„Ministerpräsident Costa hatte am vergangenen Freitag mit seinem Rücktritt gedroht, da CDU und Linksblock am Vortag in einer Kommission des Parlaments mit der rechten Opposition dafür gestimmt haben, die zentrale Forderung der Lehrergewerkschaften in einem Gesetz umzusetzen. Das sieht vor, dass die Anpassung der Lehrergehälter an das Dienstalter nachträglich vorgenommen wird. Mehr als neun Jahre sie eingefroren und die Lehrer hatten immer wieder, angesichts der guten Wirtschaftslage, massiv für die Lohnanpassung massiv gestreikt. Erreicht hatten sie schon, dass drei Jahre des Dienstalters wieder in die Gehälter einbezogen wurden. Wegen angeblich zu hoher Kosten stemmt sich Costa und seine PS aber gegen die Forderung. Sie glauben, Staatsausgaben würden explodieren. Eine Verabschiedung würde “die Regierung dazu zwingen, ihren Rücktritt einzureichen”, drohte deshalb Costa auf einer Pressekonferenz. Die Annahme stelle einen “irreparablen Bruch” mit der Verpflichtung eines ausgeglichenen Haushalts dar und würde damit die “internationale Glaubwürdigkeit beschädigen”, fügte er an. Das eigentliche Problem seien nicht die Lehrergehälter, sondern die Costa-Regierung fürchtet angeblich, dass dann auch andere Gruppen im öffentlichen Dienst entsprechende Forderungen stellen würden. Für den portugiesischen Finanzminister Mário Centeno werde mit dem Gesetz “die Büchse der Pandora” geöffnet. Centeno wurde einst schwer gescholten, weil er Portugal mit leisen Reformschritten aus dem absurden Austeritätskurs geführt hatte (…) Genaue Zahlen gibt es nicht, aber Centeno schätzt, dass die Ausgaben für die Anpassung der Lehrergehälter etwa auf 800 Millionen Euro steigen würden. Das wären etwa 0,2% des Bruttosozialprodukts. Damit rechnet er die Ausgaben vermutlich künstlich hoch. Auch der Finanzminister rechnet nur damit, dass mit der Anpassung aller Gehälter der “speziellen Berufe”, zu denen auch Richter, Polizisten und Militär gehören, die Mehrausgaben auf gut eine Milliarde steigen würde, etwa 0,25% des BIP. Das als riesiges Problem und Büchse der Pandora zu bezeichnen, ist übertrieben. Auch das ist eher eine Anpassung an den Brüsseler Sprachgebrauch und die übliche Panikmache, die von Austeritätsfanatikern dort bekannt ist. So hatte der frühere Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble einst prognostiziert, Portugal würde erneut ein Rettungsprogramm brauchen, wenn es die Austeritätspolitik aufgibt. Das Gegenteil war der Fall…“ – aus dem Beitrag „Es knirscht in der portugiesischen Linksregierung“ von Ralf Streck am 09. Mai 2019 bei telepolis über die aktuelle Regierungskrise in Portugal. Siehe zur aktuellen Entwicklung in Portugal auch einen Beitrag über die Mobilisierung im gesamten öffentlichen Dienst und einen Kommentar zur Minderheitsregierung angesichts dieser Bewegung:
- „Trabalhadores da Administração Pública saem à rua esta sexta-feira“ am 09. Mai 2019 bei Abril Abril ist ein Beitrag über die Mobilisierung des öffentlichen Dienstes in Portugal am 10. Mai (mit einer zentralen Demonstration der Hauptstadt), die – wie die Bewegung an den Schulen – das Ende der „eingefrorenen“ Gehälter (und eine entsprechende Nachzahlung?) fordern.
- „O diabo afinal chegou (e foi-se embora) „ von Francisco Louçã am 09. Mai 2019 im Esquerda.net ist ein Kommentar des Abgeordneten des Linksblocks (BE) über die Parteien der rechten Opposition, die die sozialdemokratische Minderheitsregierung die ganze Zeit verteufelt hätten, weil sie keinen Kurs der Austerität verfolge, und die jetzt feststellen mussten, dieser Teufel sei gar keiner, sondern betreibe auch Kürzungen gegen die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes…
- Siehe dazu zuerst: „9 Jahre ohne Lohnerhöhung an Portugals Schulen gearbeitet: Sozialdemokratische Regierung findet Bündnispartner gegen Ausgleichszahlungen. Die rechte Opposition“ am 08. Mai 2019 im LabourNet Germany
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