Dienstag, 30. Juni 2020

Kurt Stenger über ausbleibende EU-Maßnahmen gegen Dumpingkonkurrenz

Der Bock im Schlachthof

Es ist bemerkenswert, dass Rumäniens Botschafter Arbeitsbedingungen in Deutschland kritisiert, und zwar in den Schlachthöfen. Immerhin steht oft das südosteuropäische Land am Pranger, wenn es um Dumpinglöhne in der EU geht. Wenn es um deutsche Standortinteressen geht, gehört zu den Kritikern auch die Bundesregierung, zumal sie sich als Vertreter eines Hochlohnlandes darstellt. Das stimmt, wie der sehr große Niedriglohnsektor zeigt, überhaupt nicht. Seit Jahren beklagt sich Dänemark über Lohndumping der boomenden deutschen Fleischbranche, das viele Jobs nicht nur bei unserem nördlichen Nachbarn gekostet hat. Es ist bezeichnend, dass erst die Coronagefahren hierzulande für politische Bewegung sorgen.
Doch es müsste um viel mehr gehen: europäische Mindeststandards gegen die in vielen Branchen übliche Dumpingkonkurrenz. Sozialversicherungspflicht für alle, EU-Mindestlöhne und Stärkung tarifverträglicher Bezahlung sind nur einige Stichworte. Bislang fördern die Binnenmarktregeln das Dumping, doch da derzeit viel von europäischer Solidarität geredet wird, sollten dem auch Taten folgen. Es wäre Aufgabe der deutschen EU-Ratspräsidentschaft, das Thema vorne auf die Agenda zu setzen. Allerdings macht sich der Bock nur selten gut als Gärtner. Da sind Deutschland und Rumänien bei allen sonstigen Unterschieden mal fast gleich.
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