Sonntag, 8. Dezember 2013

ADOLF HITLER SOLL EIN REVOLUTIONÄR GEWESEN SEIN …

dies meinen unisono die gleichgeschalteten Sprach- und Propagandarohre der Monopolbourgeoisie von Warschau bis Los Angeles, von Rom bis Oslo, so sie in diesen Tagen solche Schlagzeilen bringen: „Die Ukraine belebt wieder die Revolution“ (metrotime/Belgien); „Proteste in der Ukraine: Die Luft riecht nach Revolution“ (FAZ); „Mass demonstrations shake Kiev as Ukrainians call for revolution“ (Financial Times (Großbritannien) usw. GOEBBELS FEIERT FRÖHLICH URSTÄND IM BÜRGELICHEN MEDIENWALD All diesen bürgerlichen Medien ist gemein, daß sie die Zusammenrottung einer fünf- bis sechsstelligen Zahl von mit vielen Millionen Euro Schmiergeld aus Berlin und Brüssel besoldeten reaktionären und großteils faschistischen Mitläufern bejubeln und als Vorabend einer „Revolution“ sehen. Was heißt, daß der Sturz der bürgerlichen Regierung durch diese äußerst reaktionären und äußerst korrupten Kräfte zwecks Eingliederung der bürgerlich regierten Ukraine in die EU mit Leuten wie jener extrem korrupten einstigen Präsidentin Timoschenko an der Spitze ein „revolutionärer Sieg“, ein „Sieg einer Volksrevolution“ wäre. Unglaublich, wie hier von den bürgerlichen Medien der faschistisch und reaktionär beeinflußte MOB in Goebbels-Manier wie einst in jener Nazi-Legende vom „Volkszorn“ gegen jüdische Synagogen als VOLK deklariert wird. Dann wären die kleinbürgerlichen klerikal-faschistischen Kräfte des Ku-Klux-Klan in den USA bei ihren Pogromen mit „Teern und Federn von Niggern“ also auch VOLK, nach Lesart dieser Medienmeute. Die faschistischen Trends und Tendenzen in der gegenwärtigen imperialistischen EU-Mitgliedsländern werden immer unübersehbarer. SPRACHE UND DENKEN STEHEN IN UNMITTELBAREM ZUSAMMENHANG Dies lehrt uns die marxistisch-leninistische Sprachwissenschaft. Und aus diesem Grund sind wir Kommunisten auf begriffliche Präzision sehr bedacht, wenn wir unsere Standpunkte formulieren. Für uns erfolgt die Entwicklung der Gesellschaft durch Reformen innerhalb einer Gesellschaftsordnung oder durch Revolution, womit ein Qualitätssprung in der gesellschaftlichen Entwicklung hin zu einer höheren Gesellschaftsordnung gemeint ist. Der Anschluß der DDR an die Bundesrepublik 1989-1990 war demzufolge keine „friedliche Revolution“, als was sie von den bürgerlichen Medien gefeiert wurde, um einen großen Teil des Volkes der DDR bei seiner leider massenhaft erfolgten Kapitulation vor der Konterrevolution möglichst auf lange Sicht und so eng wie möglich an die Monopolbourgeoisie von den Köpfen her zu ketten, also Teilen der Arbeiterklasse ein „falsches Bewußtsein“ zu verfestigen und sie möglichst langfristig vom Erkennen ihrer wahren Klasseninteressen und dem daraus sich ergebenden notwendigerweise zu führenden Klassenkampf gegen die Monopolbourgeoisie abzuhalten. Einen übleren Konterrevolutionär als den faschistischen Diktator Adolf Hitler kennen Europas Völker und insbesondere die Arbeiterklasse in Europa seit dem Hitlerfaschismus nicht. Aus Sicht der deutschen Monopole mag Adolf Hitler ihr „Revolutionär“ gewesen sein, denn der politisch maßgeblich von ihm verursachte 2. Weltkrieg brachte den deutschen Monopolkapitalisten-Clans enorme Profite, die sie (wie schon nach dem 1. Weltkrieg, siehe Aufblühen Liechtensteins zu einer „Steuer-Oase“) in der Schweiz und in Liechtenstein zu bunkern vermochten, bis dann ab 1948 klar war, daß die Westmächte keine Reparationen in den Westzonen eintreiben würden und mit der Währungsreform die gebunkerten Kriegsprofite der deutschen Monopolbourgeoisie wieder profitabel in Westdeutschland investiert werden konnten. Aus Sicht der Arbeiterklasse war Adolf Hitler ein Konterrevolutionär und somit der aktivste Gegenspieler jedes Revolutionärs, welcher von der deutschen Monopolbourgeoisie an die Regierungsspitze gehievt wurde, als die KPD immer stärker wurde und die Monopolbourgeoisie ihre Macht immer stärker durch ein Anwachsen der revolutionären Arbeiterbewegung gefährdet sah. Der bulgarische Kommunist Georgi Dimitroff formulierte auf dem VII. Weltkongreß der Kommunistischen Internationale 1935 seine wissenschaftlich erarbeitete Erkenntnis über das Wesen des Faschismus. Hier seine dortige Rede: DER BULGARISCHE KOMMUNIST GEORGI DIMITROFF FORMULIERTE AUF DEM VII. WELTKONGRESS DER KOMMUNISTISCHEN INTERNATIONALE 1935 SEINE WISSENSCHAFTLICH ERARBEITETEN ERKENNTNISSE ÜBER DAS WESEN DES FASCHISMUS Hier sein genial zu nennendes Referat seinerzeit. Ist es nicht heute höchst aktuell, was jeden von uns auf das äußerste alarmieren muß? Wir zitieren: Kuusinen: Ich eröffne die Sitzung. Wir kommen zum 2. Punkt der Tagesordnung: »Die Offensive des Faschismus und die Aufgaben der Kommunistischen Internationale im Kampfe für die Einheit der Arbeiterklasse gegen den Faschismus.« Das Wort hat Genosse Dimitroff. (Als Genosse Dimitroff die Rednertribüne betritt, wird er mit einem Beifallssturm begrüßt. Die Delegierten erheben sich von den Plätzen und bereiten dem Redner enthusiastische Ovationen. Grüße und Zurufe in vielen Sprachen: »Rot Front«, »Hurra«, »Bansai« Aus dem Saale Stimmen: »Es lebe Dimitroff«, »Hoch Dimitroff, der mutige revolutionäre Kämpfer«. Erneute Hochrufe und nicht endenwollende Ovationen. Alle singen die »Internationale«.) [4] „I. DER FASCHISMUS UND DIE ARBEITERKLASSE Genossen! Bereits der VI. Kongreß der Kommunistischen Internationale hat dem internationalen Proletariat das Heranreifen einer neuen faschistischen Offensive signalisiert und zum Kampf gegen sie aufgerufen. Der Kongreß wies darauf hin, daß »faschistische Tendenzen und Keime einer faschistischen Bewegung in mehr oder weniger entwickelter Form fast überall zu finden sind«. Unter den Verhältnissen der hereingebrochenen überaus tiefen Wirtschaftskrise, der heftigen Zuspitzung der allgemeinen Krise des Kapitalismus, der Revolutionierung der werktätigen Massen ist der Faschismus zum breiten Angriff übergegangen. Die herrschende Bourgeoisie sucht immer mehr ihre Rettung im Faschismus, um die schlimmsten Ausplünderungsmaßnahmen gegen die Werktätigen durchzuführen, um einen imperialistischen Raubkrieg, um den Überfall auf die Sowjetunion, die Versklavung und Aufteilung Chinas vorzubereiten und durch alle diese Maßnahmen die Revolution zu verhindern. Die imperialistischen Kreise suchen die ganze Last der Krise auf die Schultern der Werktätigen abzuwälzen. Dazu brauchen sie den Faschismus. Sie wollen das Problem der Märkte durch Versklavung der schwachen Völker, durch Steigerung der kolonialen Unterdrückung und durch eine Neuaufteilung der Welt auf dem Wege des Krieges lösen. Dazu brauchen sie den Faschismus. Sie suchen dem Anwachsen der Kräfte der Revolution durch Zerschlagung der revolutionären Bewegung der Arbeiter und Bauern und durch den militärischen Überfall [5]* auf die Sowjetunion – das Bollwerk des Weltproletariats – zuvorzukommen. Dazu brauchen sie den Faschismus. In einer Reihe von Ländern – insbesondere in Deutschland – gelang es diesen imperialistischen Kreisen, vor der entscheidenden Schwenkung der Massen zur Revolution dem Proletariat eine Niederlage zu bereiten und die faschistische Diktatur aufzurichten. Bezeichnend für den Sieg des Faschismus ist aber gerade der Umstand, daß dieser Sieg einerseits von der Schwäche des Proletariats zeugt, das durch die sozialdemokratische Spaltungspolitik der Arbeitsgemeinschaft mit der Bourgeoisie desorganisiert und paralysiert wurde, andererseits aber die Schwäche der Bourgeoisie selbst zum Ausdruck bringt, die vor der Herstellung der Kampfeinheit der Arbeiterklasse Angst hat, vor der Revolution Angst hat und nicht mehr imstande ist, ihre Diktatur über die Massen mit den alten Methoden der bürgerlichen Demokratie und des Parlamentarismus aufrechtzuerhalten. Den Sieg des Faschismus in Deutschland – sagte Genosse Stalin auf dem XVII. Parteitag der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (Bolschewiki) »darf man nicht nur als Zeichen der Schwäche der Arbeiterklasse und als Ergebnis des Verrats der Sozialdemokratie an der Arbeiterklasse betrachten, die dem Faschismus den Weg ebnete. Man muß ihn auch als Zeichen der Schwäche der Bourgeoisie betrachten, als ein Zeichen dafür, daß die Bourgeoisie nicht mehr imstande ist, mit den alten Methoden des Parlamentarismus und der bürgerlichen Demokratie zu herrschen, weshalb sie in der Innenpolitik gezwungen ist, zu terroristischen Regierungsmethoden zu greifen; als ein Zeichen dafür, daß sie nicht mehr imstande ist, eineu Ausweg aus der jetzigen Lage auf dem Boden einer friedlichen Außenpolitik zu finden, weshalb sie gezwungen ist, zur Politik des Krieges zu greifen.« DER KLASSENCHARAKTER DES FASCHISMUS Der Faschismus an der Macht, Genossen, ist, wie ihn das 13. Plenum des EKKI richtig charakterisiert hat, die [6] offene, terroristische Diktatur der reaktionärsten, chauvinistischsten, am meisten imperialistischen Elemente des Finanzkapitals. Die reaktionärste Spielart des Faschismus ist der Faschismus deutschen Schlages. Er hat die Dreistigkeit, sich Nationalsozialismus zu nennen, obwohl er nichts mit Sozialismus gemein hat. Der Hitlerfaschismus ist nicht bloß bürgerlicher Nationalismus, er ist ein tierischer Chauvinismus. Das ist ein Regierungssystem des politischen Banditentums, ein System der Provokationen und Folterungen gegenüber der Arbeiterklasse und den revolutionären Elementen der Bauernschaft, des Kleinbürgertums und der Intelligenz. Das ist mittelalterliche Barbarei und Grausamkeit, zügellose Aggressivität gegenüber den anderen Völkern und Ländern. Der deutsche Faschismus spielt die Rolle des Stoßtrupps der internationalen Konterrevolution, des Hauptanstifters des imperialistischen Krieges, des Initiators eines Kreuzzuges gegen die Sowjetunion, das große Vaterland der Werktätigen der ganzen Welt. Der Faschismus ist nicht eine Form der Staatsmacht, die angeblich »über beiden Klassen, dem Proletariat und der Bourgeoisie steht«, wie das z.B. Otto Bauer behauptet hat. Das ist nicht das »aufständische Kleinbürgertum, das von der Staatsmaschine Besitz ergriffen hat«, wie der englische Sozialist Brailsford erklärt. Nein, der Faschismus ist keine über den Klassen stehende Macht und keine Macht des Kleinbürgertums oder des Lumpenproletariats über das Finanzkapital. Der Faschismus ist die Macht des Finanzkapitals selbst. Das ist die Organisierung der terroristischen Abrechnung mit der Arbeiterklasse und dem revolutionären Teil der Bauernschaft und der Intelligenz. Der Faschismus in der Außenpolitik ist der Chauvinismus in seiner brutalsten Form, der einen tierischen Haß gegen die anderen Völker kultiviert. Dieser wirkliche Charakter des Faschismus muß besonders [7]* stark unterstrichen werden, weil der Deckmantel der sozialen Demagogie dem Faschismus die Möglichkeit gegeben hat, in einer Reihe von Ländern die durch die Krise aus ihrem Geleise geworfenen Massen des Kleinbürgertums und sogar manche Teile der rückständigsten Schichten des Proletariats mitzureißen, die niemals dem Faschismus gefolgt wären, wenn sie seinen wirklichen Klassencharakter, seine wirkliche Natur begriffen hätten. Die Entwicklung des Faschismus und die faschistische Diktatur selbst nehmen in den verschiedenen Ländern verschiedene Formen an, je nach den historischen, sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen, je nach den nationalen Besonderheiten und der internationalen Stellung des betreffenden Landes. In den einen Ländern, vor allem dort, wo der Faschismus keine breite Massenbasis besitzt und wo der Kampf zwischen den einzelnen Gruppierungen im Lager der faschistischen Bourgeoisie selbst ziemlich stark ist, entschließt er sich nicht sofort, das Parlament zu liquidieren, und beläßt den andern bürgerlichen Parteien und auch der Sozialdemokratie eine gewisse Legalität. In andern Ländern, wo die herrschende Bourgeoisie den nahen Ausbruch der Revolution befürchtet, errichtet der Faschismus seine schrankenlose politische Monopolherrschaft entweder sofort oder, indem er den Terror und die Abrechnung mit allen konkurrierenden Parteien und Gruppierungen immer mehr verstärkt. Das schließt nicht aus, daß der Faschismus im Augenblick einer besonderen Verschärfung seiner Lage Versuche macht, seine Basis zu erweitern und, ohne sein Klassenwesen zu ändern, die offene terroristische Diktatur mit einer groben Fälschung des Parlamentarismus zu vereinen. Der Machtantritt des Faschismus ist keine einfache Ersetzung der einen bürgerlichen Regierung durch eine andere, sondern eine Ablösung der einen Staatsform der Klassenherrschaft der Bourgeoisie – der bürgerlichen Demokratie – durch eine andere Form – durch die [8] offene terroristische Diktatur. Die Ignorierung dieses Unterschiedes wäre ein ernster Fehler, der das revolutionäre Proletariat daran hindern würde, die breitesten Schichten der Werktätigen in Stadt und Land zum Kampf gegen die Gefahr einer Ergreifung der Macht durch die Faschisten zu mobilisieren sowie die Gegensätze auszunutzen, die im Lager der Bourgeoisie selbst vorhanden sind. Doch ein nicht minder ernster und gefährlicher Fehler ist die Unterschätzung der Bedeutung, die die gegenwärtig in den Ländern der bürgerlichen Demokratie sich verschärfenden reaktionären Maßnahmen für die Aufrichtung der faschistischen Diktatur haben, jene Maßnahmen, die die demokratischen Freiheiten der Werktätigen unterdrücken, die Rechte des Parlaments fälschen und beschneiden, die Unterdrückungsmaßnahmen gegen die revolutionäre Bewegung verschärfen. Genossen, man darf sich den Machtantritt des Faschismus nicht so simpel und glatt vorstellen, als ob irgendein Komitee des Finanzkapitals den Beschluß faßt, an diesem und diesem Tage die faschistische Diktatur aufzurichten. In Wirklichkeit gelangt der Faschismus gewöhnlich zur Macht im gegenseitigen, zuweilen scharfen Kampf mit den alten bürgerlichen Parteien oder mit einem bestimmten Teil dieser Parteien, im Kampf sogar innerhalb des faschistischen Lagers selbst, der manchmal bis zu bewaffneten Zusammenstößen führt, wie wir das in Deutschland, Österreich und anderen Ländern gesehen haben. Alles das verringert indessen nicht die Bedeutung der Tatsache, daß vor der Errichtung der faschistischen Diktatur die bürgerlichen Regierungen in der Regel eine Reihe von Vorbereitungsetappen durchlaufen und eine Reihe reaktionärer Maßnahmen durchführen, die den Machtantritt des Faschismus unmittelbar fördern. Wer in diesen Vorbereitungsetappen nicht gegen die reaktionären Maßnahmen der Bourgeoisie und gegen den anwachsenden Faschismus kämpft, der ist nicht imstande, [9] den Sieg des Faschismus zu verhindern, der erleichtert ihn vielmehr. Die Führer der Sozialdemokratie vertuschten und verhüllten vor den Massen den wirklichen Klassencharakter des Faschismus und riefen nicht zum Kampf gegen die immer schärferen reaktionären Maßnahmen der Bourgeoisie auf. Sie tragen die große historische Verantwortung dafür, daß im entscheidenden Moment der faschistischen Offensive ein bedeutender Teil der werktätigen Massen in Deutschland und einer Reihe anderer faschistischer Länder im Faschismus nicht das blutdürstige Raubtier des Finanzkapitals, seinen schlimmsten Feind erkannte, und daß diese Massen nicht zur Abwehr bereit waren. Welches ist die Quelle des Einflusses des Faschismus auf die Massen? Es gelingt dem Faschismus, die Massen zu gewinnen, weil er in demagogischer Weise an ihre brennendsten Nöte und Bedürfnisse appelliert. Der Faschismus entfacht nicht nur die in den Massen tief verwurzelten Vorurteile, sondern er spekuliert auch mit den besten Empfindungen der Massen, ihrem Gerechtigkeitsgefühl und mitunter sogar ihren revolutionären Traditionen. Warum spielen sich die deutschen Faschisten, diese Lakaien der Großbourgeoisie und Todfeinde des Sozialismus, vor den Massen als »Sozialisten« auf und stellen ihren Machtantritt als »Revolution« hin? Weil sie bestrebt sind, den Glauben an die Revolution, den Drang zum Sozialismus auszunutzen, der in den Herzen der breiten werktätigen Massen Deutschlands lebt. Der Faschismus handelt im Interesse der extremen Imperialisten, aber vor den Massen tritt er unter der Maske des Beschützers der beleidigten Nation auf und appelliert an das gekränkte Nationalgefühl, wie z.B. der deutsche Faschismus, der die Massen mit der Losung »Gegen Versailles!« mit sich riß. Der Faschismus erstrebt die zügelloseste Ausbeutung [10] der Massen, tritt aber mit einer raffinierten antikapitalistischen Demagogie an sie heran, macht sich den tiefen Haß der Werktätigen gegen die räuberische Bourgeoisie, gegen die Banken, die Trusts und die Finanzmagnaten zunutze und stellt Losungen auf, die im gegebenen Moment für die politisch unreifen Massen die verlockendsten sind: in Deutschland – »Gemeinnutz geht vor Eigennutz«; in Italien – »Unser Staat ist kein kapitalistischer, sondern ein Korporativstaat«; in Japan – »Für ein Japan ohne Ausbeutung«; in den Vereinigten Staaten – »Für die Aufteilung der Reichtümer« usw. Der Faschismus liefert das Volk den korruptesten, käuflichsten Elementen zur Ausplünderung aus, tritt aber vor dem Volk mit der Forderung einer »ehrlichen und unbestechlichen Regierung« auf. Der Faschismus, der mit der tiefen Enttäuschung der Massen über die Regierungen der bürgerlichen Demokratie spekuliert, entrüstet sich scheinheilig über die Korruption (z.B. die Barmat- und Sklarekaffäre in Deutschland, die Stavitskiaffäre in Frankreich und eine Reihe von anderen). Der Faschismus fängt im Interesse der reaktionärsten Kreise der Bourgeoisie die enttäuschten Massen ein, die sich von den alten bürgerlichen Parteien abkehren. Aber er imponiert diesen Massen durch die Heftigkeit seiner Angriffe gegen die bürgerlichen Regierungen, durch seine Unversöhnlichkeit gegenüber den alten Parteien der Bourgeoisie. Durch seinen Zynismus und seine Verlogenheit alle anderen Spielarten der bürgerlichen Reaktion in den Schatten stellend, paßt der Faschismus seine Demagogie den nationalen Besonderheiten jedes Landes an, sogar den Besonderheiten der verschiedenen sozialen Schichten in ein und demselben Lande. Und die Massen des Kleinbürgertums, selbst ein Teil der Arbeiter, durch die Not, die Arbeitslosigkeit und die Unsicherheit ihrer Existenz [11] zur Verzweiflung getrieben, werden zu Opfern der sozialen und chauvinistischen Demagogie des Faschismus. Der Faschismus kommt zur Macht als Partei des Angriffs gegen die revolutionäre Bewegung des Proletariats, gegen die in Gärung befindlichen Volksmassen, er stellt jedoch seinen Machtantritt hin als eine »revolutionäre« Bewegung gegen die Bourgeoisie im Namen der »ganzen Nation« und zur »Rettung der Nation« (man denke an den »Marsch« Mussolinis nach Rom, an den »Marsch« Pilsudskis nach Warschau, an die nationalsozialistische »Revolution« Hitlers in Deutschland usw.). Aber welche Maske der Faschismus auch aufsetzen mag, in welchen Formen er auch auftreten mag, auf welchem Wege er immer auch zur Macht gelangen mag - Der Faschismus ist die wütendste Offensive des Kapitals gegen die werktätigen Massen. Der Faschismus ist zügellosester Chauvinismus und Raubkrieg. Der Faschismus ist wütende Reaktion und Konterrevolution. Der Faschismus ist der schlimmste Feind der Arbeiterklasse und aller Werktätigen. WAS BRINGT DER SIEGREICHE FASCHISMUS DEN MASSEN? Der Faschismus versprach den Arbeitern einen »gerechten Lohn«, in Wirklichkeit brachte er ihnen ein noch niedrigeres, ein bettlerhaftes Lebensniveau. Er versprach den Erwerbslosen Arbeit, in Wirklichkeit brachte er ihnen noch größere Hungerqualen, Sklavenarbeit, Zwangsarbeit. In Wirklichkeit verwandelt er Arbeiter und Arbeitslose in völlig rechtlose Parias der kapitalistischen Gesellschaft, zerstört ihre Gewerkschaften, raubt ihnen das Streikrecht und die Arbeiterpresse, treibt sie [12] mit Gewalt in die faschistischen Organisationen hinein, raubt ihre Sozialversicherungsfonds, verwandelt die Fabriken und Betriebe in Kasernen, in denen die zügellose Willkür der Kapitalisten herrscht. Der Faschismus versprach der werktätigen Jugend, ihr einen breiten Weg in eine glänzende Zukunft zu öffnen. In Wirklichkeit brachte er der Jugend Massenentlassungen aus den Betrieben, Arbeitsdienstlager und ununterbrochenen militärischen Drill für einen Raubkrieg. Der Faschismus versprach den Angestellten, den kleinen Beamten, den Intellektuellen, ihre Existenz zu sichern, die Allmacht der Trusts und die Spekulation des Bankkapitals zu beseitigen. In Wirklichkeit stürzte er sie in noch größere Hoffnungslosigkeit und Unsicherheit, unterwirft er sie einer neuen, aus seinen gehorsamsten Anhängern bestehenden Bürokratie, schafft er eine unerträgliche Diktatur der Trusts, verbreitet er in einem nie dagewesenen Maße Korruption und Zersetzung. Der Faschismus versprach der ruinierten, verelendeten Bauernschaft die Beseitigung der Schuldknechtschaft, die Abschaffung der Pachtzahlungen und sogar die unentgeltliche Enteignung des grundherrlichen Bodens zugunsten der landlosen und dem Ruin verfallenden Bauern. In Wirklichkeit schafft er eine noch nie dagewesene Versklavung der werktätigen Bauernschaft durch die Trusts und den faschistischen Staatsapparat und steigert die Ausbeutung der Hauptmassen der Bauernschaft durch die Großagrarier, die Banken und die Wucherer aufs äußerste. »Deutschland wird ein Bauernland oder überhaupt nicht sein« – erklärte feierlich Hitler, was aber haben die Bauern in Deutschland unter Hitler bekommen ? Ein Moratorium, das bereits aufgehoben ist? Oder das Erbhofgesetz, das zur Verdrängung von Millionen Bauernsöhnen und Töchtern aus dem Dorf und zu ihrer Verwandlung in Paupers (Bettler) führt ? Die Landarbeiter [13] wurden in halbe Leibeigene verwandelt, die sogar des elementaren Rechtes der Freizügigkeit beraubt sind. Die werktätige Bauernschaft ist der Möglichkeit beraubt, die Produkte ihrer Wirtschaft auf dem Markt zu verkaufen. Und in Polen ? »Der polnische Bauer« – schreibt das polnische Blatt »Czas« – »benutzt Methoden und Mittel, die wohl nur in der Epoche des Mittelalters angewandt wurden: er bewahrt das Feuer im Ofen und leiht es seinem Nachbar, er teilt die Zündhölzer in mehrere Teile. Die Bauern übergeben einander das schmutzige Seifenwasser. Sie kochen die Heringfässer aus, um Salzwasser zu bekommen. Das ist kein Märchen, sondern die wirkliche Lage im Dorf, von der jeder sich überzeugen kann.« Und das, Genossen, schreiben nicht Kommunisten, sondern ein polnisches reaktionäres Blatt! Aber das ist noch lange nicht alles. Jeden Tag werden in den Konzentrationslagern des faschistischen Deutschland, in den Kellern der Gestapo, in den polnischen Kasematten, in der bulgarischen und finnländischen Geheimpolizei, in der Belgrader »Glawnjatscha«, in der rumänischen »Siguranza«, auf den italienischen Inseln die besten Söhne der Arbeiterklasse, revolutionäre Bauern, Kämpfer für eine schönere Zukunft der Menschheit solchen abscheulichen Gewalttaten und Erniedrigungen ausgesetzt, vor denen die schlimmsten Schandtaten der zaristischen Geheimpolizei verblassen. Der verbrecherische deutsche Faschismus schlägt Männer in Anwesenheit ihrer Frauen zu einem blutigen Brei, schickt den Müttern in Postpaketen die Asche ihrer ermordeten Söhne. Die Sterilisierung wurde in ein politisches Kampfmittel verwandelt. Den gefangenen Antifaschisten spritzt man in den Folterkammern gewaltsam Giftstoffe ein, bricht ihnen die Arme, schlägt ihnen die Augen aus, hängt sie an, pumpt sie mit Wasser voll, schneidet ihnen Hakenkreuze in die Haut. Vor mir liegt eine statistische Zusammenstellung der Internationalen Roten Hilfe über die Ermordeten, Verwundeten. Verhafteten, Verstümmelten und zu Tode Gefolterten [14]* in Deutschland, Polen, Italien, Österreich, Bulgarien und Jugoslawien. In Deutschland allein wurden während der Herrschaft der Nationalsozialisten über 4.200 Personen ermordet, 317.800 verhaftet; 218.600 antifaschistische Arbeiter, Bauern, Angestellte, Intellektuelle, Kommunisten, Sozialdemokraten und Mitglieder oppositioneller christlicher Organisationen wurden verwundet und grausam gefoltert. In Österreich wurden von der »christlichen« faschistischen Regierung seit den Februarkämpfen im vorigen Jahr 1.900 Personen getötet, 10.000 verwundet und verstümmelt; 40.000 revolutionäre Arbeiter wurden verhaftet. Und diese Zusammenstellung, Genossen, ist bei weitem nicht vollständig. Es fällt mir schwer, Worte zu finden, um die ganze Empörung zum Ausdruck zu bringen, die uns beim Gedanken an die Qualen erfassen, die die Werktätigen jetzt in einer ganzen Reihe faschistischer Länder zu erdulden haben. Die Zahlen und Tatsachen, die wir anführen, widerspiegeln nicht den hundertsten Teil jener Ausbeutung und jener Qualen des weißgardistischen Terrors, von denen das tägliche Leben der Arbeiterklasse in den verschiedenen kapitalistischen Ländern voll ist. Keine noch so umfangreichen Bücher können eine klare Vorstellung vermitteln von den zahllosen Bestialitäten des Faschismus gegenüber den Werktätigen. Mit tiefer Erregung und mit Haß gegen die faschistischen Henker senken wir die Banner der Kommunistischen Internationale vor dem unvergeßlichen Andenken John Scheers, Fiete Schulzes, Lüttgens in Deutschland, Koloman Wallischs und Münichreiters in Österreich, Sallais und Fürsts in Ungarn, Kofardshiews, Lütibrodskis und Woikows in Bulgarien, vor dem Andenken der Tausende und aber Tausende kommunistischer, sozialdemokratischer und parteiloser Arbeiter, Bauern, Vertreter der fortschrittlichen Intelligenz, die ihr Leben im Kampfe gegen den Faschismus hingegeben haben. [15] Wir grüßen von dieser Tribüne aus den Führer des deutschen Proletariats und den Ehrenvorsitzenden unseres Kongresses – den Genossen Thälmann. (Stürmischer Beifall, alle erheben sich von den Platzen.) Wir grüßen die Genossen Rakosi, Gramsci (stürmischer Beifall, alle erheben sich von den Platzen), Antikainen, J. Panow. Wir grüßen den Führer der spanischen Sozialisten Caballero, der von den Konterrevolutionären ins Gefängnis geworfen worden ist, Tom Mooney, der bereits 18 Jahre im Kerker schmachtet und die Tausende anderer Gefangenen des Kapitals und des Faschismus, (stürmischer Beifall), und wir rufen ihnen zu: »Kampfgefährten! Waffengefährten! Wir haben Euch nicht vergessen! Wir sind mit Euch! Jede Stunde unseres Lebens, jeden Tropfen unseres Blutes wollen wir hergeben für Eure Befreiung und für die Befreiung aller Werktätigen vom schändlichen faschistischen Regime.