Freitag, 30. November 2018

“Cum-Ex-Files”: Angriff auf Europas Steuerzahler


Dossier

EGB startet Kampagne gehen Steuerflucht und -hinterziehungEs geht um mindestens 55 Milliarden Euro: Der organisierte Griff in die Steuerkasse durch “steuergetriebene Aktiengeschäfte” ist viel größer als angenommen. Das belegen Recherchen europäischer Medien, an denen auch die ARD beteiligt ist. (…) Und die Bundesregierung unterließ es über Jahre, ihre europäischen Partner zu warnen, obwohl sie längst von dem Raubzug wusste. (…) Im Interview bezeichnet der Insider die “steuergetriebenen Geschäfte” als “organisierte Kriminalität in Nadelstreifen”. “Alle wussten, worum es geht: dass man hier Rendite aus dem Steuersäckel holt.” Offenbar um dem Gefängnis zu entgehen, entschloss er sich auszupacken. Ihm drohen viele Jahre Haft. Das Geld wird er zurückzahlen müssen. Die Ermittler halten ihn für glaubwürdig. Im Interview berichtet er, wie der Angriff auf Europas Steuerzahler ablief. (…) Cum-Ex wird von der Bundesregierung als illegal eingestuft und ist Gegenstand zahlreicher staatsanwaltschaftlicher Ermittlungsverfahren. Cum-Cum ist nicht per se illegal, die Bundesregierung geht aber von einem Gestaltungsmissbrauch aus, wenn die Geschäfte rein steuerlich motiviert sind. Dies ist nach Ansicht von Spengel bei so gut wie allen am Markt angebotenen Modellen der Fall. (…) Fast alle großen Banken waren an den Aktiengeschäften auf Kosten des Steuerzahlers beteiligt. “Da können Sie sich eine aussuchen. Ich kenne kaum eine, die nicht dabei war”, so der Insider. Verdeckte Recherchen zeigen außerdem, dass die Geschäfte zulasten der europäischen Steuerzahler bis heute weitergehen…” Beitrag von Manuel Daubenberger, Karsten Polke-Majewski, Felix Rohrbeck, Christian Salewski und Oliver Schröm vom 18. Oktober 2018 bei Tagesschau Online externer Link (Kurzfassung des Berichts von Panorama vom 18. Oktober 2018), siehe dazu auch den ausführlichen Bericht von CORRECTIV “The Cumex Files” vom Oktober 2018 externer Link und weiter dazu:
  • [Kultur] Rendite vom Staat: Das Hamburger Lichthof Theater klärt unterhaltsam auf, wie Cum-Ex-Steuerdeals funktionieren New 
    “Theater darf das, eine Aussage nehmen, aufgreifen, weiterführen. Auf dass das Geschehen in anderem Licht erscheint – und dadurch verständlich wird. Mitte Oktober machten neue Enthüllungen zu den sogenannten Cum-Ex- und Cum-Cum-Steuerdeals Schlagzeilen. Cum was? Wer an eine bestimmte englische Bedeutung des Wortes denkt, liegt falsch. Aber obszön kann man es dennoch nennen. Mindestens 55 Milliarden Euro sollen zwischen 2001 und 2016 aus europäischen Staatshaushalten an Superreiche geflossen sein. Zusammen mit Berater_innen, Steuerberater_innen und Investmentbanker_innen ließen sie sich mit dubiosen Aktiendeals rund um den Dividendenstichtag die Kapitalertragssteuer gleich mehrfach zurückerstatten. Die Beute wurde geteilt. Der deutsche Staat wusste davon, unternahm aber lange nichts. (…) Was in dem dokumentarischen Stück gezeigt wird (und durch ältere Recherchen ebenfalls belegt ist), ist teils unfassbar. Als Finanzminister Peer Steinbrück 2007 eine Gesetzesänderung erließ, wurde diese in großen Teilen wortwörtlich vom Bankenverband übernommen. Dieser hatte fünf Jahre zuvor auf das Problem der doppelten Auszahlung der Steuer hingewiesen, die sich daraus ergebe, dass eine Aktie zwei Eigentümer haben könne: einen wirtschaftlichen und einen juristischen. Einen Lösungsvorschlag lieferte der Bankenverband gleich mit. Dieser wurde seinerzeit den Finanzministerien der Länder zur Prüfung vorgelegt: In NRW nahm eine Beamtin Stellung: »Mit den komplizierten Regelungen soll offenbar lediglich die bisherige Bankenpraxis, die m. E. ohne zivilrechtliche Rechtsgrundlage ist, legalisiert werden.« (…) Selten war Theater so dicht an der (Tages-)politik – und damit gesellschaftlich so relevant. Und wer hätte das gedacht: Aus dieser trockenen Materie kann man tolles Theater machen.”Artikel von Guido Speckmann aus ak – analyse & kritik – zeitung für linke Debatte und Praxis Nr. 643 vom 13. November 2018 externer Link
  • So bestehlen uns Superreiche: eine Anleitung in 6 Schritten  
    “Aktionäre haben sich jahrelang Steuern zurück erstatten lassen, die sie nie bezahlt haben. Wir erklären, wie der Trick mit „Cum-Ex“ und „Cum-Cum“ funktioniert. (…) Rund um diesen Stichtag, wird die Aktie schnell zwischen Banken, Investoren und Fonds hin und her geschoben. Das Ziel: Verwirrung schaffen. Durch den schnellen Handel mit den Aktien kann das Finanzamt nur schwer verfolgen, wer sie eigentlich wirklich besaß. Das Ergebnis: Das Finanzamt stellt gleich mehrere Steuerbescheide aus und die Investoren lassen sich die Steuern gleich mehrfach zurück erstatten, obwohl sie teils kein einziges Mal ein Anrecht darauf hatten. (…) An diesen Deals sollen auch eine Reihe prominenter Investoren beteiligt gewesen sein. Ganz vorne mit dabei: Carsten Maschmeyer. Laut Unterlagen, die dem Stern vorliegen, soll er einmalig fünf Millionen Euro investiert haben. Weitere 40 Millionen Euro seien von seinem „Familienkonto“ abgegangen. Hier steckte wohl auch Geld seiner Verlobten, der Schauspielerin Veronica Ferres und von seinem Kumpel, dem Fußballtrainer Mirko Slomka mit drin. Aber auch Schake-Boss Clemens Tönnies und der Hamburger Prominenten-Anwalt Matthias Prinz sollen in die Ex-Cum-Geschäfte verwickelt sein. Bis jetzt wurde aber keiner der mutmaßlichen Betrüger verurteilt…” Beitrag von Svana Kühn vom 19. Oktober 2018 in Orange by Handelsblatt externer Link
Siehe zum Thema zuvor im LabourNet:
  • Große Koalition opfert Demokratie dem Finanzkapital – Cum-Ex-Skandal und der Bundestag
    “… Der Fisch stinkt vom Kopf her, wenn “unser” Staat bei der Steuerkriminalität einfach wegtauchen darf  – und so bleibt diese Großkoalitionäre Regierung erstaunlich “dement” bei diesem Melken des Staates durch die Reichen bei den Steuern…” Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 25.6.2017

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen