Gestern erschien der Weltbericht der UNO zum Artensterben, für den 145 Autoren aus 50 Ländern drei Jahre lang Ergebnisse zusammentrugen. Von acht Millionen Tier- und Pflanzenarten sind bis zu einer Million vom Aussterben bedroht.
Von lg
Das Ausmaß des Artensterbens war in der Geschichte der Menschheit noch nie so groß. Seit 1900 sind die Arten, die auf dem Land leben, um mindestens 20 Prozent zurückgegangen. Von den Feuchtgebieten auf der Erde sind bereits 85 Prozent zerstört. Mehr als 40 Prozent der Amphibienarten, mehr als 30 Prozent der Korallenriffe sowie mehr als ein Drittel aller Meeressäuger sind in Gefahr.
Biologische Lebensgrundlage der Menschheit
Das dramatische Artensterben ist über vielerlei Wege mit der menschlichen Existenzgrundlage verbunden. „Artenvielfalt ist das Immunsystem unseres Planeten“, so Felix Prinz zu Löwenstein, Vorsitzender des Bunds Ökologische Lebensmittelwirtschaft. Im Buch „Katastrophenalarm! Was tun gegen die mutwillige Zerstörung der Einheit von Mensch und Natur?“ wurde das bereits wissenschaftlich fundiert.
Die Biodiversität bildet demnach „in ihrer Gesamtheit … die biologische Lebensgrundlage der Menschheit. Das ist vor allem auf zwei Gründe zurückzuführen: 1. Die Verwertung von Tieren und Pflanzen und die Nutzung ihrer Leistungen ist eine Grundbedingung der Produktion und Reproduktion des menschlichen Lebens. 2. Die relative Stabilität und Plastizität der Ökosysteme, von deren Funktionsfähigkeit letztlich auch die Lebensbedingungen der Menschen abhängen, ist vielfach auf die große Mannigfaltigkeit der Pflanzen- und Tierwelt zurückzuführen.“ (S.142)
Pflanzen, Tiere und Menschen betroffen
Die Ursachen des fortgesetzten Artensterbens bei Pflanzen und Tieren betreffen den Menschen genauso: Mittlerweile kann auf mehr als 20 Prozent des Landes auf der Erde nichts mehr angebaut werden, weil die Böden aufgrund von Überausbeutung zerstört sind. Das raubt Menschen wie Tieren die Lebensgrundlage. 100 Millionen Hektar Regenwald, der eigentlich als Kohlenstoffspeicher der Erde gebraucht wird, sind zwischen 1980 und dem Jahr 2000 zerstört worden.
Svenja Schulz, deutsche Umweltministerin, gibt sich erschrocken: „Die Lage ist ernst.“ Geflissentlich schweigt sie sich darüber aus, dass die Lage auch in Deutschland ernst ist und alle Bundesregierungen der letzten Jahre und Jahrzehnte dafür eine maßgebliche Verantwortung tragen. In Deutschland ist knapp ein Drittel der in den bundesweiten Roten Liste erfassten Arten gefährdet oder bereits ausgestorben.
"Die Menschheit" schuld?
Zu den Ursachen verwischt der UN-Bericht die Spuren, indem er "die Menschheit" für das verheerende Artensterben verantwortlich macht. Es ist aber die kapitalistische Produktion, die zu drastischen Fehlentwicklungen im Verhältnis der Menschen mit der Natur, zu einer Deformation der Produktions- und Lebensweise geführt hat.
Noch kein Umweltminister hat es gewagt, sich mit internationalen Übermonopolen wie Bayer anzulegen. Erst vor kurzem spielte die deutsche Bundesregierung eine unrühmliche Rolle bei der Verhinderung eines Verbots des giftigen Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat, das von der Bayer-Tochter Monsanto hergestellt wird. Zur Verantwortung der Chemiemonopole für das Artensterben heißt es im oben genannten Buch:
„Internationale Agrar- und Chemiemonopole wie Monsanto, Bayer, BASF, DuPont oder Syngenta treiben diese Entwicklung skrupellos auf die Spitze, indem sie sich bestimmte gezüchtete Lebensformen und Kultursorten patentieren lassen, um damit Maximalprofite zu erzielen.“ (S.148) In grenzenloser Dreistigkeit feiern sie diese Patente noch als „Grüne Gentechnik“ mit dem heiligen Zweck, den Welthunger zu überwinden. Halleluja.
