Forderung nach Ende der Großen Koalition wird nur noch von wenigen Sozialdemokraten vertreten
- 04.12.2019, 09:43 Uhr
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- Düsseldorf. Juso-Chef Kevin Kühnert hat die SPD vor einem vorschnellen Ausstieg aus der großen Koalition gewarnt. »Wer eine Koalition verlässt, gibt einen Teil der Kontrolle aus der Hand«, sagte Kühnert der Düsseldorfer »Rheinischen Post« vom Mittwoch. Das sollten die SPD-Delegierten beim Bundesparteitag in Berlin berücksichtigen. »Nicht weil sie Angst bekommen sollen, sondern weil Entscheidungen vom Ende her durchdacht werden müssen«, sagte Kühnert.Der 30-jährige Kühnert war bisher einer der einflussreichsten Groko-Gegner in der SPD. Beim Parteitag in Berlin kandidiert er für das Amt eines stellvertretenden SPD-Vorsitzenden.
- Kühnert wies in der »Rheinischen Post« den Vorwurf zurück, den Koalitionsvertrag von Union und SPD neu schreiben zu wollen. »Wir wollen den Koalitionsvertrag nicht neu verhandeln, niemand hat das je gefordert«, sagte Kühnert. Aber in der Klausel für eine Revision zur Halbzeit stehe, neue Vorhaben zu vereinbaren, wenn sich die Rahmenbedingungen geändert hätten. »Auf diese Klausel berufen wir uns.«Die designierten SPD-Vorsitzenden Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken seien für mehr soziale Gerechtigkeit und für eine energischere Klimaschutzpolitik gewählt worden. »Das sind zwei Komplexe, die in der Bevölkerung genauso gesehen werden und in möglichen Gesprächen eine Rolle spielen müssen«, sagte Kühnert.Ob die Regierung halte, hänge davon ab, »ob Union und SPD nach den Gesprächen diesen ewigen Verhandlungsmodus dann auch mal zufriedenstellend beenden können«, sagte der Juso-Chef.
GroKo-Verbleib könnte Borjans und Esken schaden
Am gestrigen Dienstag hatte bereits die SPD-Parteispitze ihre Forderung nach einem schnellen Ende der Koalition abgeschwächt. Die einstige Mitbewerberin um den Parteivorsitz, Simone Lange, warnte das designierte Vorsitzendenduo Walter-Borjans und Esken allerdings vor zu großen Kompromissen. In der »Welt« (Mittwochsausgabe) pochte die Flensburger Oberbürgermeisterin auf viel größere Investitionen, einen höheren Mindestlohn und eine Verschärfung des Klimaschutzpakets. Sollte das mit der Union nicht machbar sein, dürfe die neue Parteispitze einen Koalitionsbruch nicht scheuen. »Vor Neuwahlen sollten wir nie Angst haben, wir sollten sie als Chance begreifen, in einer anderen Koalition regieren zu können.«Aus Sicht des langjährigen Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse wird die Wahl von Walter-Borjans und Esken das Dilemma seiner Partei noch verschärfen. Im Berliner »Tagesspiegel« (Mittwoch) wies er darauf hin, dass die Beteiligung an der SPD-Befragung zum Koalitionseintritt größer gewesen sei als an der Vorsitzendenwahl und die Zustimmung ebenfalls. »Ein Nichtausstieg jetzt beschädigt aber die Glaubwürdigkeit von Esken/Borjans«, so Thierse. Ein Koalitionsausstieg dagegen gefährde wichtige Erfolge der SPD. AFP/ndSchlagwörter zu diesem Artikel:
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