IMI-Standpunkt 2015/042
Bericht vom 19. Kongress der Informationsstelle Militarisierungvon: IMI | Veröffentlicht am: 26. November 2015
Der
mittlerweile 19. Kongress der Informationsstelle Militarisierung (IMI)
fand dieses Jahr vom 13. bis 15. November wie immer in Tübingen statt.
Insgesamt deutlich über 150 Interessierte beschäftigten sich mit dem
Thema „Militärische Landschaften: Diskurse – Räume – Strategien“. Der
Kongress versuchte, sich auf verschiedenen Wegen dem Thema anzunähern:
auf unterhaltsame, theoretische und praktische Weise. An diese
Reihenfolge anknüpfend endete der Kongress deshalb auch mit dem Appell,
wieder verstärkt an den konkreten militarisierten Orten – dort wo Kriege
vorbereitet, geplant und verantwortet werden – Widerstand zu
organisieren.
Der Freitagabend des IMI-Kongresses dient mit seiner eher unterhaltsamen Ausrichtung
traditionell vor allem auch dem Ankommen und Vernetzen. Er wurde von
Michael Schulze von Glaßer, Thomas Mickan und Nathalie Schüler
gestaltet. Thema dieses geselligen Auftaktes mit Vokü waren „Virtuelle Landschaften“ und „Fiktive Militärübungsländer“.
Auf unterhaltsame Art näherten sich die drei dabei der Frage an, wie
heute Kriege durch Übungsszenarien vorbereitet werden und welche
Strukturen es dafür gibt. Schüler führte dabei anhand der Übungen
Trident Juncture und Noble Jump aus, wie die NATO am Joint Warfare
Centre im norwegischen Stavanger aufwendig fiktive Länder und Szenarien
entwerfe, auf deren Grundlage dann reale Kriegsübungen durchgeführt
würden. Diese Kriegsübungen der NATO, an denen in aller Regel auch die
Bundeswehr beteiligt sei, hätten im Zuge der Spannungen zwischen der
NATO und Russland durch die Ukraine-Krise erheblich zugenommen. Mit der
teils absurd anmutenden und aufwändigen Fiktion von militärischen
Landschaften werde handfest der Krieg von Morgen vorbereitet, so
Schüler. Daran anschließend zeigte Mickan, wie auf den Trainingsgeländen
etwa in Hohenfels oder bei Germersheim mit Hilfe von
Rollenspieler_innen der Bundeswehr Krieg möglichst wirklichkeitsnah
simuliert werden soll. Dabei würden sich beispielsweise Soldat_innen als
afghanische Ortsvorsteher verkleiden, sich eine Burka überwerfen oder
vermeintlich ganze afghanische Dörfer nachbauen – samt Fleischerei und
Schafen aus Pappmaché auf der Weide. Laut Mickan werde so nicht
Wirklichkeit, sondern eine verzerrte Fiktion vermeintlicher
Kriegsgebiete konstruiert, die viel mehr mit den Vorurteilen der
Anwesenden zu tun habe, als mit der Situation
derer, die dargestellt werden sollen. Grautöne könnten so nicht
abgebildet werden, sondern nur stereotype Karikaturen, wie
beispielsweise wahlweise von „den ISAF-freundlichen Afghanen oder aber
den fanatischen Attentäter“, wie in einem Propagandavideo der Bundeswehr
von einem rollenspielenden Soldaten ausgeführt werde.
Bevor
der Freitagabend in gesprächigen Runden ausklang, beschrieb Schulze von
Glaßer virtuelle Landschaften von Militärsimulatoren, die sich
Computerspiele zu Nutze machen, um damit Krieg zu üben. Diese
vermeintlich kostengünstigere Variante, Krieg mit Computerspielen zu
üben, werde dabei weltweit von immer mehr Armeen umgesetzt, es
entwickele sich so auch eine ganz eigene Spieleindustrie. Ehemalige
Hersteller von Unterhaltungsspielen würden immer mehr den Militärmarkt
für sich entdecken und ihre Produktpalette entsprechend anpassen. Anhand
eines live „Let’s play“ – das ist ein auf Youtube verbreitetes
Phänomen, bei dem Millionen von Menschen anderen Menschen bei ihrem
Spielerlebnis zuschauen – verdeutlichte Glaßer, dass der im Laufe des
Abends immer wieder gespielte und gezeigte Scharfschützenshooter die
gleichen Softwarekomponenten (Spielengine) benutze wie tatsächliche
Militärsimulatoren. Auch die Steuerungsgeräte wie der
Playstationcontroller würden dabei immer stärker auch für den
Militärmarkt genutzt, um bereits bestehende motorische Fähigkeiten von
jungen Menschen noch stärker für das Militär auszubeuten. Die NATO
betreibe ferner eigene Studien und Unternehmungen etwa auf Militär- und
Spielemessen, um das Potenzial neuer Spiele für das Militär auszunutzen
und der Verwendung für den Krieg zuzuführen.
Den
inhaltlichen Auftakt des „Theorieblocks“ am Samstag des 19.
