Seit vielen Jahrzehnten schon haben die statistischen Untersuchungsorgane herausgefunden, dass Wahlplakate die Entscheidung der Wählerinnen und Wähler überhaupt nicht / gar nicht / keinesfalls / nur in ganz geringem Maße / (Zutreffendes bitte ankreuzen) beeinflussen.
Dennoch werden wir vor jeder Wahl mit bunten Pappplakaten (das Wort galt früher als klassisches Beispiel des dreifachen, aber falschen p) konfrontiert. Für die Europawahl sollen Fotos und Namen suggerieren: Du kennst diejenige und denjenigen, der für dich seinen Rüssel in Brüssel platziert. Europa ist nämlich nicht anonym! (Das Ausrufezeichen muss hier stehen, weil dieses Druckzeichen das Wichtigste in jedem Wahlkampf ist. Da kommen wir noch darauf zurück. Wir kommen!!)
Drum: Namen unter bunten Fotos müssen sein. Vielleicht nicht gleich so, wie es die Satirevereinigung PARTEI anbietet: »Sonneborn, Semsrott, Bombe, Krieg, Göbbels, Göring, Speer, Bormann, Eichmann, Keitel, Heß, [Stauffenberg]«. Man muss derlei Namensträger aber erst mal finden – und sie dann noch überzeugen, sich auf die Wahlliste setzen zu lassen.
Da sind Doppelnamen dann doch viel einfacher zu haben, wie Steffen Straube-Kögler, Anna Deparnay-Grunenberg, Özlev Alev Demirel oder auch Walburga Freifrau von Lerchenfeld. Leider ist mit solchen Kennungen schon viel zu viel Platz auf dem Plakat besetzt – den braucht man aber für markige Einwortsätze und Dreinschlagzeilen.
Die AfD brüllt im neidischen Kasernenhofton: »Unser Geld für alle? – Geht’s noch, Brüssel!« Von der Partei III. Weg, die in den meisten Medien »Kleinpartei«, warum auch immer, heißt, wird auch mal »Europa erwache!« gerufen. Die SPD sagt uns ganz geschwind: »#Europaistdieantwort«. Nö, Fragen muss man dann nicht stellen.
Die Grünen wollen sprachlich korrekt agitieren: »Freiheit, Gleichheit, Schwesterlichkeit«. Müsste es dann aber nicht »Geschwisterlichkeit« heißen? Die FDP will »Europas Chancen nutzen!« Das wollen die Grünen aber auch, oder?
Fast originell wirkt diese Wortansammlung: »Verbrechen, Kinderklau, Polizeigewalt, Geheimdienste, Korruption Psychiatrie, Finanzamt, Tierquälerei« – und als Zusammenfassung: »CDU wählen ist ein Verbrechen« - leider auch nur eine ganz hübsche Fälschung.
Ist es nicht aber wirklich ein Verbrechen an der Sprache, gänzlich ohne Nebensätze zu agitieren? Gewiss, Plakate sind wohl plakativ, aber muss deshalb die Sprache auch so klingen, als würden ständig Befehle an die Welt gegeben? Als würden deutsche Schäferhunde Europa verbellen?
Auch die LINKE will mit – immerhin – Vier- bis Sechswortbotschaften überzeugen: »Flüchtlinge schützen, nicht ertrinken lassen«, »Mehr Lohn, mehr Rente, Armut bekämpfen!« »Mehr Demokratie durch Volksentscheide!« Sind die letzten beiden Losungen nicht aber auch im Arsenal zahlreicher anderer Parteien?
Wirkliche Einwortbotschaften heißen »Zusammenhalt!« oder »Sicherheit!«. Welche Partei will damit reüssieren? Im ersten Fall die SPD, im zweiten die CDU. Selbstverständlich ist auch die SPD für Sicherheit und die CDU für Zusammenhalt. »Für ein starkes Europa – Axel Voss«. Wer will Axel Voss (CDU) da eigentlich widersprechen?
Die MLPD wirbt mit einem guten alten Spruch: »Proletarier aller Länder, vereinigt Euch«. Man wagt dann gar nicht zu fragen, welche Proletarier aus welchen Ländern sich da wohl vereinigen sollen? Diejenigen, die neuerdings von Orban und Geert Wilders, von Meuthen und Salvini angesprochen werden?