« (Stürmischer Beifall, alle erheben sich von den Plätzen.) Genossen, Lenin hat uns bereits darauf hingewiesen, daß es der Bourgeoisie gelingen kann, mit dem wütendsten Terror über die Werktätigen herzufallen und in diesen oder jenen kürzeren Zeitabschnitten die wachsenden Kräfte der Revolution abzuwehren, aber daß sie sich trotzdem vor dem Untergang nicht retten kann. Lenin schrieb : »Das Leben setzt sich durch. Mag die Bourgeoisie toben, bis zur Geistesverwirrung wüten, übertreiben, Dummheiten machen, sich an den Bolschewiki im voraus rächen, und hunderte, tausende, hunderttausende Bolschewiki von morgen oder gestern abschlachten (Indien, Ungarn, Deutschland usw.): indem die Bourgeoisie das tut, handelt sie wie alle von der Geschichte zum Untergang verurteilten Klassen. Die Kommunisten müssen wissen, daß die Zukunft auf jeden Fall ihnen gehört; daher können (und müssen) wir in dem gewaltigen revolutionären Kampfe die größte Leidenschaftlichkeit mit der kaltblütigsten und nüchternsten Einschätzung der Wutanfälle der Bourgeoisie verbinden.« {* Lenin. Sämtl. Werke, Bd. XXV, S. 291.} [16] Ja, wenn wir und das Proletariat der ganzen Welt den uns von Lenin und Stalin gewiesenen Weg unbeirrt gehen werden, wird die Bourgeoisie, mag kommen was will, untergehen. (Beifall.) IST DER SIEG DES FASCHISMUS UNVERMEIDLICH ? Warum und wie konnte der Faschismus siegen ? Der Faschismus ist der schlimmste Feind der Arbeiterklasse und der Werktätigen. Der Faschismus ist der Feind von neun Zehnteln des deutschen Volkes, von neun Zehnteln des österreichischen Volkes, von neun Zehnteln der anderen Völker der faschistischen Länder. Wie, auf welche Weise konnte dieser schlimmste Feind siegen ? Der Faschismus konnte vor allem deshalb zur Macht kommen, weil die Arbeiterklasse dank der Politik der Arbeitsgemeinschaft mit der Bourgeoisie, die von den Führern der Sozialdemokratie betrieben wurde, gespalten war, politisch und organisatorisch gegenüber der angreifenden Bourgeoisie entwaffnet war. Die kommunistischen Parteien aber waren nicht stark genug, um ohne und gegen die Sozialdemokratie die Massen auf die Beine zu bringen und sie in den entscheidenden Kampf gegen den Faschismus zu führen. In der Tat! Mögen die Millionen sozialdemokratischer Arbeiter, die jetzt zusammen mit ihren kommunistischen Brüdern die Schrecken der faschistischen Barbarei auskosten, ernsthaft über folgendes nachdenken: wenn das österreichische und das deutsche Proletariat im Jahre 1918, als die Revolution in Deutschland und Österreich ausbrach, nicht der sozialdemokratischen Führung der Otto Bauer, Friedrich Adler und Renner in Österreich, der Ebert und Scheidemann in Deutschland Gefolgschaft geleistet hätte, sondern den Weg der russischen Bolschewiki, den Weg Lenins und Stalins gegangen wäre, dann [17] würde es jetzt keinen Faschismus geben, weder in Österreich noch in Deutschland, weder in Italien noch in Ungarn, weder in Polen noch auf dem Balkan. Nicht die Bourgeoisie, sondern die Arbeiterklasse wäre bereits längst der Herr der Lage in Europa. ( Beifall.) Nehmen wir z.B. die österreichische Sozialdemokratie. Die Revolution von 1918 hob sie gewaltig empor. Sie hatte die Macht in Händen, sie hatte starke Positionen in der Armee, im Staatsapparat. Gestützt auf diese Positionen, hätte sie den entstehenden Faschismus im Keime vernichten können. Aber sie gab ohne Widerstand eine Position der Arbeiterklasse nach der anderen auf. Sie erlaubte der Bourgeoisie, ihre Macht zu stärken, die Verfassung aufzuheben, den Staatsapparat, die Armee und die Polizei von sozialdemokratischen Funktionären zu reinigen, den Arbeitern das Waffenarsenal wegzunehmen. Sie erlaubte den faschistischen Banditen, sozialdemokratische Arbeiter ungestraft zu ermorden, Sie nahm die Bedingungen des Hüttenberger Pakts an, der den faschistischen Elementen den Zutritt zu den Betrieben öffnete. Gleichzeitig trichterten die Führer der Sozialdemokratie den Arbeitern das Linzer Programm ein, in dem die Alternative einer Gewaltanwendung gegenüber der Bourgeoisie und der Errichtung der proletarischen Diktatur vorgesehen war, und versicherten ihnen, daß die Partei, wenn die herrschenden Klassen gegenüber der Arbeiterklasse zur Gewalt greifen sollten, darauf mit der Aufforderung zum Generalstreik und bewaffneten Kampf antworten werde. Als ob die ganze Politik der Vorbereitung des faschistischen Überfalls auf die Arbeiterklasse nicht eine Kette von Gewaltakten ihr gegenüber war, die durch verfassungsmäßige Formen bemäntelt wurden? Sogar am Vorabend und während der Februarkämpfe ließ die Führung der österreichischen Sozialdemokratie den heldenmütig ringenden Schutzbund isoliert von den breiten Massen dastehen und verurteilte das österreichische Proletariat zur Niederlage. [18] War der Sieg des Faschismus in Deutschland unvermeidlich? Nein, die deutsche Arbeiterklasse hätte ihn verhindern können. Aber dazu hätte sie die Herstellung der antifaschistischen proletarischen Einheitsfront durchsetzen, die Führer der Sozialdemokratie zwingen müssen, den Feldzug gegen die Kommunisten einzustellen und die wiederholten Angebote der Kommunistischen Partei über die Aktionseinheit gegen den Faschismus anzunehmen. Sie hätte bei dem Angriff des Faschismus und bei der allmählichen Liquidierung der bürgerlich-demokratischen Freiheiten durch die Bourgeoisie sich nicht mit den schönen Resolutionen der Sozialdemokratie zufrieden geben dürfen, sondern hätte mit einem wirklichen Massenkampf antworten müssen, der die faschistischen Pläne der deutschen Bourgeoisie erschwerte. Sie hätte nicht das Verbot des Roten Frontkämpferbundes durch die Regierung Braun-Severing zulassen dürfen, sondern hätte zwischen dem Roten Frontkämpferbund und dem fast eine Million zählenden Reichsbanner einen Kampfkontakt herstellen und Braun und Severing zwingen müssen, sowohl die eine als auch die andere Organisation aller Abwehr und Zerschlagung der faschistischen Banden zu bewaffnen. Sie hätte die Führer der Sozialdemokratie, die an der Spitze der Regierung in Preußen standen, zwingen müssen, Verteidigungsmaßnahmen gegen den Faschismus zu ergreifen, die faschistischen Führer zu verhaften, ihre Presse zu verbieten, ihre materiellen Mittel sowie die Mittel der Kapitalisten, die die faschistische Bewegung subsidierten, zu konfiszieren, die faschistischen Organisationen aufzulösen, ihnen die Waffen abzunehmen usw. Weiter hätte sie es durchsetzen müssen, daß alle Arten von Sozialleistungen wiederhergestellt und erweitert werden, daß ein Moratorium und eine Krisenhilfe für die unter dem Einfluß der Krise ruinierten Bauern eingeführt [19] werden, und zwar durch Besteuerung der Banken und der Trusts, um sich auf diese Weise die Unterstützung der werktätigen Bauernschaft zu sichern. Das wurde nicht getan, und schuld daran war die Sozialdemokratie Deutschlands; deshalb konnte der Faschismus siegen. Mußten die Bourgeoisie und der Adel in Spanien unvermeidlich triumphieren, in einem Lande, in dem die Kräfte des proletarischen Aufstandes mit dem Bauernkrieg sich so günstig vereinen ? Die spanischen Sozialisten waren in der Regierung seit den ersten Tagen der Revolution. Haben sie einen Kampfkontakt zwischen den Arbeiterorganisationen aller politischen Richtungen hergestellt, einschließlich der Kommunisten und der Anarchisten? Haben sie die Arbeiterklasse in einer einheitlichen Gewerkschaftsorganisation zusammengeschlossen? Haben sie die Beschlagnahme aller Gutsbesitzer-, Kirchen- und Klosterländereien zugunsten der Bauern gefordert, um die Bauern für die Revolution zu gewinnen? Haben sie versucht, den Kampf für die nationale Selbstbestimmung der Katalonier, der Basken, für die Befreiung Marokkos zu führen? Haben sie eine Säuberung der Armee von monarchistischen und faschistischen Elementen durchgeführt und den Übergang der Armee auf die Seite der Arbeiter und Bauern vorbereitet? Haben sie die dem Volk verhaßte Zivilgarde, den Henker aller Volksbewegungen, aufgelöst? Haben sie gegen die faschistische Partei Gil Robles’, gegen die Macht der katholischen Kirche einen Schlag geführt ? Nein, nichts dergleichen. Sie haben die wiederholten Vorschläge der Kommunisten über die Herstellung der Aktionseinheit gegen den Angriff der bürgerlich-junkerlichen Reaktion und des Faschismus abgelehnt; sie haben Wahlgesetze durchgebracht, die es der Reaktion ermöglichten, die Mehrheit in den Cortes (Parlament) zu erobern, Gesetze, die die Volksbewegungen unter Strafe stellten, Gesetze, nach denen jetzt die heldenhaften Bergarbeiter von Asturien abgeurteilt [20]* werden. Sie haben mit den Händen der Zivilgarde die Bauern niedergeschossen, die für den Boden kämpften usw. So bereitete die Sozialdemokratie dem Faschismus den Weg zur Macht, sowohl in Deutschland als auch in Österreich, als auch in Spanien, desorganisierte und spaltete die Reihen der Arbeiterklasse. Genossen, der Faschismus siegte auch, weil das Proletariat isoliert war von seinen natürlichen Bundesgenossen. Der Faschismus siegte, weil es ihm gelang, die großen Massen der Bauernschaft mit sich zu reißen, dank der Tatsache, daß die Sozialdemokratie im Namen der Arbeiterklasse im Grunde genommen eine bauernfeindliche Politik trieb. Der Bauer sah an der Macht eine Reihe von sozialdemokratischen Regierungen, die in seinen Augen die Macht der Arbeiterklasse verkörperten, aber keine einzige dieser Regierungen bereitete der Notlage der Bauern ein Ende, keine einzige von ihnen gab den Bauern Land. Die Sozialdemokratie in Deutschland hat die Gutsbesitzer nicht angetastet. Sie arbeitete den Streiks der Landarbeiter entgegen, und die Folge davon war, daß die Landarbeiter in Deutschland noch lange vor dem Machtantritt Hitlers die reformistischen Gewerkschaften verließen und in den meisten Fällen zum »Stahlhelm« und den Nationalsozialisten übergingen. Der Faschismus siegte auch, weil es ihm gelang, in die Reihen der Jugend einzudringen, während die Sozialdemokratie die Arbeiterjugend vom Klassenkampf ablenkte, das revolutionäre Proletariat aber unter der Jugend nicht die notwendige Erziehungsarbeit entfaltete und dem Kampf für ihre besonderen Interessen und Forderungen nicht die genügende Aufmerksamkeit zuwandte. Der Faschismus packte bei dem unter der Jugend besonders scharf ausgeprägten Drang nach Kampfaktvität an und zog einen großen Teil der Jugend in seine Kampftrupps. Die neue Generation der männlichen und weiblichen Jugend [21]* hat nicht die Schrecken des Krieges durchgemacht. Sie kostet am eigenen Leibe die ganze Schwere der Wirtschaftskrise, der Arbeitslosigkeit und des Zerfalls der bürgerlichen Demokratie aus. Da bedeutende Teile der Jugend keine Perspektiven für die Zukunft sahen, so waren sie besonders empfänglich für die faschistische Demagogie, die ihnen eine verlockende Zukunft ausmalte, wenn der Faschismus siegte. In diesem Zusammenhang können wir auch nicht an einer Reihe von Fehlern der kommunistischen Parteien vorbeigehen, von Fehlern, die unseren Kampf gegen den Faschismus hemmten. In unseren Reihen hatten wir eine unzulässige Unterschätzung der faschistischen Gefahr, die auch bis auf den heutigen Tag nicht überall liquidiert ist. Eine solche Einstellung, wie sie früher in unseren Parteien zu finden war, daß »Deutschland nicht Italien« sei, in dem Sinne, daß der Faschismus in Italien siegen konnte, daß aber sein Sieg in Deutschland ausgeschlossen sei, weil wir hier ein industriell hochentwickeltes Land, ein kulturell hochentwickeltes Land haben, das eine 40jährige Tradition der Arbeiterbewegung besitzt, ein Land, in dem der Faschismus unmöglich sei. Oder jene Einstellung, die jetzt vorhanden ist, daß in den Ländern der »klassischen« bürgerlichen Demokratie kein Boden vorhanden sei für den Faschismus. Eine solche Einstellung konnte und kann die Verringerung der Wachsamkeit gegenüber der faschistischen Gefahr begünstigen und die Mobilisierung des Proletariats im Kampf gegen den Faschismus erschweren. Man kann auch nicht wenig Fälle anführen, wo die Kommunisten durch einen faschistischen Umsturz überrumpelt wurden. Denkt an Bulgarien, wo die Führung unserer Partei eine »neutrale«, im Grunde genommen aber eine opportunistische Stellung zum Umsturz vom 9. Juni 1923 einnahm; denkt an Polen, wo im Mai 1926 die Führung der Kommunistischen Partei, die die Triebkräfte [22]* der polnischen Revolution nicht richtig einschätzte, es nicht vermochte, den faschistischen Charakter des Pilsudski-Umsturzes zu durchschauen, und den Ereignissen nachhinkte; denkt an Finnland, wo unsere Partei von der unrichtigen Vorstellung einer langsamen, allmählichen Faschisierung ausging und den von der führenden Gruppe der Bourgeoisie vorbereiteten faschistischen Umsturz übersah, der die Partei und die Arbeiterklasse überrumpelte. Als der Nationalsozialismus bereits zu einer drohenden Massenbewegung in Deutschland wurde, da erklärten Genossen, wie Heinz Neumann, für die die Brüningregierung bereits eine Regierung der faschistischen Diktatur war, in prahlerischer Weise: »Wenn das ›Dritte Reich‹ Hitlers einmal kommen sollte, dann nur anderthalb Meter unter der Erde, über der Erde aber werden wir eine siegreiche Arbeitermacht haben.« Unsere Genossen in Deutschland haben lange Zeit das gekränkte Nationalgefühl und die Empörung der Massen gegen den Versailler Friedensvertrag nicht genügend in Rechnung gestellt, sie haben sich zu den Schwankungen der Bauernschaft und des Kleinbürgertums geringschätzig verhalten, haben sich mit dem Programm der sozialen und nationalen Befreiung verspätet, und als sie es aufstellten, da verstanden sie nicht, es entsprechend den konkreten Bedürfnissen und dem Niveau der Massen anzuwenden; da verstanden sie es nicht einmal, es unter den Massen großzügig zu popularisieren. In einer Reihe von Ländern wurde die notwendige Entfaltung des Massenkampfes gegen den Faschismus durch ein fruchtloses Räsonieren über den Charakter des Faschismus »im allgemeinen« und durch eine sektiererische Beschränktheit in bezug auf die Stellung und Lösung der aktuellen politischen Aufgaben der Partei ersetzt. Genossen, wir sprechen von den Ursachen des Sieges des Faschismus, wir weisen auf die historische Verantwortung [23]* der Sozialdemokratie für die Niederlage der Arbeiterklasse hin, wir stellen auch unsere eigenen Fehler im Kampf gegen den Faschismus fest, nicht einfach deshalb, weil wir in der Vergangenheit herumwühlen wollen. Wir sind keine vom Leben losgelöste Historiker, wir sind Kämpfer der Arbeiterklasse, die verpflichtet sind, eine Antwort auf die Frage zu geben, die Millionen Arbeiter quält: Kann man den Sieg des Faschismus verhindern und wie kann man das tun? Und wir antworten diesen Millionen Arbeitern : Jawohl, Genossen, man kann dem Faschismus den Weg versperren. Das ist durchaus möglich. Das hängt von uns selbst ab, von den Arbeitern, den Bauern, von allen Werktätigen. Die Verhinderung des Sieges des Faschismus hängt vor allem von der Kampfaktivität der Arbeiterklasse selbst ab, vom Zusammenschluß ihrer Kräfte zu einer einheitlichen, gegen die Offensive des Kapitals und des Faschismus kämpfenden Armee. Das Proletariat, das seine Kampfeinheit herstellt, würde den Einfluß des Faschismus auf die Bauernschaft, auf das städtische Kleinbürgertum, auf die Jugend und die Intelligenz paralysieren, würde einen Teil neutralisieren, den anderen Teil auf seine Seite herüberziehen. Zweitens hängt das vom Vorhandensein einer starken revolutionären Partei ab, die den Kampf der Werktätigen gegen den Faschismus richtig leitet. Eine Partei, die systematisch die Arbeiter zum Rückzug vor dem Faschismus ruft und der faschistischen Bourgeoisie erlaubt, ihre Stellungen zu stärken, – eine solche Partei wird unvermeidlich die Arbeiter der Niederlage entgegenführen. Drittens hängt das von der richtigen Politik der Arbeiterklasse gegenüber der Bauernschaft und den kleinbürgerlichen Massen in den Städten ab. Diese Massen muß man so nehmen, wie sie sind, und nicht so, wie wir sie sehen möchten. Nur im Laufe des Kampfes werden sie ihre Zweifel und Schwankungen abwerfen, nur wenn [24] man ihren unvermeidlichen Schwankungen gegenüber Geduld an den Tag legt und wenn das Proletariat sie politisch unterstützt, werden sie sich auf eine höhere Stufe des revolutionären Bewußtseins und der Aktivität emporschwingen. Viertens hängt das von der Wachsamkeit und den rechtzeitigen Aktionen des revolutionären Proletariats ab. Man darf sich nicht vom Faschismus überrumpeln lassen; man darf ihm nicht die Initiative überlassen; man muß ihm entscheidende Schläge versetzen, wenn er es noch nicht vermocht hat, seine Kräfte zu sammeln; man darf es nicht zulassen, daß er seine Stellung stärkt; man muß ihm auf Schritt und Tritt entgegentreten, wo er sich zeigt; man darf es nicht zulassen, daß er neue Stellungen erobert, so wie das französische Proletariat das mit Erfolg zu tun versucht. (Beifall.) Das sind die wichtigsten Bedingungen, um das Anwachsen des Faschismus und seinen Machtantritt zu verhindern. DER FASCHISMUS – EINE GRAUSAME, ABER KEINE FESTE MACHT Die faschistische Diktatur der Bourgeoisie ist eine grausame, aber keine feste Macht. Worin bestehen die Hauptursachen dafür, daß die faschistische Diktatur keine feste Diktatur ist? Der Faschismus, der sich anschickte, die Meinungsverschiedenheiten und die Gegensätze im Lager der Bourgeoisie zu überwinden, verschärft diese Gegensätze noch mehr. Der Faschismus versucht, sein politisches Monopol zu errichten, und beseitigt gewaltsam die anderen politischen Parteien. Aber das Vorhandensein des kapitalistischen Systems, das Bestehen der verschiedenen Klassen und die Verschärfung der Klassengegensätze führen unvermeidlich zur Erschütterung und Sprengung des politischen [25]* Monopols des Faschismus. Das ist kein Sowjetland, in dem die Diktatur des Proletariats ebenfalls durch eine Monopolpartei verwirklicht wird, wo aber dieses politische Monopol den Interessen der Millionen der Werktätigen entspricht und sich immer mehr auf den Aufbau der klassenlosen Gesellschaft stützt. In einem faschistischen Lande kann die Partei der Faschisten ihr Monopol nicht lange aufrechterhalten, weil sie nicht imstande ist, sich die Aufgabe der Beseitigung der Klassen und der Klassengegensätze zu stellen. Sie hebt die legale Existenz der bürgerlichen Parteien auf, aber eine Reihe von ihnen besteht illegal weiter. Die Kommunistische Partei aber marschiert auch unter den illegalen Verhältnissen vorwärts, stählt sich und leitet den Kampf des Proletariats gegen die faschistische Diktatur. Auf diese Weise muß das politische Monopol des Faschismus unter den Schlägen der Klassengegensätze zusammenbrechen. Eine andere Ursache dafür, daß die faschistische Diktatur nicht fest ist, besteht darin, daß der Kontrast zwischen der antikapitalistischen Demagogie des Faschismus und der Politik der räuberischsten Bereicherung der monopolistischen Bourgeoisie die Entlarvung des Klassenwesens des Faschismus erleichtert und zur Erschütterung und zum Zusammenschrumpfen seiner Massenbasis führt. Ferner ruft der Sieg des Faschismus den tiefen Haß und die Empörung der Massen hervor, begünstigt ihre Revolutionierung und gibt der Einheitsfront des Proletariats gegen den Faschismus einen mächtigen Anstoß. Durch die Politik des wirtschaftlichen Nationalismus (Autarkie) und durch die Inanspruchnahme des größeren Teils des Volkseinkommens für die Vorbereitung des Krieges untergräbt der Faschismus die ganze Wirtschaft des Landes und verschärft den Wirtschaftskrieg zwischen den kapitalistischen Staaten. Er verleiht den innerhalb der Bourgeoisie entstehenden Konflikten den Charakter scharfer und nicht selten blutiger Zusammenstöße, [26] was die Festigkeit der faschistischen Staatsmacht in den Augen des Volkes untergräbt. Eine Staatsmacht, die ihre eigenen Anhänger ermordet, wie das am 30. Juni vergangenen Jahres in Deutschland der Fall war, die faschistische Staatsmacht, gegen die mit der Waffe in der Hand der andere Teil der faschistischen Bourgeoisie kämpft (der nationalsozialistische Putsch in Österreich, das scharfe Auftreten einzelner faschistischer Gruppen gegen die faschistische Regierung in Polen, Bulgarien, Finnland und anderen Ländern), – eine solche Staatsmacht kann in den Augen der breiten kleinbürgerlichen Massen ihre Autorität nicht lange aufrechterhalten. Die Arbeiterklasse muß es verstehen, die Gegensätze und Konflikte im Lager der Bourgeoisie auszunutzen, aber sie darf sich keine Illusionen darüber machen, daß der Faschismus sich von selbst erschöpfen werde. Der Faschismus wird nicht automatisch zusammenbrechen. Nur die revolutionäre Aktivität der Arbeiterklasse wird helfen, die im Lager der Bourgeoisie unvermeidlich entstehenden Konflikte zur Untergrabung der faschistischen Diktatur und zu ihrem Sturz auszunutzen. Durch die Liquidierung der Überreste der bürgerlichen Demokratie, durch die Erhebung der offenen Gewalt zum Regierungssystem untergräbt der Faschismus die demokratischen Illusionen und die Autorität der Gesetzlichkeit in den Augen der werktätigen Massen. Das geht um so mehr in den Ländern vor sich, in denen, wie z.B. in Österreich und Spanien, die Arbeiter mit der Waffe in der Hand gegen den Faschismus gekämpft haben. In Österreich hat der heldenhafte Kampf des Schutzbundes und der Kommunisten trotz der Niederlage die Festigkeit der faschistischen Diktatur von Anfang an erschüttert. In Spanien ist es der Bourgeoisie nicht gelungen, den Werktätigen einen faschistischen Maulkorb umzuhängen. Die bewaffneten Kämpfe in Österreich und Spanien führten dazu, daß immer breitere Massen der Arbeiterklasse die [27] Notwendigkeit des revolutionären Klassenkampfes erkennen. Nur solche unglaublichen Philister, solche Lakaien der Bourgeoisie, wie der älteste Theoretiker der II. Internationale, Karl Kautsky, können den Arbeitern Vorwürfe machen und sagen, daß sie in Österreich und Spanien nicht zu den Waffen hätten greifen sollen. Wie würde jetzt die Arbeiterbewegung in Österreich und in Spanien aussehen, wenn die Arbeiterklasse dieser Länder sich von den verräterischen Ratschlägen der Kautsky hatte leiten lassen? Die Arbeiterklasse hätte eine tiefe Demoralisierung in ihren Reihen erlebt. »Die Völker machen die Schule des Bürgerkriegs« – sagt Lenin – »nicht umsonst durch. Das ist eine harte Schule, und zu ihrem vollen Programm gehören unvermeidlich auch Siege der Gegenrevolution, das Wüten der erbitterten Reaktionäre, wilde Racheakte der alten Macht an den Rebellen usw. Doch nur eingefleischte Pedanten und des Verstandes bare Mumien können darüber jammern, daß die Völker diese qualvolle Schule durchmachen; diese Schule lehrt die unterdrückten Klassen, den Bürgerkrieg führen, lehrt sie in der Revolution siegen. Sie speichert in den Massen der modernen Sklaven jenen Haß auf, den die verschüchterten, stumpfen und unwissenden Sklaven ewig verbergen, und der die Sklaven, die die Schmach ihres Sklaventums erkannt haben, zu den größten geschichtlichen Heldentaten führt.