IMI-Kongresses gestalteten Claudia Brunner, Wissenssoziologin und
Assistenzprofessorin am Zentrum für Friedensforschung und
Friedenspädagogik der Universität Klagenfurt sowie Klaus-Jürgen Bruder,
Vorstand der Neuen Gesellschaft für Psychologie und Professor an der FU
Berlin. Anders als vielleicht manche mit dem Kongressthema „Militärische
Landschaften“ assoziieren, bearbeiteten beide Referent_innen nicht
konkrete Orte, sondern die militarisierten „Räume im Kopf“.
Bruder beschäftigte sich dabei in seinen Ausführungen mit der Frage von
Freund-Feind-Konstruktionen. In einer psychoanalytischen Lesart ging er
dabei auf die Rolle von Diskursen ein, die durch das Imaginäre, das
heißt die aus unserer Kindheit eingeprägte Verknüpfungen, zu gleichen
abstrakten Begriffen in Kontrast gebracht werden, die aber heute eine
andere Bedeutung tragen würden. Daraus resultiere ein Mechanismus in der
Entstehung von Feindbildern, der sich nicht einzig aus einer
Wiederholung des Gesagten ergebe, sondern aus dem Kontrast des Gesagten
und des unterschiedlich erinnerten und verknüpften Imaginären, welches
mitunter auch „ausgebeutet“ werde. Bruder knüpfte daran eine
Rezeptionskritik von Medien, die sich in der Rolle eines
„Pseudo-Freundes“ des Imaginären bedienten, dieses aber mit neuen
Bedeutungsinhalten aufluden und an die Stelle des konkret selbst
Erlebten setzten. Als Begründung für das konkrete Kämpfen,
Töten und Sterben würden stets solche abstrakten Begriffe wie
„Verantwortung“ und „Sicherheit“ verwendet und auf ein ebenso abstraktes
„Wir“ bezogen. Demgegenüber stünden Feinbilder wie etwa der
„Kommunismus“, die gar nicht die Absicht hätten, etwas Tatsächliches zu
beschreiben oder abzubilden, sondern eine Bedrohung zu suggerieren.
An
die Ausführungen von Bruder knüpfte Brunner an. Sie befasste sich mit
der Frage, wie unsere Erzeugung von Wissen, insbesondere am Beispiel der
Friedens- und Konfliktforschung, dazu beiträgt, dass wir in der
Reproduktion kriegerischer Zustände selbst zu KonfliktkomplizInnen
werden. Dabei führte sie den Begriff der epistemischen Gewalt ein, der
beschreibe, wie in der Produktion von Wissen bestimmte Lesarten von
Wissen privilegiert oder verunmöglicht würden. Ein Beispiel hierfür sei
etwa der Begriff der strukturellen Gewalt, der zwar heute allgemein
bekannt sei, aber in der Friedens- und Konfliktforschung trotz eines
mitunter guten analytischen Potenzials gemieden werde. Demgegenüber
hätten verschleiernde Begriffe und Konzepte wie etwa die
„Schutzverantwortung“ Konjunktur. Epistemische Gewalt müsse dabei im
Verbund mit anderen Formen von Gewalt gedacht werden, die sich
gegenseitig mitunter bedingen und beeinflussen würden. Brunner plädiert
daher für einen weiten Gewaltbegriff. Die Stärke des Begriffes der
epistemischen Gewalt liege darin, bestimmte kriegerische Diskurse
sichtbar zu machen, um sie mit Kritik zu adressieren.
Dabei
führte sie als zweiten Begriff den des epistemischen Ungehorsams ein,
der bestehende Wissensbestände durch alternative Produktionsarten von
Wissen durchqueren könne, um damit die abgesteckten Machtrahmen zu
durchschreiten, die immer wieder dazu führen, dass Kriege geführt werden
könnten. Brunner adressierte hier aus einer feministischen Lesart
heraus auch die Debatte, wie Frauen als Soldatinnen diskutiert werden,
sowie die Rettungskonfigurationen („weiser Mann rettet braune Frau vor
braunem Mann…“), die immer wieder zur Begründung militärischer Einsätze
verwendet würden. Obwohl sich darin zwar die Akteur_innen – wer rette
und wer gerettet werde – verändern würden, bleibe die Rolle derer, vor
denen gerettet wird, stets gleich bei den Anderen, den Fremden verortet.
Es bedürfe daher auch einer Dekolonisation von Wissen. Dies könne in
Anlehnung an Mechthild Exo etwa dadurch geschehen, dass die Autorität
über Wissensproduktion abgegeben werde, peripherisierte Perspektiven
zentriert würden, ohne diese dabei zu vereinnahmen oder zu überschreiben
und kein Anrecht auf Informationen erhoben, dafür aber eine
Rechenschaftspflicht gegenüber den Beforschten integriert werde. Brunner
ist selbst Mitglied und Mitbegründerin des AK herrschaftskritische
Friedensforschung der Arbeitsgemeinschaft für Friedens- und
Konfliktforschung, der sich zum Ziel gesetzt hat, das Anliegen
epistemischen Ungehorsams stärker in die Friedensforschung zu tragen und
dabei auch eng im Austausch mit aktivistischen Akteur_innen zu stehen.
Auf
dem zweiten eher theoretischen Panel des Kongresses warfen wiederum
zwei Referenten einen kritischen Blick auf die Geopolitik unter dem
Titel „Raumkonstruktionen und Machtprojektionen“.
Den Anfang machte der Politikwissenschaftler Ingar Solty,
wissenschaftlicher Mitarbeiter an der York University in Toronto. Seine
Ausführungen zur Geopolitik als „Denken in Machträumen“ begannen mit der
Feststellung, dass dem Konzept der Geopolitik zwar von linker Seite
aufgrund seiner Historie zumeist eine erhebliche Abneigung
entgegengebracht werde, es sich aber dennoch für kritische Ansätze
nutzen lasse.
Auch
wenn zeitweise das Denken vorgeherrscht habe, mit dem Ende des Kalten
Krieges seien auch Macht- und Geopolitik überwunden worden, sei diese
Hoffnung enttäuscht worden. Zwar würden heute – etwa mit Verweis auf
Russland – zumeist eher andere Länder bezichtigt, Geopolitik zu
betreiben, es gelte aber sich zu vergegenwärtigen, dass auch im Westen
und in Deutschland geopolitische Überlegungen weiter das Handeln
maßgeblich bestimmten. In jüngster Zeit würde auch wieder dazu
übergegangen, offen mit geopolitischen Formeln zu arbeiten, so Solty:
„In letzter Zeit erleben wir gerade in Deutschland die Rückkehr eines
Phänomens, das Frank Deppe den ‚imperialistischen Realismus‘ genannt
hat. […] Das kann man an dem Phänomen festmachen, dass der frühere
Bundespräsident Horst Köhler zurücktreten musste für dieselbe Aussage,
mit der Joachim Gauck mittlerweile die neuen Paradigmen der deutschen
Außenpolitik kennzeichnet. Nämlich, dass ein Land, das so
globalisierungsabhängig ist, […] als globale Macht auftreten muss.“
Die
historische wie aktuelle Relevanz der Geopolitik begründete Solty
folgendermaßen: „Die Frage des ‚Geo’ in der internationalen Politik ist
essentiell, weil der Kapitalismus sich immer in und durch Räume
entwickelt.“ Dennoch könne nicht von einer Art Geodeterminismus
gesprochen werden, schließlich zeige u.a. der unterschiedliche Umgang
mit der Wirtschaftskrise in den späten 1920er und 1930er Jahren in
Deutschland und den USA, dass augenscheinlich staatliche
Handlungsspielräume existieren. In jedem Fall habe nach dem Zweiten
Weltkrieg ein tief greifender Wandel stattgefunden, der sich in der
raschen Zunahme ausländischer Direktinvestitionen sowie der
Herausbildung transnationaler Unternehmensstrukturen niederschlug.
Dieser Versuch allerdings, die inhärenten Widersprüche des Kapitalismus
durch dessen Globalisierung zu überwinden und sich so neue
Verwertungsräume zu erschließen, habe neue Konflikte wie Staatszerfall
hervorgebracht. „Wer von Frieden und von stabilen globalen Verhältnissen
sprechen will, der muss vom Kapitalismus sprechen“, so Solty
abschließend.
Der
Sinologe und Vorstand der Informationsstelle Militarisierung, Andreas
Seifert, ging anschließend der Frage nach, inwieweit es heute neue
„Player“ und neue „Konzepte“ gebe und ob von einer „Renaissance der
Geopolitik“ gesprochen werden könne bzw. müsse. Das Bestreben, eigene
wirtschaftliche Interessen durchzusetzen, paare sich mit der
Überzeugung, dies notwendigerweise auch militärisch tun zu müssen:
„Gestalten, so könnte man sagen, kann nur der, der militärisch auftritt
und jeder, der militärisch auftritt, gestaltet aktiv“, beschrieb Seifert
die vorherrschende Sichtweise. Die Grundlagen für Konflikte würden
dabei lange vor ihrem offenen Zu-Tage-Treten gelegt, dies sei gerade im
Falle Chinas derzeit offensichtlich. Dabei sei Chinas Entwicklungsweg
seit den 1980er Jahren anfangs vom Westen begrüßt worden, zuerst mit der
Hoffnung verknüpft, hierüber eine große Zahl neuer Konsumenten für
westliche Produkte zu erschließen. Nachdem Chinas Wirtschaftsmodell aber
auf den Schutz der heimischen Industrie zielte, sei westlicherseits
schnell der Fokus verlagert und China die Funktion als „Werkbank der
Welt“ zugewiesen worden.