Ganz originell ist ebenfalls »Stop! Vorsicht!! Falle!! Hier verbirgt sich gefährliche politische Gesinnung!!!« Das aber haben Aktivisten im Sinne der eingangs erwähnten Satire-PARTEI auf echte Plakate geklebt und setzen damit die Ausrufezeichen-Aktion der Originalparteien fort. Immerhin schaffen es damit neun Wörter auf acht Ausrufezeichen.
Die Vormachtstellung des deutschen Ausrufezeichens wird nämlich bei fast jedem Wahlplakat deutlich. Wir kommen gern ein drittes und abschließendes Mal genau darauf zurück, damit auch der letzte Dödel schnallt, was und wie wir’s meinen!!!
Wenn das Wahlplakat mit einer kleinen Zeichnung geschmückt wird, wie 2016 in Münchner Wahlkampf geschehen, kann eine etwas vorsichtige Botschaft dann wirklich richtig deutlich werden: »Schluss mit der Schwulen- und Lesbenförderung!« – Darunter agieren zwei Strich-Figuren a Tergo.
Bleiben wir beim Geschlechterkampf: Das Bild einer CDU-Kandidatin wird untertitelt: »Unser Mann für Europa«. Sprachkorrekt wäre selbstverständlich: »Unsere Frau/ Unser Mann/ Unser divers für Europa«, aber der Plakatplatz, der gute knappe Plakat-Platz!
Mit einem Bierglas in der Hand darf ein FDP-Kandidat auch verkünden »SAUF IHR WOHL!« – nein, natürlich habe ich das »S« von irgendeinem bösen Wahlplakatverunzierer übernommen. Im Übrigen sind alle Sprüche mit einem bis fünf Ausrufezeichen gekennzeichnet. Hör zu! Du!! Wähler!!! Ich sag‘s dir noch ganz friedlich!!!! Wenn ich erst die Macht habe, hast du zu parieren wie eine Kompanie, ein Regiment, wie Armeen von Ausrufezeichen!!!!!
Darum plädiere ich für eine wirkliche kurze Wahlbotschaft:
Aaaach-Tung!!!!! Stiiistannn!!!!
Dennoch werden wir vor jeder Wahl mit bunten Pappplakaten (das Wort galt früher als klassisches Beispiel des dreifachen, aber falschen p) konfrontiert. Für die Europawahl sollen Fotos und Namen suggerieren: Du kennst diejenige und denjenigen, der für dich seinen Rüssel in Brüssel platziert. Europa ist nämlich nicht anonym! (Das Ausrufezeichen muss hier stehen, weil dieses Druckzeichen das Wichtigste in jedem Wahlkampf ist. Da kommen wir noch darauf zurück. Wir kommen!!)
Drum: Namen unter bunten Fotos müssen sein. Vielleicht nicht gleich so, wie es die Satirevereinigung PARTEI anbietet: »Sonneborn, Semsrott, Bombe, Krieg, Göbbels, Göring, Speer, Bormann, Eichmann, Keitel, Heß, [Stauffenberg]«. Man muss derlei Namensträger aber erst mal finden – und sie dann noch überzeugen, sich auf die Wahlliste setzen zu lassen.
Da sind Doppelnamen dann doch viel einfacher zu haben, wie Steffen Straube-Kögler, Anna Deparnay-Grunenberg, Özlev Alev Demirel oder auch Walburga Freifrau von Lerchenfeld. Leider ist mit solchen Kennungen schon viel zu viel Platz auf dem Plakat besetzt – den braucht man aber für markige Einwortsätze und Dreinschlagzeilen.
Die AfD brüllt im neidischen Kasernenhofton: »Unser Geld für alle? – Geht’s noch, Brüssel!« Von der Partei III. Weg, die in den meisten Medien »Kleinpartei«, warum auch immer, heißt, wird auch mal »Europa erwache!« gerufen. Die SPD sagt uns ganz geschwind: »#Europaistdieantwort«. Nö, Fragen muss man dann nicht stellen.