« {* Lenin, Sämtl. Werke, Bd. XII, S. 380.} Der Sieg des Faschismus in Deutschland hat bekanntlich eine neue Welle der faschistischen Offensive mit sich gebracht, die in Österreich zur Provokation Dollfuß, in Spanien zu neuen Angriff en der Konterrevolution auf die revolutionären Errungenschaften der Massen, in Polen zur faschistischen Reform der Verfassung geführt und in Frankreich die bewaffneten Abteilungen der Faschisten im Februar 1934 zum Versuch eines Staatsstreichs aufgemuntert hat. Aber dieser Sieg und das Wüten der faschistischen Diktatur haben eine Gegenbewegung der proletarischen Einheitsfront gegen den Faschismus [28]* im internationalen Maßstab hervorgerufen. Die Reichstagsbrandstiftung, die das Signal war zum Generalangriff des Faschismus gegen die Arbeiterklasse, der Raub der Gewerkschaften und der anderen Arbeiterorganisationen und ihre Ausplünderung, die Schreie der gefolterten Antifaschisten aus den Kellern der faschistischen Kasernen und den Konzentrationslagern zeigen den Massen handgreiflich, wozu die reaktionäre Spaltungstätigkeit der Führer der deutschen Sozialdemokratie geführt hat, die die Vorschläge der Kommunisten über einen gemeinsamen Kampf gegen den angreifenden Faschismus ablehnten, und überzeugen sie von der Notwendigkeit der Zusammenfassung aller Kräfte der Arbeiterklasse zum Sturz des Faschismus. Der Sieg Hitlers hat auch einen starken Anstoß zur Schaffung der Einheitsfront der Arbeiterklasse gegen den Faschismus in Frankreich gegeben. Der Sieg Hitlers hat bei den Arbeitern nicht nur Furcht hervorgerufen vor dem Schicksal der deutschen Arbeiter, hat nicht nur den Haß gegen die Henker ihrer deutschen Klassenbrüder entfacht, sondern hat auch ihre Entschlossenheit verstärkt, auf keinen Fall in ihrem Lande das zuzulassen, was mit der Arbeiterklasse in Deutschland geschehen ist. Der mächtige Drang nach der Einheitsfront in allen kapitalistischen Ländern zeigt, daß die Lehren der Niederlage nicht umsonst waren. Die Arbeiterklasse beginnt auf neue Weise zu handeln. Die Initiative der Kommunistischen Partei bei der Organisierung der Einheitsfront und die grenzenlose Aufopferung der Kommunisten, der revolutionären Arbeiter im Kampfe gegen den Faschismus führten zu einem unerhörten Anwachsen der Autorität der Kommunistischen Internationale. Gleichzeitig entwickelt sich eine tiefe Krise in der II. Internationale, die nach dem Bankrott der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands besonders kraß zutage trat und sich verschärfte. [29] Die sozialdemokratischen Arbeiter können sich immer anschaulicher davon überzeugen, daß das faschistische Deutschland mit allen seinen Schrecken und seiner Barbarei letzten Endes eine Folge der sozialdemokratischen Politik der Arbeitsgemeinschaft mit der Bourgeoisie ist. Diese Massen werden sich immer klarer darüber, daß der Weg, den die Führer der deutschen Sozialdemokratie das Proletariat geführt haben, nicht wieder beschritten werden darf. Noch nie hat es in den Reihen der II. Internationale eine solche geistige Verwirrung gegeben, wie jetzt. Es geht eine Differenzierung innerhalb aller sozialdemokratischen Parteien vor sich. In ihren Reihen bilden sich zwei Hauptlager heraus: neben dem bestehenden Lager der reaktionären Elemente, die mit allen Mitteln versuchen, den Block der Sozialdemokratie mit der Bourgeoisie zu erhalten, und wütend die Einheitsfront mit den Kommunisten ablehnen, beginnt sich das Lager der revolutionären Elemente herauszubilden, die Zweifel an der Richtigkeit der Politik der Arbeitsgemeinschaft mit der Bourgeoisie hegen, die für die Schaffung einer Einheitsfront mit den Kommunisten sind und in immer stärkerem Maße auf den Standpunkt des revolutionären Klassenkampfes überzugehen anfangen. Der Faschismus, der als Folge des Niederganges des kapitalistischen Systems aufgetaucht ist, wirkt also letzten Endes als Faktor seiner weiteren Zersetzung. So führt der Faschismus, der die Verpflichtung übernahm, dem Marxismus, der revolutionären Arbeiterbewegung den Garaus zu machen, infolge der Dialektik des Lebens und des Klassenkampfes zu einer weiteren Entwicklung jener Kräfte, die seine Totengräber, die Totengräber des Kapitalismus sein müssen. (Beifall.) [30] II. DIE EINHEITSFRONT DER ARBEITERKLASSE GEGEN DEN FASCHISMUS Genossen! Millionen von Arbeitern und Werktätigen in den kapitalistischen Ländern fragen: wie kann man verhindern, daß der Faschismus an die Macht gelangt, und wie kann man den Faschismus stürzen, wenn er gesiegt hat? Die Kommunistische Internationale antwortet: das erste, was gemacht werden muß, womit man beginnen muß, ist die Schaffung der Einheitsfront, die Herstellung der Aktionseinheit der Arbeiter in jedem Betrieb, in jedem Bezirk, in jedem Gebiet, in jedem Lande, in der ganzen Welt. Die Aktionseinheit des Proletariats im nationalen und internationalen Maßstab ist die mächtige Waffe, die die Arbeiterklasse nicht nur zur erfolgreichen Verteidigung, sondern auch zur erfolgreichen Gegenoffensive gegen den Faschismus, gegen den Klassenfeind fähig macht. DIE BEDEUTUNG DER EINHEITSFRONT Ist es nicht klar, daß gemeinsame Aktionen der Anhänger der Parteien und Organisationen der zwei Internationalen – der Kommunistischen Internationale und der II. Internationale – den Massen die Abwehr des faschistischen Ansturms erleichtern und das politische Gewicht der Arbeiterklasse erhöhen würden? Gemeinsame Aktionen der Parteien der beiden Internationalen gegen den Faschismus würden jedoch nicht nur einen Einfluß auf ihre gegenwärtigen Anhänger, auf [31] die Kommunisten und die Sozialdemokraten haben, sie würden auch einen mächtigen Einfluß auf die Reihen der christlichen, anarchistischen und unorganisierten Arbeiter ausüben, sogar auf diejenigen, die vorübergehend ein Opfer der faschistischen Demagogie geworden sind. Ja noch mehr. Die machtvolle Einheitsfront des Proletariats würde einen ungeheuren Einfluß auf alle anderen Schichten des werktätigen Volkes ausüben, auf die Bauernschaft, auf das städtische Kleinbürgertum, auf die Intellektuellen. Die Einheitsfront Würde den schwankenden Schichten den Glauben an die Kräfte der Arbeiterklasse geben. Aber auch das ist noch nicht alles. Das Proletariat der imperialistischen Länder hat potentielle Verbündete nicht nur in den Werktätigen des eigenen Landes, sondern auch in den unterdrückten Völkern der Kolonien und Halbkolonien. Die Tatsache, daß das Proletariat im nationalen und Internationalen Maßstab gespalten ist, daß einer seiner Teile die Politik der Arbeitsgemeinschaft mit der Bourgeoisie und namentlich ihr Unterdrückungsregime in den Kolonien und Halbkolonien unterstützt, stößt die unterdrückten Völker der Kolonien und Halbkolonien von der Arbeiterklasse ab und schwächt die internationale antiimperialistische Front. Jeder Schritt auf dem Wege zur Aktionseinheit, der auf die Unterstützung des Befreiungskampfes der Kolonialvölker durch das Proletariat der imperialistischen Mutterländer gerichtet ist, bedeutet die Verwandlung der Kolonien und Halbkolonien in eine der Hauptreserven des Weltproletariats. Wenn wir schließlich in Betracht ziehen, daß die internationale Aktionseinheit des Proletariats sich auf die ständig wachsende Macht des proletarischen Staates, des Landes des Sozialismus, der Sowjetunion, stützt, so sehen wir, welche breiten Perspektiven die Herstellung der Aktionseinheit des Proletariats im nationalen und internationalen Maßstab eröffnet. [32] Die Herstellung der Aktionseinheit aller Teile der Arbeiterklasse, unabhängig von ihrer Zugehörigkeit zu der einen oder anderen Partei und Organisation, ist notwendig, noch bevor die Mehrheit der Arbeiterklasse sich zum Kampf für den Sturz des Kapitalismus und für den Sieg der proletarischen Revolution vereinigt haben wird. Ist es möglich, diese Aktionseinheit des Proletariats in den einzelnen Ländern und in der ganzen Welt zu verwirklichen? Jawohl, es ist möglich, und es ist sofort möglich. Die Kommunistische Internationale stellt für die Aktionseinheit keinerlei Bedingungen, mit Ausnahme einer einzigen, elementaren, für alle Arbeiter annehmbaren Bedingung, und zwar, daß die Aktionseinheit sich gegen den Faschismus, gegen die Offensive des Kapitals, gegen die Kriegsgefahr, gegen den Klassenfeind richtet. Das ist unsere Bedingung. DIE HAUPTARGUMENTE DER GEGNER DER EINHEITSFRONT Welche Einwände können die Gegner der Einheitsfront machen und welche Einwände machen sie? Die einen sagen: »Die Losung der Einheitsfront ist für die Kommunisten nur ein Manöver.« Wäre das aber ein Manöver – antworten wir -, dann muß man fragen, warum ihr dieses »kommunistische Manöver« nicht durch eure ehrliche Beteiligung an der Einheitsfront entlarvt? Wir erklären offen: wir wollen die Aktionseinheit der Arbeiterklasse, damit das Proletariat in seinem Kampfe gegen die Bourgeoisie erstarke, damit es, wenn es heute seine Tagesinteressen gegen das angreifende Kapital, gegen den Faschismus verteidigt, imstande sein soll, morgen die Voraussetzungen für seine endgültige Befreiung zu schaffen. »Die Kommunisten greifen uns an« – sagen die anderen. Aber hört doch, wir haben bereits wiederholt [33] erklärt: wir werden niemanden angreifen, weder Personen noch Organisationen, noch Parteien, die für die Einheitsfront der Arbeiterklasse gegen den Klassenfeind sind. Gleichzeitig aber haben wir im Interesse des Proletariats und seiner Sache die Pflicht, die Personen, Organisationen und Parteien zu kritisieren, die die Aktionseinheit der Arbeiter stören. »Wir können keine Einheitsfront mit den Kommunisten bilden, weil sie ein anderes Programm haben« – sagen die Dritten. Aber ihr behauptet doch, daß ihr ein Programm habt, das sich vom Programm der bürgerlichen Parteien unterscheidet. Und das hat euch nicht gehindert und hindert euch nicht daran, Koalitionen mit diesen Parteien zu bilden. »Die bürgerlich-demokratischen Parteien sind bessere Verbündete gegen den Faschismus als die Kommunisten« – sagen die Gegner der Einheitsfront und die Verteidigung der Koalition mit der Bourgeoisie. Was zeigt aber die Erfahrung Deutschlands? Dort haben doch die Sozialdemokraten einen Block mit diesen »besseren« Verbündeten gebildet. Und was sind die Ergebnisse? »Wenn wir eine Einheitsfront mit den Kommunisten bilden, werden die Kleinbürger Angst vor der ›roten Gefahr‹ bekommen und zu den Faschisten überlaufen« – hören wir oft. Bedroht etwa die Einheitsfront die Bauern, die Kleinhändler, die Handwerker, die werktätige Intelligenz? Nein, die Einheitsfront bedroht die Großbourgeoisie, die Finanzmagnaten, die Junker und andere Ausbeuter, deren Regime allen diesen Schichten den völligen Ruin bringt. »Die Sozialdemokratie ist für die Demokratie, die Kommunisten aber sind für die Diktatur, deshalb können wir mit den Kommunisten keine Einheitsfront bilden« – sagt eine Reihe von sozialdemokratischen Führern. Aber schlagen wir euch heute etwa eine Einheitsfront zur Proklamierung der Diktatur des Proletariats vor? Das schlagen wir doch einstweilen nicht vor. [34] »Mögen die Kommunisten die Demokratie anerkennen und für ihre Verteidigung eintreten, dann sind wir zur Einheitsfront bereit.« Darauf erwidern wir: wir sind Anhänger der Sowjetdemokratie, der Demokratie der Werktätigen, der konsequentesten Demokratie der Welt. Aber wir verteidigen in den kapitalistischen Ländern jeden Fußbreit der bürgerlich-demokratischen Freiheiten, die der Faschismus und die bürgerliche Reaktion angreifen, und werden es auch in Zukunft tun, weil das die Interessen des Klassenkampfes des Proletariats verlangen. »Aber die kleinen kommunistischen Parteien werden durch ihre Beteiligung an jener Einheitsfront, die von der Labour Party verwirklicht wird, nichts hinzufügen« – sagen z.B. die Führer der Labour Party in England. Aber erinnert euch, dasselbe haben die österreichischen sozialdemokratischen Führer in bezug auf die kleine österreichische Kommunistische Partei behauptet. Was haben aber die Ereignisse gezeigt? Nicht die österreichische Sozialdemokratie mit Otto Bauer und Karl Renner an der Spitze behielt recht, sondern die kleine österreichische Kommunistische Partei, die die faschistische Gefahr in Österreich rechtzeitig signalisierte und die Arbeiter zum Kampf rief. Die ganze Erfahrung der Arbeiterbewegung hat doch gezeigt, daß die Kommunisten, sogar wenn sie zahlenmäßig relativ schwach sind, der Motor der Kampfaktivität des Proletariats sind. Außerdem darf man nicht vergessen, daß die kommunistischen Parteien Österreichs oder Englands nicht nur die zehntausende Arbeiter repräsentieren, die Anhänger dieser Parteien sind, sie sind Teile der internationalen kommunistischen Bewegung, sie sind Sektionen der Kommunistischen Internationale, deren führende Partei die Partei eines Proletariats ist, das bereits gesiegt hat und auf einem Sechstel der Erde regiert. »Aber die Einheitsfront hat den Sieg des Faschismus [35] im Saargebiet nicht verhindern können« – wenden die Gegner der Einheitsfront ein. Eine merkwürdige Logik haben diese Herrschaften! Erst tun sie alles, um den Sieg des Faschismus sicherzustellen, und dann behaupten sie schadenfroh, daß die Einheitsfront, zu der sie sich im allerletzten Augenblick herbeigelassen haben, nicht zum Sieg der Arbeiter geführt habe. »Wollten wir eine Einheitsfront mit den Kommunisten bilden, so würden wir aus der Koalition austreten müssen, und in die Regierung würden die reaktionären und faschistischen Parteien eintreten« – sagen die sozialdemokratischen Führer, die in den Regierungen der verschiedenen Länder sitzen. Nun gut. Hat die deutsche Sozialdemokratie einer Koalitionsregierung angehört? Jawohl! Hat die österreichische Sozialdemokratie der Regierung angehört? Ebenfalls! Waren die spanischen Sozialisten in einer Regierung mit der Bourgeoisie? Jawohl, auch sie! Hat in diesen Ländern die Beteiligung der Sozialdemokratie an den bürgerlichen Koalitionsregierungen den Überfall des Faschismus auf das Proletariat verhindert? Nein, das hat ihn nicht verhindert. Also ist es sonnenklar, daß die Beteiligung sozialdemokratischer Minister an einer bürgerlichen Regierung keinen Schutzwall gegen den Faschismus bildet. »Die Kommunisten handeln diktatorisch, sie wollen uns alles vorschreiben und diktieren.« Nein. Wir schreiben nichts vor und diktieren nichts. Wir machen nur unsere Vorschläge, von denen wir überzeugt sind, daß ihre Verwirklichung im Interesse des werktätigen Volkes liegt. Das ist nicht nur ein Recht, sondern auch die Pflicht aller, die im Namen der Arbeiter auftreten. Ihr fürchtet eine »Diktatur« der Kommunisten? Dann laßt uns gemeinsam alle Vorschläge den Arbeitern vorlegen, eure und unsere, alle gemeinsam durchberaten zusammen mit allen Arbeitern und diejenigen Vorschläge auswählen, die für die Sache der Arbeiterklasse am nützlichsten sind. [36] Also, alle diese Argumente gegen die Einheitsfront halten keinerlei Kritik stand. Das sind eher Ausreden der reaktionären Führer der Sozialdemokratie, die ihre Einheitsfront mit der Bourgeoisie der Einheitsfront des Proletariats vorziehen. Nein! Diese Ausreden gelten nicht! Das internationale Proletariat hat die Folgen der Spaltung der Arbeiterbewegung ausgekostet und überzeugt sich immer mehr davon, daß die Einheitsfront, die Aktionseinheit des Proletariats im nationalen und internationalen Maßstab notwendig und durchaus möglich sind. (Beifall.) INHALT UND FORMEN DER EINHEITSFRONT Was ist und was muß der Hauptinhalt der Einheitsfront in der gegebenen Etappe sein? Die Verteidigung der unmittelbaren wirtschaftlichen und politischen Interessen der Arbeiterklasse, die Verteidigung der Arbeiterklasse gegen den Faschismus muß der Ausgangspunkt und der Hauptinhalt der Einheitsfront in allen kapitalistischen Ländern sein. Wir dürfen uns nicht mit bloßen Aufrufen zum Kampf für die proletarische Diktatur begnügen, sondern müssen solche Losungen und Kampfformen ausfindig machen und vorschlagen, die sich aus den Lebensbedürfnissen der Massen, aus dem Grad ihrer Kampffähigkeit in der jeweiligen Entwicklungsetappe ergeben. Wir müssen den Massen zeigen, was sie heute tun müssen, um sich vor der kapitalistischen Ausplünderung und der faschistischen Barbarei zu schützen. Wir müssen uns dafür einsetzen, daß die breiteste Einheitsfront hergestellt wird durch gemeinsame Aktionen der Arbeiterorganisationen der verschiedenen Richtungen zum Schutz der Lebensinteressen der werktätigen Massen. Das bedeutet erstens den gemeinsamen Kampf für die [37] wirkliche Abwälzung der Folgen der Krise auf die Schultern der herrschenden Klassen, auf die Schultern der Kapitalisten, der Grundherren, mit einem Wort, auf die Schultern der Reichen. Das bedeutet zweitens den gemeinsamen Kampf gegen alle Formen der faschistischen Offensive, für die Verteidigung der Errungenschaften und der Rechte der Werktätigen, gegen die Beseitigung der bürgerlich-demokratischen Freiheiten. Das bedeutet drittens den gemeinsamen Kampf gegen die herannahende Gefahr eines imperialistischen Krieges, einen Kampf, der die Vorbereitung dieses Krieges erschweren würde. Wir müssen unermüdlich die Arbeiterklasse auf den raschen Wechsel der Formen und Methoden des Kampfes bei Veränderung der Verhältnisse vorbereiten. In dem Maße, wie die Bewegung wächst und die Einheit der Arbeiterklasse sich verstärkt, müssen wir weitergehen und den Übergang von der Verteidigung zum Angriff gegen das Kapital vorbereiten und auf die Organisierung des politischen Massenstreiks hinsteuern. Dabei muß die unbedingte Voraussetzung eines solchen Streiks sein, daß die ausschlaggebenden Gewerkschaften des gegebenen Landes in diesen Streik hineingezogen werden. Natürlich können und dürfen die Kommunisten keinen Augenblick auf ihre selbständige Arbeit zur kommunistischen Aufklärung, Organisierung und Mobilisierung der Massen verzichten. Um jedoch den Arbeitern den Weg zur Aktionseinheit zu sichern, muß man gleichzeitig sowohl kurzfristige als auch langfristige Abkommen über gemeinsame Aktionen mit sozialdemokratischen Parteien, reformistischen Gewerkschaften und anderen Organisationen der Werktätigen gegen die Klassenfeinde des Proletariats anstreben. Die Hauptaufmerksamkeit wird man dabei auf die Entfaltung von Massenaktionen in den einzelnen Orten lenken müssen, die von den unteren Organisationen [38]* auf Grund von örtlichen Abkommen durchgeführt werden. Indem wir die Bedingungen aller mit ihnen geschlossenen Abkommen loyal erfüllen, werden wir rücksichtslos jegliche Sabotage der gemeinsamen Aktionen durch Personen und Organisationen, die an der Einheitsfront teilnehmen, entlarven. Alle Versuche, Abkommen zu sprengen, und solche Versuche werden möglicherweise unternommen werden, werden wir dadurch beantworten, daß wir uns an die Massen wenden und den unermüdlichen Kampf für die Wiederherstellung der gestörten Aktionseinheit fortsetzen werden. Natürlich wird die konkrete Verwirklichung der Einheitsfront in verschiedenen Ländern auf verschiedene Weise vor sich gehen, verschiedene Formen annehmen, je nach dem Zustand und dem Charakter der Arbeiterorganisationen, ihrem politischen Niveau, der konkreten Situation in dem jeweiligen Lande, je nach den Verschiebungen in der internationalen Arbeiterbewegung usw. Solche Formen können z.B. sein: vereinbarte gemeinsame Aktionen der Arbeiter von Fall zu Fall aus konkreten Anlässen, für einzelne Forderungen oder auch auf Grund einer gemeinsamen Plattform; vereinbarte Aktionen in einzelnen Betrieben oder Industriezweigen; vereinbarte Aktionen im örtlichen, Gebiets-, Landes- oder internationalen Maßstab; vereinbarte Aktionen zur Organisierung der Wirtschaftskämpfe der Arbeiter, zur Durchführung politischer Massenaktionen, zur Organisierung eines gemeinsamen Selbstschutzes gegen faschistische Überfälle; vereinbarte Aktionen zur Unterstützung der Gefangenen und ihrer Familien, zum Kampf gegen die soziale Reaktion; gemeinsame Aktionen zur Verteidigung der Interessen der Jugend und der Frauen; auf dem Gebiet des Genossenschaftswesens, der Kultur, des Sports usw. usw. Es wäre jedoch ungenügend, wollte man sich nur mit [39] dem Abschluß eines Pakts über gemeinsame Aktionen und mit der Schaffung von Kontaktkommissionen aus den an der Einheitsfront beteiligten Parteien und Organisationen zufrieden geben, wie wir sie z.B. in Frankreich haben. Das ist nur der erste Schritt. Ein Pakt ist ein Hilfsmittel zur Durchführung gemeinsamer Aktionen, aber er ist an und für sich noch nicht die Einheitsfront. Eine Kontaktkommission zwischen den Leitungen der Kommunistischen Partei und der Sozialistischen Partei ist notwendig, um die Durchführung gemeinsamer Aktionen zu erleichtern, jedoch genügt sie an sich bei weitem noch nicht zur wirklichen Entfaltung der Einheitsfront, zur Hineinziehung der breitesten Massen in den Kampf gegen den Faschismus. Die Kommunisten und alle revolutionären Arbeiter müssen sich dafür einsetzen, daß wählbare (in den Ländern der faschistischen Diktatur aus den angesehensten Teilnehmern der Einheitsfrontbewegung zusammengesetzte) überparteiliche Klassenorgane der Einheitsfront in den Betrieben, unter den Erwerbslosen, in den Arbeiterbezirken, unter den kleinen Leuten in den Städten und auf dem Lande gebildet werden. Nur solche Organe können durch die Einheitsfrontbewegung auch die riesige unorganisierte Masse der Werktätigen erfassen, können die Entwicklung der Initiative der Massen im Kampfe gegen die Offensive des Kapitals, gegen Faschismus und Reaktion und auf dieser Grundlage auch die Schaffung eines notwendigen breiten Arbeiterfunktionärkörpers der Einheitsfront, die Erziehung von Hunderten und Tausenden parteilosen Bolschewiki in den kapitalistischen Ländern fördern. Die gemeinsamen Aktionen der organisierten Arbeiter sind der Beginn, die Grundlage. Doch dürfen wir nicht aus den Augen verlieren, daß die überwiegende Mehrzahl der Arbeiter die unorganisierten Massen bilden. So beträgt in Frankreich die Zahl der organisierten Arbeiter [40]* , der Kommunisten, der Sozialisten, der Mitglieder von Gewerkschaften verschiedener Richtungen – insgesamt ungefähr eine Million, die Gesamtzahl der Arbeiter aber beträgt 11 Millionen. In England gehören den Gewerkschaften und den Parteien aller Richtungen ungefähr 5 Millionen an. Dabei beträgt die Gesamtzahl der Arbeiter 14 Millionen. In den Vereinigten Staaten von Nordamerika gibt es ungefähr 5 Millionen organisierte Arbeiter, die Gesamtzahl der Arbeiter beträgt dort aber 38 Millionen. Ungefähr dasselbe Verhältnis besteht auch in einer Reihe anderer Länder. In »normalen« Zeiten steht diese Masse im wesentlichen außerhalb des politischen Lebens. Gegenwärtig aber gerät diese gewaltige Masse immer mehr in Bewegung, wird in das politische Leben hineingezogen, betritt die politische Arena. Die Schaffung von überparteilichen Klassenorganen ist die beste Form der Herstellung, Erweiterung und Stärkung der Einheitsfront in den Tiefen der breitesten Massen. Diese Organe werden auch das beste Bollwerk bilden gegen alle Versuche der Gegner der Einheitsfront, die hergestellte Aktionseinheit der Arbeiterklasse zu stören. ÜBER DIE ANTIFASCHISTISCHE VOLKSFRONT Bei der Mobilisierung der werktätigen Massen zum Kampf gegen den Faschismus ist die Schaffung einer breiten antifaschistischen Volksfront auf der Grundlage der proletarischen Einheitsfront eine besonders wichtige Aufgabe. Der Erfolg des gesamten Kampfes des Proletariats ist eng verbunden mit der Herstellung des Kampfbündnisses des Proletariats mit der werktätigen Bauernschaft und der Hauptmasse des städtischen Kleinbürgertums, das die Mehrheit der Bevölkerung sogar in den industriell entwickelten Ländern bildet. Der Faschismus, der diese Massen gewinnen will, versucht in seiner Agitation, die arbeitenden Massen in Stadt [41] und Land dem revolutionären Proletariat entgegenzustellen und den Kleinbürger mit dem Gespenst der »roten Gefahr« zu schrecken. Wir müssen den Spieß umdrehen und den werktätigen Bauern, den Handwerkern sowie der werktätigen Intelligenz zeigen, woher ihnen die wirkliche Gefahr droht: wir müssen ihnen konkret zeigen, wer dem Bauern die Last der Steuern und Abgaben aufbürdet, aus ihm Wucherzinsen herauspreßt; wer selbst den besten Boden und alle Reichtümer besitzt, aber den Bauern und seine Familie von seiner Scholle vertreibt und ihn der Arbeitslosigkeit und dem Elend preisgibt. Wir müssen konkret aufzeigen, geduldig und beharrlich erklären, wer Handwerker und Gewerbetreibende durch Steuern, Gebühren, hohen Pachtzins und