Montag, 29. Juni 2015
Es ging um Profit, als deutsche, französische, britische US-amerikanische und andere Banken, dazu EZB und IWF das Land in eine ruinöse Wirtschaftspolitik trieben, die griechische Volkswirtschaft Schritt für Schritt zerstörten, dem Land Kredite aufdrängten, die sie nun mit Zins und Zinseszins zurückfordern.
Griechenland
Der gewöhnliche Kapitalismus
Von Uli Brockmeyer, Athen
Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek
Was gegenwärtig mit und in Griechenland exerziert wird, ist nichts anderes als gewöhnlicher Kapitalismus. Die wichtigsten Akteure in Brüssel, Washington, Berlin, Paris und auch in Athen wissen das, wenn sie auch nach außen etwas völlig Anderes behaupten.
Der Kapitalismus funktioniert nur, wenn die Besitzer von Kapital jeden Euro oder Dollar, der irgendwo angelegt wird, auch in absehbarer Zeit mit einem möglichst großen Gewinn zurückbekommen. Das ist das Grundgesetz des Kapitalismus – wenn es auch von Marx etwas konkreter formuliert wurde.
Es ging um Profit, als deutsche, französische, britische US-amerikanische und andere Banken, dazu EZB und IWF das Land in eine ruinöse Wirtschaftspolitik trieben, die griechische Volkswirtschaft Schritt für Schritt zerstörten, dem Land Kredite aufdrängten, die sie nun mit Zins und Zinseszins zurückfordern. Das alles im Einvernehmen mit den bisherigen, mal von »Sozialisten«, mal von Konservativen geführten Regierungen in Athen, die ebenfalls im Interesse der Besitzer zusammengerafften Reichtums handelten.
Angesichts der immer hoffnungsloser werdenden Lage stimmte eine relative Mehrheit der griechischen Wähler bei den jüngsten Parlamentswahlen für eine Partei, die sich als »links« bezeichnet und den Menschen einen Bruch mit der bisherigen Politik sowie Arbeitsplätze, sichere Renten und einen gewissen Wohlstand versprach. Statt jedoch zu erklären, daß die immensen Schulden samt Zinsen NICHT die Schulden des griechischen Volkes sind, wie es die Kommunisten forderten, gab dieselbe »linke« Partei gleichzeitig den in- und ausländischen Kapitalisten die Zusicherung, daß sie ihre Profite erhalten werden.
Erwartungsgemäß wurden so gut wie alle Wahlversprechen in kurzer Zeit gebrochen, und den meisten Griechen geht es heute schlechter als noch vor einem halben Jahr, was auch in der Innenstadt von Athen deutlich spürbar ist.
Es brodelt im Land. Die geballte Macht der bürgerlichen Medien schürt Angst vor einem »Verlust des Euro«. Viele Griechen fürchten sich vor der Wiedereinführung der Drachme und holen ihre ersparten Euro von den Banken. Es wird mit Neuwahlen »gedroht«. Die Medien berichten fast täglich über einige tausend Besserverdienende, die in Athen für die Beibehaltung des Euro, für den Verbleib in EU-Europa und gegen die Gewerkschaften demonstrieren, man hört jedoch kaum über die Zehntausenden Demonstranten im ganzen Land, die eine grundsätzliche Änderung der Politik fordern.
Die jetzt von der Syriza-Regierung vorgelegten »Reformpläne«, von denen der Vizechef der EU-Kommission Valdis Dombrovskis sagt, sie stimmten mit der Position der »Institutionen« weitgehend überein, gehen noch stärker zu Lasten der Arbeiter, der Rentner und der Arbeitslosen. Höhere Mehrwertsteuern, eine »Solidaritätssteuer« für alle Lohnbezieher mit Brutto-Einkommen ab 1.000 Euro, höhere Steuern auch für kleine Unternehmen, unabhängig von deren Wirtschaftlichkeit, die Abschaffung der Frührenten und die Erhöhung des Renteneintrittsalters, höhere Kosten für Medikamente werden dafür sorgen, daß die Reichen noch reicher und die Armen noch ärmer werden. Während erhöhte Sozialabgaben 1,2 Milliarden Euro einbringen sollen, ist bei den Militärausgaben lediglich eine Kürzung um 200 Millionen Euro vorgesehen. Gewöhnlicher Kapitalismus eben.
Die »Griechenlandrettung«, um die sich EU, IWF und Syriza in diesen Tagen bemühen, ist also nichts anderes als Rettung des Kapitalismus. Folgerichtig hieß eine der Hauptlosungen der Protestdemo der kommunistischen Gewerkschaft PAME auch am Dienstag dieser Woche in Athen: »Die Geschichte wird mit Klassenkampf geschrieben«. Denn im Unterschied zu den Sozialdemokraten wollen Kommunisten nicht Arzt am Krankenbett des Kapitalismus sein.
Uli Brockmeyer, Athen
Donnerstag 25. Juni 2015
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen