Dunkel. Nur ein tiefes Brummen erfüllt den Raum. Da erscheinen silbrig glitzernde Wesen auf der Bühne, gehüllt in Kokons, fedrig oder aus feinstem Draht gesponnen – überirdisch. So beginnt der Tanztheater-Abend »Kreatur« auf Kampnagel in Hamburg. Die Choreografin: Sasha Waltz aus Berlin, mit Gästen. Kein Bühnenbild, nur Lichtregie und die irritierenden Kostüme der niederländischen Modedesignerin Iris van Herpen. Eines der Wesen kriecht aus der Hülle – es ist fast nackt und barfüßig – kriecht zu einem anderen. Ein Kokon macht einsam. Von rechts kommen noch mehr, bis vierzehn Tänzerinnen und Tänzer auf der Bühne agieren. Einer prüft – gerade aus dem zarten Panzer geschlüpft – ob seine Glieder, die Arme und Beine, ihm gehorchen. Wie sehr, das zeigen alle, wenn sie, aufgetürmt, lebende Skulpturen bilden. Die Musik des »Soundwalk Collectives« (Berlin/New York) schafft Klangkulissen, in besonderen Räumen aufgenommen, manchmal elektronisch, manchmal Naturgeräusche.
Über die Bühne gezogene Plastikbänder, durchscheinend, lassen die nun Hüllenlosen jetzt vervielfacht erscheinen, vergrößert, verzerrt wie im Spiegelkabinett. Die Musik schwillt an, wird rhythmisch. Eine Gruppe bildet sich. Um die Hüften nun Lendenschurze. Wie Wilde? Die Musik: bedrohlich, wie auch die Tanzenden. Die Hände hochgereckt. Trommeln. Schrille Töne. Die Masse wirkt ferngesteuert. Zischende Laute. In der Mitte ballt sich etwas zusammen. Dumpfe Dröhn-Musik. Der Versuch, eine Mauer zu erklimmen. Eine tanzt allein wie ausgestoßen, die Rothaarige. Ein langer Balken wird getragen von vielen. Der Pfahl steht im Raum, wird umtanzt. Ein Ritual? Eine der Frauen beginnt, in unbekannter Sprache die anderen anzutreiben. Der Pfahl dient zum Pfählen, nah am Bauch. Die Antreiberin, Aufseherin, brüllt die Mädchen an, überlaut und unverständlich. Sie lässt die Rothaarige auf dem Boden kriechen, aufstehen und wirft sie immer wieder hin. Die anderen sehen zu, wie die sich quält. Ein Sich-Zusammenballen der Tanzenden zu einer Kreatur. Die bewegt sich nur wenig. Einer ragt hervor, ist zu lang, wird heruntergedrückt. Und doch ist jeder ein Individuum. Das vielfüßige Tier wälzt sich langsam an die Rampe, verschwindet.
Eine weiß Gekleidete tanzt allein, die Hände beschwörend nach oben gerichtet. Was sieht sie? Aus dem Dunkel schiebt sich etwas Unbekanntes nach vorn, ein Tier-Mensch, bedeckt mit langen Stacheln. Düster, bedrohlich. Will sie das Fremde durch den Tanz besänftigen? Oder ist es Angst, die sie leitet? Sie fällt auf die Erde. Diese Kreatur des Grauens mit silbermetallischen Stacheln kommt ganz nah, stöhnt. Da sind wieder die anderen, versuchen, sich dem Wesen zu nähern, und weichen doch aus. Dann in einer Reihe, militärisch. Das Stacheltier berührt die Haare einer der Wehrlosen, Unbekleideten. Es geschieht nichts. Die Musik, ganz leise, ein Motiv aus Peer Gynt. Kein Kämpfen. Ergeben? Berührung erlöst. Das Stachelkleid, abgerissen. Darunter steckt ein menschliches Wesen, eine Frau, sie reckt sich, schüttelt ihr langes Haar, ihre Haut atmet wieder. Sie tanzt befreit. Vögel zwitschern, Bienen summen. Zu schön, das alles. Immer noch Naturgeräusche. Dann ein Singen, nur gehaucht: »Help me, help me!« Wer flüstert? Sehr laute Grillen stören. Kinderstimmen? Nein, es ist die eine winzige Tänzerin, die spricht. Die Worte, krampfhaft ausgestoßen. Das Geräusch eines vorbeifahrenden Zuges. Auf dem Boden liegen die Männer, die Frauen stehen auf ihnen. Was soll hier der Song »Je t`aime, moi non plus« von Jane Birkin? Das Lied, es passt so gar nicht. Wie um das zu beweisen, zieht eine Tänzerin einen Mann an den Haaren hinter sich her wie den Hund am Hundehalsband – seine Unterwerfung signalisierend. Wieder ist da der Pfahl. Er wird zwischen ein Paar geschoben. Gewalt, nicht Liebe herrscht. Doch ganz vorn küssen sich zwei Männer innig.