Der
Kern der aktuellen Auseinandersetzungen, so Seiferts These, bestehe nun
aber darin, dass China bei all dem zu erfolgreich war: Mittels
Technologietransfer und Industrialisierung habe es China nicht nur
geschafft, viele Millionen aus der Armut zu befreien, sondern sich auch
zu einer ernsten „Bedrohung“ für die Gewinninteressen anderer Staaten
bzw. ihrer Konzerne zu entwickeln. Die Ursachen der
westlich-chinesischen Konflikte sei demzufolge wirtschaftlicher Natur,
ihre „Bearbeitung“ erfolge aber zunehmend über die militärische Schiene,
was Seifert abschließend zu einer eher pessimistischen Prognose zur
weiteren Entwicklung veranlasste: „Der Rückfall in sicherheitsbetonte
oder machtstrategische Geopolitik, die sich in erster Linie auf
militärische Projektionsfähigkeit stützt, ist sozusagen ein Beleg dafür,
dass das kapitalistische System des Westens an seinem Meisterschüler
gescheitert ist, indem es besonders erfolgreich war. In der Konsequenz
scheinen der Westen, EU, USA, Japan und Südkorea, ihr Heil in der Anlage
von Einflusszonen zu suchen, die man militärisch bearbeitet – mit der
Option zu destabilisieren, was sich nicht beherrschen lässt. Um das zu
akzeptieren, wird man uns China mehr und mehr als aggressive und
einzudämmende Macht vorführen.“
Am
Samstagabend wurde es dann bereits sehr konkret, indem Aktivist_innen
aus Afghanistan über die Bedingungen politischen Engagements und der
Menschenrechtsarbeit in hochgradig militarisierten Landschaften und über
das „Leben unter militärischer Besatzung“ berichteten.
Mariam Rawi von der Revolutionary Association of the Women of
Afghanistan (RAWA), Hafiz Rasik von der Solidaritäts-Partei (Hezbe
Hambastagi) und Weeda Ahmad von der SAAJS (Social Association of Afghan
Justice Seekers) lehnten allesamt die Präsenz ausländischer Truppen in
Afghanistan ab. Die geografische Lage und die dadurch motivierten
Interessen und Interventionen der Großmächte seien die Ursache der
desolaten Lage in Afghanistan, so Mariam Rawi von der auch in
Deutschland bereits bekannten Frauenrechtsgruppe RAWA. „Der aktuelle
Krieg“ habe nach Rawi mit der Intervention der Sowjetunion 1978
begonnen, gegen die es bereits Widerstand aus der Bevölkerung gegeben
habe. In der Logik des Kalten Krieges hätten daraufhin die USA die
reaktionärsten und fundamentalistischsten Kräfte in Afghanistan mit Geld
und Waffen unterstützt und damit jene Eliten geschaffen, die das Land
bis heute in ihrem Griff hätten und bis heute unter dem Schutz ihrer
westlichen Verbündeten stünden. Mit Beispielen aus den letzten Monaten
untermalte sie, dass sich auch durch die Intervention der NATO die Lage
der Menschen- und Frauenrechte nicht verbessert hätte: Bis heute würden
junge Mädchen zwangsverheiratet, mutmaßliche Ehebrecherinnen gesteinigt,
Vergewaltigungen von Frauen blieben ungesühnt. Hinzu kämen nun noch die
Übergriffe und Verbrechen der internationalen Truppen wie die von einem
deutschen Offizier angeordneten Bombenangriffe bei Kundus sowie nun
auch noch der Terror des sog. Islamischen Staates. RAWA bemühe sich
demgegenüber um die Ausbildung und damit Ermächtigung von Frauen und die
Dokumentation und Aufarbeitung von Menschenrechtsverletzungen, was sehr
gefährlich sei.
Weeda
Ahmad berichtete über die Arbeit der Menschenrechtsorganisation SAAJS.
Die Regierung habe einen umfassenden Bericht über die schwersten
Verbrechen der letzten drei Jahrzehnte erstellen lassen, in dem auch die
heute noch einflussreichen Täter benannt würden. Anstatt diesen aber
wie angekündigt zu veröffentlichen, werde er bis heute geheimgehalten
und es sei stattdessen eine Amnestie erlassen worden. Die SAAJS setze
sich für die Veröffentlichung des Berichts und die Bestrafung der Täter
ein, organisiere die Angehörigen der Opfer und halte die Erinnerung an
die Verbrechen mit Veranstaltungen und Demonstrationen wach.
