüfgesellschaften wie TÜV oder Dekra ebenso wie die Handelskammern könnten eine derartige Eignungsprüfung vornehmen. Erfahrungen mit eben diesem Verfahren gibt es bereits. So existiert auf dem Bau sowie in der Fleischindustrie eine Nachunternehmerhaftung mitsamt der beschriebenen qualifizierten Befreiungsmöglichkeit. Die Folge ist, dass die Zahl der durch den Zoll beanstandeten Verstöße wesentlich zurückgegangen ist…” Beitrag von Birger Nicolai vom 2. Mai 2019 bei der Welt online
- Miese Arbeitsbedingungen – Bundesrat will Ausbeutung in Paketbranche stoppen
“Schlechte Arbeitsbedingungen und Ausbeutung in der Paketzustellbranche sollen nach dem Willen der Bundesländer per Gesetz eingedämmt werden. Die Länder forderten bei der Sitzung im Bundesrat die Einführung der sogenannten Nachunternehmerhaftung für Sozialversicherungsbeiträge. Damit wäre der eigentliche Auftraggeber zuständig, dass Subunternehmer die Beiträge entrichten. Derzeit sei die “Grauzone zum Ende der Kette” immer schwerer zu fassen und zu durchschauen, hieß es in der Bundesratsentschließung. Wenn Rechtsverstöße bekannt würden, zögen sich die von den Versandunternehmen beauftragten Logistikfirmen durch die Kündigung des Subunternehmens aus der Verantwortung. Mit der Nachunternehmerhaftung hingegen wäre dies nicht möglich, verwies die Länderkammer und bezog sich auf die Fleischwirtschaft, in der dieses Prinzip bereits gilt. Darüber hinaus kritisierten die Länder die Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz in der Paketbranche. Arbeitgeber müssten deshalb verpflichtet werden, Beginn, Dauer und Ende der Arbeitszeit der Paketzusteller zu dokumentieren…” Agenturmeldung vom 12.04.2019 beim ZDF
- Die „SubSubSub-Masche“ bei verdi und die „Wegwerfmenschen“ bei Prälat Kossens – Die DGB-Gewerkchaften: Sie geben sich eher selbst auf, als daß sie gegen das Kapital kämpfen.
“… In der neuen Ausgabe von Publik, der Hauspostille für die verdi-Mitglieder, steht ein (…), bei dem verdi gut und die SubSubSub-Unternehmer schlecht wegkommen. Erwartungsgemäß. Das ist die übliche Schreibe in den Zeitschriften der DGB-Gewerkschaften. Denselben Artikel hätte Publik schon vor zehn oder 20 Jahren veröffentlichen können beziehungsweise kann ihn in zehn Jahren wieder hervorholen, nur der Name des Nachfolgers von verdi-Chef Bsirske müßte erneuert werden. Immer dieselbe Masche: Schimpfen auf die bösen Subunternehmer, viel Selbstlob und Appelle an den Staat und nebenbei noch Lob für SPD- und Schelte für die CDU-Minister in der Regierung. Kurz vor seinem Abgang traut sich Herr Bsirske noch mal was ganz Radikales, er redet von „mafiösen Strukturen“ in der Paketbranche. Und hat mit dieser Masche großen Erfolg, er wird nicht nur in Gewerkschaftszeitungen viel zitiert. Was wollen die Gewerkschaftsführer und die Gewerkschaftszeitungen mit ihrer Masche erreichen? Daß die Mitglieder ob der Verbalradikalität, des Verstandenwerdens und des sich-Kümmerns bei der Stange bleiben, das heißt nicht austreten, denn das ist das Wichtigste an ihnen: Ihr Beitrag. Und den Konzernen wird signalisiert: Wir tun euch nichts, wir sind für die Beibehaltung der Werkverträge, der Leiharbeit, wie seit Jahrzehnten. Wir haben alles im Griff, wir sorgen weiter für sozialen Frieden. (…) Ohne Widerstand von Seiten der DGB-Gewerkschaften, in Harmonie mit Regierung und SPD wurden die Sozialabkommen mit den ehemaligen Ostblockländern abgeschlossen, die nicht nur die Stammbelegschaften in