Und noch einmal diese spiegelnde Folie, die das ernste Gesicht einer Tänzerin zeigt, eingeschlossen wie hinter Scheiben. Oder wie im Reagenzglas. Dort wo heute Leben erzeugt werden kann oder wo Totes ausgestellt wird: anatomische Körperteile in Spiritus. Der Mensch, eingeschlossen im Glas – das blieb am Schluss als Bild.
Über die Bühne gezogene Plastikbänder, durchscheinend, lassen die nun Hüllenlosen jetzt vervielfacht erscheinen, vergrößert, verzerrt wie im Spiegelkabinett. Die Musik schwillt an, wird rhythmisch. Eine Gruppe bildet sich. Um die Hüften nun Lendenschurze. Wie Wilde? Die Musik: bedrohlich, wie auch die Tanzenden. Die Hände hochgereckt. Trommeln. Schrille Töne. Die Masse wirkt ferngesteuert. Zischende Laute. In der Mitte ballt sich etwas zusammen. Dumpfe Dröhn-Musik. Der Versuch, eine Mauer zu erklimmen. Eine tanzt allein wie ausgestoßen, die Rothaarige. Ein langer Balken wird getragen von vielen. Der Pfahl steht im Raum, wird umtanzt. Ein Ritual? Eine der Frauen beginnt, in unbekannter Sprache die anderen anzutreiben. Der Pfahl dient zum Pfählen, nah am Bauch. Die Antreiberin, Aufseherin, brüllt die Mädchen an, überlaut und unverständlich. Sie lässt die Rothaarige auf dem Boden kriechen, aufstehen und wirft sie immer wieder hin. Die anderen sehen zu, wie die sich quält. Ein Sich-Zusammenballen der Tanzenden zu einer Kreatur. Die bewegt sich nur wenig. Einer ragt hervor, ist zu lang, wird heruntergedrückt. Und doch ist jeder ein Individuum. Das vielfüßige Tier wälzt sich langsam an die Rampe, verschwindet.
Eine weiß Gekleidete tanzt allein, die Hände beschwörend nach oben gerichtet. Was sieht sie? Aus dem Dunkel schiebt sich etwas Unbekanntes nach vorn, ein Tier-Mensch, bedeckt mit langen Stacheln. Düster, bedrohlich. Will sie das Fremde durch den Tanz besänftigen? Oder ist es Angst, die sie leitet? Sie fällt auf die Erde. Diese Kreatur des Grauens mit silbermetallischen Stacheln kommt ganz nah, stöhnt. Da sind wieder die anderen, versuchen, sich dem Wesen zu nähern, und weichen doch aus. Dann in einer Reihe, militärisch. Das Stacheltier berührt die Haare einer der Wehrlosen, Unbekleideten. Es geschieht nichts. Die Musik, ganz leise, ein Motiv aus Peer Gynt. Kein Kämpfen. Ergeben? Berührung erlöst. Das Stachelkleid, abgerissen. Darunter steckt ein menschliches Wesen, eine Frau, sie reckt sich, schüttelt ihr langes Haar, ihre Haut atmet wieder. Sie tanzt befreit. Vögel zwitschern, Bienen summen. Zu schön, das alles. Immer noch Naturgeräusche. Dann ein Singen, nur gehaucht: »Help me, help me!« Wer flüstert? Sehr laute Grillen stören. Kinderstimmen? Nein, es ist die eine winzige Tänzerin, die spricht. Die Worte, krampfhaft ausgestoßen. Das Geräusch eines vorbeifahrenden Zuges. Auf dem Boden liegen die Männer, die Frauen stehen auf ihnen. Was soll hier der Song »Je t`aime, moi non plus« von Jane Birkin? Das Lied, es passt so gar nicht. Wie um das zu beweisen, zieht eine Tänzerin einen Mann an den Haaren hinter sich her wie den Hund am Hundehalsband – seine Unterwerfung signalisierend. Wieder ist da der Pfahl. Er wird zwischen ein Paar geschoben. Gewalt, nicht Liebe herrscht. Doch ganz vorn küssen sich zwei Männer innig.
Und noch einmal diese spiegelnde Folie, die das ernste Gesicht einer Tänzerin zeigt, eingeschlossen wie hinter Scheiben. Oder wie im Reagenzglas. Dort wo heute Leben erzeugt werden kann oder wo Totes ausgestellt wird: anatomische Körperteile in Spiritus. Der Mensch, eingeschlossen im Glas – das blieb am Schluss als Bild.
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