für sie unerträgliche Konkurrenz ruiniert; wer die breiten Massen der werktätigen Intelligenz auf die Straße wirft und arbeitslos macht. Aber das genügt nicht. Das Grundlegende, das Entscheidendste, für die Herstellung der antifaschistischen Volksfront ist die entschiedene Aktion des revolutionären Proletariats zur Verteidigung der Forderungen dieser Schichten und insbesondere der werktätigen Bauernschaft, der Forderungen, die den Grundinteressen des Proletariats entsprechen, wobei man im Laufe des Kampfes die Forderungen der Arbeiterklasse mit diesen Forderungen verknüpfen muß. Von großer Bedeutung für die Schaffung der antifaschistischen Volksfront ist das richtige Herangehen an jene Organisationen und Parteien, denen die werktätige Bauernschaft und die Hauptmassen des städtischen Kleinbürgertums in großer Zahl angehören. In den kapitalistischen Ländern befinden sich die meisten dieser Parteien und Organisationen – sowohl die politischen als auch die wirtschaftlichen – noch unter dem Einfluß der Bourgeoisie und leisten ihr Gefolgschaft. Die soziale Zusammensetzung dieser Parteien und Organisationen ist nicht einheitlich. In ihnen befinden sich [42] reiche Großbauern neben landlosen Bauern, große Geschäftsleute neben kleinen Krämern, aber die Führung in ihnen gehört den ersten, den Agenten des Großkapitals. Das verpflichtet uns, an diese Organisationen in verschiedener Weise heranzutreten, zu berücksichtigen, daß die Mitgliedermasse oft das wahre politische Gesicht ihrer eigenen Leitung nicht kennt. Unter bestimmten Umständen können und müssen wir unsere Anstrengungen darauf richten, diese Parteien und Organisationen oder einzelne Teile von ihnen trotz ihrer bürgerlichen Leitung für die antifaschistische Volksfront zu gewinnen. So steht es z.B. gegenwärtig in Frankreich mit der radikalen Partei, in den Vereinigten Staaten – mit den verschiedenen Farmerorganisationen, in Polen – mit »Stronictwo Ludowe«, in Jugoslawien – mit der kroatischen Bauernpartei, in Bulgarien – mit dem Landwirtebund, in Griechenland – mit den Agraristen usw. Aber unabhängig davon, ob Aussichten auf die Gewinnung solcher Parteien und Organisationen für die Volksfront bestehen, muß unsere Taktik unter allen Uniständen darauf gerichtet sein, die ihnen angehörenden Kleinbauern, Handwerker, Gewerbetreibende usw. in die antifaschistische Volksfront hineinzuziehen. Ihr seht also, daß wir hier auf der ganzen Linie aufräumen müssen mit der in unserer Praxis nicht selten vorkommenden Ignorierung, Geringschätzung der verschiedenen Organisationen und Parteien der Bauernschaft, der Handwerker und der Massen des städtischen Kleinbürgertums. ZENTRALE FRAGEN DER EINHEITSFRONT IN DEN EINZELNEN LÄNDERN In jedem Lande gibt es zentrale Fragen, die in der gegebenen Etappe die breitesten Massen bewegen, für die der Kampf zur Herstellung der Einheitsfront aufgenommen [43]* werden muß. Diese zentralen Punkte, diese zentralen Fragen richtig erfassen, heißt die Herstellung der Einheitsfront sichern und beschleunigen. a) DIE VEREINIGTEN STAATEN VON AMERIKA Nehmen wir beispielsweise ein so wichtiges Land der kapitalistischen Welt, wie die Vereinigten Staaten von Amerika. Die Krise hat hier Millionenmassen in Bewegung gebracht. Das Programm der Sanierung des Kapitalismus hat Schiffbruch erlitten. Ungeheure Massen fangen an, den bürgerlichen Parteien den Rücken zu kehren, und stehen gegenwärtig am Scheideweg. Der erst in seinen Anfängen steckende amerikanische Faschismus versucht, die Enttäuschung und Unzufriedenheit dieser Massen in eine reaktionäre faschistische Bahn zu lenken. Die Eigenart der Entwicklung des amerikanischen Faschismus besteht darin, daß er im jetzigen Stadium vorwiegend in der Form der Opposition gegen den Faschismus als einer »nichtamerikanischen«, aus dem Auslande importierten Strömung auftritt. Zum Unterschied vom deutschen Faschismus, der mit verfassungsfeindlichen Losungen auftrat, versucht der amerikanische Faschismus, sich als Kämpfer für die Verfassung und die »amerikanische Demokratie« hinzustellen. Er ist noch keine Kraft, die eine unmittelbare Gefahr bildet. Aber wenn es ihm gelingt, in die breiten, von den alten bürgerlichen Parteien enttäuschten Massen einzudringen, so kann er in der allernächsten Zeit zu einer ernsten Gefahr werden. Was würde aber der Sieg des Faschismus in den Vereinigten Staaten bedeuten? Für die werktätigen Massen würde er natürlich eine ungeheure Stärkung des Regimes der Ausbeutung und die Zerschlagung der Arbeiterbewegung bedeuten. Und welches wäre die internationale Bedeutung dieses Sieges des Faschismus? Die [44] Vereinigten Staaten sind natürlich weder Ungarn noch Finnland, weder Bulgarien noch Litauen. Der Sieg des Faschismus in den Vereinigten Staaten würde die ganze internationale Lage sehr wesentlich ändern. Kann sich das amerikanische Proletariat unter diesen Umständen allein mit der Organisierung seiner klassenbewußten Avantgarde zufrieden geben, die bereit ist, den revolutionären Weg zu gehen? Nein. Es ist ganz offensichtlich, daß die Interessen des amerikanischen Proletariats es erfordern, daß alle seine Kräfte unverzüglich von den kapitalistischen Parteien abrücken. Es muß Wege und geeignete Formen finden, um rechtzeitig zu verhindern, daß der Faschismus die unzufriedenen breiten Massen der Werktätigen an sich zieht. Und hier müssen wir sagen: die Schaffung einer Massenpartei der Werktätigen, einer »Arbeiter- und Farmerpartei« könnte eine solche geeignete Form unter den amerikanischen Verhältnissen sein. Eine solche Partei wäre eine spezifische Form der Volksfront der Massen in Amerika, eine Front, die man den Parteien der Trusts und der Banken sowie dem anwachsenden Faschismus entgegenstellen muß. Eine solche Partei wäre natürlich weder eine sozialistische noch eine kommunistische Partei. Aber sie muß eine antifaschistische und darf keine antikommunistische Partei sein. Das Programm dieser Partei muß gegen die Banken, die Trusts und Monopole, gegen die Hauptfeinde des Volkes, die mit seinen Nöten spekulieren, gerichtet sein. Eine solche Partei kann ihrer Bestimmung nur dann entsprechen, wenn sie sich für die dringendsten Forderungen der Arbeiterklasse einsetzen, wenn sie für eine wirkliche Sozialgesetzgebung, für die Arbeitslosenversicherung kämpfen wird; wenn sie dafür kämpfen wird, daß die weißen und schwarzen Halbpächter Land bekommen und von der Schuldenlast befreit werden; wenn sie sich für die Annullierung der Verschuldung der Farmer einsetzen wird; wenn sie für die [45] Gleichberechtigung der Neger, für die Verteidigung der Forderungen der Kriegsteilnehmer, für die Verteidigung der Interessen der Vertreter der freien Berufe, der kleinen Geschäftsleute und Handwerker kämpfen wird. Und so weiter. Es versteht sich von selbst, daß eine solche Partei für die Entsendung ihrer Vertreter in die lokalen Selbstverwaltungen, in die repräsentativen Körperschaften der einzelnen Bundesstaaten sowie in den Kongreß und in den Senat kämpfen wird. Unsere Genossen in den Vereinigten Staaten haben richtig gehandelt, als sie die Initiative zur Schaffung einer solchen Partei ergriffen. Aber sie werden noch wirksame Maßnahmen ergreifen müssen, damit die Schaffung einer solchen Partei zur Sache der Massen selbst werde. Die Frage der Schaffung einer »Arbeiter- und Farmerpartei« und ihr Programm müssen in Massenversammlungen erörtert werden. Es ist notwendig, eine ganz breite Bewegung zur Schaffung dieser Partei zu entfalten und sich an die Spitze dieser Bewegung zu stellen. Man darf auf keinen Fall zulassen, daß die Initiative der Organisierung der Partei in die Hände derjenigen Elemente übergehe, die die Unzufriedenheit der über beide bürgerlichen Parteien – die demokratische und die reformistische – enttäuschten Millionenmassen ausnutzen wollen, um eine »dritte« Partei in den Vereinigten Staaten zu schaffen, als antikommunistische Partei, gegen die revolutionäre Bewegung. b) ENGLAND In England ist die faschistische Organisation Mosleys infolge der Massenaktionen der englischen Arbeiter vorübergehend in den Hintergrund getreten. Aber wir dürfen nicht die Augen davor verschließen, daß die sogenannte »Nationale Regierung« eine Reihe von reaktionären Maßnahmen [46]* gegen die Arbeiterklasse durchführt, durch die auch in England Verhältnisse geschaffen werden, die nötigenfalls der Bourgeoisie den Übergang zum faschistischen Regime erleichtern. Gegen die faschistische Gefahr in England in der gegenwärtigen Etappe kämpfen, heißt vor allem gegen die »Nationale Regierung«, gegen ihre reaktionären Maßnahmen, gegen die Offensive des Kapitals, für die Verteidigung der Arbeitslosenforderungen, gegen den Lohnabbau, für die Aufhebung aller Gesetze kämpfen, mit deren Hilfe die englische Bourgeoisie das Lebensniveau der Massen herabdrückt. Aber der wachsende Haß der Arbeiterklasse gegen die »Nationale Regierung« vereinigt immer breitere Massen unter der Losung der Schaffung einer neuen Labour-Regierung in England. Können die Kommunisten diese Stimmung der breiten Massen, die noch an die Labour-Regierung glauben, außer acht lassen! Nein, Genossen! Wir müssen den Weg zu diesen Massen finden. Wir sagen ihnen offen, wie das der XIII. Parteitag der englischen Kommunistischen Partei sagte: wir Kommunisten sind Anhänger der Sowjetmacht, als der einzigen Macht, die die Arbeiter vom Joch des Kapitals befreien kann. Aber ihr wollt eine Labour-Regierung? Gut, wir kämpften und kämpfen Schulter an Schulter mit euch für die Niederlage der »Nationalen Regierung«. Wir sind bereit, euren Kampf für die Schaffung einer neuen Labour-Regierung zu unterstützen, obwohl beide frühere Labour-Regierungen die von der Labour Party der Arbeiterschaft gegebenen Versprechen nicht erfüllt haben. Wir erwarten von dieser Regierung nicht, daß sie sozialistische Maßnahmen durchführen wird. Aber im Namen von Millionen Arbeitern stellen wir ihr die Forderung, die unmittelbarsten wirtschaftlichen und politischen Interessen der Arbeiterklasse und aller Werktätigen zu verteidigen. Wir wollen zusammen ein gemeinsames Programm solcher Forderungen erörtern und jene Aktionseinheit verwirklichen [47]* , die das Proletariat braucht, um der reaktionären Offensive der »Nationalen Regierung«, der Offensive des Kapitals und des Faschismus, der Vorbereitung des neuen Krieges Widerstand entgegenzusetzen. Die englischen Genossen sind bereit, zusammen mit den Organisationen der Labour Party auf dieser Grundlage bei den bevorstehenden Parlamentswahlen gegen die »Nationale Regierung« und auch gegen Loyd George aufzutreten, der auf seine Manier versucht, die Massen im Interesse der englischen Bourgeoisie, gegen die Sache der Arbeiterklasse, für sich zu gewinnen. Diese Haltung der englischen Kommunisten ist richtig. Sie wird ihnen die Herstellung der Einheitsfront des Kampfes mit den Millionenmassen der englischen Gewerkschaften und der Labour Party erleichtern. Indem die Kommunisten stets in den vordersten Reihen des kämpfenden Proletariats bleiben, den Massen den einzig richtigen Weg – den Weg des Kampfes für den revolutionären Sturz der Herrschaft der Bourgeoisie und für die Errichtung der Sowjetmacht – zeigen, dürfen sie bei der Festlegung ihrer aktuellen politischen Aufgaben nicht jene notwendigen Etappen der Massenbewegung zu überspringen suchen, in deren Verlauf die arbeitenden Massen ihre Illusionen auf Grund ihrer eigenen Erfahrungen überwinden und auf die Seite des Kommunismus übergehen. FRANKREICH Frankreich ist das Land, in dem bekanntlich die Arbeiterklasse dem gesamten internationalen Proletariat ein Beispiel gibt, wie man den Kampf gegen den Faschismus führen muß. Die französische Kommunistische Partei gibt allen Sektionen der Kommunistischen Internationale ein Beispiel dafür, wie man die Einheitsfronttaktik durchführen muß, die sozialistischen Arbeiter geben ein [48] Beispiel dafür, was jetzt die sozialdemokratischen Arbeiter der anderen kapitalistischen Länder im Kampf gegen den Faschismus machen müssen. (Beifall.) Die Bedeutung der am 14. Juli dieses Jahres stattgefundenen antifaschistischen Demonstration in Paris, an der sich eine halbe Million Menschen beteiligte, sowie der zahlreichen Demonstrationen in anderen Städten Frankreichs ist gewaltig. Das ist schon nicht bloß eine Einheitsfrontbewegung der Arbeiter, das ist der Beginn einer breiten allgemeinen Volksfront gegen den Faschismus in Frankreich. Diese Bewegung der Einheitsfront hebt den Glauben der Arbeiterklasse an ihre Kräfte, stärkt in ihr das Bewußtsein ihrer führenden Rolle gegenüber der Bauernschaft, dem städtischen Kleinbürgertum, der Intelligenz; sie erweitert den Einfluß der Kommunistischen Partei in den Arbeitermassen und stärkt somit das Proletariat im Kampf gegen den Faschismus. Diese Bewegung mobilisiert rechtzeitig die Wachsamkeit der Massen gegenüber der faschistischen Gefahr. Sie wird ein zündendes Beispiel für die Entfaltung des antifaschistischen Kampfes in den anderen kapitalistischen Ländern sein und wird aufmunternd auf das von der faschistischen Diktatur niedergehaltene deutsche Proletariat wirken. Das ist zweifellos ein großer Sieg, aber er entscheidet noch nicht den Ausgang des antifaschistischen Kampfes. Die überwiegende Mehrheit des französischen Volkes ist zweifelsohne gegen den Faschismus. Aber die Bourgeoisie versteht es, mit Hilfe der bewaffneten Macht den Willen der Völker zu vergewaltigen. Die faschistische Bewegung entwickelt sich weiter vollkommen frei, unter aktiver Unterstützung durch das Monopolkapital, den Staatsapparat der Bourgeoisie, den Generalstab der französischen Armee und die reaktionären Führer der katholischen Kirche – dieses Bollwerks einer jeden Reaktion. Die stärkste faschistische Organisation »Feuerkreuzler« verfügt gegenwärtig über 300.000 bewaffnete Leute, [49] deren Kern 60.000 Reserveoffiziere bilden. Sie hat starke Positionen in der Polizei, in der Gendarmerie, in der Armee, in der Luftflotte, im gesamten Staatsapparat. Die letzten Gemeindewahlen zeigen, daß in Frankreich nicht nur die revolutionären Kräfte, sondern auch die Kräfte des Faschismus zunehmen. Wenn es dem Faschismus gelingt, in die breiten Bauernmassen einzudringen und sich die Unterstützung eines Teiles der Armee bei Neutralität des anderen zu sichern, dann werden die französischen werktätigen Massen den Machtantritt der Faschisten nicht verhindern können. Vergeßt nicht, Genossen, die organisatorische Schwäche der französischen Arbeiterbewegung, die den Erfolg der faschistischen Offensive erleichtert. Es besteht keinerlei Grund für die Arbeiterklasse und alle Antifaschisten in Frankreich, sich mit den erreichten Resultaten zufrieden zu geben. Vor welchen Aufgaben steht die Arbeiterklasse Frankreichs? Erstens: die Einheitsfront nicht nur auf politischem, sondern auch auf wirtschaftlichem Gebiet herzustellen zur Organisierung des Kampfes gegen die Kapitalsoffensive; durch ihren Druck den Widerstand der Spitzen des reformistischen Gewerkschaftsbundes (CGT) gegen die Einheitsfront zu brechen. Zweitens: die gewerkschaftliche Einheit in Frankreich herzustellen: Einheitsgewerkschaften auf dem Boden des Klassenkampfes. Drittens: die breiten Bauernmassen, die Massen des Kleinbürgertums in die antifaschistische Bewegung hineinzuziehen, wobei ihren unmittelbarsten Forderungen ein besonderer Platz im Programm der antifaschistischen Volksfront einzuräumen ist. Viertens: die organisatorische Verankerung und Erweiterung der begonnenen antifaschistischen Bewegung durch Schaffung von überparteilichen wählbaren Organen der antifaschistischen Volksfront im Massenmaßstab, [50] von Organen, deren Einfluß breitere Massen erfaßt als die jetzt in Frankreich bestehenden Parteien und Organisationen der Werktätigen. Fünftens: durch ihren Druck die Auflösung und Entwaffnung der faschistischen Organisationen, als Organisationen von Verschwörern gegen die Republik und als Agenten Hitlers in Frankreich, durchzusetzen. Sechstens: die Säuberung des Staatsapparates, der Armee, der Polizei von den Verschwörern durchzusetzen, die einen faschistischen Umsturz vorbereiten. Siebentens: Entfaltung des Kampfes gegen die Führer der reaktionären Cliquen der katholischen Kirche als eines der wichtigsten Bollwerke des französischen Faschismus. Achtens: Verbindung der Armee mit der antifaschistischen Bewegung durch Schaffung von Komitees zum Schutz der Republik und der Verfassung in der Armee gegen diejenigen, die die Armee zu einem verfassungswidrigen Staatsstreich ausnutzen wollen (Beifall); nicht zulassen, daß die reaktionären Kräfte in Frankreich das französisch-sowjetische Bündnis sprengen, das die Sache des Friedens gegen die Aggressivität des deutschen Faschismus verteidigt. (Beifall.) Und wenn die antifaschistische Bewegung in Frankreich zur Schaffung einer Regierung führen sollte, die einen wirklichen Kampf – nicht nur mit Worten, sondern mit Taten – gegen den französischen Faschismus führen wird, die das Programm der Forderungen der antifaschistischen Volksfront durchführen wird, so werden die Kommunisten, die unversöhnliche Feinde einer jeden bürgerlichen Regierung und Anhänger der Sowjetmacht bleiben, angesichts der wachsenden faschistischen Gefahr nichtsdestoweniger bereit sein, eine solche Regierung zu unterstützen. (Beifall.) [51] DIE EINHEITSFRONT UND DIE FASCHISTISCHEN MASSENORGANISATIONEN Genossen, der Kampf für die Schaffung der Einheitsfront in den Ländern, wo die Faschisten an der Macht sind, ist wohl das wichtigste Problem, vor dem wir stehen. Dort verläuft dieser Kampf natürlich unter bedeutend schwierigeren Verhältnissen als in den Ländern mit legaler Arbeiterbewegung. Es bestehen nun aber in den faschistischen Ländern alle Voraussetzungen für die Entfaltung einer wirklichen antifaschistischen Volksfront im Kampfe gegen die faschistische Diktatur; denn die sozialdemokratischen, die christlichen und die anderen Arbeiter können z.B. in Deutschland die Notwendigkeit des einheitlichen Kampfes zusammen mit den Kommunisten gegen die faschistische Diktatur unmittelbarer erkennen. Die breiten Schichten des Kleinbürgertums und der Bauernschaft, die bereits die bitteren Früchte der faschistischen Herrschaft gekostet haben, empfinden eine immer größere Unzufriedenheit und Enttäuschung, was ihre Einbeziehung in die antifaschistische Volksfront erleichtert. In den faschistischen Ländern, insbesondere in Deutschland und Italien, wo der Faschismus es verstanden hat, sich eine Massenbasis zu schaffen, und die Arbeiter und anderen Werktätigen gewaltsam in seine Organisationen hineingetrieben hat, besteht die Hauptaufgabe in der geschickten Verknüpfung des Kampfes gegen die faschistische Diktatur von außen mit ihrer Unterwühlung von innen, in den faschistischen Massenorganisationen und Organen. Man muß entsprechend den konkreten Verhältnissen dieser Länder besondere Methoden und Formen prüfen, sich zu eigen machen und anwenden, die die rascheste Zersetzung der Massenbasis des Faschismus begünstigen und den Sturz der faschistischen Diktatur vorbereiten. Das muß man prüfen, sich zu eigen machen und anwenden [52]* , und nicht nur schreien: »Nieder mit Hitler!«, »Nieder mit Mussolini!«. Ja, prüfen, sich zu eigen machen und anwenden. Das ist eine schwierige und komplizierte Aufgabe. Sie ist um so schwieriger, als unsere Erfahrungen der erfolgreichen Bekämpfung der faschistischen Diktatur äußerst begrenzt sind. Unsere italienischen Genossen kämpfen z.B. schon ungefähr 13 Jahre unter den Verhältnissen der faschistischen Diktatur. Aber es ist ihnen noch immer nicht gelungen, einen wirklichen Massenkampf gegen den Faschismus zu entfalten, und darum konnten sie leider in dieser Beziehung den anderen kommunistischen Parteien der faschistischen Länder wenig mit positiven Erfahrungen helfen. Die deutschen und italienischen Kommunisten und die Kommunisten anderer faschistischer Länder sowie die Mitglieder der kommunistischen Jugendverbände haben Wunder an Heldentum an den Tag gelegt. Sie brachten und bringen täglich ungeheure Opfer. Vor diesem Heldentum und diesen Opfern neigen wir alle unser Haupt. Aber Heldentum allein genügt nicht. (Beifall.) Dieses Heldentum muß verknüpft werden mit der tagtäglichen Arbeit unter den Massen, mit einem solchen konkreten Kampf gegen den Faschismus, daß hier die fühlbarsten Resultate erzielt werden. In unserem Kampf gegen die faschistische Diktatur ist es besonders gefährlich, das Erwünschte für Wirklichkeit zu halten. Man muß von den Tatsachen ausgehen, von der wirklichen konkreten Situation. Wie ist aber die heutige Wirklichkeit, z.B. in Deutschland? Unter den Massen wächst die Unzufriedenheit und die Enttäuschung über die Politik der faschistischen Diktatur, was sogar die Form von Teilstreiks und anderen Aktionen annimmt. Trotz aller Bemühungen ist es dem Faschismus nicht gelungen, die Hauptmassen der [53] Arbeiterschaft politisch für sich zu erobern; er verliert und wird in immer größerem Maße sogar seine früheren Anhänger verlieren. Aber wir müssen uns doch darüber Rechenschaft ablegen, daß diejenigen Arbeiter, die von der Möglichkeit des Sturzes der faschistischen Diktatur überzeugt und heute schon bereit sind, aktiv dafür zu kämpfen, einstweilen noch in der Minderheit sind. Das sind wir Kommunisten und der revolutionäre Teil der sozialdemokratischen Arbeiter. Die Mehrheit der Werktätigen dagegen hat einstweilen noch nicht die realen und konkreten Möglichkeiten und Wege des Sturzes dieser Diktatur erkannt und wartet zunächst noch ab. Das muß man berücksichtigen, wenn wir unsere Aufgaben im Kampf gegen den Faschismus in Deutschland festlegen und wenn wir besondere Methoden zum Sturz und zur Erschütterung der faschistischen Diktatur in Deutschland suchen, studieren und anwenden werden. Um der faschistischen Diktatur einen empfindlichen Stoß zu versetzen, müssen wir ihre verwundbarste Stelle kennen. Wo befindet sich die Achillesferse der faschistischen Diktatur? In ihrer sozialen Basis. Und die ist außerordentlich buntscheckig. Sie umfaßt verschiedene Klassen und verschiedene Schichten der Gesellschaft. Der Faschismus proklamierte sich zum einzigen Repräsentanten aller Klassen und Schichten der Bevölkerung: des Fabrikanten und des Arbeiters, des Millionärs und des Arbeitslosen, des Junkers und des Kleinbauern, des Großkapitalisten und des Handwerkers. Er tut so, als ob er die Interessen aller dieser Schichten, die Interessen der Nation verteidigt. Da aber der Faschismus die Diktatur der Großbourgeoisie ist, so muß er unvermeidlich mit seiner sozialen Massenbasis in Konflikt geraten, um so mehr, als gerade unter der faschistischen Diktatur die Klassengegensätze zwischen der Meute der Finanzmagnaten und der erdrückenden Mehrheit des Volkes am krassesten hervortreten. [54] Wir können die Massen in den entscheidenden Kampf für den Sturz der faschistischen Diktatur nur dann führen, wenn wir die Arbeiter, die gewaltsam in die faschistischen Organisationen hineingejagt wurden oder aus mangelndem Klassenbewußtsein in sie eingetreten sind, in die elementarsten Bewegungen zum Schutze ihrer wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Interessen hineinziehen. Eben darum müssen die Kommunisten als die besten Verteidiger der tagtäglichen Interessen der Mitgliedermasse in diesen Organisationen arbeiten, eingedenk dessen, daß in dem Maße, wie die in diesen Organisationen befindlichen Arbeiter anfangen, immer häufiger Rechte für sich zu fordern und ihre Interessen zu verteidigen, sie unweigerlich mit der faschistischen Diktatur in Konflikt geraten werden. Auf dem Boden der Verteidigung der dringendsten, in der ersten Zeit der elementarsten Interessen der werktätigen Massen in Stadt und Land, ist es verhältnismäßig leichter, eine gemeinsame Sprache nicht nur mit den aufgeklärten Antifaschisten, sondern auch mit denjenigen Werktätigen zu finden, die noch Anhänger des Faschismus sind, aber über seine Politik enttäuscht und unzufrieden sind, die nörgeln und nach einer Gelegenheit suchen, um ihrer Unzufriedenheit Luft zu machen. Wir müssen uns überhaupt Rechenschaft darüber ablegen, daß unsere ganze Taktik in den Ländern der faschistischen Diktatur einen solchen Charakter tragen muß, daß wir die einfachen Anhänger des Faschismus nicht von uns abstoßen, daß wir sie nicht von neuem in die Arme des Faschismus stoßen, sondern daß wir die Kluft zwischen den faschistischen Spitzen und der Masse der enttäuschten, einfachen Anhänger des Faschismus unter den werktätigen Schichten vertiefen. Man braucht sich nicht daran zu stoßen, Genossen, wenn Leute, die auf Grund dieser Tagesinteressen mobilisiert [55]* wurden, sich entweder