Auch
Hafiz Rasik von der Solidaritätspartei verurteilte die Verbrechen der
aktuellen afghanischen Eliten und deren Schutz durch die westlichen
Regierungen und Militärs. Seine Partei fordere den Abzug aller
ausländischen Truppen und setze sich für die Selbstbestimmung des
afghanischen Volkes ein. Wie auch seine beiden Vorrednerinnen untermalte
er seinen Beitrag mit teils sehr drastischen Fotos einerseits von
Menschenrechtsverletzungen, andererseits auch von politischen Aktionen
der vertretenen Organisationen. Gerade diese Bilder von Protestaktionen
standen in scharfem Kontrast zu dem, was man hierzulande sonst aus
Afghanistan erfährt und denkt – sie zeigten selbstbewusste Menschen, die
selbst eine friedliche Zukunft in ihrem Land aufbauen möchten. „Warum
wir solche Bilder sonst in Deutschland nicht sehen“, war dann auch eine
Frage aus dem Publikum, die Rawi damit beantwortete, dass einerseits die
afghanischen Medien im Interesse der Regierung nicht über solche
Aktionen berichten und Vertreter_innen der internationalen Presse sich
nur in einem sehr engen Radius bewegen würden. Andere Fragen betrafen
etwa die Form des Unterrichts, den RAWA für Frauen organisiert, die
Repression bei Protestaktionen und die Form der Organisierung. Hezbe
Hambastagi sei zwar zwischenzeitlich von einem Verbot bedroht gewesen,
jedoch eine offiziell und offen agierende Partei. Auch die SAAJS agiere
öffentlich, es sei jedoch sehr gefährlich, die Verfolgung von Verbrechen
durch heute noch aktive Politiker und Warlords einzufordern. RAWA
hingegen organisiere sich ausschließlich klandestin und habe damit über
die Jahrzehnte sehr
viel Erfahrung gesammelt. In Afghanistan bewege sich Rawi etwa
überwiegend verschleiert, auch mit Burka, damit ihre Identität nicht
bekannt wird, so die Vertreterin der Frauenorganisation.
Den
Auftakt am Sonntagmorgen machten IMI-Beirat Thomas Mickan mit seinem
Vortrag „Der Drohnenkrieg im Fokus – neue Impulse für Widerstand gegen
das AFRICOM“ und der Redakteur der Graswurzelrevolution, Bernd Drücke,
mit seinen Ausführungen zur Deutsch-Niederländischen Brigade in Münster
und dem aufkeimenden Widerstand gegen die sogenannte „NATO-Speerspitze“.
Das gemeinsam bestrittene Panel „Militärstandorte – zwischen Protest und guter Nachbarschaft?“
beschäftigte sich dabei allgemein mit der Wirkung von Militärstandorten
auf ihre Umgebung, mit einem besonderen Schwerpunkt auf Perspektiven
von Widerstand.
Mickan zeigte zuerst, welche militärische Rolle das AFRICOM in
Stuttgart ausfüllt und verwies dabei darauf, dass diese
US-Kommandozentrale neben dem geplanten Drohnenkrieg etwa in Somalia
auch für alle Militäreinsätze in Afrika und vor allem auch für die
Ausbildung afrikanischer Streitkräfte zuständig sei. Dazu würden auch
zahlreiche Großübungen wie Obangame Express, Operation Flintlock oder
Southern Accord gehören, bei denen auch die Bundeswehr immer wieder
anwesend sei. Den Schwerpunkt seiner Ausführungen bildete jedoch die
Zusammenarbeit zwischen den US-Militärstrukturen, den bundesdeutschen
Behörden und der Bundeswehr. Es müsse dabei von einer regen Kooperation
auch auf lokaler Ebene ausgegangen werden. Dies betreffe
neben zahlreichen gemeinsamen Veranstaltungen auf amtlicher Ebene auch
symbolische Akte, wie der Eintrag der US-Kommandeure in das Goldene Buch
der Stadt Stuttgart. Ziel der weiteren Auseinandersetzungen in
Stuttgart könne es daher sein, gezielt das politische Kapital
anzugreifen, das aus der Kooperation geschlagen werde. Dabei könne es
auch helfen, die US-Militärstützpunkte nicht auf ihre militärische
Funktion zu reduzieren, sondern durchaus das Leben auf den Stützpunkten
mitzudenken, das aber selbst militärischen Imperativen unterliege.
Mickan
betonte, es könne dabei bereits auf eine jahrzehntelange Kultur des
Widerstandes zurückgegriffen werden, die sich gegen das ebenfalls in
Stuttgart gelegene EUCOM gerichtet habe. Durch die Enthüllungen
bezüglich der Rolle des AFRICOM im letzten Jahr sei ein neues
Widerstandsmoment in der Stadt Stuttgart entstanden, um gegen die
militärischen Liegenschaften der US-Armee und der Bundeswehr aktiv zu
werden und vor allem die umfangreiche Kooperation widerständig zu
adressieren. Im kommenden Jahr seien dafür weitere zahlreiche Aktionen
und Veranstaltungen geplant, mit dem langfristigen Ziel, die
militärischen Landschaften zu entmilitarisieren. In der nachfolgengen
Diskussion konnten noch zahlreiche weitere Aspekte ergänzt werden, wie
etwa die Rolle der US-Panzerkaserne in Böblingen, die ebenfalls der
Militärregion Stuttgart zuzurechnen ist.
An
die Ausführungen von Mickan anschließend kam Drücke auf den Standort
der Deutsch-Niederländischen Brigade in Münster zu sprechen. Bereits vor
der Entstehung dieses multinationalen Standortes habe die Bundeswehr
vor Ort aktiv an eine unselige militärische Geschichte angeknüpft, die
von der Wehrmacht und den deutschen Kolonialtruppen begründet wurde.
Zahlreiche militaristische Denkmäler würden deshalb die Straßen Münsters
pflastern und es herrsche eine lebendige militaristische Gedenkkultur.