Die Grünen wollen sprachlich korrekt agitieren: »Freiheit, Gleichheit, Schwesterlichkeit«. Müsste es dann aber nicht »Geschwisterlichkeit« heißen? Die FDP will »Europas Chancen nutzen!« Das wollen die Grünen aber auch, oder?
Fast originell wirkt diese Wortansammlung: »Verbrechen, Kinderklau, Polizeigewalt, Geheimdienste, Korruption Psychiatrie, Finanzamt, Tierquälerei« – und als Zusammenfassung: »CDU wählen ist ein Verbrechen« - leider auch nur eine ganz hübsche Fälschung.
Ist es nicht aber wirklich ein Verbrechen an der Sprache, gänzlich ohne Nebensätze zu agitieren? Gewiss, Plakate sind wohl plakativ, aber muss deshalb die Sprache auch so klingen, als würden ständig Befehle an die Welt gegeben? Als würden deutsche Schäferhunde Europa verbellen?
Auch die LINKE will mit – immerhin – Vier- bis Sechswortbotschaften überzeugen: »Flüchtlinge schützen, nicht ertrinken lassen«, »Mehr Lohn, mehr Rente, Armut bekämpfen!« »Mehr Demokratie durch Volksentscheide!« Sind die letzten beiden Losungen nicht aber auch im Arsenal zahlreicher anderer Parteien?
Wirkliche Einwortbotschaften heißen »Zusammenhalt!« oder »Sicherheit!«. Welche Partei will damit reüssieren? Im ersten Fall die SPD, im zweiten die CDU. Selbstverständlich ist auch die SPD für Sicherheit und die CDU für Zusammenhalt. »Für ein starkes Europa – Axel Voss«. Wer will Axel Voss (CDU) da eigentlich widersprechen?
Die MLPD wirbt mit einem guten alten Spruch: »Proletarier aller Länder, vereinigt Euch«. Man wagt dann gar nicht zu fragen, welche Proletarier aus welchen Ländern sich da wohl vereinigen sollen? Diejenigen, die neuerdings von Orban und Geert Wilders, von Meuthen und Salvini angesprochen werden?
Ganz originell ist ebenfalls »Stop! Vorsicht!! Falle!! Hier verbirgt sich gefährliche politische Gesinnung!!!« Das aber haben Aktivisten im Sinne der eingangs erwähnten Satire-PARTEI auf echte Plakate geklebt und setzen damit die Ausrufezeichen-Aktion der Originalparteien fort. Immerhin schaffen es damit neun Wörter auf acht Ausrufezeichen.
Die Vormachtstellung des deutschen Ausrufezeichens wird nämlich bei fast jedem Wahlplakat deutlich. Wir kommen gern ein drittes und abschließendes Mal genau darauf zurück, damit auch der letzte Dödel schnallt, was und wie wir’s meinen!!!
Wenn das Wahlplakat mit einer kleinen Zeichnung geschmückt wird, wie 2016 in Münchner Wahlkampf geschehen, kann eine etwas vorsichtige Botschaft dann wirklich richtig deutlich werden: »Schluss mit der Schwulen- und Lesbenförderung!« – Darunter agieren zwei Strich-Figuren a Tergo.
Bleiben wir beim Geschlechterkampf: Das Bild einer CDU-Kandidatin wird untertitelt: »Unser Mann für Europa«. Sprachkorrekt wäre selbstverständlich: »Unsere Frau/ Unser Mann/ Unser divers für Europa«, aber der Plakatplatz, der gute knappe Plakat-Platz!
Mit einem Bierglas in der Hand darf ein FDP-Kandidat auch verkünden »SAUF IHR WOHL!« – nein, natürlich habe ich das »S« von irgendeinem bösen Wahlplakatverunzierer übernommen. Im Übrigen sind alle Sprüche mit einem bis fünf Ausrufezeichen gekennzeichnet. Hör zu! Du!! Wähler!!! Ich sag‘s dir noch ganz friedlich!!!! Wenn ich erst die Macht habe, hast du zu parieren wie eine Kompanie, ein Regiment, wie Armeen von Ausrufezeichen!!!!!
Darum plädiere ich für eine wirkliche kurze Wahlbotschaft:
Aaaach-Tung!!!!! Stiiistannn!!!!
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