für indifferent in der Politik oder sogar für Anhänger des Faschismus halten. Wichtig für uns ist, daß wir sie in die Bewegung hineinziehen, die anfänglich vielleicht noch nicht offen unter den Losungen des Kampfes gegen den Faschismus marschiert, jedoch objektiv bereits eine antifaschistische Bewegung ist, weil sie diese Massen der faschistischen Diktatur entgegenstellt. Die Erfahrung lehrt uns, daß die Ansicht, es sei in den Ländern der faschistischen Diktatur überhaupt unmöglich, legal oder halblegal aufzutreten, eine schädliche und falsche Ansicht ist. Auf einem derartigen Standpunkt zu beharren, bedeutet in Passivität verfallen, auf die wirkliche Massenarbeit überhaupt verzichten. Allerdings ist es eine schwierige, komplizierte Aufgabe, unter den Verhältnissen der faschistischen Diktatur Formen und Methoden für ein legales oder halblegales Auftreten zu finden. Aber wie in vielen anderen Fragen, wird auch hier der Weg gewiesen durch das Leben selbst und durch die Initiative der Massen selbst, die schon eine Reihe von Beispielen geliefert haben, die wir verallgemeinern, in organisierter und zweckmäßiger Weise anwenden müssen. Man muß mit aller Entschiedenheit mit der Unterschätzung der Arbeit in den faschistischen Massenorganisationen Schluß machen. Sowohl in Italien als auch in Deutschland und in einer Reihe anderer faschistischer Länder haben unsere Genossen ihre Passivität und häufig in der Praxis sogar ihre direkte Ablehnung der Arbeit in den faschistischen Massenorganisationen damit bemäntelt, daß sie die Arbeit in den Betrieben der Arbeit in den faschistischen Massenorganisationen entgegenstellten. In Wirklichkeit aber hat gerade diese schematische Gegenüberstellung dazu geführt, daß die Arbeit sowohl in den faschistischen Massenorganisationen als auch in den Betrieben außerordentlich [56]* schwach oder manchmal sogar überhaupt nicht geleistet wurde. Indessen ist es für die Kommunisten in den faschistischen Ländern besonders wichtig, überall dort zu sein, wo die Massen sind. Der Faschismus hat den Arbeitern ihre eigenen legalen Organisationen genommen. Er hat ihnen die faschistischen Organisationen aufgezwungen, und dort befinden sich die Massen – gezwungenermaßen oder zum Teil freiwillig. Diese Massenorganisationen des Faschismus können und müssen unser legales oder halblegales Wirkungsfeld sein, wo wir mit den Massen in Verbindung kommen werden. Sie können und müssen für uns ein legaler oder halblegaler Ausgangspunkt für die Verteidigung der tagtäglichen Interessen der Massen werden. Zur Ausnutzung dieser Möglichkeiten müssen die Kommunisten Wahlposten in den faschistischen Massenorganisationen erobern, um mit den Massen Fühlung zu haben, und sie müssen sich ein- für allemal frei machen von dem Vorurteil, daß eine solche Arbeit sich für einen revolutionären Arbeiter nicht gezieme und unwürdig sei. In Deutschland besteht z.B. das System der sogenannten »Betriebsvertrauensräte«. Wo aber steht es geschrieben, daß wir in diesen Organisationen den Faschisten das Monopol einräumen müssen? Können wir denn nicht versuchen, die kommunistischen, sozialdemokratischen, christlichen und anderen antifaschistischen Arbeiter in den Betrieben zusammenzufassen, damit sie bei der Abstimmung über die Liste der »Betriebsvertrauensräte« die offenen Agenten des Unternehmers streichen und andere Kandidaten in die Listen eintragen, die das Vertrauen der Arbeiter besitzen? Die Praxis hat bereits gezeigt, daß das möglich ist. Lehrt uns denn die Praxis nicht auch, daß man gemeinsam mit den sozialdemokratischen und anderen unzufriedenen Arbeitern von den »Betriebsvertrauensräten« [57] eine wirkliche Verteidigung der Arbeiterinteressen fordern kann? Nehmt die »Arbeitsfront« in Deutschland oder die faschistischen Gewerkschaften in Italien. Kann man denn nicht fordern, daß die Funktionäre der »Arbeitsfront« gewählt und nicht ernannt werden? Kann man denn nicht darauf bestehen, daß die leitenden Instanzen der Ortsgruppen vor den Mitgliederversammlungen der Organisationen Rechenschaft ablegen? Kann man denn nicht mit diesen Forderungen auf Beschluß der Gruppe sich an den Unternehmer, den »Treuhänder der Arbeit«, an die höheren Instanzen der »Arbeitsfront« wenden? Das ist möglich unter der Bedingung, daß die revolutionären Arbeiter tatsächlich in der »Arbeitsfront« arbeiten und Posten in ihr erobern. Solche Arbeitsmethoden sind möglich und notwendig auch in anderen faschistischen Massenorganisationen, in der Hitlerjugend, in den Sportorganisationen, in der Organisation »Kraft durch Freude«, im Dopo Lavoro in Italien, in den Genossenschaften usw. Genossen, ihr erinnert euch der alten Sage von der Einnahme Trojas. Troja hatte sich vor dem angreifenden Heer durch unbezwingbare Mauern geschützt. Und das angreifende Heer, das nicht wenig Verluste erlitten hatte, konnte den Sieg nicht erringen, bis es ihm nicht gelang, mit Hilfe des trojanischen Pferdes in das Innere, in das Herz des Feindes einzudringen. Mir scheint, wir revolutionären Arbeiter dürfen nicht Anstoß daran nehmen, die gleiche Taktik gegenüber unserem faschistischen Feinde anzuwenden, der sich vor dem Volke durch eine lebendige Mauer seiner Mordbuben schützt. (Beifall.) Wer die Notwendigkeit der Anwendung einer solchen Taktik gegenüber dem Faschismus nicht begreift, wer ein solches Vorgehen für »erniedrigend« hält, der mag ein [58] vortrefflicher Genosse sein, aber er ist, mit Verlaub gesagt, ein Schwätzer und kein Revolutionär; der versteht nicht, die Massen zum Sturz der faschistischen Diktatur zu führen. (Beifall.) Die Massenbewegung der Einheitsfront, die außerhalb und innerhalb der faschistischen Organisationen Deutschlands, Italiens und anderer Länder entsteht, in denen der Faschismus eine Massenbasis hat, die von der Verteidigung der elementarsten Bedürfnisse ausgeht, ihre Formen und Kampflosungen mit der Erweiterung und Steigerung dieses Kampfes wechselt, wird der Sturmbock sein, der die Festung der faschistischen Diktatur, die heute vielen unbezwingbar zu sein scheint, zerstören wird. DIE EINHEITSFRONT IN DEN LÄNDERN, WO SICH DIE SOZIALDEMOKRATIE IN DER REGIERUNG BEFINDET Der Kampf für die Herstellung der Einheitsfront wirft auch ein anderes, überaus wichtiges Problem auf, das Problem der Einheitsfront in den Ländern, wo sich sozialdemokratische Regierungen oder Koalitionsregierungen unter Teilnahme der Sozialisten an der Macht befinden, wie z.B. in Dänemark, Norwegen, Schweden, der Tschechoslowakei und Belgien. Unsere absolut ablehnende Stellung zu den sozialdemokratischen Regierungen, die Regierungen dies Kompromisses mit der Bourgeoisie sind, ist bekannt. Aber dennoch betrachten wir das Bestehen einer sozialdemokratischen Regierung oder einer Regierungskoalition der sozialdemokratischen Partei mit bürgerlichen Parteien nicht als unüberwindliches Hindernis für die Herstellung der Einheitsfront mit den Sozialdemokraten in bestimmten Fragen. Wir sind der Meinung, daß auch in diesem Falle die [59] Einheitsfront zum Schutze der Lebensinteressen des werktätigen Volkes und im Kampfe gegen den Faschismus durchaus möglich und notwendig ist. Es versteht sich, daß in den Ländern, wo Vertreter der sozialdemokratischen Partei an der Regierung teilnehmen, die sozialdemokratische Führung sich der proletarischen Einheitsfront am meisten widersetzt. Das ist vollkommen begreiflich. Wollen sie doch der Bourgeoisie zeigen, daß gerade sie besser und geschickter als alle anderen es verstehen, die unzufriedenen Arbeitermassen im Zaum zu halten und sie vor dem Einfluß des Kommunismus zu bewahren. Allein die Tatsache, daß die sozialdemokratischen Minister der proletarischen Einheitsfront ablehnend gegenüberstehen, kann nicht im geringsten einen solchen Zustand rechtfertigen, wo die Kommunisten nichts zur Schaffung der Einheitsfront des Proletariats tun. Unsere Genossen in den skandinavischen Ländern gehen häufig den Weg des geringsten Widerstandes, indem sie sich auf die propagandistische Entlarvung der sozialdemokratischen Regierung beschränken. Das ist ein Fehler. In Dänemark z.B. sitzen die sozialdemokratischen Führer schon zehn Jahre in der Regierung und die Kommunisten wiederholen zehn Jahre tagaus, tagein, daß dies eine bürgerliche, kapitalistische Regierung sei. Man muß annehmen, daß diese Propaganda den dänischen Arbeitern bekannt ist. Der Umstand, daß eine bedeutende Mehrheit ihre Stimmen dennoch für die sozialdemokratische Regierungspartei abgibt, zeigt nur, daß die propagandistische Entlarvung der Regierung durch die Kommunisten nicht genügt, zeigt aber nicht, daß diese Hunderttausende von Arbeitern mit allen Regierungsmaßnahmen der sozialdemokratischen Minister zufrieden sind. Nein, sie sind nicht zufrieden damit, daß die sozialdemokratische Regierung mit ihrem sogenannten »Krisenabkommen« den Großkapitalisten und Großgrundbesitzern und nicht den Arbeitern [60] und armen Bauern hilft; daß sie durch ihre Verordnung vom Januar 1933 den Arbeitern das Streikrecht genommen hat; daß sie beschlossen hat, die Polizei neu zu bewaffnen und in Kasernen unterzubringen; daß die sozialdemokratische Führung eine gefährliche antidemokratische Wahlreform projektiert (mit bedeutender Verringerung der Anzahl der Abgeordneten). Ich werde wohl kaum fehlgehen, wenn ich behaupte, daß 99 Prozent der Arbeiter Dänemarks solche politischen Maßnahmen der sozialdemokratischen Führer und Minister nicht billigen. Können denn die Kommunisten die Gewerkschaften und die sozialdemokratischen Organisationen in Dänemark nicht auffordern, die eine oder die andere dieser aktuellen Fragen zu erörtern, ihre Meinung darüber zu äußern und gemeinsam für die proletarische Einheitsfront zur Durchsetzung der Arbeiterforderungen einzutreten? Im vorigen Jahre, im Oktober, als unsere dänischen Genossen an die Gewerkschaften mit der Aufforderung herantraten, gegen die Kürzung der Arbeitslosenunterstützung Stellung zu nehmen und für die demokratischen Rechte der Gewerkschaften einzutreten, schlossen sich etwa 100 lokale Gewerkschaftsorganisationen der Einheitsfront an. In Schweden befindet sich zum drittenmal eine sozialdemokratische Regierung an der Macht, aber die schwedischen Kommunisten haben in der Praxis lange Zeit auf die Anwendung der Einheitsfronttaktik verzichtet. Warum? Waren sie denn gegen die Einheitsfront? Natürlich nicht, sie waren grundsätzlich für die Einheitsfront, für die Einheitsfront im allgemeinen, aber sie begriffen nicht aus welchem Anlaß, in welchen Fragen, zur Verteidigung welcher Forderungen man die proletarische Einheitsfront erfolgreich herstellen könnte, wo und wie man anpacken soll. Einige Monate vor der Bildung der sozialdemokratischen Regierung, während des Wahlkampfes trat die sozialdemokratische Partei mit einer Plattform hervor, die [61] eine Reihe von Forderungen enthielt, die gerade in eine Plattform der proletarischen Einheitsfront hätten aufgenommen werden können. Beispielsweise die Losungen: »Gegen die Zölle« »Gegen die Militarisierung«, »Schluß mit der Verschleppung der Arbeitslosenversicherung«, »Sicherung einer zum Leben ausreichenden Altersrente«, »Nichtzulassung solcher Organisationen wie MunchCorps« (faschistische Organisation), »Nieder mit den von den bürgerlichen Parteien geforderten Klassengesetzen gegen die Gewerkschaften«. Über eine Million Werktätige Schwedens stimmten 1932 für diese von der Sozialdemokratie aufgestellten Forderungen und begrüßten 1933 die Bildung einer sozialdemokratischen Regierung in der Hoffnung, daß nunmehr die Verwirklichung dieser Forderungen folgen würde. Was konnte in dieser Situation natürlicher sein – und was konnte in größerem Maße den Wünschen der Arbeitermassen entsprechen – als ein Herantreten der Kommunistischen Partei an alle sozialdemokratischen und gewerkschaftlichen Organisationen mit dem Vorschlag, gemeinsame Aktionen zur Durchführung dieser von der Sozialdemokratischen Partei aufgestellten Forderungen zu veranstalten. Wenn es gelungen wäre, die breiten Massen zur Durchführung solcher von den Sozialdemokraten selbst aufgestellten Forderungen wirklich zu mobilisieren, die sozialdemokratischen und kommunistischen Arbeiterorganisationen zu einer Einheitsfront zusammenzuschließen, so hätte dadurch die Arbeiterklasse Schwedens zweifellos nur gewonnen. Die sozialdemokratischen Minister Schwedens hätten sich natürlich darüber nicht sehr gefreut. Denn in diesem Falle wäre die Regierung gezwungen gewesen, wenigstens einige Forderungen zu befriedigen. Auf jeden Fall wäre nicht das eingetreten, was jetzt eingetreten ist, wo die Regierung statt der Aufhebung der Zölle einige [62] Zölle erhöht hat, wo sie statt der Einschränkung des Militarismus den Militäretat erhöht und statt der Ablehnung aller gegen die Gewerkschaften gerichteten Gesetze selbst einen solchen Gesetzentwurf im Parlament eingebracht hat. Allerdings hat die KP Schwedens im Zusammenhang mit der letzten Frage eine gute Massenkampagne im Geiste der proletarischen Einheitsfront durchgeführt und hat erreicht, daß sich schließlich sogar die sozialdemokratische Parlamentsfraktion gezwungen sah, gegen den Gesetzentwurf der Regierung zu stimmen und dieser fiel vorläufig durch. Die norwegischen Kommunisten handelten richtig als sie am 1. Mai die Organisationen der Arbeiterpartei zu gemeinsamen Demonstrationen aufriefen und eine Reihe von Forderungen aufstellten, die im Grunde mit den Forderungen der Wahlplattform der norwegischen Arbeiterpartei zusammenfielen. Obgleich dieser Schritt zugunsten der Einheitsfront schwach vorbereitet und die Führung der norwegischen Arbeiterpartei gegen ihn Stellung nahm, fanden dennoch in dreißig Ortschaften Demonstrationen der Einheitsfront statt. Früher hatten viele Kommunisten Angst, daß es ihrerseits eine Äußerung des Opportunismus sein würde, wenn sie nicht jeder Teilforderung der Sozialdemokraten ihre eigenen, zweimal so radikalen Forderungen entgegensetzen. Das war ein naiver Fehler. Wenn die Sozialdemokraten beispielsweise die Forderung der Auflösung der faschistischen Organisationen aufstellen, so brauchen wir nicht hinzuzufügen: »sowie Auflösung der staatlichen Polizei« (denn es ist zweckmäßig, diese Forderung in einer anderen Situation aufzustellen), sondern wir müssen den sozialdemokratischen Arbeitern sagen: wir sind bereit, diese Forderungen eurer Partei anzunehmen als Forderungen der proletarischen Einheitsfront und bis ans Ende für ihre [63] Verwirklichung zu kämpfen. Wollen wir zusammen den Kampf aufnehmen. Auch in der Tschechoslowakei kann und muß man zur Herstellung der Einheitsfront der Arbeiterklasse bestimmte, von der tschechischen und deutschen Sozialdemokratie sowie von den reformistischen Gewerkschaften aufgestellte Forderungen ausnützen. Wenn die Sozialdemokratie z.B. die Arbeitsbeschaffung für die Arbeitslosen oder – wie sie das z.B. bereits seit 1927 tut – die Aufhebung der Gesetze fordert, die die Selbstverwaltung der Gemeinden einschränken, so muß man in jedem Orte, in jedem Bezirk diese Forderungen konkretisieren und Schulter an Schulter mit den sozialdemokratischen Organisationen für ihre tatsächliche Verwirklichung kämpfen. Oder wenn die sozialdemokratischen Parteien die Träger des Faschismus im Staatsapparat »im allgemeinen« anprangern, so muß man in jedem Bezirk die konkreten faschistischen Wortführer ans Licht der Sonne bringen und gemeinsam mit den sozialdemokratischen Organisationen für ihre Entfernung aus den staatlichen Institutionen eintreten. In Belgien sind die Führer der Sozialistischen Partei mit Emil Vandervelde an der Spitze in die Koalitionsregierung eingetreten. Diesen »Erfolg« erzielten sie durch ihre langandauernde breite Kampagne für zwei Hauptforderungen: 1. Aufhebung der Notverordnungen und 2. Realisierung des Plans de Man. Die erste Frage ist von großer Wichtigkeit. Die frühere Regierung hatte insgesamt 150 reaktionäre Notverordnungen erlassen, die als überaus schwere Bürde auf den Schultern des werktätigen Volkes lasten. Sie sollten sofort aufgehoben werden. Das war eine Forderung der Sozialistischen Partei. Hat aber die neue Regierung viele dieser Notverordnungen aufgehoben? Keine einzige. Sie hat nur einige Notverordnungen etwas gelindert, um eine Art »symbolische Zahlung« für die großzügigen Verheißungen der sozialistischen Führer [64] Belgiens zu leisten (ähnlich dem »symbolischen Dollar«, den einige europäische Mächte Amerika als Zahlung für die Millionen Dollar ihrer Kriegsschulden anboten). Was die Realisierung des großspurigen Plans de Man betrifft, so nahm die Sache eine für die werktätigen Massen ganz unerwartete Wendung: die sozialistischen Minister erklärten, daß man zuerst die Wirtschaftskrise überwinden und nur diejenigen Teile des Plans de Man durchführen müsse, die die Lage der Industriellen und Banken verbessere, dann erst würde man diejenigen Maßnahmen durchführen können, die auf eine Erleichterung der Lage der Arbeiter abzielen. Wie lange sollen jedoch die Arbeiter auf ihren Teil des »Wohlergehens« warten, das der Plan de Man verheißt? Über die belgischen Bankiers ergoß sich bereits ein wahrer Goldregen. Es wurde eine Entwertung des belgischen Franken um 28 Prozent durchgeführt und durch diese Manipulation konnten sich die Bankiers 4½ Milliarden Franken als Trophäen auf Kosten der Lohnempfänger und der Ersparnisse der kleinen Leute aneignen. Wie verträgt sich das mit dem Inhalt des Plans de Man? Wollte man dem Wortlaut des Plans Glauben schenken, so verspricht er ja »Repressalien« gegen Monopolmißbräuche und Spekulationsmanöver. Die Regierung setzte auf Grund des Plans de Man eine Kommission zur Kontrolle über die Banken ein, aber eine Kommission, die aus Bankiers besteht, die jetzt lustig und sorglos sich selbst kontrollieren! Der Plan de Man verspricht auch eine Reihe anderer guter Sachen: »Kürzung des Arbeitstages«, »Normalisierung der Löhne«, »Minimallöhne«, »Organisierung eines allumfassenden Systems der Sozialversicherung«, Erweiterung der Bequemlichkeiten durch neuen Wohnungsbau usw. Das alles sind Forderungen, die wir Kommunisten unterstützen können. Wir müssen an die Arbeiterorganisationen Belgiens herantreten und sagen: die Kapitalisten haben schon genug und sogar zuviel bekommen. Wollen [65] wir von den sozialdemokratischen Ministern verlangen, daß sie ihre Versprechungen, die sie den Arbeitern gegeben haben, einlösen. Wollen wir uns zur Einheitsfront für die erfolgreiche Verteidigung unserer Interessen zusammenschließen. Minister Vandervelde, wir unterstützen die in Ihrer Plattform enthaltenen Arbeiterforderungen; aber wir erklären offen: wir meinen es ernst mit diesen Forderungen, wir wollen Taten und keine leeren Worte und darum vereinigen wir Hunderttausende von Arbeitern zum Kampf für diese Forderungen! Dadurch, daß die Kommunisten in Ländern mit sozialdemokratischer Regierung, die entsprechenden Einzelforderungen aus den Plattformen der sozialdemokratischen Parteien selbst und die Wahlversprechungen der sozialdemokratischen Minister als Ausgangspunkt für gemeinsame Aktionen mit den sozialdemokratischen Parteien und Organisationen ausnützen, werden sie es nachher leichter haben, eine Kampagne für die Herstellung der Einheitsfront zu entfalten, und zwar bereits auf Grund einer Reihe anderer Forderungen der Massen im Kampfe gegen die Kapitalsoffensive, gegen Faschismus und Kriegsgefahr. Ferner muß man im Auge haben: wenn die gemeinsamen Aktionen mit den sozialdemokratischen Parteien und Organisationen im allgemeinen von den Kommunisten eine ernste, begründete Kritik des Sozialdemokratismus als Ideologie und Praxis der Arbeitsgemeinschaft mit der Bourgeoisie, sowie eine unermüdliche, kameradschaftliche Aufklärung der sozialdemokratischen Arbeiter über das Programm und die Losungen des Kommunismus erfordern, so ist diese Aufgabe im Kampf um die Einheitsfront von besonderer Wichtigkeit in den Ländern mit sozialdemokratischer Regierung. [66] DER KAMPF FÜR DIE GEWERKSCHAFTSEINHEIT Genossen! Zu einer der wichtigsten Etappen bei der Festigung der Einheitsfront muß die Verwirklichung der Einheit der Gewerkschaften sowohl im nationalen als auch im internationalen Maßstab werden. Wie bekannt, wurde die Spaltungstaktik der reformistischen Führer mit größter Schärfe in den Gewerkschaften durchgeführt. Das ist auch begreiflich: hier fand ihre Politik der Arbeitsgemeinschaft mit der Bourgeoisie ihre praktische Vollendung unmittelbar im Betrieb, auf Kosten der Lebensinteressen der Arbeitermasse. Dies rief natürlich eine scharfe Kritik und den Widerstand der revolutionären Arbeiter unter Führung der Kommunisten gegen diese Praxis hervor. Darum spielte sich der heftigste Kampf zwischen Kommunismus und Reformismus auf gewerkschaftlichem Gebiete ab. Je schwieriger und komplizierter die Lage des Kapitalismus wurde, um so reaktionärer war die Politik der Führer der Amsterdamer Gewerkschaften und um so aggressiver waren ihre Maßnahmen gegen alle oppositionellen Elemente innerhalb der Gewerkschaften. Sogar die Aufrichtung der faschistischen Diktatur in Deutschland und die verschärfte Kapitalsoffensive in allen kapitalistischen Ländern ließ diese Aggressivität nicht erlahmen. Ist es nicht bezeichnend, daß allein im Jahre 1933 in England, Holland, Belgien, Schweden die schmählichsten Rundschreiben versandt wurden, die den Ausschluß der Kommunisten und revolutionären Arbeiter aus den Gewerkschaften bezweckten? In England erschien 1933 ein Rundschreiben, das den lokalen Gewerkschaftsgruppen den Eintritt in Antikriegs- und andere revolutionäre Organisationen verbot. Das war der Auftakt zu dem berühmten »Schwarzen Zirkular« des Generalrats der Gewerkschaften, mit dem jedes Gewerkschaftskartell, das Delegierte in seinen Bestand aufnimmt, [67] die »in dieser oder jener Weise mit kommunistischen Organisationen zu tun haben«, für ungesetzlich erklärt wird. Was soll erst von der Leitung der deutschen Gewerkschaften gesagt werden, die unerhörte Repressalien gegen die revolutionären Elemente in den Gewerkschaften anwandte! Unsere Taktik darf aber nicht von der Haltung einzelner Führer der Amsterdamer Gewerkschaften ausgehen, wie groß auch die Schwierigkeiten sein mögen, die diese Haltung für den Klassenkampf schafft, sondern muß vor allem von der Tatsache ausgehen, wo sich die Arbeitermassen befinden. Und hier müssen wir offen erklären: die Arbeit in den Gewerkschaften ist die brennendste Frage aller kommunistischen Parteien. Wir müssen einen wirklichen Umschwung in der Gewerkschaftsarbeit herbeiführen und die Frage des Kampfes um die Gewerkschaftseinheit in den Mittelpunkt stellen. Genosse Stalin sagte uns bereits vor zehn Jahren: »Worin liegt die Kraft der Sozialdemokratie im Westen? Darin, daß sie sich auf die Gewerkschaften stützt. Worin besteht die Schwäche unserer kommunistischen Parteien im Westen? Darin, daß sie sich noch nicht mit den Gewerkschaften eng verbunden haben und manche Elemente dieser kommunistischen Parteien sich mit den Gewerkschaften nicht eng verbinden wollen. Darum besteht die Hauptaufgabe der kommunistischen Parteien des Westens im gegenwärtigen Moment darin, die Kampagne für die Einheit der Gewerkschaftsbewegung weiterzuentwickeln und zu Ende zu führen, daß alle Kommunisten ausnahmslos in die Gewerkschaften eintreten, dort eine systematische, geduldige Arbeit im Interesse des Zusammenschlusses der Arbeiterklasse gegen das Kapital leisten und dadurch erreichen, daß die kommunistischen Parteien sich auf die Gewerkschaften stützen können.« {* Stalin, »Probleme des Leninismus«, 1. Folge, S. 179 f.