UN-Bericht bestätigt Buch "Katastrophenalarm! ..."
Der UN-Bericht bestätigt wesentliche Grundaussagen von Stefan Engel. Von verschiedenen bürgerlichen Wissenschaftlern wird einseitig die Klimafrage hervorgehoben, um gleichzeitig die universellen Wechselwirkungen der umweltzerstörerischen Maßnahmen außer acht zu lassen.
Neben dem Artensterben und der Zerstörung regionaler Ökosysteme wirken aber weitere acht Hauptfaktoren des Übergangs in eine globale Umweltkatastrophe: die Zerstörung der Ozonschicht, die beschleunigte Vernichtung der Wälder, die heraufziehende Weltklimakatastrophe, die deutliche Zunahme regionaler Umweltkatastrophen, die drohende Gefahr umkippender Weltmeere, der rücksichtslose Raubbau an den Naturstoffen, Vermüllung, Vergiftung und Verschmutzung sowie die unverantwortliche Nutzung der Atomenergie.
Destruktive Wechselwirkung
Stefan Engel schrieb dazu: „Jeder einzelne der Hauptfaktoren, die den Übergang zu einer globalen Umweltkatastrophe beschleunigen, hätte bereits existenzielle Folgen für die Menschheit, wenn er auf die dargestellte Weise und ungebremst weiterwirken kann. Doch zwischen den verschiedenen Hauptfaktoren besteht zusätzlich eine destruktive Wechselwirkung, die zu ihrer Verstärkung, ja teilweise Potenzierung führen muss.“ („Katastrophenalarm! …“, S. 193)
Die Forscher der Studie betonen beispielsweise, dass die Veränderungen des Weltklimas eine entscheidende und eine wachsende Rolle beim Artensterben hat. So blühen Pflanzen deshalb zu anderen Zeitpunkten als früher, was sich negativ auf den Rhythmus der Insekten auswirkt. Hubert Weiger, Chef des BUND: „Die Zerstörung der biologischen Vielfalt betrifft die Menschheit mindestens so sehr wie die Klimakrise.“ (Spiegel Online, 7.5.19)
Sofortmaßnahmen - aber wie?
Der Leiter der Studie, Robert Watson, wendet sich zugleich gegen Pessimismus. Es sei noch nicht zu spät für Gegenmaßnahmen, „aber nur, wenn wir sofort auf allen lokalen bis globalen Ebenen damit beginnen“. Es ist nicht zu erwarten, dass irgendeine der sich nach rechts entwickelnden Regierungen weltweit unter der Diktatur der Monopole damit sofort beginnen wird. Leider ist sogar das Gegenteil der Fall.
Notwendig ist ein weltweiter Massenwiderstand zur Rettung der Umwelt vor der Profitwirtschaft. Nur auf diesem Weg können wirksame Sofortmaßnahmen wie der Stopp der fortschreitenden Zersiedelung der Landschaft und der Überfischung der Meere oder ein allgemeines Verbot der Einleitung von Schadstoffen in Böden, Wasser oder Luft durchgesetzt werden.
Gesellschaftsverändernder Kampf nötig
Vor allem gilt es, den Kampf dafür als Schule eines gesellschaftsverändernden Kampfs für vereinigte sozialistische Staaten der Welt zu führen.
Mit Hilfe einer umfassenden Kreislaufwirtschaft in Industrie und Handel, einer ökologisch und multifunktional ausgerichteten Landwirtschaft sowie einer gesamtgesellschaftlichen und vorausschauenden Städte- und Landschaftsplanung könnte weltweit planmäßig die Einheit von Mensch und Natur gefestigt, wiederhergestellt und höherentwickelt werden.
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