Drohender Kältetod
Bereits drei Kältetote in Hamburg in den vergangenen Wochen: Obdachloser campiert an der Außenalster (Februar 2010)
Foto: Kay Nietfeld dpa/lnw
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Kriminalisierung
In
den vergangenen Wochen sind bereits mindestens fünf wohnungslose
Menschen im Land erfroren. Die Betroffenen stammten aus Osteuropa und
lebten in Köln, Hamburg und Düsseldorf. Während sich Sozialvereine und
Ehrenamtliche aufopferungsvoll um Menschen, die kein Dach über dem Kopf
haben, kümmern, sitzt die etablierte Politik das Problem auch in diesem
Jahr wieder aus. Schätzungen der Bundesarbeitsgemeinschaft
Wohnungslosenhilfe (BAGW) zufolge sind zwischen 1991 und 2017 mindestens
289 Obdachlose erfroren. Die Dunkelziffer dürfte noch deutlich höher
liegen. Verlässliche Zahlen existieren nicht, da die Bundesregierung aus
CDU/CSU und SPD sich weiterhin weigert, eine Statistik zu den
Kältetoten zu führen. Gleiches gilt für eine bundesweite Statistik über
Obdachlose und Wohnungslose allgemein. Handlungsbedarf gäbe es
genug. Seit 2014 steigt die Zahl obdachloser Menschen drastisch an. Die
Gründe dafür sind vielfältig: schwierige Lebenssituationen, Armut, Sucht
oder Gewalt. Rund die Hälfte der Betroffenen in bundesdeutschen
Großstädten stammt aus anderen EU-Ländern, insbesondere aus Rumänien,
Polen oder Lettland. In Düsseldorf, so berichtete Hubert Ostendorf vom
dortigen Straßenmagazin Fiftyfifty, werde diese »Personengruppe
zu Touristen erklärt«, was bedeute, dass ihnen dann »der Zugang zu
städtischen Notunterkünften in der Regel verwehrt« werde, obwohl sie
sich zum Teil seit Jahren im Stadtgebiet aufhielten. All das geschieht,
obwohl derlei Vorgehen schlicht rechtswidrig ist, wie der Experte für
Ordnungsrecht, Karl-Heinz Ruder, in einem von der BAGW beauftragten
Gutachten betont. Hingegen hat man in Köln bereits reagiert. So verfügt
man in der Domstadt über eine ganzjährig geöffnete Notschlafstelle für
EU-Obdachlose, in der diese auch tagsüber versorgt werden und zudem eine
warme Mahlzeit erhalten. »Düsseldorf hält lediglich von Mitte November
bis Mitte März eine ›Winternothilfe‹ mit 20 Plätzen in einem Schlafsaal
und zusätzlich sechs Plätzen in einem weiteren Bereich für Frauen vor«,
so Ostendorf. Während in anderen Städten in Nordrhein-Westfalen die
Winternothilfen bereits im Oktober starteten, nimmt man es in der
reichen Landeshauptstadt mit den Hilfsangeboten nicht ganz so genau. So
ist der Beginn der Winternothilfe in Düsseldorf ungeachtet der
tatsächlichen Temperaturen auf den 15. November festgelegt.
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https://www.jungewelt.de/artikel/344665.obdachlosigkeit-drohender-k%C3%A4ltetod.html
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