Deutschland überflüssig machten sondern auch das ganze Mitbestimmungssystem ad absurdum führten. Das ist wahre Sozialpartnerschaft: Man opfert sich für die Profitinteressen der Konzerne und ihrer Subunternehmen. Und hat nur noch den Anspruch, Werkverträge und Leiharbeit mit zu gestalten. Wobei gestalten heißt, die Regierung zu bitten, Nachunternehmerhaftung bei Sub-, bei Sub- und Sub-Unternehmern einzuführen. Da freut sich aber der Zoll – wegen der Arbeitsplatzbeschaffungsmaßnahme! Und in der Gewerkschaftszeitung (hier Publik) lamentiert man radikal gegen die bösen Sub-, Sub-, Subunternehmer. Nur gegen das System der Werkverträge geht man nicht vor, schon gar nicht gegen das kapitalistische System, das sich in Leiharbeit und Werkverträgen selbst verwirklicht. Dafür sind die Bedingungen in Deutschland als führender Wirtschaftsnation hervorragend.” Ein Beitrag von Dieter Wegner, aktiv bei Gewerkschaftslinke Hamburg, vom 9. April 2019 bei Jour Fixe
- Arbeitssituation von Paketboten: 4,50 Euro pro Stunde, null soziale Absicherung
“… In drastischen Worten kritisiert die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles die schlechten Bedingungen, unter denen Paketzusteller in Deutschland arbeiten müssten. Insbesondere bei Subunternehmern liege “eine Menge im Argen”, sagte Nahles der Süddeutschen Zeitung. Zum Teil komme es in der Branche zu “handfester Ausbeutung”. An diesem Montag beschäftigt sich die SPD-Spitze in Berlin mit der Situation bei den Zustelldiensten. Die SPD will Angestellte von Subunternehmen besser schützen und dafür auch in der Paketbranche eine sogenannte Nachunternehmerhaftung für Sozialversicherungsbeiträge einführen. Paketdienste müssten dann für Verstöße ihrer Subunternehmer gegen die Sozialversicherungspflicht einstehen. Einen entsprechenden Vorstoß hat Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) gestartet, er stößt damit jedoch auf Widerstand in Teilen der Union. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hält ein solches Vorgehen für ungeeignet. (…) Auch wenn die Prüfungen noch dauern, förderte die Razzia bereits verheerende Zustände ans Licht: nicht gezahlte Sozialversicherungsbeiträge, illegale Beschäftigung, Verstöße gegen den Mindestlohn. Teilweise hatten Fahrer nicht einmal einen Führerschein. Das Hauptzollamt Duisburg meldete als Zwischenergebnis, dass “im Durchschnitt jeder dritte Arbeitgeber im Bereich Paketzusteller und Kurierdienste” zu wenig Lohn zahle. Die Angestellten haben Anspruch auf den Mindestlohn in Höhe von derzeit 9,19 Euro pro Stunde.Die SPD hat für diesen Montag Verdi-Chef Frank Bsirske als Gast eingeladen. Der Gewerkschafter hatte unlängst “mafiöse Strukturen” in der Branche angeprangert. Teilweise würden ausländischen Fahrern nur Stundenlöhne von 4,50 bis sechs Euro gezahlt…” Beitrag von Henrike Roßbach und Mike Szymanski vom 17. März 2019 bei der Süddeutschen Zeitung online
- Paketzusteller: Die Spitze der Pyramide des Preis- und Lohndrucks soll in Haftung genommen werden können. Ein Schritt vorwärts mit einem Fragezeichen