} Ist dieser Hinweis des Genossen Stalin erfüllt worden? Nein, Genossen, er ist nicht erfüllt worden. Viele unserer Genossen ignorierten den Drang der Arbeiter nach den Gewerkschaften und gingen angesichts der Schwierigkeiten der Arbeit in den Amsterdamer Gewerkschaften [68]* an dieser komplizierten Aufgabe vorüber. Sie sprachen unaufhörlich von der Organisationskrise der Amsterdamer Gewerkschaften, von der Flucht der Arbeiter aus den Gewerkschaften und übersahen es, wie die Gewerkschaften nach einem gewissen Rückgang am Anfang der Weltwirtschaftskrise wieder zu wachsen begannen. Die Besonderheit der Gewerkschaftsbewegung bestand gerade darin, daß die Offensive der Bourgeoisie auf die Gewerkschaftsrechte, die Versuche in einer Reihe von Ländern, die Gewerkschaften gleichzuschalten (Polen, Ungarn usw.), der Abbau der Sozialversicherung, der Lohnraub, trotzdem ein Widerstand von seiten der reformistischen Gewerkschaftsführer fehlte, die Arbeiter zwangen, sich noch fester um die Gewerkschaften zusammenzuschließen, denn die Arbeiter wollten und wollen in der Gewerkschaft den kampfbereiten Verteidiger ihrer brennenden Klasseninteressen sehen. Dadurch erklärt sich die Tatsache, daß die Mehrzahl der Amsterdamer Gewerkschaften – in Frankreich, in der Tschechoslowakei, in Belgien, Schweden, Holland, in der Schweiz usw. – in den letzten Jahren ihre Mitgliederzahl erhöht hat. Der Amerikanische Gewerkschaftsbund hat in den letzten zwei Jahren seine Mitgliederzahl ebenfalls bedeutend erhöht. Wenn die deutschen Genossen die Aufgabe der Gewerkschaftsarbeit, von der ihnen Genosse Thälmann wiederholt sprach, besser begriffen hätten, so hätten wir sicher in den Gewerkschaften eine bessere Lage gehabt als es im Augenblick des Machtantritts der faschistischen Diktatur der Fall war. Ende 1932 standen nur etwa 10 Prozent der Parteimitglieder in den Freien Gewerkschaften, – trotzdem die Kommunisten nach dem VI. Kongreß der Komintern an der Spitze einer ganzen Reihe von Streiks standen. In der Presse schrieben unsere Genossen von der Notwendigkeit, 90 Prozent unserer Kräfte der Arbeit in de Gewerkschaften zu widmen, aber in der Praxis wurde alles auf die Revolutionäre Gewerkschaftsopposition konzentriert [69]* , die faktisch danach strebte, die Gewerkschaften zu ersetzen. Und nach der Machtübernahme Hitlers? Im Laufe von zwei Jahren widersetzten sich viele unserer Genossen hartnäckig und systematisch der richtigen Losung des Kampfes um den Wiederaufbau der Freien Gewerkschaften. Ich könnte ähnliche Beispiele fast aus allen anderen kapitalistischen Ländern anführen. Aber wir haben auch schon einen ersten ernsthaften Aktivposten im Kampfe um die Einheit der Gewerkschaftsbewegung in den europäischen Ländern. Ich habe das kleine Österreich im Auge, wo auf Initiative der Kommunistischen Partei die Basis für eine illegale Gewerkschaftsbewegung geschaffen wurde. Nach den Februarkämpfen gaben die Sozialdemokraten mit Otto Bauer an der Spitze die Losung aus: »Die Freien Gewerkschaften können erst nach dem Sturz des Faschismus wiederaufgebaut werden.« Die Kommunisten nahmen die Arbeit zum Wiederaufbau der Gewerkschaften in Angriff. Jede Phase dieser Arbeit war ein Stück lebendiger Einheitsfront des österreichischen Proletariats. Der erfolgreiche Wiederaufbau der Freien Gewerkschaften in der Illegalität war eine ernste Niederlage des Faschismus. Die Sozialdemokraten standen am Scheidewege. Ein Teil von ihnen versuchte, Verhandlungen mit der Regierung zu führen. Ein anderer Teil schuf angesichts unserer Erfolge eigene illegale Parallelgewerkschaften. Aber es konnte nur einen Weg geben: entweder Kapitulation vor dem Faschismus oder im gemeinsamen Kampf gegen den Faschismus – zur Gewerkschaftseinheit. Unter dem Druck der Massen entschloß sich die schwankende Leitung der von den ehemaligen Gewerkschaftsführern geschaffenen Parallelgewerkschaften zur Vereinigung. Die Grundlage dieser Vereinigung ist der unversöhnliche Kampf gegen Kapitalsoffensive und Faschismus und die Gewährleistung der Demokratie in den Gewerkschaften. Wir begrüßen diese Tatsache der Vereinigung [70]* der Gewerkschaften, die die erste Tatsache dieser Art seit der formalen Spaltung der Gewerkschaftsbewegung nach dem Kriege darstellt und daher internationale Bedeutung besitzt. Die Einheitsfront in Frankreich bildete zweifellos einen gewaltigen Anstoß zur Verwirklichung der Gewerkschaftseinheit. Die Führer der Allgemeinen Konföderation der Arbeit hemmten und hemmen in jeder Weise die Verwirklichung der Einheit, indem sie der Hauptfrage, der Frage der Klassenpolitik der Gewerkschaften Fragen entgegenstellen, die von untergeordneter, zweitrangiger oder formeller Bedeutung sind. Ein unzweifelhafter Erfolg des Kampfes um die Gewerkschaftseinheit war die Schaffung von Einheitsverbänden im lokalen Maßstab, die z.B. bei den Eisenbahnern fast drei Viertel der Mitgliedermasse beider Gewerkschaften erfaßten. Wir sind entschieden für die Wiederherstellung der Gewerkschaftseinheit in jedem Lande und im internationalen Maßstabe, wir sind für eine einheitliche Gewerkschaft in jedem Produktionszweig, wir sind für einen einheitlichen Gewerkschaftsbund in jedem Lande, wir sind für einheitliche internationale Gewerkschaftsvereinigungen nach Industrien, wir sind für eine einheitliche Gewerkschaftsinternationale auf der Grundlage des Klassenkampfes. Wir sind für einheitliche Klassengewerkschaften als eines der wichtigsten Bollwerke der Arbeiterklasse gegen Kapitalsoffensive und Faschismus. Dabei stellen wir als Bedingung für die Vereinigung der Gewerkschaften lediglich: Kampf gegen das Kapital, Kampf gegen den Faschismus und innergewerkschaftliche Demokratie. Die Zeit wartet nicht. Für uns ist die Frage der Einheit der Gewerkschaftsbewegung sowohl im nationalen als auch im internationalen Maßstab eine Frage der großen Sache des Zusammenschlusses unserer Klasse zu machtvollen einheitlichen Gewerkschaftsorganisationen gegen den Klassenfeind.[71] Wir begrüßen den von der Roten Gewerkschaftsinternationale an die Amsterdamer Internationale am Vorabend des 1. Mai d.J. gerichteten Vorschlag, die Frage der Bedingungen, Methoden und Formen der Vereinigung der internationalen Gewerkschaftsbewegung gemeinsam zu erörtern. Die Führer der Amsterdamer Internationale lehnten diesen Vorschlag mit dem abgedroschenen Argument ab, die Einheit der Gewerkschaftsbewegung sei nur möglich in den Reihen der Amsterdamer Internationale, die übrigens fast ausschließlich Gewerkschaftsorganisationen eines Teiles der europäischen Länder umfaßt. Aber die Kommunisten, die in den Gewerkschaften arbeiten, müssen unermüdlich den Kampf um die Einheit der Gewerkschaftsbewegung fortsetzen. Die Aufgabe der Roten Gewerkschaften und der RGI ist es, alles zu tun, was von ihnen abhängt, damit die Stunde des gemeinsamen Kampfes aller Gewerkschaften gegen Kapitalsoffensive und Faschismus so rasch wie möglich komme, damit die Einheit der Gewerkschaftsbewegung geschaffen werde trotz des hartnäckigen Widerstandes der reaktionären Führer der Amsterdamer Gewerkschaftsinternationale. Die Roten Gewerkschaften und die RGI müssen dabei unsere allseitige Unterstützung erhalten. Wir empfehlen, in den Ländern, wo kleine Rote Gewerkschaften bestehen, auf ihren Anschluß an die großen reformistischen Verbände hinzuarbeiten und dabei die freie Verfechtung der eigenen Meinung und die Wiederaufnahme der Ausgeschlossenen zu verlangen; in den Ländern, wo große Rote und reformistische Parallelgewerkschaften bestehen, empfehlen wir die Einberufung von Vereinigungskongressen auf der Grundlage einer Plattform des Kampfes gegen die Kapitalsoffensive und der Gewährleistung der Gewerkschaftsdemokratie. Es muß mit allem Nachdruck betont werden, daß ein kommunistischer Arbeiter, ein revolutionärer Arbeiter, der keiner Massengewerkschaft seines Berufes angehört, der [72] nicht für die Verwandlung der reformistischen Gewerkschaft in eine wirkliche Klassengewerkschaft kämpft, der nicht für die Einheit der Gewerkschaftsbewegung auf der Grundlage des Klassenkampfes kämpft, daß ein solcher kommunistischer Arbeiter, ein solcher revolutionärer Arbeiter seine erste proletarische Pflicht nicht erfüllt (Beifall.) DIE EINHEITSFRONT UND DIE JUGEND Genossen! Ich habe bereits darauf hingewiesen, von welcher Bedeutung die Einbeziehung der Jugend in die faschistischen Organisationen für den Sieg des Faschismus war. Wenn wir von der Jugend sprechen, müssen wir offen erklären: wir haben unsere Aufgabe der Einbeziehung der Massen der werktätigen Jugend in den Kampf gegen die Offensive des Kapitals, gegen Faschismus und Kriegsgefahr vernachlässigt; wir haben diese Aufgabe in einer Reihe von Ländern vernachlässigt. Wir haben die ungeheure Bedeutung der Jugend für den Kampf gegen den Faschismus unterschätzt. Wir haben nicht immer den besonderen wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Interessen der Jugend Rechnung getragen. Wir wendeten auch der revolutionären Erziehung der Jugend nicht die nötige Aufmerksamkeit zu. Dies alles hat der Faschismus sehr geschickt ausgenützt und in einigen Ländern, namentlich in Deutschland, große Teile der Jugend auf den gegen das Proletariat gerichteten Weg hinübergezogen. Man muß sich vergegenwärtigen, daß der Faschismus die Jugend nicht nur mit der militaristischen Romantik einfängt. Manche füttert, kleidet er in seinen militärischen Abteilungen, den anderen gibt er Arbeit, er gründet sogar sogenannte Kulturanstalten für die Jugend und ist auf diese Weise bestrebt, der Jugend den Glauben einzuflößen, daß er wirklich gewillt und imstande sei, der Masse der werktätigen Jugend [73] Brot und Kleidung zu geben, sie lernen zu lassen und ihr Arbeit zu verschaffen. Unsere kommunistischen Jugendverbände sind in einer Reihe kapitalistischer Länder immer noch vorwiegend sektiererische, von den Massen losgelöste Organisationen. Ihre Hauptschwäche besteht darin, daß sie immer noch bestrebt sind, die kommunistischen Parteien und ihre Formen und Methoden der Arbeit zu kopieren, und vergessen, daß der kommunistische Jugendverband nicht die kommunistische Partei der Jugend ist. Sie berücksichtigen nicht genügend den Umstand, daß der KJV eine Organisation ist, die ihre besonderen Aufgaben hat. Ihre Methoden und Formen der Arbeit, der Erziehung, des Kampfes müssen dem konkreten Niveau und den Anforderungen der Jugend angepaßt sein. Unsere KJV-Genossen haben im Kampfe gegen die faschistischen Gewalttaten und die bürgerliche Reaktion unvergeßliche Beispiele von Heroismus gegeben. Es mangelt ihnen aber noch an der Fähigkeit, konkret und beharrlich die Massen der Jugend dem feindlichen Einfluß zu entreißen. Das zeigt der bis heute noch nicht überwundene Widerstand gegen die Arbeit in den faschistischen Massenorganisationen und das nicht immer richtige Herangehen an die sozialistische und andere nichtkommunistische Jugend. Für all das sind natürlich in hohem Maße auch die kommunistischen Parteien verantwortlich, die den kommunistischen Jugendverband in seiner Arbeit leiten und unterstützen müssen. Das Problem der Jugend ist ja nicht nur ein Problem des kommunistischen Jugendverbandes. Es ist ein Problem der ganzen kommunistischen Bewegung. Auf dem Gebiet des Kampfes um die Jugend müssen die kommunistischen Parteien und die KJV-Organisationen einen wirklichen, entschiedenen Ruck vorwärts herbeiführen. Die Hauptaufgabe der kommunistischen Jugendbewegung in den kapitalistischen Ländern ist es, mutig den [74] Weg der Verwirklichung der Einheitsfront, den Weg der Organisierung und Vereinigung der werktätigen jungen Generation zu gehen. Von welch riesigem Einfluß auf die revolutionäre Jugendbewegung selbst die ersten Schritte in dieser Richtung sind, zeigen die Beispiele Frankreichs und der Vereinigten Staaten in letzter Zeit. Es genügte, in diesen Ländern die Bildung der Einheitsfront in Angriff zu nehmen, um sofort zu bedeutenden Erfolgen zu gelangen. Beachtenswert ist hierbei auf dem Gebiet der internationalen Einheitsfront die erfolgreiche Initiative des Pariser Antifaschistischen und Antikriegskomitees zur Herbeiführung einer internationalen Zusammenarbeit aller nichtfaschistischen Jugendorganisationen. Diese erfolgreichen Schritte in der Einheitsfrontbewegung der Jugend in letzter Zeit zeigen auch, daß die Formen der Einheitsfront der Jugend nicht schablonenhaft angewendet werden dürfen, nicht unbedingt die gleichen sein müssen, die wir in der Praxis der kommunistischen Parteien haben. Die kommunistischen Jugendverbände müssen in jeder Weise die Vereinigung der Kräfte aller nichtfaschistischen Massenorganisationen der Jugend anstreben bis zur Bildung verschiedener gemeinsamer Organisationen für den Kampf gegen den Faschismus, gegen die unerhörte Rechtlosigkeit und Militarisierung der Jugend, für die wirtschaftlichen und kulturellen Rechte der jungen Generation, für die Gewinnung dieser Jugend für die antifaschistische Front, wo immer sie sich auch befinden mag: in Betrieben, in Arbeitsdienstlagern, auf Arbeitsnachweisen, in Kasernen und in der Flotte, in Schulen oder in verschiedenen Sport-, Kultur- und sonstigen Organisationen. Unsere KJV-Genossen müssen beim Ausbau und bei der Festigung des kommunistischen Jugendverbandes gleichzeitig die Bildung antifaschistischer Assoziationen der kommunistischen und sozialistischen Jugendverbände auf der Plattform des Klassenkampfes anstreben. [75] DIE EINHEITSFRONT UND DIE FRAUEN Genossen! Eine nicht geringere Unterschätzung als in bezug auf die Jugend ist auch bezüglich der Arbeit unter den werktätigen Frauen, den Arbeiterinnen, arbeitslosen Frauen, Bäuerinnen und Hausfrauen hervorgetreten. Während aber der Faschismus der Jugend mehr als allen anderen nimmt, versklavt er die Frau besonders rücksichtslos und zynisch, indem er mit den am tiefsten verwurzelten Gefühlen der Mutter, der Hausfrau, der allein stehenden Arbeiterin, die nicht sicher sind, was ihnen der morgige Tag bringt, spekuliert. Der Faschismus, der in der Rolle des Wohltäters auftritt, wirft der hungernden Familie ein elendes Almosen hin und versucht damit, die bitteren Gefühle zu ersticken, die besonders bei den werktätigen Frauen durch die unerhörte Knechtung hervorgerufen werden, die ihnen der Faschismus bringt. Er vertreibt die Arbeiterinnen aus dem Betrieb. Er verschickt notleidende Mädchen zwangsweise aufs Land und verurteilt sie dazu, unbezahlte Dienstboten der Großbauern und Großgrundbesitzer zu werden. Während er der Frau ein glückliches Heim verspricht, treibt er die Frau wie kein anderes kapitalistisches Regime auf den Weg der Prostitution. Die Kommunisten, und vor allem unsere Kommunistinnen, müssen stets eingedenk sein, daß es keinen erfolgreichen Kampf gegen Faschismus und gegen Krieg geben kann, wenn die breiten Massen der Frauen nicht in diesen Kampf hineingezogen werden. Das läßt sich aber durch bloße Agitation nicht erreichen. Wir müssen unter Berücksichtigung jeder konkreten Situation die Möglichkeit finden, die Massen der werktätigen Frauen für ihre lebenswichtigen Interessen und Forderungen zu mobilisieren, im Kampfe für die Forderungen: gegen die Teuerung, für Lohnerhöhung nach dem Grundsatz »gleicher Lohn für gleiche Arbeit«, gegen die Massenentlassungen [76]* , gegen jede Form der Nichtgleichberechtigung und der faschistischen Knechtung der Frau. In unserem Streben, die werktätigen Frauen in die revolutionäre Bewegung hineinzuziehen, dürfen wir zu diesem Zwecke auch vor der Bildung besonderer Frauenorganisationen nicht zurückschrecken, wo das notwendig ist. Das Vorurteil, daß es notwendig sei, die unter der Führung der kommunistischen Partei stehenden Frauenorganisationen in den kapitalistischen Ländern im Interesse des Kampfes gegen den »Frauenseparatismus« in der Arbeiterbewegung aufzulösen, dieses Vorurteil brachte oft großen Schaden. Man muß die einfachsten und elastischsten Formen für die Herstellung des Kontakts und der Kampfgemeinschaft der revolutionären, sozialdemokratischen und fortschrittlichen antifaschistischen und Antikriegsorganisationen der Frauen ausfindig machen. Wir müssen um jeden Preis erreichen, daß die Arbeiterinnen und werktätigen Frauen Schulter an Schulter mit ihren Klassenbrüdern in den Reihen der Einheitsfront der Arbeiterklasse und der antifaschistischen Volksfront kämpfen. DIE ANTIIMPERIALISTISCHE EINHEITSFRONT Ganz außerordentliche Bedeutung gewinnt im Zusammenhang mit der geänderten internationalen und inneren Lage in allen kolonialen und halbkolonialen Ländern die Frage der antiimperialistischen Einheitsfront. Bei der Schaffung einer breiten antiimperialistischen Kampfeinheitsfront in den Kolonien und Halbkolonien muß man vor allem die Mannigfaltigkeit der Verhältnisse berücksichtigen, unter denen der antiimperialistische Kampf der Massen verläuft, den verschiedenen Reifegrad der nationalen Befreiungsbewegung, die Rolle des Proletariats in dieser Bewegung und den Einfluß der kommunistischen Partei auf die breiten Massen. [77] Die Frage steht anders in Brasilien als in Indien und China usw. In Brasilien muß die Kommunistische Partei, die durch die Schaffung der Nationalen Befreiungs-Allianz die richtige Grundlage für die Entwicklung der antiimperialistischen Einheitsfront geschaffen hat, alle ihre Kräfte einsetzen, um diese Front, in erster Reihe durch Einbeziehung der Millionenmassen der Bauernschaft weiter auszubreiten und auf die Schaffung von Abteilungen der revolutionären Volksarmee, die der Revolution restlos ergeben sind sowie auf die Verwirklichung der Macht der Nationalen Befreiungs-Allianz hinzuwirken. In Indien müssen die Kommunisten alle antiimperialistischen Massenaktionen unterstützen, verbreitern und sich an ihnen beteiligen, auch jene Aktionen nicht ausgenommen, an deren Spitze Nationalreformisten stehen. Sie müssen unter Wahrung ihrer politischen und organisatorischen Selbständigkeit aktive Arbeit innerhalb der dem Nationalkongreß Indiens angehörenden Organisationen einleiten und die Herauskristallisierung eines national-revolutionären Flügels in diesen Organisationen fördern, um die nationale Befreiungsbewegung der Völker Indiens gegen den britischen Imperialismus weiter zu entfalten. In China, wo die Volksbewegung bereits zur Schaffung von Sowjetrayons auf einem bedeutenden Territorium des Landes und zur Organisierung einer machtvollen Roten Armee führte, hat die räuberische Offensive des japanischen Imperialismus und der Verrat der Nanking-Regierung die nationale Existenz des großen chinesischen Volkes in Frage gestellt. Nur die chinesischen Sowjets können als vereinigendes Zentrum im Kampfe gegen die Versklavung und Aufteilung Chinas durch die Imperialisten auftreten, als vereinigendes Zentrum, das alle antiimperialistischen Kräfte zum nationalen Befreiungskampf des chinesischen Volkes sammeln wird. [78] Wir billigen daher die Initiative unserer mutigen chinesischen kommunistischen Bruderpartei bei der Schaffung der breitesten antiimperialistischen Einheitsfront gegen den japanischen Imperialismus und seine chinesischen Agenten, der Einheitsfront mit allen, auf dem Territorium Chinas vorhandenen organisierten Kräften, die bereit sind, einen wirklichen Kampf um die Rettung ihres Landes und ihres Volkes zu führen. Ich bin überzeugt, daß ich die Gefühle und Gedanken unseres ganzen Kongresses ausdrücke, wenn ich erkläre: wir entbieten unseren flammenden brüderlichen Gruß im Namen des revolutionären Proletariats der ganzen Welt allen Sowjets Chinas, dem chinesischen revolutionären Volk. (Stürmischer Beifall, alle erheben sich.) Wir entbieten unseren flammenden brüderlichen Gruß der in tausend Kämpfen erprobten heldenhaften Roten Armee Chinas. (Stürmischer Beifall.) Und wir versichern dem chinesischen Volke, daß wir fest entschlossen sind, seinen Kampf um seine volle Befreiung von allen imperialistischen Räubern und ihren chinesischen Agenten zu unterstützen. (Stürmischer Beifall, alle erheben sich. Minutenlange Ovation. Begrüßungsrufe von seiten aller Delegierten.) ÜBER DIE REGIERUNG DER EINHEITSFRONT Genossen! Wir haben einen entschlossenen, kühnen Kurs auf die Einheitsfront der Arbeiterklasse eingeschlagen und sind bereit, ihn mit aller Konsequenz zu verfolgen. Wenn man uns fragen wird, ob wir Kommunisten nur im Kampf für die Teilforderungen auf dem Boden der Einheitsfront stehen oder ob wir bereit sind, die Verantwortung selbst dann zu teilen, wenn es sich um die Bildung einer Regierung auf dem Boden der Einheitsfront handeln wird, so werden wir im vollen Bewußtsein der Verantwortung sagen: jawohl, wir ziehen in Betracht, daß eine solche Lage eintreten kann, wo die Bildung einer [79] Regierung der proletarischen Einheitsfront oder der antifaschistischen Volksfront nicht nur möglich, sondern auch im Interesse des Proletariats notwendig sein wird. (Beifall.) Und wir werden in diesem Falle ohne alle Schwankungen für die Schaffung einer solchen Regierung eintreten. Ich spreche hier nicht von einer Regierung, die nach dem Siege der proletarischen Revolution gebildet werden kann. Es ist natürlich nicht ausgeschlossen, daß in irgendeinem Lande gleich nach dem revolutionären Sturz der Bourgeoisie eine Sowjetregierung auf der Basis eines Regierungsblocks der Kommunistischen Partei mit einer bestimmten Partei (oder ihrem linken Flügel), die an der Revolution teilnimmt, gebildet werden kann. Die siegreiche Partei der russischen Bolschewiki hat bekanntlich nach der Oktoberrevolution in die Sowjetregierung auch Vertreter der linken Sozialrevolutionäre aufgenommen. Das war eine Besonderheit der ersten Sowjetregierung nach dem Sieg der Oktoberrevolution. Es handelt sich nicht um einen solchen Fall, sondern um die mögliche Bildung einer Regierung der Einheitsfront am Vorabend und vor dem Sieg der Sowjetrevolution. Was ist das für eine Regierung? Und in welcher Situation kann von ihr die Rede sein? Das ist vor allem eine Regierung des Kampfes gegen Faschismus und Reaktion. Das muß eine Regierung sein, die als Ergebnis der Einheitsfrontbewegung entstanden ist und die in keiner Weise die Tätigkeit der Kommunistischen Partei und der Massenorganisationen der Arbeiterklasse einschränkt, sondern im Gegenteil, entschiedene Maßnahmen gegen die konterrevolutionären Finanzmagnaten und ihre faschistischen Agenten trifft. Im geeigneten Moment, gestützt auf die ansteigende Einheitsfrontbewegung, wird die Kommunistische Partei des gegebenen Landes für die Schaffung einer solchen Regierung [80]* auf der Basis einer bestimmten antifaschistischen Plattform eintreten. Unter welchen objektiven Bedingungen wird die Bildung einer solchen Regierung möglich sein? Auf diese Frage kann man in ganz allgemeiner Form antworten: unter den Bedingungen einer politischen Krise, wo die herrschenden Klassen bereits nicht mehr imstande sind, mit dem mächtigen Aufschwung der antifaschistischen Massenbewegung fertig zu werden. Doch ist das nur die allgemeine Perspektive, ohne die in der Praxis die Bildung der Regierung der Einheitsfront kaum möglich sein wird. Nur das Vorhandensein bestimmter besonderer Voraussetzungen kann die Frage der Bildung einer solchen Regierung als politisch notwendige Aufgabe auf die Tagesordnung setzen. Mir scheint, daß hierbei folgende Voraussetzungen die größte Aufmerksamkeit verdienen: erstens, wenn der Staatsapparat der Bourgeoisie bereits genügend desorganisiert und paralysiert ist, so daß die Bourgeoisie nicht imstande ist, die Bildung einer Regierung des Kampfes gegen Reaktion und Faschismus zu verhindern; zweitens, wenn die breitesten Massen der Werktätigen, besonders die Massengewerkschaften stürmisch gegen Faschismus und Reaktion auftreten, aber noch nicht bereit sind, sich zum Aufstand zu erheben, um unter der Führung der Kommunistischen Partei für die Eroberung der Sowjetmacht zu kämpfen; drittens, wenn die Differenzierung und die Radikalisierung in den Reihen der Sozialdemokratie und der anderen Parteien, die an der Einheitsfront teilnehmen, bereits dazu geführt haben, daß ein bedeutender Teil von ihnen rücksichtslose Maßnahmen gegen die Faschisten und anderen Reaktionäre fordert, zusammen mit den Kommunisten gegen den Faschismus kämpft und offen gegen den reaktionären, dem Kommunismus feindlichen Teil seiner eigenen Partei auftritt. [81] Wann und in welchen Ländern eine solche Lage tatsächlich eintreten wird, in der diese Voraussetzungen in genügendem Maße gegeben sein werden, kann man im voraus nicht sagen, da aber eine solche Perspektive in keinem kapitalistischen Land ausgeschlossen ist, müssen wir sie in Betracht ziehen und nicht nur uns selbst auf sie orientieren und vorbereiten, sondern auch die Arbeiterklasse in entsprechender Weise orientieren. Die Tatsache, daß wir heute diese Frage überhaupt zur Beratung stellen, hängt selbstverständlich mit unserer Einschätzung der Lage und der nächsten Perspektive der Entwicklung zusammen sowie mit dem faktischen Anwachsen der Einheitsfrontbewegung in einer Reihe von Ländern in letzter Zeit. Über zehn Jahre war die Lage in den kapitalistischen Ländern derart, daß sich die Kommunistische Internationale mit Fragen dieser Art nicht zu befassen brauchte. Ihr erinnert euch, Genossen, daß auf unserem IV. Kongreß 1922 und noch auf dem V. Kongreß 1924 die Frage der Losung der Arbeiter- oder Arbeiter- und Bauernregierung erörtert wurde. Hierbei handelte es sich ursprünglich dem Wesen der Sache nach fast um eine Frage, die derjenigen, die wir heute stellen, analog ist. Die Debatten, die damals in der Kommunistischen Internationale um diese Frage geführt wurden, und besonders die politischen Fehler, die dabei begangen wurden, haben auch heute noch Bedeutung, um unsere Wachsamkeit in bezug auf die Gefahr der Abweichungen nach rechts und »links« von der bolschewistischen Linie in dieser Frage zu schärfen. Daher will ich in kurzen Zügen auf einige dieser Fehler hinweisen, um aus ihnen die für die heutige Politik unserer Parteien notwendigen Lehren zu ziehen. Die erste Reihe von Fehlern war gerade dadurch bedingt, daß die Frage der Arbeiterregierung nicht klar und fest mit dem Vorhandensein einer politischen Krise verknüpft wurde. Dadurch konnten die Rechtsopportunisten [82] die Sache in dem Sinne auslegen, daß die Bildung einer von der kommunistischen Partei unterstützten Arbeiterregierung in jeder beliebigen, sozusagen »normalen« Situation anzustreben sei. Die Ultralinken dagegen anerkannten lediglich eine solche Arbeiterregierung, die nur durch den bewaffneten Aufstand, nach dem Sturz der Bourgeoisie geschaffen werden kann. Das eine wie das andere war falsch und deswegen betonen wir jetzt – zur Vermeidung der Wiederholung ähnlicher Fehler – so nachdrücklich die genaue Berücksichtigung der besonderen konkreten Bedingungen der politischen Krise und des Aufschwungs der Massenbewegung, unter denen sich die Schaffung einer Regierung der Einheitsfront möglich und politisch notwendig erweisen kann. Die zweite Reihe von Fehlern war dadurch bedingt, daß die Frage der Arbeiterregierung nicht mit der Entwicklung der kämpferischen Massenbewegung der Einheitsfront verknüpft wurde. Deshalb hatten die Rechtsopportunisten die Möglichkeit, die Frage zu entstellen und sie zur prinzipienlosen Taktik der Blockbildung mit den sozialdemokratischen Parteien auf der Basis rein parlamentarischer Kombinationen hinauslaufen zu lassen. Die Ultralinken dagegen schrien: »Keinerlei Koalitionen mit der konterrevolutionären Sozialdemokratie!