Dienstag, 1. Januar 2019

Verdi-Chef: Politik soll gegen Zustände bei Paketzustellern einschreiten

Rücksichtslose Ausbeutung


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Fahrzeuge der Logistikunternehmen DPD, UPS und DHL in der Hamburger Innenstadt (28.2.2012)
Angesichts der Diskussion über Ausbeutung und Gesetzesverstöße in der Paketzustellung in der Bundesrepublik fordert die Gewerkschaft Verdi die Politik zum Gegensteuern auf. »Bei Paketzustellern herrschen zum Teil mafiöse Strukturen«, sagte der Verdi-Vorsitzende Frank Bsirske am Dienstag gegenüber dpa in Berlin. Es würden beispielsweise Ukrainer illegal beschäftigt – »mit fingierten polnischen Papieren«.
In der Vergangenheit hatte es Razzien und behördliche Untersuchungen in der Branche gegeben. Mehrere Medienberichte zeichneten ein zum Teil erschreckendes Bild der Arbeitsbedingungen in vielen Betrieben. »Paketfahrer klagen über unzumutbare Arbeitsbedingungen und miserable Bezahlung weit unter dem gesetzlichen Mindestlohn. Und das alles in einer Branche, die boomt wie kaum eine andere«, hieß es etwa in einem WDR-Beitrag vom November.
Bei einer Großrazzia wurden demnach von Polizei, Zoll und Staatsanwaltschaft Geschäftsräume und Wohnungen von Subunternehmern des Hermes-Konzerns durchsucht. Es bestand dem Bericht zufolge unter anderem der Verdacht auf Hinterziehung von Sozialabgaben und Beihilfe zur Urkundenfälschung.
Hermes erklärte laut dem Bericht, die geschilderten Umstände entsprächen in keinem Fall auch nur ansatzweise den Maßstäben, an denen das Unternehmen seine Servicepartner messe. Die Vorwürfe sollten überprüft und Konsequenzen gezogen werden.
Bsirske sagte: »DHL und UPS arbeiten überwiegend mit eigenen Beschäftigten.« Hermes jedoch betreibe das Zustellgeschäft nahezu vollständig mit Subunternehmen. »Bei diesen Firmen aber gibt es viel Scheinselbstständigkeit, Umgehung des Mindestlohns, eine fehlende Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen und eine Missachtung der Arbeitszeitvorschriften.«
Der Frankfurter Sozialwissenschaftler Tim Engartner hatte bereits im Juli dem NDR gesagt: »Viele Frachtpostgesellschaften beschäftigen sogenannte Freiberufler und umgehen damit den Mindestlohn, umgehen damit Sozialstandards und machen somit horrende Gewinne auf Kosten der Beschäftigten.« Schlecht bezahlte Frachtpostboten müssten mitunter etwa 15 bis 20 Pakete pro Stunde zustellen. Das sei nicht machbar. Bestimmte Unternehmen gäben Frachtpostwagen an Einzelpersonen weiter, die als Sub-Sub-Unternehmer arbeiteten. »Man hat eine Zerlegung der Verantwortlichkeiten und dadurch auch Schwierigkeiten bei der Haftbarmachung.«
Bsirske forderte, dass die Koalition deshalb hier die Generalunternehmerhaftung auf den Weg bringen solle: »Dann würde ein Unternehmen wie Hermes rechtlich verantwortlich für das sein, was in Subunternehmen passiert, mit denen Hermes zusammenarbeitet.«
Der deutsche Paketmarkt gilt als ausgesprochen wettbewerbsintensiv. Aktiv sind fünf große Paketdienste: die Deutsche Post/DHL, der zu einem französischen Konzern gehörige DPD, UPS, Hermes, zum Otto-Konzern gehörend, sowie GLS, wohinter die britische ­Royal Mail steht. (dpa/jW)

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