“Immer wieder wurde hier in den vergangen Jahren über die teilweise nur noch als Wild-West-Zustände beschreibbare Welt der Paketzusteller berichtet. (…) Die Subunternehmer sind das zentrale Scharnier für die Profite oben und den massiven Lohndruck unten bei den Paketzustellern. Immer wieder und zugleich immer öfter das gleiche Muster: Vorenthaltener Lohn und die Ausbeutung südosteuropäischer Fahrer. (…) »Nun könnte man natürlich auf den Gedanken kommen, dieses offensichtliche Nicht-Zuständigkeitsspiel zumindest für die bislang gefahrlos profitierenden Auftraggeber an der Spitze dadurch zu erschweren, dass … eine Generalunternehmerhaftung in der Paketbranche eingeführt wird.« (…) Vorbild ist hierfür das Gesetz zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft (GSA Fleisch) vom 17.07.2017, das eine Nachunternehmerhaftung in § 3 vorsieht (Haftung für Sozialversicherungsbeiträge). (…) Das angesprochene Fragezeichen an dieser an sich richtigen Aktion wird besser verständlich, wenn man sich dann diesen Beitrag vom 18. Dezember 2018 anschaut: Billig-Schlachthaus Deutschland: Vertrauen mag gut sein, Kontrollen wären besser. Oder: Gut gemeint ist oft nicht gut gemacht. Dort wurde das hier zu thematisierende Problem so eingeleitet: »Man hat eine gut gemeinte Absicht, macht sogar einen gesetzgeberischen Vorstoß – und nach einiger Zeit zeigt sich, das hinten was ganz anderes herausgekommen ist. Das bekommen wir derzeit mit Blick auf die deutsche Fleischwirtschaft serviert.« Was ist passiert? »Ein Gesetz zur Stärkung der Rechte von Schlachthof-Arbeitern tut genau das Gegenteil von dem, was es soll: Es schwächt sie. Kontrolliert wird nun noch seltener als zuvor und teils so, dass man gar keine Verstöße finden könne, so die Kritik. Dabei sind die schlechten Arbeitsbedingungen auf Schlachthöfen bekannt: Experten beklagen teils sklavenähnliche Zustände.« So Martin Balser in seinem Artikel Schlachthof-Kontrollen nehmen rapide ab (…) Und genau aus solchen Erfahrungen speisen sich auch die Zweifel, ob der einfache gesetzgeberische Transfer dessen, was man für die Fleischindustrie gemacht hat, auf den Bereich der Paketdienste wirklich zu einer Verbesserung führen wird. Wenn man nicht gleichzeitig eine (gerade am Anfang einer solchen gesetzlichen Neuregelung unbedingt erforderliche) spürbare Kontrolldichte sicherstellen kann. Und daran kann und muss man derzeit und auf absehbare Zeit mit Blick auf die Personalsituation beim Zoll zweifeln. Möglicherweise kommt am Ende für die Paketzusteller die Erfahrung heraus, dass eine sicher gut gemeinte rechtliche Regelung ohne entsprechende Kontrollen und Bestrafungsrisiken für die schwarzen Schafe unter den Unternehmen keine besondere praktische Relevanz entfalten wird, weil sie es nicht kann.”Beitrag von Stefan Sell vom 4. März 2019 bei ‘Aktuelle Sozialpolitik’
- Nachunternehmerhaftung in der Paketbranche: ver.di begrüßt Gesetzvorhaben des Bundesarbeitsministers“Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) begrüßt die Ankündigung des Bundesarbeitsministers Hubertus Heil (SPD), ein Gesetz zur Nachunternehmerhaftung für die Paketbranche auf den Weg zu bringen. „Die Branche steht hinsichtlich der Arbeitsbedingungen vielfach am Abgrund. Das entschlossene Handeln tut dringend Not und hilft den Beschäftigten, den Unternehmen sowie den Verbraucherinnen und Verbrauchern“, sagte die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Andrea Kocsis. Angesichts der zunehmend katastopalen Arbeitsbedingungen bei den Subunternehmen der Paketdienste fordert ver.di seit längerem vom Gesetzgeber, für die Paketbranche eine Nachunternehmerhaftung für die Sozialversicherungsbeiträge einzuführen. Kocsis: „Eine solche Regelung folgt dem Prinzip: Wer Arbeit auslagert, bleibt dafür auchverantwortlich.“…” ver.di-Pressemitteilung vom 02.03.2019
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