Donnerstag, 14. Februar 2019

Spaniens sozialdemokratischer Ministerpräsident scheitert mit seinem Haushalt und wird Neuwahlen ausrufen

Pedro Sánchez steht vor dem Aus




  • Von Ralf Streck, San Sebastián
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  • Lesedauer: 3 Min.
    • Die Frage ist nicht mehr, ob es vorgezogene Neuwahlen in Spanien geben wird, sondern nur noch wann. Nachdem die Behandlung des Haushalts des Sozialdemokraten Pedro Sánchez am Mittwoch im Parlament mit 191 zu 158 Stimmen abgelehnt wurde, wird Sánchez am Freitag nach der wöchentlichen Kabinettsitzung den Termin für vorgezogene Neuwahlen bekannt geben.
      Drei Termine werden gehandelt, wobei sich der 28. April als Favorit herausgeschält hat. Zuvor wurde schon der 14. April ins Auge gefasst. Der erscheint vielen in Sánchez Sozialdemokraten (PSOE) überstürzt. Auch der 26. Mai wurde schon als »Superwahlsonntag« ins Spiel gebracht. Dann finden ohnehin Kommunalwahlen und Europaparlamentswahlen statt. Doch in 13 der 17 Regionen werden auch noch Regionalparlamente gewählt. In einigen Wahllokalen könnten bis zu sieben verschiedene Wahlurnen stehen. Deshalb fürchten PSOE-Parteifürsten, dass die Wähler den Überblick zu ihren Lasten verlieren könnten.
      Für den 26. Mai plädiert die rechte Volkspartei (PP). Die Partei, die wegen massiver Korruption verurteilt und deren Ministerpräsident Mariano Rajoy im Strudel dessen im vergangenen Juni per Misstrauensantrag gestürzt wurde, argumentiert mit unnötigen Kosten in Höhe von 200 Millionen Euro, »wegen weniger Tage Unterschied«. Der neue PP-Chef Pablo Casado hofft, das Modell Andalusien auf Spanien ausweiten zu können, damit die PP wieder an die Macht zurückkommt und er Regierungschef wird. Nach vier Jahrzehnten PSOE-Regierung regiert in der südlichen Region die PP dort erstmals als Koalition mit der rechts-neoliberalen Ciudadanos (Bürger) und lässt sich von der rechtsextremen VOX stützen - ein Tabubruch nach dem Ende der Franco-Diktatur (1939-75). Das rechte Dreierbündnis hatte am Samstag vereint gegen den Dialog von Premier Sánchez mit der katalanischen Regierung demonstriert, die für ein Unabhängigkeitsreferendum streitet. Schon da hatte der Rechtsblock Neuwahlen gefordert. Die laut Polizei 45 000 Teilnehmer lagen allerdings weit unter den Erwartungen der Organisatoren, die selbst 200 000 gezählt haben wollen.
      Theoretisch könnte Sánchez versuchen, sich mit dem fortgeschriebenen Haushalt von Rajoy ein weiteres Jahr durchzumogeln. Doch das lehnt sein linker Partner Unidos-Podemos (Gemeinsam können wir es) ab. Ihre Abgeordneten haben dem Haushalt zugestimmt, aber nicht geschlossen. Die amtierende Parteichefin Irene Montero erklärte, Sánchez bliebe »keine andere Möglichkeit« als das Parlament aufzulösen. »Die Grenzen einer PSOE-Alleinregierung sind offensichtlich geworden«, sagte die Freundin von Parteichef Pablo Iglesias, der sich in Elternzeit befindet.
    • Montero sprach vom »sozialsten Budget« der spanischen Geschichte, das Sánchez vorgelegt hätte, dennoch bekam sie nicht einmal die Reihen bei Unidos-Podemos geschlossen. Der Sektor aus Galicien war auch für ein Nein. Mit Ausnahme von Alexandra Fernández hielt er sich aber an die Parteidisziplin. Doch auch die Katalanin Marta Sibina sagte Nein, weil die Rettungsschiffe Open Arms und Aita Mari seit Wochen nicht zur Seenotrettung ins Mittelmeer auslaufen dürfen. Und zusammen mit den Katalanen zeigte Podemos Sánchez kürzlich schon die gelbe Karte: Die Umwandlung eines Dekrets zur Mietenfrage wurde abgelehnt, da die versprochene Mietpreisbindung angesichts explodierender Mieten nicht umgesetzt wurde.
      Zum Verhängnis wurde Sánchez aber, dass er angesichts des Drucks seiner Parteirechten und vor der Demonstration am Sonntag den zaghaften Dialog mit der katalanischen Regierung ausgesetzt hat. Deshalb haben die Katalanen geschlossen den Haushalt abgelehnt, weil es bisher den versprochenen Dialog oder die geforderten Entspannungsgesten nicht gab. Der Sprecher der Republikanischen Linken (ERC) Joan Tardá, dessen Formation Sánchez besonders weit entgegenkommen wollte, nannte Sánchez einen Falschspieler. Man sei »zu leichtgläubig« gewesen und habe ihre Unterstützung »für nichts« erhalten, sagte Tardá selbstkritisch. Das Verhalten der ERC hatte zu starken Spannungen im Unabhängigkeitslager geführt. Tardá sprach von einer verlorenen Chance, weil Sánchez vor der Rechten in »Angststarre« verfallen sei.
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