Sonntag, 21. Juli 2013
EU-Kommission will Subventionen für Atomstrom vereinfachen
20.07.13 - Die EU-Kommission will die europäischen Regeln für staatliche Beihilfen an Unternehmen so ändern, dass Regierungen den Bau und den Betrieb von Atomkraftwerken einfacher subventionieren können. Der Ausbau der nuklearen Energie ist schon seit 1957 Ziel der Europäischen Union, heißt es zur Begründung der neuen Beihilferichtlinie von Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia. Sie soll im Frühjahr 2014 in Kraft treten. Als hätte es Harrisburg, Tschernobyl und Fukushima nicht gegeben.
Hintergrund ist, dass der Bau und der Betrieb von AKWs viel teurer - aber für die Engergie-Monopole viel profitabler - sind, als bei erneuerbaren Energien. Während Strom aus Erneuerbaren für vier Cent pro Kilowattstunde produziert werden kann, kostet Atomstrom an der Strombörse zwischen 8 und 14 Cent. Und darin sind die Kosten für Endlagerung ebenso wenig enthalten, wie die 204 Milliarden Euro Steuergelder, die bis 2011 in Deutschland als Subventionen in die Atomwirtschaft flossen. Ein neues Atomkraftwerk kostet zwischen sechs und neun Milliarden Euro. Damit eine solche Investition maximale Profite abwerfen kann, müsste der Strompreis um ein Vielfaches höher liegen. Die Regierung in London will deshalb Atomstrom 35 Jahre lang zu einem stark überhöhten Mindestpreis abnehmen.
Schon 2011 wurde als Ziel der EU in der "Energy Roadmap 2050" ausgegeben, bis 2050 die Leistung der Atomkraft von 120 Gigawatt auf 160 Gigawatt zu steigern. Bis 2030 sollten 40 neue Kernkraftwerken in Europa gebaut werden, allein acht in Großbritannien. Damals wurde der Ausbau der Kernkraft aufgrund der massiven Proteste nach Fukushima von den meisten EU-Ländern allerdings abgelehnt. Das Vorhaben wurde erst einmal auf Eis gelegt. Allerdings hoffte man, diese Ablehnung sei "überwindbar".
Nun glaubt die EU-Kommission offenbar, dass der Widerstand diesen Plänen gegenüber genügend abgeebbt sei. Dass sie sich da nicht so sicher sind, verrät allerdings ihre Begründung für die neue Richtlinie. Über Staatsbeihilfen solle „technologieneutral“ zwischen Atomstrom und Erneuerbaren Energien entschieden werden. Bei Atomstrom werde ebenfalls kein CO2 produziert. Er sei daher als emissionsarme Energiequelle einzustufen. Sein Ausbau sei notwendig, um die europäischen Klimaziele zu erreichen. Tatsächlich wird bei der Stromherstellung im laufenden AKW-Betrieb kein CO2 emittiert. Das trifft aber nicht zu, wenn man alle CO2-emittierenden Prozesse bis zur Atomstromerzeugung summiert, und den Energieaufwand durch die Folgeprozesse wie die Wiederaufbereitung, Zwischenlagerung, Endlagerung hinzurechnet. Dann übertrifft die CO2-Emission sogar den CO2-Ausstoß fossilen Energieträger. Mit der Gleichstellung von AKWs mit erneuerbaren Energien als „technologieneutral“ soll die nach wie vor breite Ablehnung der Atomkraft in Europa aufgeweicht werden.
Die deutsche Regierung ist – im Vorfeld der Bundestagswahl - offiziell und medienwirksam gegen die geplanten neuen Regeln. Wohlwissend, dass bei EU-Wettbewerbsregeln einzelne Regierungen ohnehin kein Vetorecht haben. Gleichzeitig treibt der ehemalige CDU-Ministerpräsident von Baden-Württemberg als EU-Energiekommissar Günther Oettinger die Durchsetzung der neuen Richtlinie mit voran. Sie entspricht von ihrer Grundausrichtung auch vollständig der Politik der Bundesregierung, die Förderung erneuerbaren Energien abzudämpfen. Aber das möchte zwei Monate vor der Bundestagwahl kein Regierungsmitglied laut aussprechen. Der eigentlich gesellschaftlich sinnvolle und ökologisch absolut notwendige Umbau auf erneurerbare Energien wird torpediert, um die Maximalprofite der Energie-Monopole hoch zu halten. Diese paradoxe Politik ist Ergebnis der inzwischen menschheitsbedrohenden ökonomischen Gesetzmäßigkeiten des Kapitalismus.
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