Hiergegen sei nicht zuletzt mit künstlerischen Gegenmaßnahmen
vorgegangen worden. Obgleich es also eine jahrelange Tradition in
Münster auch auf Seiten des Widerstandes gebe, betonte Drücke, dass hier
noch weitere Mobilisierung nötig sei, um der Aufwertung des Standortes
durch die dort angesiedelte neuen NATO-Speerspitze zu begegnen. Dieser
komme eine zentrale Rolle bei der künftigen NATO-Kriegsplanung zu und
sie müsse demzufolge auch noch stärker in den Fokus von Kritik und
Protest genommen werden. Besondere Lebendigkeit erlangten die
Ausführungen Drückes durch die zahlreichen Anekdoten und Geschichten von
Widerständigkeiten, deren Erinnerung auch die militärischen
Landschaften durchschreiten helfen.
Das nächste Panel mit Vorträgen widmete sich unter dem Titel „Waffenproduktion zwischen Moral und Arbeitsplatz“ der Verortung von Protest an Standorten der Rüstungsproduktion. Exemplarisch behandelten der IMI-Beirat Michael Schulze von Glaßer und Claudia Haydt aus dem Vorstand der IMI
die verschiedenen Protestbewegungen in Kassel (Produktion von Panzern)
und Friedrichshafen (Produktion von Motoren, Getrieben und
Luftschiffen/Flugzeugen).
Industrielle
Rüstungsproduktion gehe in beiden Städten bis ins Kaiserreich zurück.
Bis heute seien Kassel und Friedrichshafen Produktionsstätten
wesentlicher Komponenten oder kompletter Rüstungsgüter, hätten also eine
systemische Bedeutung. Seit der Ansiedlung der Firmen Henschel und
Wegmann würden in Kassel nicht nur Eisenbahnwaggons und Lokomotiven
produziert, sondern auch sämtliche Panzer des Wegmann-Konzerns, unter
anderem die „Tiger“-Panzer, die Nazi-Deutschland im Zweiten Weltkrieg
eingesetzt habe. Aktuell würden die „Leopard“-Panzer einen wesentlichen
Teil der Waffenproduktion in Kassel ausmachen. Das Großunternehmen
(„Krauss-Maffei-Wegmann“) befinde sich noch in Familienbesitz. Die
angekündigte Fusion mit dem französischen „Nexter“-Konzern und die
Überführung in ein Unternehmen nach französischem Recht dürfte unter
anderem dazu dienen, die (formal) strengeren deutschen
Rüstungsexportbestimmungen umgehen zu können.
Protest
in Kassel gegen die Rüstungsschmiede sei früher wie heute hauptsächlich
mit der Uni Kassel (AG Friedensforschung, geleitet von dem leider
jüngst verstorbenen Peter Strutynski) verbunden und im Umfeld der
‚documenta‘ entstanden. Seit den 1970er und 1980er Jahren hätte es
vielfältige und kreative Aktionen gegeben. In Kassel seien die
Rüstungsbetriebe über das Stadtgebiet verteilt. Während die eigentlichen
Produktionsstandorte noch gut erkennbar und bekannt seien, hätten sich
in den letzten Jahren die Planungs- und Entwicklungsabteilungen
dezentral und häufig in Gewerbegebieten angesiedelt. Dort teilten sie
sich Gebäude und Flächen mit rein zivilen Firmen und hätten oft
Firmennamen, die keinen Zusammenhang mit Waffenproduktion erkennen
ließen. Dabei sei charakteristisch, dass städtische Öffentlichkeit und
örtliche Gewerkschaften (v. a. IG Metall) der regionalen
Friedensbewegung in der Regel ablehnend gegenüberstünden. Selbst wenn
die SPD-Spitze (wie zuletzt Wirtschaftsminister Gabriel) sich nach außen
hin kritisch zu Rüstungsexporten (wie dem von Panzern nach
Saudi-Arabien) äußern würden, seien lokale Gewerkschaften/Betriebsräte
nicht für einen Schulterschluss mit der Friedens-/Antikriegsbewegung zu
gewinnen. Das Arbeitsplatz-Argument verhindere regelmäßig ein
Zusammengehen.
Die
Industrialisierung in Friedrichshafen sei mit den Namen Zeppelin, ZF
und MTU verbunden. Der Bau von Zeppelinen sei von Anfang an ein
Rüstungsprojekt gewesen. Das Firmenkonglomerat und die am Nordufer des
Bodensees entstehenden Zulieferbetriebe bildeten seither – trotz
Diversifizierung und mancher ziviler (Neben-) Produkte – einen
zusammenhängenden Komplex der Rüstungsindustrie. Die Stadt
Friedrichshafen sei im Frühjahr 1944 durch alliierte Luftangriffe
weitgehend zerstört worden, nicht jedoch die Rüstungs- und
Industriebetriebe. Nach dem Zweiten Weltkrieg wären – ein singulärer
Vorgang – die Rüstungsbetriebe in kommunales Eigentum der Stadt
Friedrichshafen überführt worden, um einer Enteignung durch die
französische Besatzungsmacht zuvor zu kommen. Seither bestünde für die
Stadt rein rechtlich die Möglichkeit, über ihren Eigentumstitel Einfluss
auf die Produktion zu nehmen und militärische Güter – zumindest
perspektivisch – aus der Produktpalette herauszunehmen. Davon könne
jedoch keine Rede sein. Abgesehen von den Steuereinnahmen durch
Waffenproduktion seien vielfältige soziale Leistungen der Kommune von
Einrichtungen der Zeppelin-Stiftung abhängig. So bestehe ein enges
Geflecht von Bildungs-, Kultur- und anderen Einrichtungen – unter
anderem im Gesundheits- und Pflegebereich –, die ohne die
Zeppelin-Stiftung nicht oder zumindest nicht so wie bisher funktionieren
könnten.