« und betrachteten im Grunde alle Sozialdemokraten als Konterrevolutionäre. Das eine wie das andere war falsch, und wir unterstreichen jetzt einerseits, daß wir keineswegs eine »Arbeiterregierung« wollen, die einfach eine erweiterte sozialdemokratische Regierung wäre. Wir ziehen es sogar vor, auf die Bezeichnung »Arbeiterregierung« zu verzichten und sprechen von einer Regierung der Einheitsfront, die ihrem politischen Charakter nach etwas ganz anderes, prinzipiell anderes ist, als alle sozialdemokratischen Regierungen, die sich »Arbeiterregierungen« zu nennen pflegen. Während die sozialdemokratische Regierung ein Werkzeug der Arbeitsgemeinschaft mit der Bourgeoisie im Interesse der [83] Erhaltung des kapitalistischen Systems darstellt, ist die Regierung der Einheitsfront ein Organ der Zusammenarbeit der revolutionären Avantgarde des Proletariats mit anderen antifaschistischen Parteien im Interesse des gesamten werktätigen Volkes, eine Regierung des Kampfes gegen Faschismus und Reaktion. Es ist klar, daß dies zwei grundverschiedene Dinge sind. Andererseits betonen wir, daß es notwendig ist, den Unterschied zwischen zwei verschiedenen Lagern der Sozialdemokratie zu sehen. Wie ich bereits gesagt habe, existiert ein reaktionäres Lager der Sozialdemokratie, es existiert und wächst aber zugleich das Lager der linken Sozialdemokraten (ohne Gänsefüßchen), der sich revolutionierenden Arbeiter. Der entscheidende Unterschied zwischen ihnen in der Praxis besteht in ihrer Haltung gegenüber der Einheitsfront der Arbeiterklasse. Die reaktionären Sozialdemokraten sind gegen die Einheitsfront; sie verleumden die Einheitsfrontbewegung, sabotieren und zersetzen sie, denn die Einheitsfront durchkreuzt ihre Politik des Kompromisses mit der reaktionären Bourgeoisie. Die linken Sozialdemokraten sind für die Einheitsfront; sie verteidigen, entwickeln und stärken die Einheitsfrontbewegung. Da diese Einheitsfrontbewegung eine Kampfbewegung gegen Faschismus und Reaktion ist, wird sie ständig die Triebkraft sein, die die Regierung der Einheitsfront zum Kampfe gegen die reaktionäre Bourgeoisie treibt. Je stärker sich diese Massenbewegung entfalten wird, um so größer wird die Kraft sein, die sie der Regierung zum Kampf gegen die Reaktionäre verleihen kann. Und je besser diese Massenbewegung von unten organisiert sein wird, je umfassender das Netz der überparteilichen Klassenorgane der Einheitsfront in den Betrieben, unter den Erwerbslosen, in den Arbeitervierteln, unter den kleinen Leuten in Stadt und Land sein wird, desto größer werden die Garantien gegen die eventuelle Entartung der Politik der Einheitsfrontregierung sein. [84] Die dritte Reihe von falschen Ansichten, die in den früheren Debatten zum Ausdruck gekommen waren, betraf gerade die praktische Politik der »Arbeiterregierung«. Die Rechtsopportunisten waren der Ansicht, daß die »Arbeiterregierung« sich an den »Rahmen der bürgerlichen Demokratie« halten müsse und folglich keinerlei Schritte unternehmen dürfe, die über diesen Rahmen hinausgehen. Die Ultralinken verzichteten dagegen faktisch auf jedweden Versuch, eine Einheitsfrontregierung zu schaffen. Im Jahre 1923 konnte man in Sachsen und Thüringen ein anschauliches Bild der rechtsopportunistischen Praxis einer »Arbeiterregierung« sehen. Der Eintritt der Kommunisten in die sächsische Regierung zusammen mit den linken Sozialdemokraten (Zeigner-Gruppe) war an und für sich kein Fehler, im Gegenteil, dieser Schritt wurde durch die revolutionäre Situation in Deutschland vollauf gerechtfertigt. Aber als die Kommunisten sich an der Regierung beteiligten, hätten sie ihre Positionen vor allem zur Bewaffnung des Proletariats ausnützen müssen. Sie haben das nicht getan. Sie haben nicht einmal eine einzige Wohnung der Reichen beschlagnahmt, obwohl die Wohnungsnot der Arbeiter so groß war, daß viele von ihnen mit Frau und Kind kein Obdach hatten. Sie unternahmen auch nichts, um die revolutionäre Massenbewegung der Arbeiter zu organisieren. Überhaupt verhielten sie sich wie gewöhnliche parlamentarische Minister »im Rahmen der bürgerlichen Demokratie«. Wie bekannt, war das das Resultat der opportunistischen Politik Brandlers und seiner Gesinnungsgenossen. Das Endergebnis war ein solcher Bankrott, daß wir auch heute noch gezwungen sind, die sächsische Regierung als klassisches Beispiel dafür anzuführen, wie sich Revolutionäre in der Regierung nicht verhalten dürfen. Genossen! Wir verlangen von jeder Einheitsfrontregierung eine ganz andere Politik. Wir verlangen von ihr, daß sie bestimmte, der Situation entsprechende revolutionäre [85] Grundforderungen verwirklicht, so z.B. Produktionskontrolle, Kontrolle über die Banken, Auflösung der Polizei, ihre Ersetzung durch eine bewaffnete Arbeitermiliz usw. Vor fünfzehn Jahren hat uns Lenin aufgefordert, unsere ganze Aufmerksamkeit darauf zu konzentrieren, »Formen des Übergangs oder des Herankommens an die proletarische Revolution ausfindig zu machen«. Möglicherweise wird die Einheitsfrontregierung in einer Reihe von Ländern sich als eine der wichtigsten Übergangsformen erweisen. Die »linken« Doktrinäre haben sich stets über diesen Hinweis Lenins hinweggesetzt, als beschränkte Propagandisten haben sie immer nur vom »Ziel« gesprochen, ohne sich je um die »Übergangsformen« zu kümmern. Die Rechtsopportunisten aber versuchten, ein besonderes »demokratisches Zwischenstadium« zwischen der Diktatur der Bourgeoisie und der Diktatur des Proletariats herzustellen, um in der Arbeiterschaft die Illusion eines friedlichen parlamentarischen Spazierganges aus der einen Diktatur in die andere zu erwecken. Dieses fiktive »Zwischenstadium« nannten sie auch »Übergangsform« und beriefen sich sogar auf Lenin! Aber es war nicht schwer, diesen Schwindel aufzudecken: sprach doch Lenin von einer Form des Übergangs und des Herankommens an die »proletarische Revolution«, d.h. an den Sturz der Diktatur der Bourgeoisie, und nicht von irgendeiner Übergangsform zwischen der Diktatur der Bourgeoisie und der proletarischen Diktatur. Warum maß Lenin der Form des Übergangs zur proletarischen Revolution eine so außerordentlich große Bedeutung bei? Weil er dabei »das Grundgesetz aller großen Revolutionen« im Auge hatte, das Gesetz, daß Propaganda und Agitation allein nicht imstande sind, den Massen die eigene politische Erfahrung zu ersetzen, wenn es sich darum handelt, wirklich breite Massen der Werktätigen auf die Seite der revolutionären Vorhut zu bringen, ohne das ein siegreicher Kampf um die Macht nicht möglich [86]* ist. Der gewöhnliche Fehler linker Art ist die Vorstellung, daß – sobald eine politische (oder revolutionäre) Krise entstanden ist – es genüge, wenn die kommunistische Führung die Losung des revolutionären Aufstandes aufstellt, damit die breiten Massen dieser Losung Folge leisten. Nein, sogar bei einer solchen Krise sind die Massen bei weitem nicht immer dazu bereit. Wir haben das am Beispiel Spaniens gesehen. Um den Millionenmassen zu helfen, möglichst schnell an Hand der eigenen Erfahrung zu lernen, was sie zu tun haben, wo der entscheidende Ausweg zu finden ist und welche Partei ihr Vertrauen verdient, – dazu sind sowohl Übergangslosungen als auch besondere »Formen des Übergangs oder des Herankommens an die proletarische Revolution« notwendig. Sonst können die breitesten Volksmassen, die in kleinbürgerlichen demokratischen Illusionen und Traditionen befangen sind, sogar bei einer revolutionären Situation schwanken, zögern und irren, ohne den Weg zur Revolution zu finden, und dann unter die Schläge der faschistischen Henker geraten. Daher fassen wir die Möglichkeit ins Auge, unter den Bedingungen der politischen Krise eine Regierung der antifaschistischen Einheitsfront zu bilden. Sofern eine solche Regierung wirklich den Kampf gegen die Volksfeinde führen, der Arbeiterklasse und der Kommunistischen Partei Aktionsfreiheit einräumen wird, werden wir Kommunisten sie in jeder Weise unterstützen und als Soldaten der Revolution in der vordersten Feuerlinie kämpfen. Wir sagen aber den Massen offen: Die endgültige Rettung kann diese Regierung nicht bringen. Sie ist nicht imstande, die Klassenherrschaft der Ausbeuter zu stürzen und kann daher auch die Gefahr der faschistischen Konterrevolution nicht endgültig beseitigen. Folglich muß man sich zur sozialistischen Revolution vorbereiten. Die Rettung wird einzig und allein die Sowjetmacht bringen! [87] Bei Einschätzung der gegenwärtigen Entwicklung der internationalen Situation sehen wir, daß die politische Krise in einer ganzen Reihe von Ländern heranreift. Das bedingt die hohe Aktualität und Wichtigkeit eines festen Beschlusses unseres Kongresses in der Frage der Regierung der Einheitsfront. Wenn es unsere Parteien verstehen werden, die Möglichkeit der Schaffung einer Regierung der Einheitsfront, den Kampf um ihre Schaffung sowie die Machtausübung einer solchen Regierung für die revolutionäre Vorbereitung der Massen auszunützen, wird das die beste politische Rechtfertigung unseres Kurses auf die Schaffung einer Regierung der Einheitsfront sein. ÜBER DEN IDEOLOGISCHEN KAMPF GEGEN DEN FASCHISMUS Eine der schwächsten Seiten des antifaschistischen Kampfes unserer Parteien besteht darin, daß sie ungenügend und nicht rechtzeitig auf die Demagogie des Faschismus reagieren und bis auf den heutigen Tag fortfahren, die Fragen des Kampfes gegen die faschistische Ideologie mit Geringschätzung zu behandeln. Viele Genossen glaubten nicht, daß eine so reaktionäre Abart der bürgerlichen Ideologie, wie die Ideologie des Faschismus, die sich in ihrer Unsinnigkeit häufig bis zum Wahnwitz versteigt, überhaupt fähig ist, Einfluß auf die Massen zu gewinnen. Das war ein großer Fehler. Die weit vorgeschrittene Verwesung des Kapitalismus dringt in das Kernstück seiner Ideologie und Kultur, und die verzweifelte Lage der breiten Volksmassen macht gewisse Schichten für die Ansteckung mit den ideologischen Abfällen dieser Verwesung empfänglich. Diese Kraft der ideologischen Seuche des Faschismus dürfen wir auf keinen Fall unterschätzen. Wir müssen im Gegenteil unsererseits einen breiten ideologischen [88] Kampf auf der Grundlage einer klaren, populären Argumentation und eines richtigen, gut durchdachten Herangehens an die Eigenart der nationalen Psychologie der Volksmassen entfalten. Die Faschisten durchstöbern die ganze Geschichte jedes Volkes, um sich als Nachfolger und Fortsetzer alles Erhabenen und Heldenhaften in seiner Vergangenheit hinzustellen und benützen alles, was die nationalen Gefühle des Volkes erniedrigte und beleidigte, als Waffe gegen die Feinde des Faschismus. In Deutschland werden hunderte Bücher herausgegeben, die nur ein Ziel verfolgen – die Geschichte des deutschen Volkes auf faschistische Art zu verfälschen. Die neugebackenen nationalsozialistischen Geschichtsschreiber sind bemüht, die Geschichte Deutschlands so darzustellen, als ob kraft irgendeiner »historischen Gesetzmäßigkeit« sich durch 2.000 Jahre wie ein roter Faden eine Entwicklungslinie hindurchzöge, die zum Erscheinen eines nationalen »Retters« auf dem historischen Schauplatz, eines »Messias« des deutschen Volkes, des bekannten »Gefreiten« österreichischer Abstammung geführt hat! In diesen Büchern werden die größten Männer des deutschen Volkes in der Vergangenheit als Faschisten und die großen Bauernbewegungen als direkte Vorläufer der faschistischen Bewegung hingestellt. Mussolini bemüht sich krampfhaft, aus der Heldengestalt Garibaldis Kapital zu schlagen. Die französischen Faschisten erheben die Jungfrau von Orleans als ihre Heldin aufs Schild. Die amerikanischen Faschisten appellieren an die Traditionen der amerikanischen Unabhängigkeitskriege, an die Traditionen Washingtons, Lincolns. Die bulgarischen Faschisten nützen die nationale Befreiungsbewegung der siebziger Jahre und die vom Volke geliebten Helden dieser Bewegung Wassil Lewski, Stefan Karadsh u. a. aus. Kommunisten, die glauben, daß dies alles die Sache [89] der Arbeiterklasse nichts angehe, die nichts tun, um vor den werktätigen Massen die Vergangenheit ihres eigenen Volkes historisch treu, in wirklich marxistischem, leninistisch-marxistischem, im Leninschen-Stalinschen Geiste zu beleuchten, um ihren gegenwärtigen Kampf mit den revolutionären Traditionen ihres Volkes in der Vergangenheit zu verknüpfen, solche Kommunisten überlassen alles, was in der historischen Vergangenheit der Nation wertvoll ist, freiwillig den faschistischen Fälschern zur Verdummung der Volksmassen. (Beifall.) Nein! Genossen! Uns geht jede wichtige Frage nicht nur der Gegenwart und der Zukunft, sondern auch der Vergangenheit unseres eigenen Volkes an. Führen doch wir, Kommunisten, keine enge Politik der zünftlerischen Interessen der Arbeiter. Wir sind keine beschränkten Funktionäre von Trade-Unions oder Führer mittelalterlicher Handwerker- und Gesellengilden. Wir sind Vertreter der Klasseninteressen der wichtigsten, größten Klasse der modernen Gesellschaft, der Arbeiterklasse, die berufen ist, die Menschheit von den Qualen des kapitalistischen Systems zu befreien, der Arbeiterklasse, die schon auf einem Sechstel der Erde das Joch des Kapitalismus niedergeworfen hat und die regierende Klasse ist. Wir verteidigen die Lebensinteressen aller ausgebeuteten werktätigen Schichten, d.h. der überwältigenden Mehrheit des Volkes in jedem kapitalistischen Land. Wir Kommunisten sind unversöhnliche grundsätzliche Gegner des bürgerlichen Nationalismus in allen seinen Spielarten. Wir sind aber keine Anhänger des nationalen Nihilismus und dürfen niemals als solche auftreten. Die Aufgabe der Erziehung der Arbeiter und aller Werktätigen im Geiste des proletarischen Internationalismus ist eine der grundlegenden Aufgaben jeder kommunistischen Partei. Aber derjenige, der glaubt, daß ihm dies gestatte oder ihn gar veranlasse, alle nationalen Gefühle der breiten werktätigen Massen zu mißachten, der ist vom wirklichen [90]* Bolschewismus weit entfernt, hat von der Lehre Lenins und Stalins über die nationale Frage nichts verstanden. (Beifall.) Lenin, der stets entschieden und konsequent gegen den bürgerlichen Nationalismus gekämpft hat, gab uns ein Beispiel der richtigen Behandlung der Frage nach den nationalen Gefühlen in seinem Artikel »Über den nationalen Stolz der Großrussen« im Jahre 1914. Er schrieb: »Ist denn uns großrussischen klassenbewußten Proletariern das Gefühl des nationalen Stolzes fremd? Gewiß nicht! Wir lieben unsere Sprache und unsere Heimat, wir wirken am meisten dafür, daß ihre werktätigen Massen (d. h. neun Zehntel ihrer Bevölkerung) zu bewußten demokratischen und sozialistischen Leben erhoben werden. Es schmerzt uns am meisten, zu sehen und zu fühlen, welchen Gewalttaten, welcher Unterdrückung, welcher Verhöhnung die Zarenschergen, Gutsbesitzer und Kapitalisten unsere schöne Heimat unterwerfen. Wir sind stolz darauf, daß diese Gewalttaten aus unserer Mitte, aus dem Lager der Großrussen Widerstand hervorgerufen haben, daß aus diesem Lager Radischtschew, die Dekabristen, die kleinbürgerlichen Revolutionäre der 70er Jahre hervorgegangen sind, daß die großrussische Arbeiterklasse im Jahre 1905 eine mächtige revolutionäre Massenpartei geschaffen hat … Wir sind vom Gefühl des nationalen Stolzes erfüllt, denn die großrussische Nation hat gleichfalls eine revolutionäre Klasse hervorgebracht, hat gleichfalls bewiesen, daß sie imstande ist, der Menschheit gewaltige Vorbilder des Kampfes für Freiheit und Sozialismus zu geben und nicht nur gewaltige Pogrome, Galgenreihen, Folterkammern, gewaltige Hungersnöte und gewaltige Kriecherei vor den Popen, den Zaren, den Gutsbesitzern und Kapitalisten. Wir sind vom Gefühl des nationalen Stolzes erfüllt, und gerade deshalb hassen wir ganz besonders unsere sklavische Vergangenheit … und unsere sklavische Gegenwart, in der dieselben Gutsbesitzer, unterstützt von den Kapitallisten, uns in den Krieg führen, um Polen und die Ukraine zu erdrosseln, um die demokratische Bewegung in Persien und China zu erdrücken, um die unsere großrussische nationale Würde schändende Bande der Romanow, Bobrinski, Purischkewitsch zu stärken.« {* Lenin, Sämtl. Werke, Bd. XVIII, S. 104 f.} So schrieb Lenin über den nationalen Stolz. Ich glaube, Genossen, daß ich im Leipziger Prozeß nicht unrichtig gehandelt habe, als ich beim Versuch der Faschisten, das bulgarische Volk als ein barbarisches Volk [91] zu beschimpfen, die nationale Ehre der werktätigen Massen des bulgarischen Volkes verteidigt habe, die hingebungsvoll gegen die faschistischen Usurpatoren, diese wirklichen Barbaren und Wilden kämpfen (stürmischer und anhaltender Beifall), und als ich erklärte, daß ich keinen Grund habe, mich dessen zu schämen, daß ich Bulgare bin, im Gegenteil, stolz darauf bin, ein Sohn der heroischen bulgarischen Arbeiterklasse zu sein. (Beifall.) Genossen! Der proletarische Internationalismus muß sich in jedem Lande sozusagen »akklimatisieren«, um auf heimatlichem Boden tiefe Wurzeln zu fassen. Die nationalen Formen des proletarischen Klassenkampfes und der Arbeiterbewegung der einzelnen Länder widersprechen nicht dem proletarischen Internationalismus, im Gegenteil, gerade in diesen Formen kann man auch die internationalen Interessen des Proletariats erfolgreich verteidigen. Natürlich muß man überall und in allen Fällen den Massen aufzeigen und konkret beweisen, daß die faschistische Bourgeoisie unter dem Vorwand der Verteidigung der gesamtnationalen Interessen ihre egoistische Politik der Unterdrückung und Ausbeutung des eigenen Volkes, sowie der Ausplünderung und Versklavung anderer Völker betreibt. Man darf sich aber nicht darauf beschränken. Man muß gleichzeitig durch den Kampf der Arbeiterklasse und durch Aktionen der kommunistischen Parteien zeigen, daß das Proletariat, das sich gegen jede Knechtschaft und gegen jede nationale Unterdrückung auflehnt, der einzige wirkliche Kämpfer für die nationale Freiheit und Unabhängigkeit des Volkes ist. Die Interessen des Klassenkampfes des Proletariats gegen die vaterländischen Ausbeuter und Unterdrücker widersprechen nicht den Interessen einer freien und glücklichen Zukunft der Nation. Im Gegenteil: die sozialistische Revolution wird die Rettung der Nation bedeuten und ihr den Weg zu höherem Aufstieg eröffnen. Dadurch, [92] daß die Arbeiterklasse gegenwärtig ihre Klassenorganisationen aufbaut und ihre Positionen festigt, daß sie die demokratischen Rechte und Freiheiten gegen den Faschismus verteidigt, daß sie für den Sturz des Kapitalismus kämpft, schon dadurch kämpft sie für diese Zukunft der Nation. Das revolutionäre Proletariat kämpft für die Rettung der Kultur des Volkes, für ihre Befreiung von den Fesseln des verwesenden Monopolkapitals, von dem barbarischen Faschismus, der sie vergewaltigt. Nur die proletarische Revolution kann den Untergang der Kultur abwenden, die Kultur zur höchsten Blüte bringen als wirkliche Volkskultur, national der Form und sozialistisch dem Inhalt nach, was vor unseren Augen unter der Führung Stalins in der Sowjetunion geschieht. (Beifall.) Der proletarische Internationalismus widerspricht nicht nur nicht diesem Kampfe der Werktätigen der einzelnen Länder für nationale, soziale und kulturelle Freiheit, sondern sichert auch durch die internationale proletarische Solidarität und Kampfeinheit die Unterstützung, die für den Sieg in diesem Kampfe notwendig ist. Nur im engsten Bündnis mit dem siegreichen Proletariat der großen Sowjetunion kann die Arbeiterklasse der kapitalistischen Länder siegen. Nur im gemeinsamen Kampfe mit dem Proletariat der imperialistischen Länder können die Kolonialvölker und unterdrückten nationalen Minderheiten ihre Befreiung erkämpfen. Nur über das revolutionäre Bündnis der Arbeiterklasse der imperialistischen Länder mit der nationalen Befreiungsbewegung der Kolonien und abhängigen Länder führt der Weg des Sieges der proletarischen Revolution in den imperialistischen Ländern, denn, lehrte uns Marx, »ein Volk, das andere Völker unterdrückt, kann nicht frei sein«. Die Kommunisten, die einer unterdrückten, abhängigen Nation angehören, können nicht mit Erfolg gegen den Chauvinismus in den Reihen ihrer Nation auftreten, wenn [93] sie nicht gleichzeitig in der Praxis der Massenbewegung zeigen, daß sie in der Tat für die Befreiung ihrer Nation vom fremdländischen Joch kämpfen. Andererseits können wieder Kommunisten der Unterdrückernation nicht das tun, was zur Erziehung der werktätigen Massen ihrer Nation im Geiste des Internationalismus notwendig ist, wenn sie keinen entschiedenen Kampf gegen die Unterdrückungspolitik der »eigenen« Bourgeoisie, für das volle Selbstbestimmungsrecht der von ihr versklavten Nationen führen. Wenn sie das nicht tun, dann erleichtern sie auch der unterdrückten Nation nicht die Überwindung ihrer nationalistischen Vorurteile. Nur wenn wir in diesem Geiste auftreten werden, wenn wir in unserer ganzen Massenarbeit überzeugend beweisen werden, daß wir sowohl vom nationalen Nihilismus als auch vom bürgerlichen Nationalismus gleichermaßen frei sind, nur in diesem Falle werden wir einen wirklich erfolgreichen Kampf gegen die chauvinistische Demagogie der Faschisten führen können. Daher ist die richtige und konkrete Anwendung der Leninschen-Stalinschen Nationalitätenpolitik von so ungeheurer Wichtigkeit. Das ist eine unerläßliche Voraussetzung für den erfolgreichen Kampf gegen den Chauvinismus, dieses Hauptwerkzeug der ideologischen Einwirkung der Faschisten auf die Massen. (Beifall.) [94] III. DIE FESTIGUNG DER KOMMUNISTISCHEN PARTEIEN UND DER KAMPF FÜR DIE POLITISCHE EINHEIT DES PROLETARIATS Genossen! Im Kampfe um die Herstellung der Einheitsfront wächst die führende Rolle der Kommunistischen Partei außerordentlich an. Der Initiator, Organisator, die treibende Kraft der Einheitsfront der Arbeiterklasse ist im Grunde genommen nur die Kommunistische Partei. Die kommunistischen Parteien können die Mobilisierung der breitesten Massen der Werktätigen zum einheitlichen Kampfe gegen Faschismus und Kapitalsoffensive nur dann sicherstellen, wenn sie ihre eigenen Reihen allseitig stärken, ihre Initiative entfalten, eine marxistisch-leninistische Politik und eine richtige, elastische Taktik durchführen, die der konkreten Situation und der Verteilung der Klassenkräfte Rechnung trägt. FESTIGUNG DER KOMMUNISTISCHEN PARTEIEN In der Periode zwischen dem VI. und dem VII. Kongreß sind unsere Parteien in den kapitalistischen Ländern zweifellos gewachsen und haben sich bedeutend gestählt. Es wäre jedoch ein höchst gefährlicher Irrtum, wollte man sich hiermit zufrieden geben. Je mehr sich die Einheitsfront der Arbeiterklasse erweitern wird, um so mehr werden neue, komplizierte Aufgaben vor uns auftauchen, um so mehr werden wir an der politischen und organisatorischen [95]* Stärkung unserer Parteien arbeiten müssen. Die Einheitsfront des Proletariats schafft eine Arbeiterarmee, die ihre Mission erfüllen kann, wenn an der Spitze dieser Armee eine führende