Mittwoch, 5. April 2017

Fukushima – Rückkehr zur Normalität?

Fukushima – Rückkehr zur Normalität?
Abbildung: Verlag Neuer Weg
03.04.17 - Sechs Jahre nach dem Supergau im japanischen Atomkraftwerk Fukushima, durch den eine ganze Region atomar verseucht wurde und bis zu 160.000 Menschen ihre Heimat verlassen mussten, wollen die Behörden "zur Normalität zurückkehren". Ab 1. April wurde bis auf ein Areal alles wieder als bewohnbar deklariert. Die evakuierten Menschen werden aufgefordert, zurückzukehren. Zur Olympiade 2020 will man ein gutes Bild abgeben. Doch das wird schwierig. Bisher sind in die Regionen, die schon früher als wieder bewohnbar erklärt wurden, nur 14,5 Prozent der Bevölkerung zurückgekehrt.
Zu Recht trauen die Menschen den Behörden nicht. Man braucht auf Äckern, die als strahlungsfrei gelten, nur ein paar Zentimeter tiefer zu schürfen, und schon schlägt der Geigerzähler heftig aus, wie das ZDF-Auslandsjournal am 29. März 2017 berichtete. Der bereits abgetragene verseuchte Boden wird in schwarzen Säcken im Freien auf 50.000 Mülldeponien gelagert. Kein Mensch weiß, was weiter damit passieren soll.
Nun versuchen es der AKW-Betreiber TEPCO und die Regierung mit Druck: Den Evakuierten werden die Kompensations- und Unterkunfts-Zahlungen entzogen, "um ihnen zu helfen, finanziell unabhängig zu werden", schreibt zynisch die Nachrichten-Agentur Asahi Shimbun. Im Staatshaushalt sind lächerliche 212 Millionen US-Dollar eingestellt, um in den verseuchten Regionen die Infrastruktur wiederherzustellen und die Leute damit zurückzulocken.
Diese Verantwortungslosigkeit bezüglich der Atomkraft und ihrer Risiken ist keineswegs auf Japan beschränkt. In 27 Ländern weltweit werden derzeit 167 neue AKWs geplant. Obwohl die Fukushima-Katastrophe die Risiken dieser Technologie dramatisch gezeigt hat, halten Monopole und Regierungen aus Profitgründen daran fest. Die aktive Umweltbewegung in Deutschland hatte nach Fukushima einen Beschluss zur Stilllegung aller AKWs durchgesetzt. Trotzdem steht Deutschland jetzt keineswegs "sauber" da: Deutsche Monopole verdienen weiterhin gut am weltweiten Export von Atomtechnologie. Und erst kürzlich deckten Anti-Atomkraft-Inititiven auf, dass Umweltministerin Hendricks grünes Licht für den Export von Brennelementen aus Lingen an das völlig marode AKW Tihange in Belgien gab. Deutschland ist damit Hauptlieferant für die belgischen AKWs geworden. Dass mit Tihange auch das gefährlichste AKW in Zentral-Europa am Laufen gehalten wird, begründet Hendricks mit Lieferverträgen, die einzuhalten seien. Noch vor einem Jahr hatte sie medienwirksam die belgischen Pannenreaktoren heftig kritisiert.
Einmal mehr zeigt das, wie die bürgerlichen Politiker nach der Pfeife der Konzerne tanzen, wenn es drauf ankommt. Statt Hoffnungen in ihre Vernunft zu setzen, braucht es "eine weltweite Kooperation und Koordinierung des aktiven Widerstands sowie diesbezügliche überparteiliche Organisationsformen", wie die MLPD in ihrem vom X. Parteitag erweiterten Parteiprogramm vertritt, und fordert: "Baustopp und Stilllegung aller Atomanlagen auf Kosten der Betreiber – weltweit!"¹
Die internationale Initiative "Stop Tihange" bereitet für den 25. Juni 2017 eine Protestaktion vor, eine "Kettenreaktion" als Menschenkette zwischen Tihange, Lüttich, Maastricht und Aachen.
¹ Programm der MLPD, Seite 118
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Buchtipp zum Thema
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