Entsprechend
schwierig gestalte sich die Organisation von Protest am Bodenseeufer.
Ungeachtet der Abhängigkeit bei Sozialeinrichtungen, erschwerten zwei
weitere Faktoren die Mobilisierung von Protest: Anders als in Kassel
würden in Friedrichshafen eben nicht große und schwere Waffen
produziert, sondern Komponenten. Diese Teile seien zwar essentiell für
das Funktionieren der Waffensysteme, in die sie verbaut werden (z. B.
Motoren und Getriebe). Doch seien diese Produkte nur ein Teil der
Produktion, d. h. die sie herstellenden Firmen seien eben keine reinen
Rüstungsbetriebe. Die Grenzen von „zivil“ und „militärisch“
ausgerichteter Produktion ließen sich also nicht scharf bestimmen. Hinzu
komme, dass auch die in der Region einflussreichen Kirchen zumindest in
der Vergangenheit – bis auf wenige Ausnahmen einzelner mutiger
Kirchenleute – keine klar ablehnende Haltung gegenüber der
Rüstungsproduktion eingenommen haben.
Die Abschlussveranstaltung „Widerstand. Erfolgreicher Protest braucht mehr als Demonstrationen“
widmete sich im ersten Teil verschiedenen Protestformen und
Widerstandsstrategien, die IMI-Aktivistin Jacqueline Andres am Beispiel
der Bewegung No MUOS auf Sizilien aufzeigte.
Der Widerstand von
No MUOS richte sich gegen die US-amerikanische Militärinstallation
„Naval Radio Transmitter Facility“ (NRTF), wo seit 1991 46 High
Frequency Antennen in Betrieb sind und das US Militär nun auch noch
das bereits errichtete Mobile User Objective System (MUOS) aktivieren
will. Das MUOS solle die Datenübertragungskapazität um ein Zehnfaches
erhöhen und somit den Einsatz von Drohnen erleichtern und zugleich eine
stabile Kommunikation zwischen allen global verteilten
US-Militäreinheiten ermöglichen. Durch vielfältigen Widerstand hätten
die Bewohner_innen vor Ort die Inbetriebnahme des Kommunikationssystems
MUOS zu verhindern versucht.
Die
Antennen und das MUOS würden schwere ökologische, gesundheitliche,
psychosoziale sowie wirtschaftliche Schäden für die Region verursachen.
Eine maßgebliche Rolle in der Entstehung und Mobilisierung der No MUOS
habe die umfassende Recherche und Aufklärung zur Bedeutung und den
Auswirkungen der Militärinstallation gespielt. Die Ergebnisse dienten
auch der rechtlichen Anfechtung des MUOS, welche von in die Bewegung
eingebundenen Anwält_innen vorangetrieben werde. Abgesehen von der
rechtlichen Auseinandersetzung, widersetzen sich die Aktivist_innen auch
durch großangelegte Informationskampagnen und durch direkte Aktionen
der Militärinstallation: In den Jahren 2013 und 2014 hätte No MUOS wiederholt die Zufahrt zum NRTF blockiert und die Militärantennen besetzt.
Direkte Aktionen würden von Einzelpersonen oder in größeren Gruppen
durchgeführt. Die jährlich organisierten Protestcamps würden große
Massenaktionen und Vernetzung erlauben, durch die neue Ideen und
Solidarität von außen ermöglicht würden. Ein wichtiger Ansatz der No
MUOS sei zudem die Verknüpfung von verschiedenen lokalen politischen
Kämpfen, wie u.a. Antikapitalismus, Umweltschutz, Antimilitarismus,
Mafiakritik und Antirassismus.
