Mittwoch, 24. Juni 2015
Ungarn nimmt Stopp des EU-Flüchtlingsabkommens zurück
Abkommen zur Aufnahme sollte einseitig ausgesetzt werden/ EU-Kommission verlangte »sofortige Klarstellung« / Aussetzung wieder zurückgenommen
Update 14.00 Uhr: Ungarn nimmt Stopp des EU-Flüchtlingsabkommens zurück
Nur einen Tag nach der Ankündigung Ungarns, ein EU-Abkommen zur Aufnahme von Flüchtlingen auszusetzen, hat die Regierung in Budapest dies wieder zurückgenommen: Es werde keine Bestimmung der EU ausgesetzt, hieß es am Mittwoch in Budapest in einer Erklärung des ungarischen Außenministeriums.
Update 12.45 Uhr: Die Bundesregierung will nach Informationen der »Neuen Osnabrücker Zeitung« den ungarischen Botschafter Jozsef Czukor einbestellen, weil Ungarn die Aufnahme abgeschobener Asylsuchender gestoppt hat. Nach Informationen der NOZ nimmt die Bundesregierung Kontakt mit anderen Mitgliedstaaten und insbesondere mit Österreich auf, um das weitere Vorgehen abzustimmen. Auch die bilaterale Zusammenarbeit mit Ungarn werde überprüft. Wie weiter berichtet wird, prüft die Europäische Kommission die Möglichkeit eines Vertragsverletzungsverfahrens.
Das Bundesinnenministerium fürchtet schwersten Schaden für die Dublin-III-Verordnung und das Schengen-Abkommen, heißt es in einer ersten Bewertung des Ministeriums, die der Zeitung vorliegt. Mündlich werden die Beamten noch deutlicher: »Dublin III fliegt uns um die Ohren«, heißt es aus dem Ministerium.
Österreich hat die einseitige Aussetzung eines wichtigen EU-Abkommens zur Aufnahme von Flüchtlingen durch Ungarn als »inakzeptabel« kritisiert. »Das kann Österreich nicht tolerieren«, sagte Außenminister Sebastian Kurz am Mittwoch in einem Telefonat mit seinem ungarischen Amtskollegen Peter Szijjarto. Er warnte Budapest vor negativen Konsequenzen.
Flüchtlinge: Ungarns Rechtsregierung schließt Grenzen
Berlin. Die Rechtsregierung in Ungarn hat ein wichtiges EU-Abkommen zur Aufnahme von Flüchtlingen einseitig ausgesetzt und damit in Brüssel für kritische Reaktionen gesorgt. Die Rücknahme von Flüchtlingen auf der Grundlage der Dublin-III-Verordnung wurde am Dienstag für unbestimmte Zeit außer Kraft gesetzt, wie die Regierung in Budapest mitteilte. Die EU-Kommission verlangte von Ungarn eine »sofortige Klarstellung« dazu. Nach dem Dublin-Abkommen ist das Land für das Asylverfahren zuständig, in dem ein Flüchtling zuerst EU-Boden betreten hat.
»Das Boot ist voll«, sagte der ungarische Regierungssprecher Zoltan Kovacs der österreichischen Zeitung »Die Presse« und dem ungarischen Internetportal »Index«. Die Rechtsregierung unter Ministerpräsident Viktor Orban müsse »ungarische Interessen und die Bevölkerung schützen«, erklärte er zur Begründung. Die Aufnahmezentren im Land seien überfüllt.
Nach den Äußerungen von Kovacs erklärte die ungarische Regierung, die Dublin-III-Regeln würden »auf unbestimmte Zeit« aus »technischen Grünen« ausgesetzt. Budapest will damit Flüchtlinge nun nicht mehr zurücknehmen, wenn sie nach ihrer Ankunft im Ungarn anschließend in andere EU-Staaten wie Deutschland, Österreich oder Tschechien weitergereist sind. Orbans Regierung hält Ungarn angesichts steigender Flüchtlingszahlen für überlastet.
In der vergangenen Woche hatte Ungarn bereits angekündigt, einen vier Meter hohen Zaun entlang der Grenze zu Serbien errichten zu wollen. Die Regierung in Budapest begründete dies mit dem steigenden Zustrom von Flüchtlingen. Dabei handelt es sich vor allem um Syrer, Iraker und Afghanen, die aus dem Nicht-EU-Land Serbien nach Ungarn kommen.
Während 2012 rund 2000 Flüchtlinge nach Ungarn kamen, waren es nach offiziellen Angaben zwischen dem 1. Januar und dem 22. Juni dieses Jahres über 60.000 Menschen. Die allermeisten Flüchtlinge kamen dabei über Serbien ins Land. Ungarn hat mit Serbien eine 175 Kilometer lange Grenze. Viele der Flüchtlinge wollen anschließend weiter nach Deutschland, Österreich oder in die nordeuropäischen Länder.
Brüssel kritisierte die Ankündigung aus Ungarn. Die EU-Kommission habe die ungarischen Behörden kontaktiert und Gründe für das Aussetzen des Abkommens gefordert, erklärte eine Sprecherin. Die Dublin-Regeln sähen keine Suspendierung vor. Daher müsse Budapest die EU umgehend »über die Art und das Ausmaß« der genannten technischen Gründe informieren.
Auch aus Österreich, das von der Entscheidung des Nachbarlandes besonders betroffen ist, kam Kritik. »Wer weiterhin ein Europa ohne Grenzen haben will, muss die Schengen-Regeln einhalten«, sagte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner der Nachrichtenagentur APA. »Das heißt natürlich auch an der Dublin-Regel festzuhalten.« AFP/nd
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