Kraft steht, die ihr Ziele und Wege weist. Diese führende Kraft kann nur eine starke proletarische revolutionäre Partei sein. Wenn wir Kommunisten alle Kräfte anstrengen, um die Einheitsfront herzustellen, so tun wir das nicht vom engherzigen Standpunkt der Werbung von neuen Mitgliedern für die kommunistischen Parteien. Wir müssen aber gerade deshalb die kommunistischen Parteien allseitig festigen und ihre Mitgliederzahl vergrößern, weil wir die Einheitsfront ernstlich festigen wollen. Die Festigung der kommunistischen Parteien stellt kein enges Parteiinteresse dar, sondern ein Interesse der gesamten Arbeiterklasse. Die Einheit, die revolutionäre Geschlossenheit und Kampfbereitschaft der kommunistischen Parteien ist das wertvollste Kapital, das nicht nur uns, sondern der gesamten Arbeiterklasse gehört. Unsere Bereitschaft, zusammen mit den sozialdemokratischen Parteien und Organisationen den Kampf gegen den Faschismus aufzunehmen, verknüpften wir und werden wir verknüpfen mit dem unversöhnlichen Kampf gegen den Sozialdemokratismus als Ideologie und Praxis des Kompromisses mit der Bourgeoisie und folglich auch gegen jegliches Eindringen dieser Ideologie in unsere eigenen Reihen. Bei kühner und entschlossener Durchführung der Einheitsfrontpolitik stoßen wir in unseren eigenen Reihen auf Hindernisse, die wir um jeden Preis in möglichst kurzer Frist beseitigen müssen. Nach dem VI. Kongreß der Komintern wurde in allen kommunistischen Parteien der kapitalistischen Länder ein erfolgreicher Kampf gegen die Tendenz der opportunistischen Anpassung an die Verhältnisse der kapitalistischen Stabilisierung und gegen die Ansteckung mit [96] reformistischen und legalistischen Illusionen durchgeführt. Unsere Parteien säuberten ihre Reihen von allerlei Rechtsopportunisten und festigten dadurch ihre bolschewistische Einheit und Kampffähigkeit. Weniger erfolgreich und zuweilen überhaupt nicht geführt wurde der Kampf gegen das Sektierertum. Das Sektierertum äußerte sich bereits nicht mehr in primitiven, offenen Formen, wie in den ersten Jahren des Bestehens der Kommunistischen Internationale, sondern hemmte unter dem Deckmantel formeller Anerkennung der bolschewistischen Thesen die Entfaltung der bolschewistischen Massenpolitik. In unserer Zeit ist das schon oft keine »Kinderkrankheit« mehr, wie Lenin schrieb, sondern ein fest eingewurzeltes Laster, und ohne uns von ihm befreit zu haben, können wir die Aufgabe der Herstellung der proletarischen Einheitsfront und der Heranführung der Massen von den Positionen des Reformismus zur Revolution nicht lösen. In der heutigen Lage hemmt vor allem das Sektierertum, das selbstgefällige Sektierertum, wie wir es im Resolutionsentwurf qualifizieren, unseren Kampf für die Verwirklichung der Einheitsfront. Das Sektierertum, das sich in seiner doktrinären Beschränktheit, in seiner Losgelöstheit vom wirklichen Leben der Massen gefällt; das sich in seinen vereinfachten Methoden der Lösung der kompliziertesten Fragen der Arbeiterbewegung an Hand von schablonenhaften Scheinen gefällt. Das Sektierertum, das Anspruch auf Allwissenheit erhebt und es für überflüssig hält, bei den Massen, an den Lehren der Arbeiterbewegung zu lernen. Kurz, für das Sektierertum ist alles, wie man sagt, ein Kinderspiel. Das selbstgefällige Sektierertum will und kann nicht begreifen, daß die Führung der Arbeiterklasse durch die Kommunistische Partei nicht von selbst erreicht wird. Die führende Rolle der Kommunistischen Partei in den Kämpfen der Arbeiterklasse muß erobert werden. Dazu [97] bedarf es keiner Deklamationen über die führende Rolle der Kommunisten, dazu muß man durch tägliche Massenarbeit und durch richtige Politik das Vertrauen der Arbeitermassen verdienen, erobern. Das ist nur dann möglich, wenn wir Kommunisten in unserer politischen Arbeit ernstlich mit dem wirklichen Niveau des Klassenbewußtseins der Massen, mit dem Grad ihrer Revolutionierung rechnen, wenn wir die konkrete Situation nüchtern einschätzen werden, nicht auf Grund unserer Wünsche, sondern auf Grund dessen, was in Wirklichkeit ist. Wir müssen geduldig, Schritt für Schritt, den breiten Massen den Übergang auf die Positionen des Kommunismus erleichtern. Wir dürfen niemals die Worte Lenins vergessen, der uns mit allem Nachdruck warnte, daß »es gerade darauf ankomme, daß man das, was für uns überlebt ist, nicht als für die Klasse überlebt, als für die Massen überlebt ansieht«. {* Lenin, Sämtl. Werke, Bd. XXV, S. 244.} Gibt es denn jetzt, Genossen, noch wenig solche Doktrinäre in unseren Reihen, die in der Einheitsfrontpolitik immer und überall nur Gefahren wittern? Für solche Genossen bildet die ganze Einheitsfront eine einzige Gefahr. Aber diese sektiererische »Prinzipienfestigkeit« ist nichts anderes als politische Hilflosigkeit vor den Schwierigkeiten der unmittelbaren Leitung des Kampfes der Massen. Das Sektierertum äußert sich im besonderen in der Überschätzung der Revolutionierung der Massen, in der Überschätzung des Tempos ihrer Abkehr von den Positionen des Reformismus, in den Versuchen, schwierige Etappen und komplizierte Aufgaben der Bewegung zu überspringen. Die Methoden der Führung der Massen wurden in der Praxis häufig durch die Methoden der Führung einer engen Parteigruppe ersetzt. Man unterschätzte die Kraft, das traditionelle Band zwischen den [98] Massen und ihren Organisationen und Leitungen, und wenn die Massen dieses Band nicht gleich zerrissen, begann man sich zu ihnen ebenso schroff zu verhalten, wie zu ihren reaktionären Führern. Man schablonisierte die Taktik und die Losungen für alle Länder, man berücksichtigte nicht die Besonderheiten der konkreten Situation in jedem einzelnen Lande. Man ignorierte die Notwendigkeit eines zähen Kampfes inmitten der Masse für die Gewinnung des Vertrauens der Massen, man vernachlässigte den Kampf für die Teilforderungen der Arbeiter und die Arbeit in den reformistischen Gewerkschaften und den faschistischen Massenorganisationen. Die Einheitsfrontpolitik wurde häufig durch bloße Aufforderungen und abstrakte Propaganda ersetzt. Nicht weniger hemmten die sektiererischen Einstellungen die richtige Auslese der Menschen, die Schulung und Heranbildung von Kadern, die mit den Massen Fühlung haben, das Vertrauen der Massen genießen, von revolutionär gestählten und in Klassenkämpfen erprobten Kadern, die es verstehen, die praktische Erfahrung der Massenarbeit mit der prinzipiellen Standhaftigkeit des Bolschewiki zu paaren. Das Sektierertum verlangsamte somit in bedeutendem Maße das Wachstum der kommunistischen Parteien, erschwerte die Durchführung einer richtigen Massenpolitik, hinderte die Ausnützung der Schwierigkeiten des Klassenfeindes zur Stärkung der Positionen der revolutionären Bewegung, hinderte die Gewinnung der breiten proletarischen Massen für die kommunistischen Parteien. Indem wir auf das entschiedenste für die Ausmerzung und Überwindung der letzten Reste des selbstgefälligen Sektierertums kämpfen, müssen wir in jeder Weise unsere Wachsamkeit und den Kampf gegen den Rechtsopportunismus sowie gegen alle seine konkreten Erscheinungsformen verstärken, eingedenk dessen, daß seine Gefährlichkeit [99]* mit der Entfaltung der breiten Einheitsfront wachsen wird. Es bestehen bereits Tendenzen zur Herabsetzung der Bedeutung der Rolle der Kommunistischen Partei in den Reihen der Einheitsfront und zur Versöhnung mit der sozialdemokratischen Ideologie. Man darf nicht aus dem Auge lassen, daß die Einheitsfronttaktik die Methode der anschaulichen Überzeugung der sozialdemokratischen Arbeiter von der Richtigkeit der kommunistischen und von der Unrichtigkeit der reformistischen Politik und nicht eine Versöhnung mit der sozialdemokratischen Ideologie und Praxis ist. Der erfolgreiche Kampf für die Herstellung der Einheitsfront erfordert unbedingt einen ständigen Kampf in unseren Reihen gegen die Tendenz der Herabsetzung der Rolle der Partei, gegen die legalistischen Illusionen, gegen die Einstellung auf Spontaneität und Automatismus, sowohl in bezug auf die Liquidierung des Faschismus als auch bei der Durchführung der Einheitsfront, gegen die geringsten Schwankungen im Augenblick des entscheidenden Handelns. »Es ist notwendig«, lehrt uns Genosse Stalin, »daß die Partei in ihrer Arbeit es versteht, höchste Prinzipialität (nicht zu verwechseln mit Sektierertum!) mit dem Maximum an Verbindungen und Fühlung mit den Massen (nicht zu verwechseln mit ›Chwostismus‹! {* »Chwostismus« – Politik des Nachhinkens, Nachtrabpolitik.}) zu verknüpfen, denn ohne dies ist es der Partei unmöglich, nicht nur die Massen zu lehren, sondern auch bei ihnen zu lernen, nicht nur die Massen zu führen und sie auf das Niveau der Partei emporzuheben, sondern auch auf die Stimme der Massen zu lauschen und zu erraten, wo sie der Schuh drückt.« {** Stalin, »Über die Perspektiven der KPD und ihre Bolschewisierung«, »Prawda« vom 3. Februar 1925.} DIE POLITISCHE EINHEIT DER ARBEITERKLASSE Genossen! Die Entwicklung der Einheitsfront des gemeinsamen Kampfes der kommunistischen und sozialdemokratischen Arbeiter gegen den Faschismus und die [100] Kapitalsoffensive wirft auch die Frage der politischen Einheit, der einheitlichen politischen Massenpartei der Arbeiterklasse auf. Die sozialdemokratischen Arbeiter überzeugen sich an Hand der Erfahrung immer mehr, daß der Kampf gegen den Klassenfeind eine einheitliche politische Führung erfordert, da die Dualität der Führung die weitere Entwicklung und Verstärkung des einheitlichen Kampfes der Arbeiterklasse erschwert. Die Interessen des Klassenkampfes des Proletariats und der Erfolg der proletarischen Revolution machen es gebieterisch notwendig, daß in jedem Lande eine einheitliche Partei des Proletariats bestehe. Dies zu erreichen, ist natürlich nicht so leicht und einfach. Dies erfordert zähe Arbeit und zähen Kampf und wird notwendigerweise ein mehr oder weniger langwieriger Prozeß sein. Die kommunistischen Parteien müssen, gestützt auf den wachsenden Drang der Arbeiter nach der Vereinigung der sozialdemokratischen Parteien oder einzelner Organisationen mit den kommunistischen Parteien, entschlossen und zuversichtlich die Initiative der Durchführung dieser Vereinigung in ihre Hand nehmen. Die Sache der Vereinigung der Kräfte der Arbeiterklasse zu einer einheitlichen revolutionären proletarischen Partei im Moment, da die internationale Arbeiterbewegung in die Periode der Überwindung der Spaltung tritt, ist unsere Sache, die Sache der Kommunistischen Internationale. Genügt aber zur Herstellung der Einheitsfront der kommunistischen und sozialdemokratischen Parteien ein Abkommen über den Kampf gegen den Faschismus, die Kapitalsoffensive und den Krieg, so ist die Schaffung der politischen Einheit nur auf der Grundlage einer Reihe von bestimmten Bedingungen prinzipiellen Charakters möglich. Diese Vereinigung ist nur möglich: erstens, unter der Bedingung der vollständigen Unabhängigkeit von der Bourgeoisie und des vollständigen [101] Aufgebens des Blocks der Sozialdemokratie mit der Bourgeoisie; zweitens, unter der Bedingung, daß vorher die Aktionseinheit hergestellt wird; drittens, unter der Bedingung, daß die Notwendigkeit des revolutionären Sturzes der Herrschaft der Bourgeoisie und der Aufrichtung der Diktatur des Proletariats in der Form von Sowjets anerkannt wird; viertens, unter der Bedingung, daß darauf verzichtet wird, die eigene Bourgeoisie im imperialistischen Krieg zu unterstützen; fünftens, unter der Bedingung, daß die Partei auf der Grundlage des demokratischen Zentralismus aufgebaut wird, der die Einheit des Willens und der Aktion gewährleistet und an Hand der Erfahrung der russischen Bolschewiki erprobt wurde. Wir müssen die sozialdemokratischen Arbeiter geduldig und kameradschaftlich aufklären, warum die politische Einheit der Arbeiterklasse ohne diese Bedingungen unmöglich ist. Zusammen mit ihnen müssen wir Sinn und Bedeutung dieser Bedingungen erörtern. Warum ist zur Verwirklichung der politischen Einheit des Proletariats die vollständige Unabhängigkeit von der Bourgeoisie und das Aufgeben des Blocks der Sozialdemokratie mit der Bourgeoisie nötig? Weil die ganze Erfahrung der Arbeiterbewegung und insbesondere die Erfahrung der 15 Jahre Koalitionspolitik in Deutschland gezeigt hat, daß die Politik der Arbeitsgemeinschaft, die Politik der Abhängigkeit von der Bourgeoisie zur Niederlage der Arbeiterklasse und zum Sieg des Faschismus führt. Und nur der Weg des unversöhnlichen Klassenkampfes gegen die Bourgeoisie, der Weg der Bolschewiki ist der sichere Weg zum Siege. Warum ist die vorherige Herstellung der Aktionseinheit die Voraussetzung der politischen Einheit? Weil die Aktionseinheit zur Zurückschlagung der Offensive [102]* des Kapitals und des Faschismus möglich und notwendig ist bevor noch die Mehrheit der Arbeiter sich auf der gemeinsamen politischen Plattform des Sturzes des Kapitalismus vereinigt; die Ausarbeitung der Einheit der Auffassungen über die grundlegenden Wege und die Ziele des Kampfes des Proletariats, ohne die die Vereinigung der Parteien nicht möglich ist, erfordert jedoch eine mehr oder weniger lange Zeit. Und am besten wird die Einheit der Anschauungen im gemeinsamen Kampf gegen den Klassenfeind schon heute ausgearbeitet. Statt der Einheitsfront die sofortige Vereinigung vorschlagen, heißt, das Pferd hinter den Wagen stellen und glauben, daß der Wagen vorwärtsgehen wird. (Heiterkeit.) Gerade weil die Frage der politischen Einheit für uns kein Manöver ist wie für viele sozialdemokratische Führer, bestehen wir auf der Verwirklichung der Aktionseinheit als einer der wichtigsten Etappen im Kampfe für die politische Einheit. Warum ist die Anerkennung des revolutionären Sturzes der Bourgeoisie und der Aufrichtung der Diktatur des Proletariats in der Form der Sowjetregierung notwendig? Weil die Erfahrung des Sieges der großen Oktoberrevolution einerseits und die bitteren Lehren in Deutschland, Österreich und Spanien andererseits für die ganze Nachkriegsperiode von neuem bestätigt haben, daß der Sieg des Proletariats nur durch den revolutionären Sturz der Bourgeoisie möglich ist und daß die Bourgeoisie die Arbeiterbewegung eher in einem Blutmeer ersticken wird, als daß sie zuläßt, daß das Proletariat den Sozialismus auf friedlichem Wege errichtet. Die Erfahrung der Oktoberrevolution hat anschaulich gezeigt, daß der grundlegende Inhalt der proletarischen Revolution die Frage der proletarischen Diktatur ist, die berufen ist, den Widerstand der gestürzten Ausbeuter zu unterdrücken, die Revolution für den Kampf mit dem Imperialismus zu bewaffnen und die Revolution bis zum vollständigen Sieg des Sozialismus zu führen. Um die Diktatur des Proletariats [103] als Diktatur der überwältigenden Mehrheit über eine verschwindende Minderheit, die Ausbeuter, zu verwirklichen – und nur als solche kann sie verwirklicht werden -, dazu sind die Sowjets notwendig, die alle Schichten der Arbeiterklasse, die Hauptmassen der Bauernschaft und andere Werktätige umfassen, ohne deren Erwachen, ohne deren Eingliederung in die Front des revolutionären Kampfes die Verankerung des Sieges des Proletariats unmöglich ist. Warum ist der Verzicht auf die Unterstützung der Bourgeoisie im imperialistischen Krieg eine Vorbedingung der politischen Einheit? Weil die Bourgeoisie den imperialistischen Krieg um ihrer räuberischen Ziele willen gegen die Interessen der erdrückenden Mehrheit der Völker führt, unter welchem Deckmantel der Krieg auch geführt werden mag. Weil alle Imperialisten die fieberhaften Kriegsrüstungen mit der äußersten Verstärkung der Ausbeutung und Unterdrückung der Werktätigen im Lande verbinden. Die Bourgeoisie in einem solchen Kriege zu unterstützen, bedeutet Verrat an den Interessen des Landes und an der internationalen Arbeiterklasse üben. Warum ist schließlich der Aufbau der Partei auf der Grundlage des demokratischen Zentralismus eine Vorbedingung der Einheit? Weil nur eine auf der Grundlage des demokratischen Zentralismus aufgebaute Partei imstande ist, die Willens- und Aktionseinheit zu gewährleisten, weil nur sie imstande ist, das Proletariat zum Siege über die Bourgeoisie zu führen, die über eine so mächtige Waffe wie der zentralisierte Staatsapparat verfügt. Die Anwendung des Prinzips des demokratischen Zentralismus hat an Hand der Erfahrungen der russischen bolschewistischen Partei, der Partei Lenins und Stalins, eine glänzende historische Prüfung bestanden. Ja, Genossen, wir sind für die einheitliche politische [104] Massenpartei der Arbeiterklasse. Daher aber die Notwendigkeit, wie Genosse Stalin sagt: »einer Kampfpartei, einer revolutionären Partei, die kühn genug ist, um das Proletariat in den Kampf um die Macht zu führen, die genügend Erfahrung hat, um sich in den komplizierten Verhältnissen der revolutionären Situation zurechtzufinden und genügend Elastizität besitzt, um allen Klippen auf dem Wege zum Ziele auszuweichen.« {* Stalin, »Probleme des Leninismus«, Erste Folge, S. 96.} Daher ist es notwendig, die politische Vereinigung auf Grund der angeführten Bedingungen anzustreben. Wir sind für die politische Einheit der Arbeiterklasse! Deshalb sind wir bereit, mit allen Sozialdemokraten, die für die Einheitsfront sind und die Vereinigung nach den erwähnten Grundsätzen aufrichtig unterstützen, auf das engste zusammenzuarbeiten. Doch gerade deshalb, weil wir für die Vereinigung sind, werden wir entschlossen gegen alle »linken« Demagogen kämpfen, die die Enttäuschung der sozialdemokratischen Arbeiter zur Schaffung neuer sozialistischer Parteien oder Internationalen ausnützen wollen, die sich gegen die kommunistische Bewegung richten und damit die Spaltung der Arbeiterklasse vertiefen. Wir begrüßen das zunehmende Streben der sozialdemokratischen Arbeiter nach der Einheitsfront mit den Kommunisten. In dieser Tatsache erblicken wir das Erstarken ihres revolutionären Bewußtseins und die beginnende Überwindung der Spaltung der Arbeiterklasse. In der Überzeugung, daß die Aktionseinheit eine dringende Notwendigkeit und der sicherste Weg zur Schaffung auch der politischen Einheit des Proletariats ist, erklären wir, daß die Kommunistische Internationale und ihre Sektionen bereit sind, Verhandlungen mit der II. Internationale und ihren Sektionen aufzunehmen über die Herstellung der Einheit der Arbeiterklasse im Kampfe gegen die Kapitalsoffensive, gegen den Faschismus und gegen die Gefahr eines imperialistischen Krieges. (Beifall.) [105] SCHLUSSFOLGERUNGEN Genossen ! Ich schließe meinen Bericht. Wie ihr seht, tragen wir der seit dem VI. Kongreß geänderten Lage, den Lehren unseres Kampfes Rechnung und stellen, gestützt auf den bereits erreichten Grad der Konsolidierung unserer Parteien eine Reihe von Fragen und vor allem die Frage der Einheitsfront und des Herangehens an die Sozialdemokratie, an die reformistischen Gewerkschaften und die anderen Massenorganisationen, auf neue Art. Es gibt Neunmalweise, die in alledem eine Abkehr von unseren prinzipiellen Positionen, irgendeine Abschwenkung von der Linie des Bolschewismus wittern. Nun ja, das hungrige Huhn, sagt man bei uns in Bulgarien, träumt immer von Hirse. (Heiterkeit, stürmischer Beifall.) Mögen sie das glauben, diese politischen Hühner. (Heiterkeit, stürmischer Beifall.) Uns interessiert dies wenig. Für uns ist es wichtig, daß unsere eigenen Parteien und die breiten Massen der ganzen Welt richtig begreifen, was wir anstreben. Wir wären keine revolutionären Marxisten, Leninisten, würdige Schüler von Marx-Engels-Lenin-Stalin, wenn wir nicht gemäß der geänderten Lage und den in der internationalen Arbeiterbewegung vor sich gehenden Verschiebungen unsere Politik und Taktik entsprechend umstellten. Wir wären keine wirklichen Revolutionäre, wenn wir nicht aus der eigenen Erfahrung und der Erfahrung der Massen lernten. Wir wollen, daß unsere Parteien in den kapitalistischen [106] Ländern als wirkliche politische Parteien der Arbeiterklasse auftreten und wirken, daß sie tatsächlich die Rolle eines politischen Faktors im Leben ihres Landes spielen, daß sie stets eine aktive bolschewistische Massenpolitik betreiben und sich nicht auf Propaganda und Kritik allein und bloße Aufrufe zum Kampf um die Diktatur des Proletariats beschränken. Wir sind Feinde jedes Schematismus. Wir wollen die konkrete Lage in jedem Moment und an jedem gegebenen Ort berücksichtigen und nicht überall nach einer bestimmten Schablone handeln, wir wollen nicht vergessen, daß unter verschiedenen Bedingungen die Stellungnahme der Kommunisten nicht die gleiche sein kann. Wir wollen alle Etappen in der Entwicklung des Klassenkampfes und im Wachstum des Klassenbewußtseins der Massen selbst nüchtern berücksichtigen, es verstehen, in jeder Etappe die dieser Etappe entsprechenden konkreten Aufgaben der revolutionären Bewegung zu finden und zu lösen. Wir wollen eine gemeinsame Sprache mit den breitesten Massen finden, um den Kampf gegen den Klassenfeind zu führen, wir wollen Mittel und Wege finden, um die Isolierung der revolutionären Avantgarde von den Massen des Proletariats und allen Werktätigen endgültig zu überwinden und auch, um die verhängnisvolle Isolierung der Arbeiterklasse selbst von ihren natürlichen Verbündeten im Kampfe gegen die Bourgeoisie, gegen den Faschismus zu überwinden. Wir wollen immer breitere Massen in den revolutionären Klassenkampf hineinziehen und sie zur proletarischen Revolution heranführen, ausgehend von ihren brennenden Interessen und Nöten und auf Grund ihrer eigenen Erfahrung. Wir wollen, dem Beispiel unserer ruhmreichen russischen Bolschewiki, dem Beispiel der führenden Partei [107] der Kommunistischen Internationale, der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, folgend, den revolutionären Heldenmut der deutschen, spanischen, österreichischen und anderen Kommunisten mit echtem revolutionären Realismus verbinden und mit den letzten Resten scholastischer Hohlschwätzerei über ernste politische Fragen aufräumen. Wir wollen unsere Parteien allseitig ausrüsten für die Lösung der überaus komplizierten politischen Aufgaben, vor denen sie stehen. Dazu müssen wir ihr theoretisches Niveau immer höher heben, sie im Geiste des lebendigen Marxismus-Leninismus und nicht eines toten Doktrinärtums erziehen. Wir wollen aus unseren Reihen das selbstzufriedene Sektierertum ausmerzen, das uns in erster Linie den Weg zu den Massen versperrt und die Durchführung einer wirklich bolschewistischen Massenpolitik hindert. Wir wollen den Kampf gegen alle konkreten Äußerungen des Rechtsopportunismus in jeder Weise verstärken, eingedenk dessen, daß die Gefahr von dieser Seite gerade in der Praxis der Durchführung unserer Massenpolitik und unseres Massenkampfes sich verstärken wird. Wir wollen, daß die Kommunisten in jedem Lande alle Lehren aus ihrer eigenen Erfahrung, als der Erfahrung der revolutionären Vorhut des Proletariats rechtzeitig ziehen und auswerten. Wir wollen, daß sie möglichst schnell lernen, im stürmischen Meer des Klassenkampfes zu schwimmen und nicht als Beobachter und Registratoren der heranstürmenden Wogen auf dem Ufer bleiben und auf gut Wetter warten. (Beifall.) Das ist es, war wir wollen! Und wir wollen das alles deshalb, weil die Arbeiterklasse, an der Spitze aller Werktätigen, zusammengeschlossen zu einer von der Kommunistischen Internationale geführten revolutionären Millionenarmee, mit einem [108] so großen, weisen Steuermann wie unser Führer Genosse Stalin (stürmischer^Beifall), nur auf diesem Wege sicher imstande sein wird, ihre historische Mission zu erfüllen, – den Faschismus und zusammen mit ihm den Kapitalismus vom Antlitz der Erde hinwegzufegen!“ (Alle erheben sich von ihren Plätzen und bereiten Genossen Dimitroff eine stürmische Ovation. Von allen Seiten Rufe der Delegierten in verschiedenen Sprachen: »Hurra, es lebe Genosse Dimitroff!« Machtvoll ertönt die »Internationale« in allen Sprachen der Welt. Wiederholter zunehmender Beifallssturm. Die Delegierten erheben die Fäuste zum »Rot Front«-Gruß. Rufe: »Es lebe Genosse Stalin, es lebe Genosse Dimitroff!« Ruf: »Genossen Dimitroff, dem Bannerträger der Komintern, ein bolschewistisches Hurra!« Ruf in bulgarischer Sprache: »Genossen Dimitroff, dem heroischen Kämpfer der Kommunistischen Internationale gegen den Faschismus, ein Hurra!« Die Delegationen singen eine nach der anderen ihre revolutionären Lieder: die italienische die »Bandiera rossa«, die französische die »Carmagnole«, die deutsche den »Roten Wedding«, die chinesische den »Marsch der chinesischen Roten Armee«.) Jens-Torsten Bohlke Quelle: http://www.mlwerke.de/gd/gd_001.htm

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