Die
wiederholten Störungen des Betriebes der Militäranlagen sowie die
dadurch beigefügten ökonomischen Schäden hätten die US Militärs zur
Erwägung veranlasst, das MUOS aus Sizilien zu verlegen. Ein Erfolg sei
auch der Einfluss der Bewegung No
MUOS auf Sardinien: sardische Aktivist_innen hätten die zuerst gegen
das MUOS angewandte Aktionen auf ihre Insel übertragen. Auf Sardinien
richte sich der antimilitaristische Widerstand vor allem gegen die
vielzähligen Truppenübungsplätze. Allein 60% aller italienischen
Übungsgelände seien auf Sardinien verortet, wo laut Aktivist_innen an
300 Tagen im Jahr zu Land, Luft oder See der Krieg geübt werde. Auch
NATO-Mitgliedsstaaten und die private Waffenindustrie dürften die
Gelände nutzen. Seit September 2014 fänden vermehrt Demonstrationen
gegen die Militarisierung Sardiniens statt. Aus der Aktionsform der
Demonstrationen seien Zufahrtsblockaden und die gezielte Störung von
Manövern geworden. Dies habe die italienische Luftwaffe dazu veranlasst,
die geplanten Übungen auf Sardinien im Rahmen des Großmanövers Trident
Juncture 2015 zunächst nach Sizilien zu verlegen, da nicht die
notwendigen Rahmenbedingen für einen ungestörten Ablauf der Übung
bestanden hätten. Als die Übungen dennoch auf Sardinien stattfanden,
hätte sich eine Gruppe von Protestierenden Zugang zu dem Übungsgelände
verschafft und die NATO somit gezwungen, ihre Manöver zu unterbrechen.
Trotz der starken staatlichen Repression plane die Koordinierungsgruppe
No basi né qui né altrove (Keine Basis – weder hier und anderswo) weitere Proteste und versuche durch stetiges Stören zu einer Demilitarisierung der Insel beizutragen.
In
dem zweiten Teil der Abschlussveranstaltung äußerte Tobias Pflüger sich
zunächst zur aktuellen Situation nach den Anschlägen in Paris, um die
absehbaren Konsequenzen in seine Thesen zum Kongressmotto und dem
notwendigen Protest und Widerstand einzubinden.
Durch Hollandes Erklärung, es handele sich bei den Anschlägen um einen von außen vorbereiteten Kriegsakt, sei der Boden für eine mögliche Ausrufung des Bündnisfalls
geschaffen. Dies könne, wie im Falle nach dem 11. September 2001, eine
Kriegsaktion in Gang setzen, ohne dass klar sei, wer genau die Anschläge
verübt habe und gegen wen die Offensive geführt werde. Auch bei
Betrachtung der Reaktionen nach den Anschlägen falle auf, inwiefern sich
undifferenziert mit dem französischen Staat an sich solidarisch erklärt
werde. Gleichzeitig werde von rechts eine gefährliche Verbindung
zwischen Terrorismus und den über die Balkanroute kommenden Flüchtlinge
kreiert, obwohl letztere vor dem Terror fliehen würden. Beteiligt an
einem solchen rechten Diskurs, in dem Flüchtlinge als Feindbilder
stilisiert würden, seien in Deutschland gleichermaßen Pediga, AfD und
CSU.
Tobias Pflügers grundlegende These zum Kongress bestand darin, dass die aktuelle Militarisierung weniger offensichtlich, aber
tiefgreifender als bisher sei, wodurch es auch schwieriger werde, gegen
sie vorzugehen, als gegen eine spürbare und sichtbare Militarisierung.
Zwar sei in den 1980er Jahren mehr Militär auf den Straßen gefahren,
d.h. das Militär wäre sichtbarer gewesen, aber die Aktivitäten der
Bundeswehr seien heute vielzähliger und komplexer: Es finde eine
Aufrüstung Richtung Osten statt, die Rüstungsexporte stiegen an, die
Auslandseinsätze der Bundeswehr nähmen zu und immer häufiger finde eine
Kriegsführung über Deutschland (u.a. über Rammstein und Spangdahlem)
statt. Gleichzeitig sei es schwieriger, der Gesellschaft diese
militärischen Aktivitäten zu vermitteln. Dies betreffe auch die
Auslandseinsätze, bei denen es sich häufig um Ausbildungseinsätze
anstelle von Kampfeinsätzen handele, welche noch weniger in der
Öffentlichkeit bekannt und als Besatzungseinsätze erkannt würden.
Bei
genauer Betrachtung der stattfindenden Militärübungen und Operationen
mit Bundeswehrbeteiligung würden herrschende Feindbilder und
tatsächliche Motive sichtbar: Zum Beispiel diene die Mission EUNAVFOR MED offiziell dem Schutze der Flüchtlinge gegen die Schleppernetzwerke, doch stehe dies im starken Widerspruch zueinander. Denn, wie etwa PRO
Asyl es formuliert habe, Krieg gegen Schlepper zu führen heiße
zwangsläufig auch, Krieg gegen Flüchtlinge zu führen. Um Flüchtlingen zu
helfen, was die vermeintliche Absicht der Mission sei, sollten Fähren
statt Frontex eingesetzt werden. Es sei zwingend, eine solche falsche
Darstellung aufzudecken und aufzuklären, um gegen die wenig sichtbare
Militarisierung vorzugehen. Es müsse klar gesagt werden, dass es bei den
militärischen Einsätzen oft konkret um den Zugang zu Rohstoffen gehe,
wie die Bundeswehr es mittlerweile in einem Spot selbst ausdrücke.
Diversifizierter Widerstand gegen diese Militarisierung sei
komplizierter doch auch notwendiger als bisher.
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